Aber dieses verobjektivierte Innen ist dann eben nicht mehr die Qualia und Intention selbst, sondern deren veräußerlichtes Derivat.
Interessanter Punkt. Ich glaube nicht an Qualia als eine absolute Größe. Soll heißen, Qualia ist für mich ein radikal subjektiver Rest, der auch dann (gegen Dennett, falls Du die Diskussionen kennst - ich finde Dennetts Standpunkt zwar rigide, bis zum Ermüdungsbruch, aber unglaublich schwach) erhalten bleibt, wenn ich mein Inneres en detail veröffentliche. Denn wie nun genau die Innenwelt von mir erlebt wird, wie stark die einzelnen Komponenten gewichtet sind, kann man zu einem Teil empathisch nachvollziehen, ein Rest entzieht sich.
Aber es ist nicht so, dass uns das Innere des anderen grundsätzlich verborgen bleibt. Der Vorteil beim Menschen ist, dass man fragen kann, auch aus mehreren Ecken und eben auch scheinbar privateste Bereiche anhand öffentlicher Sprache und Hinweisen/Deutungen anderer.
Also auch hier sehe ich Übergänge, Ähnliches durch die Sprache und leichte Bedeutungsverschiebungen durch ihren individuellen Gebrauch.
Auch hier würde ich jede Vorstellung von Überlappung und fließendem Übergang zurückweisen: Ursachen sind keine Gründe und vice versa. Ich halte es für ein grundsächliches Missverständnis, zu glauben, man könne äußere Ursachen scheibchenweise nach innen verfrachten. Der Stein, der mir auf den Fuß fällt, die Sinnesrezeptoren und Nervenbahnen zum Gehirn, die elektrochemische Reizverarbeitung im Gehirn - und dann, wie das Teufelchen aus der Kiste, die Schmerzempfindung und die entsprechende Handlung. Zweifellos sind Innen und Außen korreliert, aber nicht so, dass das Außen das eigentlich Wirkliche wäre, anhand dessen man das Innen erklären könnte.
Mein grundsätzlicher Ansatz ist, dass die Überstrapazierung dieser (insbesondere der unterstrichenen) Sicht unser Kernproblem ist, dass alles, auch das Innere, auf äußere Ursachen reduziert werden muss (im Naturalismus).
Aber wir beziehen uns mit unseren Gründen ja auch auf Äußeres ("... weil es regnet") und vor allem und haben ja auch Theorien des Inneren, die uns helfen dasselbe zu verstehen ohne es komplett zu verobjektivieren, was schon wegen des Qualiakerns nicht geht und weil verschieden komplexe Interpretationsmodi in Spiel ist und Objektivierungsversuche aus einer Perspektive erscheinen am Ende immer ziemlich unterkomplex.
Was mich bei Dir irritiert ist diese Sprachlosigkeit der verschiedenen Perspektiven, das hat mich schon bei der Systemtheorie (Luhmanns) immer verwundert.
Dem würde ich entgegenhalten, dass die Bereiche eben nicht nur theoretisch getrennt sind, sondern ganz praktisch. Im Zen spricht man gerne vom "Auge, das sich selbst nicht sehen kann", um diesen perspektivischen Gegensatz zu veranschaulichen.
Ja, sie sind durchau auch praktisch getrennt, aber wir haben ja nicht nur sehr verschiedene Theorien, sondern damit verbunden oder daraus resultierend verschiedene Praktiken, so dass ich hier die letztendliche Verschlossenheit nicht sehe.
Wenn nun aber die Erfahrung der Freiheit elementar ist, kann mit der Vorstellung durchgängiger Kausalität etwas nicht in Ordnung sein, denn beides verträgt sich nicht miteinander. Dieser Widerspruch muss also irgendwie aufgelöst werden, und das geht nicht dadurch, dass man beide Welten sauber von einander trennt und im Außen die Kausalität walten lässt, während sich Innen das Reich der Freiheit entfaltet.
Jetzt bin ich verwirrt: Ist das nicht genau Dein Vorschlag: Kausalität und Notwendigkeit draußen, Freiheit und ihre Gründe drinnen?
In dem Moment, wo ich mit in meiner Begründung auch auf äußere Ursachen beziehe, weil ich die Prämissen kombiniere, dass nass und kalt zu werden ein unangenehmes Gefühl ist, was ich zu vermeiden versuche, sehe, dass es regnet und weiß, dass ich gleich raus muss, ist die Grenze von Innen und Außen (die ich ohnehin künstlich finde) ja bereits überwunden. Oder nicht?
Diese Art von Dualismus, die der Kompatibilismus wenigstens implizit vertritt, lehne ich ab. Es gibt keine zwei Welten, die völlig getrennt ihre je eigenen Wege gingen: dort das Reich der Kausalität, hier das Reich der Freiheit, und das Eine geht das Andere nichts an.
Das sehe ich auch so, weshalb ich mit der Idee nichts anfangen kann, beide zu entkoppeln.
Ich glaube aber, dass der Punkt der ist, dass Du dann automatisch meinst, in einer kausal determinierten Welt könne es keine Freiheit gehen und diese Intuition ist vollkommen nachvollziehbar, aber aus meiner Sicht philosophisch falsch.
Dafür muss man Freiheit näher bestimmen und mit Wittgenstein gesprochen, bringt es da wenig wenn man von einer wahren, echten, wirklichen, authentischen, 100%igen Freiheit spricht, man braucht sich nicht zu überschlagen, sondern eine schlichte Definition. Und natürlich meine ich die Freiheit der Menschen, nicht eines Gottes. Verstörend ist dabei allein, dass man demjeniger der jeder Mode nachrennt zugestehen muss, dass auch er (aus der Perspektive seiner Prämissen, die albern und unreif wirken können) frei ist, auch wenn der Beobachter die Augen rollt und das Muster sofort erkennt und durchschaut. Aber das ist bei anderen philosophischen Themen, wie der Redlichkeit auch so.
Die Notwendigkeit erfahren wir für alles Vergangene. Dort hat der Wille keine Macht. Aber nach vorne, in die Zukunft gerichtet, können wir entscheiden. Nicht, weil wir die Zukunft nicht kennen, denn das wäre keine Entscheidung, sondern weil sie offen ist. Hier muss man sich entscheiden: baut man auf das theoretische Konzept durchgängiger Kausalität oder folgt man der intuitiven Gewissheit des freien Willens.
Die Rückwärts gerichtete oder erfundene oder zugeschriebene Kausalität entwerfen wir ja theoretisch nach vorne in die Zukunft. Offen ist sie für uns so oder so, Unwissenheit hast Du in beiden Fällen, einmal willst Du sie ontologisieren, ein anderes mal nicht, aber erkenntnistheoretisch ist da ja kein Unterschied.