AW: Religoinsfeindlichkeit in diesem Forum
"Der" Islam ist nicht aggressiver als "das" Christentum.
Was den theologischen Hintergrund betrifft, wäre ich mir da an Deiner Stelle nicht so sicher. Ich bin auf dem Gebiet kein Fachmann. Aber während der Islam eine kämpferische Religion darstellt, ist zumindest der neutestamentarische Gedanke der Nächsten- und sogar Feindesliebe alles andere als aggressiv. Stellen, in denen die legitime Tötung "Ungläubiger" propagiert werden, finden sich da meines (insoweit freilich bescheidenen) Wissens nicht.
Darauf kommt es aber im Wesentlichen auch nicht an, da es sich inzwischen um eine gesellschaftliche und nicht religiöse Debatte in dem thread handelt. Wie man ernsthaft darüber zu diskutieren versucht, ob die Beschneidung von Mädchen und Frauen zu legitimieren sei, ist mir ein Rätsel. Mir ist es offengestanden ziemlich scheißegal, was "Brauch" ist, wenn es um einen derart massiven Eingriff in die körperliche Integrität eines Menschen geht. Und das ist auch etwas völlig anderes als die Beschneidung der Vorhaut bei den Juden - oder aber auch vielen Christen, die schlichtweg an einer Phimose leiden. Ich bin im Denkforum immer wieder erstaunt, was für haarsträubende Thesen zur Diskussion kommen.
Sicher sollten wir uns in unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft schon bewußt sein, daß es gerade mal 60 Jahre her ist, als bei uns eine Barbarei stattfand, die ihresgleichen sucht. Ebenso wie ich mal manchen "Westler" erleben möchte, wie er sich fühlen würde, würde nicht ein G.W. Bush, sondern irgendein Großemir mit derartiger Macht in seine Region eindringen und ihm seine Lebensart aufzwingen.
Sicher gibt es auch viele Dönerverkäufer, hart arbeitende und herzliche Moslems und vermutlich sind die auch bei weitem in der Mehrzahl.
Das ändert aber nichts daran, daß es die Fälle gibt, in denen sich die Kultur mit unseren Vorstellungen von Freiheit und Gleichheit beißen. Wer einmal mit einem Fall oder mehreren zu tun hatte, in der eine muslimische Frau sich versucht, aus einer Umklammerung zu lösen, weiß wovon er redet. Es
ist riskant und mit Schwierigkeiten verbunden, von denen viele, die das als legitimes "Brauchtum" darzustellen versuchen, offenbar keinen Schimmer haben. Ich weiß nicht, ob eine "deutsche" Frau nachvollziehen kann, wie es ist, wenn sie nicht nur vor ihrem Gatten, sondern dessen ganzer Großfamilie auf der Flucht nach einem sicheren Versteck ist.
Und naja, das Foto von der 12 jährigen, die den alten Sack in Afganistan geheiratet hat, mag auf jeden Betrachter verschieden wirken. Ich fand es beklemmend.
Einen Schwenk muß ich allerdings schon noch machen. Es gibt Fälle von Unterdrückung und Patriarchismus keineswegs nur bei Moslems. Er ist auch in vielen evangelikal orientierten Kreisen z.B. aus Osteuropa anzufinden und auch in mancher ganz "säkularen" deutschen Familie möchte ich nicht wissen, wie es um Frau und Kinder bestellt ist, wenn Vater besoffen nach Hause kommt und die Puppen tanzen läßt...
Wichtig scheint mir letztlich, daß wir uns hüten sollten, das eine gegen das andere aufzurechnen. Wir sollten es sehen. Aber Unrecht läßt sich nie durch anderes Unrecht legitimieren.
Was die Frage Toleranz und Religion betrifft, muß das eine in der Tat nicht das andere ausschließen. Ich habe meinen Standpunkt in der Streiterei mit Gysi um Dawkins "Gotteswahn" näher dargelegt. Es schließt zwar in der Realität oft das andere aus, was mit dem Absolutheitsanspruch zu tun hat, der Fundamentalismus begünstigt. Aber es gibt auch zu Hauf nichtreligiöse Intoleranz. Zudem entspringt gerade die Aufklärung nicht zuletzt christlichen Gedankenguts.
Gruß
Zwetsche