Hoppla - habe ich jetzt erst gesehen.
Original geschrieben von Alzii
Das Thema interessiert mich sehr, Wirrlicht.
Diese "Persönlichkeiten" teilen sich wohl ein "Unterbewußtsein" und einen einzigen Körper?
Nein, nicht ganz. Sie teilen sich einen Körper, richtig. Sie teilen sich nicht das ganze "Unterbewußtsein", sondern nur Teile davon - sie sind voneinander abgeschnitten.
Also stelle Dir vor: Du lebst bis zum 5. Lebensjahr "intakt" - mit den üblichen guten und weniger guten Erfahrungen, manches davon verdrängst Du ins Unterbewußte (oder vergißt einfach - landet dann auch im Unterbewußten). Dann tritt eine massiv traumatisierende Situation ein, die so heftig ist, daß Du entweder zum wimmernden Idioten wirst und sozusagen den "Verstand verlierst" - oder eine komplette Amnesie erleidest (sowas kommt vor, aber selten dauerhaft) oder eben indem Du diese Situation in mehrere Teile "zerlegst" und getrennt voneinander "abspeicherst", und zwar tatsächlich in unterschiedlichen Hirnregionen. Das schützt Dich davor, das Erlebte in seiner ganzen Dimension zu erfassen - weil's emotional weit über das erträgliche Maß hinausgeht. Soweit logisch?
Man könnte also sagen: sie teilen sich einen großen Teil des "Unterbewußtseins", aber nicht alles - auf manche Erinnerungen haben die einzelnen "Teile" keinen Zugriff, das sind also meinetwegen für Persönlichkeit 1, 3, 4, 5 und 7 echte "weiße Flecken" (Amnesien), für Persönlichkeit 2 und 7 echte Erinnerungen. Je nachdem wie langanhaltend und schwerwiegend die Traumatisierungen sind, finden neue Abspaltungen in verschiedenen Lebensaltern statt - vor 20 Jahren bestand "ich" sozusagen aus über 20 mehr oder weniger ausgeprägten "Persönlichkeiten" (ohne allerdings damals schon zu wissen was mit mir los war - ich dachte einfach ich wäre eine notorische Lügnerin und irgendwie nicht ganz dicht).
Original geschrieben von Alzii
Jetzt "stirbt" eine von diesen Persönlichkeiten. Sie ist verschwunden in den Tiefen des Gehirns. Sie kann jedoch jederzeit nach ihrem "Tod" wieder "auferstehen", so lange der Körper noch da ist.
Ich weiß nicht ob das so möglich ist. Einige dieser Persönlichkeitsfragmente von mir haben sich tatsächlich so verhalten als würden sie sterben. Andere WOLLTEN sterben - was von denen, die leben wollten, verhindert wurde. Vielleicht gibt es ja keinen Unterschied - es paßt ungefähr in Gysis Theorie mit dem kollektiven Zusammenfluß von "Mensch" nach dem Sterben (hab ich hoffentlich jetzt richtig verstanden). Ich meine: Als der "Koordinator" in meinem Kopf - das war so eine Art übergeordnete Instanz - hochintelligent, aber ein ziemliches Arschloch, der aber immerhin als erster alle "anderen" von mir lokalisiert und zur Kommunikation mittels Tagebuch gezwungen hat - zähneknirschend anerkannte, daß "wir" mehr sind als er zulassen wollte - und als er weiter die Devise ausgab, daß wir notgedrungen kooperieren müßten, damit nach außen nichts bemerkbar wird (in die Klapse wollten wir ja nicht) bedeutete das, daß auch die "Personen", die sonst immer von ihm unterdrückt worden sind, erstmal zu Wort kamen. Dann irgendwann "sprach sich rum", daß "wir" uns so nach und nach in eine Gesamtpersönlichkeit integrieren müßten, wenn ein halbwegs sinnvolles Weiterleben überhaupt möglich sein sollte. Für manche war das gleichbedeutend mit "ausgelöscht werden" und reagierten ebenso panisch wie vor dem Tod. Vorletztes Wochenende ist eines der (hoffentlich letzten) Teile erst wirklich "in mich übergegangen". Vorher war das immer alleine aktiv, ich erinnerte im Zusammenhang mit der auslösenden Situation lediglich, daß ich Angst (bis hin zu Erstickungsanfällen) hatte vor dem Ausgelöscht-Werden, was letztlich dahinter steckte wußte ich nicht. JETZT weiß ich, daß das ein kleines, etwa 4-jähriges Kind war, das mit einer speziellen Situation überfordert war - immer wenn diese Situation eintrat, verschwand ICH und die Kleine war da. Jetzt ist sie Bestandteil von mir - in dem Augenblick als ich das erkannte und die Angst der Kleinen mitgefühlt habe war sie plötzlich in mir nur noch ein Teil. Besser kann ich's nicht erklären. Als "tot" würde ich sie deshalb nicht bezeichnen. Aber existieren in ihrer bisherigen eigenständigen Präsenz tut sie auch nicht mehr.
Original geschrieben von Alzii
Eine bewußte Persönlichkeit ist wie der Schatten auf einer Wand, den die Hand beim Schattenspiel wirft.
Das stimmt
Demnach ist eine nicht-bewußte Persönlichkeit wie das Ahnen von tiefen Schluchten, die bereits einen halben Schritt hinter uns liegen - man kann ihre Existenz ahnen und vielleicht aus vielen Indizien ableiten, aber wirklich wissen kann man's erst, wenn man das Risiko eingeht, abzustürzen.
Original geschrieben von Alzii
Auch wenn ein Körper nur eine einzige bewußte Persönlichkeit hat, kann diese "sterben" oder "getötet" werden, während das sog. Unbewußte und der Körper (desorientiert) weiterleben.
Es wird dann sehr schnell eine neue Persönlichkeit aufgebaut, oder die alte reaktiviert.
Das bezweifle ich. Vielleicht ist das bis zu einem gewissen Grad möglich, aber ich fürchte: wenn eine Persönlichkeit "stirbt" - dann bleibt ein lallender Idiot übrig. Oder eine weiße Karte, auf der nur noch kleine Fetzen von der ursprünglichen Landkarte sichtbar sind - zusammenhanglos und in sich nicht mehr lebensfähig. Soweit also desorientiert weitervegetieren. Eine neue Persönlichkeit aufbauen: nein, äußerst unwahrscheinlich. Es sei denn, daß man das neu lernen nach einer Totalamnesie so sieht - das geht aber nicht schnell, das dauert Jahre.
Original geschrieben von Alzii
Was denkt Ihr?
Ich denke, daß Seelenmord genauso streng - wenn nicht strenger! - geahndet gehört wie physischer Mord.