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Suizid aus "Vernunftgründen"?

AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

'Autonomie' hat vermutlich in unserer dogmatisch-christlichen Kultur einen negativen Beigeschmack, weshalb innerhalb unserer Gesellschaft - wie ich meine aus ausschließlich weltanschaulichen Gründen - bestimmte private Entscheidungen der öffentlichen Billigung bedürfen. Ich vermute, dass das jetzt gefällte Urteil im Falle der 13jährigen Engländerin verhindern soll, dass die Eltern nach dem Tod ihrer Tochter wegen "unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge" angeklagt und verurteilt werden können. In einem anderen Fall in den Vereinigten Staaten entschied vor Jahren ein amerikanisches Gericht gegen den Wunsch der Eltern, die seit Jahren im Koma liegende Tochter sterben lassen zu dürfen. Auch unsere Patientenverfügungen bringen Ärzte - falls sie sich danach richten - in Gefahr einer Verurteilung. Viele setzen sich der Gefahr bereits aus, obwohl die Rechtslage noch anderen Auffassungen entspricht.

flores :)
 
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AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Kommt ein Mensch zu der Auffassung, dass sein Leben nicht mehr lebenswert ist und möchte er darum seinem Leben ein Ende setzen, so kann ich das nur respektieren.
Ich würde mir wünschen, dass sich immer mehr Menschen dazu entschliessen könnten so zu denken.

Das klinkt sehr nett, sauber und rein aber es trifft nur auf Menschen zu die im Gehirn völlig gesund sind und diese Entscheidung für sich fällen können.
Alle Menschen die in ärztlicher Behandlung sind, einen gesetzlichen oder anderen Betreuer haben, im Gehirn behindert sind, unter akuten psychischen Störungen leiden, eine Persönlichkeitsstörung haben oder wie auch immer beeinträchtigt sind in der Psyche können diese Entscheidung für sich nicht fällen genauso wie sie alle anderen Entscheidungen im Alltag nicht selbst fällen.
Deshalb kann man nicht von Vernunft sprechen, alle diese Menschen sind nicht vernünftig und deshalb ohne Hilfestellung nicht lebensfähig. Ist ein Leben mit Hilfestellung lebenswert? Müssen sich alle umbringen die in so einer Lage sind indem sie die Hilfe verweigern? Das Sozialgefüge ist ja so schon sehr labil aber mit diesen Ansichten gerät es völlig aus dem Gleichgewicht.
Bin grundsätzlich für eine gut organisierte Sterbehilfe aber bin nicht dafür, dass man jeden ohne Widerspruch in den Tod gehen lässt der den Willen äußert. Wenn es in unserem heutigen Alltag um den geäußerten Willen von jemanden geht sich das Leben zu nehmen hat es fast nie etwas mit Vernunft zu tun. Es ist oft ein Hilfeschrei eines Ausweglosen, da lassen sich von außen noch einige Alternativen aufzeigen wenn man gut ist.

gruß fluuu
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Das klinkt sehr nett, sauber und rein aber es trifft nur auf Menschen zu die im Gehirn völlig gesund sind und diese Entscheidung für sich fällen können.

Ja.

Ist ein Leben mit Hilfestellung lebenswert? Müssen sich alle umbringen die in so einer Lage sind indem sie die Hilfe verweigern? Das Sozialgefüge ist ja so schon sehr labil aber mit diesen Ansichten gerät es völlig aus dem Gleichgewicht.

Niemand muss sich umbringen, niemand muss Hilfe verweigern. Aber ich meine, niemand der nicht mehr leben möchte, muss zum leben gezwungen werden! Unser Sozialgefüge ist eines von vielen möglichen. Sozialgefüge anderer Gesellschaften z.B. von Naturvölkern, zeigen, dass es durchaus im Sinne des Erhaltes eines Sozialgefüges sein kann, den eigenen Tod in die eigene Hand zu nehmen. Inwieweit unser kostspieliges Sozialgefüge angesichts der auf uns zukommenden demographischen und wirtschaftlichen Probleme noch aufrecht gehalten werden kann, scheint mir sehr fraglich. Noch können wir und behaupten daher, das wäre das Beste, weil es viele unserer Bedürnisse und Wünsche befriedigt. Wir werden sehen!


Es ist oft ein Hilfeschrei eines Ausweglosen, da lassen sich von außen noch einige Alternativen aufzeigen wenn man gut ist.

Es gibt sicher Menschen, die den Tod vorziehen, weil sie keine Alternativen sehen. Dann ist es sicher nützlich, wenn jemand mit ihnen gemeinsam nach anderen Möglichkeiten sucht. Doch hängt dies m.E. nicht nur vom 'eigenen gut-sein' ab, ob dies erfolgreich sein dürfte, sondern auch von der Akzeptanz oder Ablehnung des Ausweglosen.

manni :)
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Ich denke ja, dass jeder Mensch ein lebenswertes Leben führen möchte. Kommt ein Mensch zu der Auffassung, dass sein Leben nicht mehr lebenswert ist und möchte er darum seinem Leben ein Ende setzen, so kann ich das nur respektieren. Falls er ein Gespräch mit mir sucht, werde ich dabei sein. Doch ich werde es nicht besser wissen können, als er entschieden hat oder entscheiden wird.

manni


Einverstanden, aber ich würde versuchen, zu retten oder wieder den Lebensmut zu stärken, wenn es die Situation zulässt. Es ist schon oft gelungen, Lebensmüde aus der Drau zu retten oder sie vom Sprung in die Tiefe abzuhalten.

Auch wenn danach eine Therapie und der Versuch, wieder zum Lebenswillen zurückzufinden nicht selten erfolglos bleibt, es ist schon wichtig, die Menschen vom Wert des Erdenlebens zu überzeugen.

Ob das noch angebracht ist, wenn der Tod durch eine Krankheit unweigerlich bevorsteht oder wenn es ein Zustand einfach nicht mehr zulässt, das ist natürlich eine andere Frage. In Grenzsituationen, wie etwa langes Wachkoma, weiß eigentlich keiner was richtig ist. Da gibt es keine allgemein gültigen Regeln, meint - reinwiel
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

... es ist schon wichtig, die Menschen vom Wert des Erdenlebens zu überzeugen. ... In Grenzsituationen...weiß eigentlich keiner was richtig ist. Da gibt es keine allgemein gültigen Regeln, ...

Fragte mich ein Lebensmüder, wieso für ihn das Leben lebenswert sein könnte, so muss er mir erst einmal erzählen, wieso er im Moment überzeugt ist, sein Leben sei nicht mehr lebenswert. Der Gesprächsfaden dürfte lang werden und seine Festigkeit von der Festigkeit unserer Beziehung ebenso abhängen, wie von seiner Überzeugung, sein Leben beenden zu wollen. Hier gibt es kein richtig und falsch, keine allgemeingültigen Regeln. Hier zählt nur - wie im Leben überhaupt - das gemeinsame Zusammenwirken und das hängt von allen Beteiligten ab.

manni :)
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

...es gibt die Fähigkeit des lebendigen Menschen in einem Lebensmüden den Funken des Lebens neu zu entfachen, manchmal ist viel Geduld notwendig aber dann besteht die Chance, dass das Leben des Lebensmüden eine Qualität bekommt die jemand der noch nie Lebensmüde war nie erreichen wird.

Wenn man jeden der mal Lebensmüde ist mit Schulterklopfen würdevoll dem Tod überlässt ist die Erde bald nicht mehr so bevölkert. Könnte für das Thema Überbevölkerung eine Lösung sein ohne Krieg und Katastrophen.:confused:
Also nie den Gedanken an den Tod praktisch erleben, es könnte das würdevolle Ende sein.
Begleitete Sterbehilfe im Einzelfall ja aber nicht jeder Lebensmüde wird sofort mit Würde in den Tod begleitet.
Wie das für Deutschland juristisch formuliert werden kann ist mir nicht klar.
Das ist eine zwischenmenschliche Vertrauensfrage ob man jemanden durch Begleitung in den Tod helfen kann oder durch Begleitung das Leben wieder neu bewältigt werden kann. Das in ein Gesetz fassen ist schwierig.

gruß fluuu
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Durch meine 2-tägige Abwesenheit habe ich nun einiges aufzuholen:

@ Manni:

Sicher hat das britische Mädchen sich mit den Eltern besprochen – und es ist auch sicher richtig, dass seine Eltern dadurch gegenüber dem Staat und der Öffentlichkeit in einer besseren Position sind – doch, ist man mit dreizehn nicht mündig genug um zu entscheiden, ob man nach einem langen Leidensweg nun auch noch das Risiko einer immer noch anspruchsvollen Operation eingehen und sein restliches Leben lang täglich mehrere Medikamente einnehmen will?

Was den Fall in den USA betrifft, finde ich es beschämend was der Ehemann von Terri und ihre Eltern durchstehen mussten, bis ihre Tochter/Gattin endlich sterben durfte.

Und ein Jahr ist es her, dass nach jahrelangem Kampf ihres Vaters, hauptsächlich gegen den Vatikan, Eluana endlich sterben durfte. Das ist genau der Punkt, wo ich nicht mehr verstehe, dass

lebensverlängernde Medikamente und Apparate eingesetzt werden…….
Dass Autonomie und Individualismus von unserer Gesellschaft nur zögernd akzeptiert werden, liegt das nicht auch daran, dass viele Leute zwar gerne selbstbestimmt leben würden, aber Bedenken haben sich dadurch zu sehr von der Gemeinschaft zu entfernen – also eine Art Neid?


@ Reinwiel:

........es ist schon wichtig, die Menschen vom Wert des Erdenlebens zu überzeugen.
Warum und wem ist das wichtig?

Was mich interessieren würde: Aus was für Gründen und mit welchen Argumenten willst du einen lebensmüden Menschen zum weiterleben bewegen?

Liebe Grüsse,
helia



 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

An helia

Zitat: Warum und wem ist das wichtig?

Warum? Weil Leben an sich ein wertvolles Gut ist
Wem ist das wichtig? Vielleicht wäre es dir nicht wichtig. Aus den späteren Lebensberichten vieler Menschen geht aber hervor, dass sie es im Nachhinein doch als äußerst wichtig empfinden, vom Suizid abgehalten oder gerettet worden zu sein. (Ich rede nicht von denen, die sich nach einer Rettung bei nächster Gelegenheit ja doch umbringen.)

Zitat: Was mich interessieren würde: Aus was für Gründen und mit welchen Argumenten willst du einen lebensmüden Menschen zum weiterleben bewegen?

Meine Gründe? Siehe oben.
Meine Argumente? Sie würden sowohl vom Persönlichkeitsbild als auch von den Lebensumständen abhängen, von denen der Lebensmüde bestimmt wird.

Ich denke, es sollte immer entsprechende Bemühungen geben, auch beim Misslingen. Liebe Grüße - reinwiel
 
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AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Dass Autonomie und Individualismus von unserer Gesellschaft nur zögernd akzeptiert werden, liegt das nicht auch daran, dass viele Leute zwar gerne selbstbestimmt leben würden, aber Bedenken haben sich dadurch zu sehr von der Gemeinschaft zu entfernen – also eine Art Neid?

Ich vermute, dass GEWOHNHEITEN das stärkste Band zu tradierten Auffassungen bilden. Was einer nicht kennt, bzw. was ihm sogar als gefährliche Abweichung mit riskanten Folgen für vertraute Werte geschildert wird, hat wenig Attraktivität. Erst wenn einzelne Menschen deutliches Unbehagen und sogar das Scheitern herkömmlicher Auffassungen erleben, werden sie bereit sein, Änderungen vorzunehmen. Es kann sein, dass bei der Abwehr Neid im Spiel ist, doch halte ich dies nicht für zentral, wie du meinen Erläuterungen entnehmen kannst.

manni :)
 
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