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Unser Recht zu sterben...

AW: Unser Recht zu sterben...

ich zum Beispiel fresse Menschen!
und es gefällt mir nicht wenn sie den Tod wählen!
ich will ja frisches Fleisch fressen!
Fischers Fritze Fischt Frische Fische!und Frisst sie gerne Frisch!
so ist der Selbstmord eine Sünde!
ihr dürft es nicht tun!
ihr habt kein recht dazu!
und ich habe das recht euch diese Freiheit zu nehmen!
was ihr machen dürft ist reichlich zu fressen!
für mich!
weil ich euch fressen werde!
also bitte keinen Selbstmord!
wer es wagt der bekommt schläge!
von meinen sklaven die mir glauben!
:kuss1:
also bitte,macht mir keine probleme!
 
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AW: Unser Recht zu sterben...

Hallo an alle.

Auch ich teile die Ansicht, dass jeder Mensch ein Recht hat, über sein Leben vollständig selbst zu entscheiden- von den normalen Entscheidungen des Alltags ("Mache ich heute Nudeln oder Milchreis?"), die persönliche Entfaltung ("Stehe ich auf Frauen oder Männer?") über die Politik ("Wähle ich die CDU oder die SPD?") bis hin zur existenzielsten aller Fragen: "Will ich noch weiter leben?". In der Tat bedeutet Freiheit und Selbstbestimmung auch, über das eigene Leben zu entscheiden.

Allerdings setzt diese Entscheidung eines voraus: Die Fähigkeit, objektiv entscheiden zu können. Und hier, Benjamin, sehe ich bei dem Beispiel mit der Psychatrie und der Zwangseinweisung ein Problem.
Aus eigener Erfahrung (wenn diese auch bei weitem nicht so drastisch war wie die eines Selbstmordgefährdeten) weiß ich, dass man im Fall einer psychischen Erkrankung meistens zu eben dieser objektiven Entscheidungsfähigkeit nicht in der Lage ist. Man sieht alles mit dem depressiven oder von Angstneurosen etc. verdunkelten Tunnelblick und hat keinen Überblick mehr auf das eigene Leben.
In diesem Fall ist es, mMn, das einzig richtige, sich in die Hände eines Menschen zu begeben, der gelernt hat, mit einer solchen Situation umzugehen und betroffenen Menschen Hilfestellung zu leisten: Ärtzte, die (in einer anderen Diskussion mMn zu Unrecht so gescholtenen) Psychologen und Psychater, Sozialarbeiter etc. etc.
In einem großen Teil der Fälle, wissen diese, was zu tun ist.
Was psychische Krankheiten betrifft, bin ich voll und ganz für die Zwangseinweisung von lebensmüden Personen, die sich selbst gefährden.

Gerade Depressionen sind eine heikle Sache und ich bin mir auch darüber im Klaren, dass Depressionen mehr sind als Melancholie. Doch sie sind eine Krankheit die leider viel zu oft tödlich verläuft, obwohl sie gar nicht tödlich verlaufen müsste, da der Körper ja im Grunde funktionstüchtige Organe hat.

Ich finde es jedesmal tragisch, wenn ich von einem Selbstmord eines Depressiven höre- denn es hätte nicht sein müssen und die Gründe für den Selbstmord sind es nie wert, dass man sich seines (vielleicht einzigen, das man jemals hat?) Lebens beraubt.
Denn wer weiß schon, was morgen ist? Vielleicht findet man ja auch wenn das Leben noch so leer ist etwas, für das es sich weiterzumachen lohnt- auch wenn das seelische Leid, was man durch die psychischen Krankheiten verspürt noch so groß ist.

Ein anderer Fall ist das Recht auf selbstbestimmtes Sterben im Falle einer schweren Krankheit, die mit großem körperlichem Leid verbunden ist.
Ein Mensch, der totkrank und mit unerträglichen Schmerzen im Bett liegt, der keine Chance mehr auf Heilung hat und den Tod herbeisehnt- wäre es nicht verständlich, wenn dieser Mensch sich selbst das Leben nimmt?

Andererseits gilt es hier wieder die gleichen Punkte zu beachten wie beim Suizid aus psychischen Gründen:
Der Leidende muss im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein und seine Situation überblicken können. Er muss sich intensiv mit der Frage beschäftigt haben und sich nicht aus einer negativen Stimmung heraus zum Suizid entschieden haben.

Außerdem weiß man auch hier nicht was morgen ist: Vielleicht gibt es ja doch noch plötzlich eine Chance auf Heilung.
Und selbst wenn nicht: Es gibt auch andere Ereignisse im Leben, die auch bei großen körperlichen Qualen stärker sind alös das Leid.
Wie oft hört man, dass sterbenskranke Mütter noch zäh um ihr Überleben gekämpft haben, um, beispielsweise die Hochzeit oder den Studienabschluss ihres Kindes mitzuerleben?

Ich hatte einen Onkel, der an einer schweren Erkrankung an den Nieren litt. Er hatte große Qualen, seine Leben war nur sehr beschränkt noch möglich und er musste regelmäßig zur Dialyse- trotz allem konnte er sich noch für viele Dinge begeistern (er war ein großer Geschichtsfan) - ich weiß nicht, ob er mal an Selbstmord gedacht hat, meine Mutter meinte ja, aber er hat ihn nie ausgeführt. Er hat jedoch gesagt, dass er, für den Fall dass er im Sterben liegt, er nicht ins Leben zurückgeholt werden will.
Ich halte das für eine Alternative zur Selbsttötung- die Natur (oder Gott, oder das Schicksal oder was man auch immer für Namen für diese Macht hat) in einem solchen Fall ihren Weg gehen zu lassen.
(Mein Onkel ist dann eines Tages übrigens bei der Dialyse gestorben.)

Zuletzt noch eines:
Bei allem Reden über die Rechte auf Selbstbestimmung beim Sterben- wo Rechte sind, da sind auch Pflichten. So hat ein Kind beispielsweise ein Recht auf Vater und Mutter. Und- ohne hart klingen zu wollen- manchmal, auch wenn das Leben keine Freude zu machen scheint, müssen sich Eltern einfach einmal am Riemen reißen, auch wenn die Depressionen sie noch so niederdrücken.
In dem Moment, indem man sich entschließt eine Familie zu gründen, so gibt man, aus freien Stücken, einen Teil seiner Freiheit auf, und bürdet sich eine Verantwortung auf- für sich und andere. In einem solchen Fall muss man bedenken, dass die Frage "Soll ich weiterleben oder meinem Leben ein Ende setzen?" nicht mehr nur meine eigene Angelegenheit ist, sondern die meines Ehepartners und meiner Kinder.

Meint
Sunnyboy
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Unser Recht zu sterben...

Hallo Sunnyboy!

Freue mich über die ausführliche Darlegung deiner Gedanken! :)
Wenngleich ich vieles anders sehe.

Es ist zum Beispiel meines Erachtens nicht richtig, einen Schwerdepressiven die Entscheidungsfreiheit abzusprechen. Ich denke, so etwas wie eine objektive Entscheidung gibt es ohnehin nicht. All unsere Entscheidungen gehen aus unseren Erfahrungen, unserem Denkvermögen und unserer Stimmungslage hervor oder sind zumindest davon beeinflusst. Das betrifft Depressive genauso wie die, die es nicht sind.

Ein anderer Fall ist das Recht auf selbstbestimmtes Sterben im Falle einer schweren Krankheit, die mit großem körperlichem Leid verbunden ist.

Du unterscheidest physisches Leid von psychischem. Zu Unrecht, meine ich.
Ich kann nun von eigener Erfahrung sprechen, wenn ich sage, dass psychisches Leid physisches weit übertreffen kann. Ich kenne zwar nicht die Leiden eines Krebspatienten am eigenen Leib, aber doch die Leiden eines Schwerdepressiven. Bis dato habe ich kein physisches Leid erlebt, was mit dem Schmerz meiner Depression auch nur annähernd vergleichbar gewesen wäre.

Außerdem weiß man auch hier nicht was morgen ist: Vielleicht gibt es ja doch noch plötzlich eine Chance auf Heilung.

Das mag stimmen. Aber das ist meiner Meinung nach kein Argument, das uns unsere Entscheidung zu leben absprechen kann. Was wissen wir über die Leiden mancher Menschen?? Was gibt uns das Recht, zu bestimmen, ob sie sterben dürfen oder weiter leiden müssen?? Der, der die Schmerzen selbst erfährt, ist der einzige, der eine annähernd objektive Entscheidung treffen kann. Alle anderen können nur mutmaßen, über das, was der Sterbende oder Depressive, oder Geisteskranke gerade durchlebt.
Ich persönlich finde es daher Unrecht, wenn andere darüber entscheiden, was der Patient zu ertragen hat und was nicht.

Außerdem muss ich sagen, dass mich haargenau die heutige Gesetzeslage immer abgeschreckt hat, professionelle Hilfe anzunehmen. Ich hatte Angst eingesperrt zu werden, weil ich stimmen hörte, die mir sagten, dass ich mich umbringen soll. (Kein Scherz jetzt.)

Bei allem Reden über die Rechte auf Selbstbestimmung beim Sterben- wo Rechte sind, da sind auch Pflichten. So hat ein Kind beispielsweise ein Recht auf Vater und Mutter.

Dem stimme ich auch zu.
Aber was ist besser? Einen Schwerdepressiven Vater zu haben, der launisch ist, der gewalttätig werden kann, der unglücklich ist und der immer wieder in eine Klinik muss oder gar ein Vater der geisteskrank ist, der Wahnvorstellungen hat. Oder aber gar kein Vater? Was ist für das Kind besser?

Vergleichen wir dies doch mit einem Vater der physisch am Ende ist, der ein Pflegefall ist oder zumindest schwer krank ist und sterben will. Nützt dem Kind so ein Vater? Ich denke nicht. Er ist sogar eine Belastung.

Daher denke ich, sollte man auch in diesem Fall die Entscheidungsfreiheit eines jeden Menschen respektieren. Oft wissen es die Kranken weit besser als die Außenstehenden.

Und zuletzt gibt es meiner Ansicht nach so etwas wie ein Recht zu sterben. Oder sollte es zumindest geben. Niemand hat das Recht uns diese letzte Freiheit zu nehmen. Auch keine Familienmitglieder.

Ben
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Unser Recht zu sterben...

Und- ohne hart klingen zu wollen- manchmal, auch wenn das Leben keine Freude zu machen scheint, müssen sich Eltern einfach einmal am Riemen reißen, auch wenn die Depressionen sie noch so niederdrücken.

Du wertest auch hier psychisches Leid ab.
Würdest du einem Krebspatienten raten, sich am Riemen zu reißen? Die Heilungschancen von Brustkrebs beträgt zum Beispiel bei 85%. Die Selbstmordrate von Schwerdepressiven liegt ungefähr bei 20%. Das zeigt, dass man an einer schweren Depression eher stribt als an Brustkrebs. Hast du das schon einmal so betrachtet?
Am Riemen reißen klingt gut ... zeigt aber oft, dass man die Leiden des Patienten nicht versteht.

Ben
 
AW: Unser Recht zu sterben...

@Benjamin!

Ich hatte beides. Krebs und Depressionen.
Du hast recht, es ist nicht vergleichbar
Beim Krebs war ich mir sicher, daß ich ihn überlebe
Bei den Depressionen hatte ich Glück, daß ich Sie überlebt habe

@ Sunnyboy!

Sei mir nicht bös' wenn ich es so direkt sage, aber Du redest wie ein Blinder von der Farbe.
Depressionen haben doch nichts damit zu tun, daß man keine Freude am Leben hat. Man ist machtlos dagegen. Da hilft dir kein Wille, kein am Riemen reißen oder sonst etwas.
Ich bin ein sehr positiver, lebensbejahender Mensch und bekomme immer wieder als "Nebenwirkung" einer anderen Erkrankung Depressionen. Und ich kann Dir eines sagen, alles, wirklich alles kann man mit positiven Denken, mit Glauben an Genesung usw. beherrschen. Aber nicht die Depressionen. Da hilft nichts. Kein Intellekt, kein Erkennen, kein Wissen was man dagegen tun. Da ist nur grenzenlose Leere und eine Todessehnsucht die man außerhalb eines Schubes nicht nachvollziehen kann.
Also sage bitte nie wieder einen depressiven Menschen, er soll sich am Riemen reißen, das kann er nämlich nicht, ob Du es glaubst oder nicht. Es ist so.
Lg. eule
 
AW: Unser Recht zu sterben...

Hallo Benjamin, Hallo Eule.

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich ganz sicher nicht psychische Krankheiten herabwerte- ich selber bin sowohl selbst von Angstzuständen und leichten Depressionen betroffen und habe eine gute Freundin, die an Magersucht erkrankt war und sich zeitweise in einem äußerst ernsthaften, bedrohlichen Zustand befand.
Außerdem habe ich in der Psychiatrie eine Menge von psychisch Kranken kennen und schätzen gelernt.


Die Äußerung mit dem „ einfach am Riemen reißen“ nehme ich zurück und möchte mich, für den Fall, dass ich jemanden zu nahe getreten bin, in aller Form entschuldigen.

Als ich das schrieb, habe ich an meinen Zimmernachbarn in der Klinik gedacht, der seine Depressionen geradezu kultiviert hatte und sie auch auskostete und sogar als Druckmittel benutzte.
In der Tat wäre es schlimm, wenn Eltern sich so verhalten würden- aber ich gebe zu, dass ich die ernsthaft an Depressionen erkrankten Menschen, die es nicht mehr schaffen, gegen die Krankheit anzukämpfen, außer Acht gelassen habe.

Dennoch bereitet es mir Bauchschmerzen, ihnen (und ich spreche jetzt wirklich von den PSYCHISCH kranken und PHYSISCH gesunden Menschen) es freigestellt zu lassen, ob sie in eine Klinik gehen oder nicht.
Warum ein Recht zu sterben, wenn körperlich kein Grund dazu da ist?
Es gibt heute so viele Möglichkeiten Depressionen zu behandeln. Viele Menschen wissen gar nicht, dass das, was sie haben behandelbar ist (natürlich gibt es keine Erfolgsgarantie).
Wie viele Menschen bringen sich um, weil sie keine Hoffnung mehr haben ohne alles, was ihnen hätte helfen können, ausprobiert zu haben?
Und wenn ich mich sowieso töten will- warum probiere ich nicht dann erst einmal einen eventuellen Weg, um ins Leben zurückkehren zu können?
Ich habe doch ohnehin nichts zu verlieren.

Meine ehemals magersüchtige Freundin wollte auch erst nicht in die Klinik- auch sie wurde gegen ihren Willen von ihren Eltern dorthin geschickt.
Heute ist sie gesund- was wäre, wenn man ihr ihren Willen gelassen hätte? Ihr Recht auf Selbstbestimmung?
Es gibt Momente, in denen jeder von uns von Krankheiten psychischer Natur getroffen werden kann, die es erforderlich machen, dass wir unsere seelische Gesundheit in die Hände anderer legen müssen, da wir selbst den Überblick verloren haben.

Zitat von Benjamin:
Es ist zum Beispiel meines Erachtens nicht richtig, einen Schwerdepressiven die Entscheidungsfreiheit abzusprechen. Ich denke, so etwas wie eine objektive Entscheidung gibt es ohnehin nicht. All unsere Entscheidungen gehen aus unseren Erfahrungen, unserem Denkvermögen und unserer Stimmungslage hervor oder sind zumindest davon beeinflusst. Das betrifft Depressive genauso wie die, die es nicht sind.

Wenn ein Schwerdepressiver sich entschließt, sich das Leben zu nehmen, so tut er das aufgrund einer Weltsicht, die durch eine Krankheit beeinflusst wird, die sowohl psychische als auch körperliche und genetische Ursachen hat.
Und meiner Meinung nach, darf es nicht sein, dass ein Mensch aufgrund einer Krankheit eine solch fundamentale Entscheidung trifft. Dazu benötigt er, wie ich es nannte, einen objektiven Überblick über sein Leben. Den hat er, meiner Ansicht nach in diesem Moment seiner Krankheit nicht vollständig.

Versteh mich nicht falsch: Ich spreche auf keinen Fall psychisch kranken Menschen die Denkfähigkeit ab, im Gegenteil, psychisch kranke Menschen denken oft mehr über die Dinge nach als psychisch Gesunde. Doch ich glaube, dass ihre Sicht auf das Leben durch ihre Krankheit verdunkelt ist.

Zitat von Benjamin :
Du unterscheidest physisches Leid von psychischem. Zu Unrecht, meine ich.
Ich kann nun von eigener Erfahrung sprechen, wenn ich sage, dass psychisches Leid physisches weit übertreffen kann. Ich kenne zwar nicht die Leiden eines Krebspatienten am eigenen Leib, aber doch die Leiden eines Schwerdepressiven. Bis dato habe ich kein physisches Leid erlebt, was mit dem Schmerz meiner Depression auch nur annähernd vergleichbar gewesen wäre.

Leid ist subjektiv immer schmerzhaft. Mir geht es aber um die objektive Betrachtung- mit objektiv meine ich die Betrachtung der äußerlich sichtbaren Auswirkungen des Leidens.
Das Depressionen Leid verursachen bezweifel ich gar nicht.
Und ich will auch keine Bewertungsskala aufstellen, welches Leid größer ist.


Ich weiß wie es ist, nachts wach zu liegen, keinen Sinn mehr im Leben zu sehen, eine innere Leere zu fühlen und das Gefühl zu haben, von einer Mauer umgeben zu sein, die keiner überwinden kann.
Ich denke, das ist eine Auswirkung meiner leichten Depressionen. Und auch wenn ich nicht an Selbstmord gedacht habe, so könnt ihr mir glauben, habe ich unter diesem Gefühl gelitten.
Und dennoch glaube ich auch dann noch: Einem Menschen mit Gehirntumor geht es wesentlich schlechter als mir- objektiv gesehen. Denn anders als die Depression (wenn man die freiwillige Selbsttötung ausklammert, die sie bewirken kann), die zwar großes Leid verursacht aber an sich nicht tödlich ist, bedeutet der Gehirntumor eine akute Lebensgefahr.
Somit glaube ich durchaus, zwischen psychischem und physischem Leid unterscheiden zu können, OHNE, dass möchte ich immer wieder betonen, den Leidensdruck und die Gefahr, die von psychischen Krankheiten ausgeht, herunterreden zu wollen- ein psychisch Kranker benötigt dringend Hilfe.

Aber es gibt, und dabei bleibe ich, keinen Grund, dem Wunsch eines psychisch Kranken, seinem Leben ein Ende zu setzen, nachzukommen.
Im Gegenteil: Die Gesellschaft ist verpflichtet, diesem Menschen zu helfen.
Und Hilfe bedeutet nicht, dass ich in falschverstandener Toleranz zusehe, wie er sich zu Grunde richtet.

Im Internet gibt es seit einiger Zeit eine Bewegung, die sich Pro-Ana nennt. Dabei handelt es sich um essgestörte (meistens) Mädchen, die sich gegenseitig dazu aufstacheln, noch mehr abzunehmen und die den Standpunkt vertreten, ihr Körper gehört ja ihnen und deshalb dürfen sie sich, wenn sie das wollen zu Tode hungern, es ist ja ihre Sache. Dabei sind diese Mädchen so geblendet in ihrem Schönheitswahn.
Sie können auch nicht anders. Wenn man sie aber einweist, bestehet eine Chance zur Heilung. Dazu wären diese Mädchen nie freiwillig bereit- was also tun?
Ihnen ihr Recht zugestehen sich zu Tode zu hungern?
Wohl kaum. Genauso ist es mit Depressionen.

Es ist schon schlimm genug, dass Menschen durch physische Krankheiten sterben- aber es darf nicht sein, dass man zulässt, dass Menschen sich im Wahn selbst das Leben
nehmen.


Zitat von Benjamin:
Das mag stimmen. Aber das ist meiner Meinung nach kein Argument, das uns unsere Entscheidung zu leben absprechen kann. Was wissen wir über die Leiden mancher Menschen?? Was gibt uns das Recht, zu bestimmen, ob sie sterben dürfen oder weiter leiden müssen?? Der, der die Schmerzen selbst erfährt, ist der einzige, der eine annähernd objektive Entscheidung treffen kann. Alle anderen können nur mutmaßen, über das, was der Sterbende oder Depressive, oder Geisteskranke gerade durchlebt.
Ich persönlich finde es daher Unrecht, wenn andere darüber entscheiden, was der Patient zu ertragen hat und was nicht.

Das der, der die Schmerzen selbst erfährt derjenige ist, der als einziger annähernd objektiv entscheiden kann sehe ich anders- er weiß sicherlich am besten, wie sich diese Schmerzen anfühlen- aber wie sie medizinisch zu beurteilen sind, welche Heilungschancen bestehen, also das, was Objektivität gerade ausmacht, das weiß, mMn der Arzt aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung besser.

Im Übrigen besteht in meinen Augen ein Unterschied zwischen Sterbenden, Depressiven und Geisteskranken.
Die Sterbenden möchte ich hier einmal ausklammern- ihr Recht ihrem Leben ein Ende zu setzen ist ein anderes und noch viel komplexeres Thema, das ich nicht mit dem Thema Zwangseinweisung vermischen möchte.
Insofern bezieht sich meine oben gemachte Aussage auch hauptsächlich auf psychisch Kranke.

Was beispielsweise ist mit Menschen, die zwischen depressiven und übermotivierten Phasen schwanken? Die an einem Tag voller Lebensdrang sind und am nächsten von der nächst besten Brücke springen wollen?
Was, wenn sie sich in einer depressiven Phase umbringen wollen? Muss man das dann akzeptieren, obwohl man weiß, dass sie es am nächsten Tag wieder bereut hätten?


Zitat von Eule58:
Ich bin ein sehr positiver, lebensbejahender Mensch und bekomme immer wieder als "Nebenwirkung" einer anderen Erkrankung Depressionen. Und ich kann Dir eines sagen, alles, wirklich alles kann man mit positiven Denken, mit Glauben an Genesung usw. beherrschen. Aber nicht die Depressionen. Da hilft nichts. Kein Intellekt, kein Erkennen, kein Wissen was man dagegen tun. Da ist nur grenzenlose Leere und eine Todessehnsucht die man außerhalb eines Schubes nicht nachvollziehen kann.

In diesem Zusammenhang würde mich interessieren: Was denkst du, mit deiner Erfahrung, zu dem Thema Zwangseinweisung und zum Recht zu sterben?Wenn du von „Schüben“ sprichst, heißt das dann, dass du zu einem anderen Zeitpunkt das ganze anders siehst?
Wenn das so wäre, wäre es dann, deiner Ansicht nach nicht verheerend, einem Menschen, der sich in einer depressiven Phase befindet sich einfach selbst zu überlassen? Müsste man ihm dann nicht unter die Arme greifen, wohlwissend, dass, auch wenn er sich momentan dagegen sträubt er später einmal dankbar sein wird?
Die Fragen meine ich jetzt ernst, nicht rethorisch oder so.



Zitat von Benjamin:
Aber was ist besser? Einen Schwerdepressiven Vater zu haben, der launisch ist, der gewalttätig werden kann, der unglücklich ist und der immer wieder in eine Klinik muss oder gar ein Vater der geisteskrank ist, der Wahnvorstellungen hat. Oder aber gar kein Vater? Was ist für das Kind besser?

Ein schwierige Frage- aber ich glaube, dass es für das Kind besser ist einen lebenden Vater zu haben, auch wenn er sich in klinischer Behandlung befindet, als mit der Selbsttötung des Vaters fertig werden zu müssen.


Liebe Grüße,
Sunnyboy
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Unser Recht zu sterben...

Benjamin, Sunnyboy, Ziesemann: Ihr habt Euch nicht selbst gemacht, deswegen habt Ihr auch kein Recht, Euch selbst zu zerstören.

Zeili
 
AW: Unser Recht zu sterben...

Nachdem Zeilinger die religiöse Komponente der Frage aufgegriffen hat, möchte ich kurz die juristische dazu beleuchten:

Im Polizei- und Ordnungsrecht (bzw. Gefahrenabwehrrecht) der einzelnen Bundesländer gilt der Grundsatz, daß ein Mensch das Recht zur Selbstgefährdung hat. Die Grenze wird allerdings da gezogen, wo jemand sein Leben beenden möchte, es wird in dem Kontext zumindest als nicht disponibles Rechtsgut angesehen.
Foglich besteht eine Pflicht zum Einschreiten der Polizeibehörden und zur Gefahrenabwehr (und übrigens auch zur Kostentragung des Betroffenen für die Gefahrenabwehrmaßnahme). Würde also z.B. ein Selbstmörder mittels Kran, Hubschrauber, GSG 9 oder was auch immer davon abgehalten werden, wäre das nicht nur legitim, er müßte sich auch auf erhebliche Kosten einstellen.

Klingt sicher sehr kalt und bürokratisch. Ich möchte das hier erstmal gar nicht kommentieren, es nur schildern, damit die Ausgangssituation einmal konkret beleuchtet wird. Sie spielt ja eine Rolle in den vorangegangenen Beiträgen.

Gruß
Zwetsche
 
AW: Unser Recht zu sterben...

Die Äußerung mit dem „ einfach am Riemen reißen“ nehme ich zurück und möchte mich, für den Fall, dass ich jemanden zu nahe getreten bin, in aller Form entschuldigen.
Du bist, zumindest mir, nicht zu nahe getreten. In deprofreien Phasen denke ich genau so. Aber während eines Schubes sind solche "Ratschläge" kontraproduktiv. Man sieht dann nur seine eigene "Unfähigkeit" und fällt immer tiefer in das dunkles Loch. Man sieht die helfenden Hände die einem raushelfen wollen nicht mehr.
Wenn ich genau überlege, ist es eigentlich egal was Freunde/Angehörige machen, es ist auf alle Fälle falsch.

Versteh mich nicht falsch: Ich spreche auf keinen Fall psychisch kranken Menschen die Denkfähigkeit ab, im Gegenteil, psychisch kranke Menschen denken oft mehr über die Dinge nach als psychisch Gesunde. Doch ich glaube, dass ihre Sicht auf das Leben durch ihre Krankheit verdunkelt ist.
Ich schon. Zumindest mir. In solchen Phasen bin ich nicht "denkfähig". Aber ich bin kein Maßstab. Mir ist bewußt, daß mein Denken von Depression beeinflußt ist, und kann es trotzdem nicht ändern. Ich weiß, ich bin auf Hilfe angewiesen und lehne sie gleichzeitig ab.


Was beispielsweise ist mit Menschen, die zwischen depressiven und übermotivierten Phasen schwanken? Die an einem Tag voller Lebensdrang sind und am nächsten von der nächst besten Brücke springen wollen?
Was, wenn sie sich in einer depressiven Phase umbringen wollen? Muss man das dann akzeptieren, obwohl man weiß, dass sie es am nächsten Tag wieder bereut hätten?
Das nennt man manisch-depressiv und auch durch diese Gasse bin ich gegangen. (Ich nenn' es heute "meine Teenagerdepression" und bin überzeugt davon, daß man in diesem Alter sowieso nicht denkfähig ist, aber wahrscheinlich kann man das nur, wenn man Jahrzehnte Abstand davon hat)
Ich wurde mehrmals nach Selbstmordversuchen "zwangseingewiesen" und bin heute froh darüber.
Jeder Versuch war ein Hilfeschrei, Ich habe Glück gehabt, an einen Arzt zu kommen, der mir helfen konnte, denn das ist nicht so selbstverständlich.
Ich wurde geheilt, wie auch immer es gelungen ist, ist mir heute ziemlich "wurscht", Hauptsache es ist so.

In diesem Zusammenhang würde mich interessieren: Was denkst du, mit deiner Erfahrung, zu dem Thema Zwangseinweisung und zum Recht zu sterben?Wenn du von „Schüben“ sprichst, heißt das dann, dass du zu einem anderen Zeitpunkt das ganze anders siehst?
Wenn das so wäre, wäre es dann, deiner Ansicht nach nicht verheerend, einem Menschen, der sich in einer depressiven Phase befindet sich einfach selbst zu überlassen? Müsste man ihm dann nicht unter die Arme greifen, wohlwissend, dass, auch wenn er sich momentan dagegen sträubt er später einmal dankbar sein wird?
Die Fragen meine ich jetzt ernst, nicht rethorisch oder so.
Diese Fragen sind sehr schwer zu beantworten, da Depressionen so unterschiedlich sind wie die Menschen die sie haben.
Ich kann nur für mich sprechen. In meinem Fall bin ich für Zwangseinweisung, denn ich weiß, daß ich nicht wirklich sterben will, sondern daß mein "Gehirn" verrückt spielt. (Stoffwechselstörung)
Ich spür' sie manchmal auch kommen und habe das Gefühl, machtlos dagegen zu sein. Dazu kommt noch, daß ich auf Grund meiner Krankheit keine Medikamente dagegen nehmen kann und deshalb habe ich, um es meinen Kindern leichter zu machen eine Einwilligung zur Einweisung gegeben, falls es hart auf hart geht, aber zum Glück noch nie gebraucht.
Das liegt möglicherweise daran, daß ich die "Depros" mittlerweile als "ist so und nicht zu ändern" akzeptiert habe und in freien Phasen (die immer länger werden) daran arbeite sie möglicherweise schon im Keim zu ersticken.
Und jetzt kommt der große Widerspruch. Ich bin zwar machtlos wenn sie da ist, aber ich kann verhindern daß sie kommt. Zwar nicht immer, aber immer öfter. Aber dazu muß man genau wissen, was im Gehirn passiert. Ich weiß nicht, ob es auch bei manisch-depressiven Phasen hilft, damals war mein Wissensstand nicht so groß wie heute, aber ich denke schon.
Trotzdem spreche ich niemand das Recht zu sterben ab (ob er es bereut getan zu haben, wird man nie erfahren). Denn wenn jemand den Leidensdruck nicht mehr aushält und unbedingt sterben will, dann soll man ihn lassen. Daß ich froh darüber bin, daß es mir nicht geglückt ist heißt noch lange nicht, daß jeder so empfindet.
Aber wie gesagt, ich bin kein Maßstab. Mir haben die Depressionen eigentlich geholfen heraus zu finden, was ich nicht will. Auf gar keinen Fall "leidend" durchs Leben zu gehen, sondern jeden Tag den ich noch habe zu genießen. Egal wie schlecht es mir körperlich geht.
Denn eines glaube ich erkannt zu haben, es geschieht nichts umsonst im Leben. Es hat alles seinen Sinn, auch wenn man ihn nicht gleich erkennt. Irgendwann kommt man drauf und dann kann man auch das Positive sehen.
Ich bin durch eine harte Schule gegangen und bin heute dankbar dafür, denn sie hat mich zu dem gemacht was ich bin. Ein rundum zufriedener und glücklicher Mensch.
Ich kann von mir sagen, obwohl es schon wieder ein Widerspruch ist, nichts und niemand hat Macht über mein Denken und Sein, nicht einmal mein Gehirn.
Aber ich weiß auch, daß es nicht für jeden Gültigkeit hat.

Ich hoffe damit Deine Fragen beantwortet zu haben.

Lg. Eule

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AW: Unser Recht zu sterben...

Ihr habt Euch nicht selbst gemacht, deswegen habt Ihr auch kein Recht, Euch selbst zu zerstören.

Und wer hat das Recht gehabt "mich zu machen?"
Und wer hat das Recht über mein Leben zu bestimmen?

Ich. Und sonst niemand.
 
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