Also ist die Unwissenheit der Strohhalm, der die Freiheit im Determinismus retten soll.
Nein, die rationalen Gründe sind das, was die Freiheit dort definiert.
Wenn von vornherein feststeht, was du lieber willst, hast du überhaupt keine Präferenzen, denn eine Präferenz haben zu können, bedeutet, eine Auswahl gehabt zu haben. Diese Auswahl hattest du nie, denn das Ergebnis stand immer schon fest.
Doch sicher. Wir können ja auch in der 08/15 Vorstellung vieles nicht wählen: Haarfarbe, Geschlecht oder ob wir überhaupt geboren werden möchten. Sprechen wir von Willensfreiheit geht es aber darum, ob wir Beruf, Urlaub oder eine bestimmte Einstellung frei wählen können und dafür braucht man eine Auswahl, die hat man aber. Man kann aus zig Fußballvereinen oder Popstars seine Lieblinge auswählen, auch wenn das Ergebnis feststeht, hat man ja dennoch die Wahl und sie folgt bestimmten Bedingungen, meinen Präferenzen. Ändern die sich zwei Jahre später, interessiert mich Popstar x vielleicht nicht mehr. Die Wahl ist immer gegeben. Wenn fest steht wie man sich entscheidet, kann man es dennoch aus eigenen Gründen tun und allein um die geht es. Inklusive der Variation durch neue Erkenntnisse, Lernprozesse, Änderungen des Geschmacks usw.
Wenn es nicht um die eigenen Gründe geht, um was dann, bei der Frage nach der Freiheit?
Es fehlt die Entscheidung. Du sprichst zwar davon, dass eine Entscheidung getroffen würde. Tatsächlich ist das nicht der Fall, es sei denn, man biegt den Begriff "eine Entscheidung treffen" gewaltsam um. Eine Entscheidung trifft man nur dann, wenn nicht bereits alles entschieden ist.
Kannst Du mir den Unterschied aufzeigen, zwischen einer Welt A die gößtenteils determiniert ist, aber in der besitmmte Entscheidungen noch nicht feststehen. (Also, in etwa unsere Welt, wie wir sie uns vorstellen.) In dieser Welt sollst Du nun ein Fortbewegungsmittel kaufen und da wägst Du zig Variablen ab und am Ende kommt ein Ergebnis dabei heraus.
In der determinierten Welt B sollst Du nun dasselbe tun. Es würde feststehen, wie Dein Überlegungsweg aussieht, an Ende würdest Du dieselbe Entscheidung treffen. Warum wärst Du nicht frei? Das feststehende Ergebnis beeinflusst Dein Urteil in keiner Weise, kann es gar nicht, denn Du weißt ja nicht was passiert. Für Dich ist und bleibt alles offen.
In einem deterministischen Universum kann nichts entscheiden werden, denn der Lauf der Dinge liegt von Anbeginn fest. Es ist (wie bei Bieri) ein widersinniger Gebrauch des Wortes "Entscheidung", wenn dort von freier Entscheidung gesprochen wird, wo nicht zu entscheiden ist, wo alles bedingt ist und längst feststeht. Wenn die Zukunft nicht offen ist, gibt es nichts zu entscheiden. Es spielt dabei keine Rolle, ob mir die Zukunft bekannt ist. Es kommt nur darauf an, ob sie offen ist oder nicht.
Nein, genau das glaube ich nicht.
Aber ich denke auch, dass genau das der entscheidende Punkt ist.
Das bedeutet dann aber, dass der perspektivische Gegensatz von innen und außen, der für das gegenwärtige Erleben von so zentraler Bedeutung ist, für das Zukünftige nicht in derselben Weise gegeben sein kann. Fast möchte ich sagen: das Vergangene ist das Gesetzmäßige, das Gegenwärtige das perspektive Gegensätzliche, das Zukünftige das Offene. Entscheiden kann ich daher nur in Richtung auf Zukünftiges, nicht in Richtung auf bereits Vergangenes. Diese fundamentalen Bestimmungen unserer Zeitlichkeit übergeht Bieri gänzlich. Ihre Bedeutung für die Frage nach der Willensfreiheit ist ihm entgangen.
Im Determinismus liefe natürlich alles gesetzmäßig ab.
Meine Entscheidung beeinflusst Zukünftiges ebenso wenig wie Vergangenes. Sie ist eine Illusion.
Nein, das hieße, dass unsere Entscheidungen keine Rolle spielen. Das tun sie aber, mal mehr, mal weniger. Auch das steht schon fest, vielleicht trifft man eine Entscheidung die kein Mensch mitbekommt, vielleicht entscheidet eine andere den Weg der Menschheit.
Dass etwas feststeht bedeutet nicht, dass man nicht frei entscheiden kann.
Nehmen wir an, dass es stimmt, dass es im Universum kein perpetuum mobile geben kann. Nehmen wir weiter an, jemand wäre vernarrt in die Idee, dass das doch geht, irrt sich aber. Es stünde unter den Bedingungen fest, dass er scheitern wird, dennoch wäre er frei, seine Ideen zu haben, es 178 mal zu versuchen und noch auf dem Totenbett zu glauben, dass es möglich ist.
Die Offenheit der Zukunft muss auch ontologisch gedacht werden. Ein bloßes Nichtwissen, was kommt, ist unzureichend.
Warum? Wir haben sowieso keinen Zugang zur Ontologie. Wir entwerfen mehr oder weniger zutreffende Theorien über das, was ist, woraus es besteht, erste und letzte Ursachen, aber was wir wirklich vorfinden, ist unsere Rede über dies und das und die beinhaltet auch die Rede über basale Sinnesdaten. Aber schon die Interpretation, dass die Rede über ja doch nur Schallwellen sind, bringt uns ja als ontologisch gemeinter Befund nicht weiter.