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Mein Gottesbild

AW: Mein Gottesbild

Hallo!

Nietzsche starb an syphilitischer Gehirnerweichung.
Das Weib war doch stärker ...

Grüße Raphael
 
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AW: Mein Gottesbild

Ein Wort zu Deiner Signatur: Nietzsche starb in geistiger Umnachtung. Meine Vermutung über den Grund: Er erkannte, dass er selbst aus einer Frau geboren wurde, hätte sollen sein hartes, machomäßiges Urteil über Frauen ("Alles Schlechte kommt vom Weibe") für seinen eigenen Seelenfrieden revidieren, konnte das aber nicht und zerbrach schließlich seelisch daran.

Warum sollte sich irgendwer mit diesem Menschen näher befassen ? Ist es denn plötzlich unwichtig, wie wer endet ? Mein einziges Gefühl für Nietzsche: Bedauern.

Zeili

Warum sollte Nietzsches Tod etwas mit seinen vorherigen Büchern zu tun haben? Es gibt eigentlich eine ziemlich klare medizinische Diagnose, woran er starb.

Seine Bedeutung als Philosoph mindert das keineswegs. Und je mehr ich in seinen nachgelassenen Notizen lese, umso deutlicher wird mir, welch klare und wegweisende Gedanken er hatte. Vielleicht kann man ja einmal von der Populär-Version absehen, die man aus ihm gemacht hat und sich ernsthaft mit seinen Gedanken auseinandersetzen; zeitgenössische Philosophen machen das zum Glück (s. Charles Taylor, um nur ein Beispiel zu nennen).
 
AW: Mein Gottesbild

Hallo!

Nietzsches Sprache ist faszinierend und seine Bücher habe ich vor langer Zeit verschlungen.

Doch zur Frage: Habe ich das Recht Vergleiche zu ziehen zwischen dem Werk eines Philosophen und dem Leben, das er führte?!

Antwort: Sakrosankt ist niemand.

Mir zumindest gelingt es nicht, die Biographie (zumindest, was bekannt ist) auszuklammern aus dem Gesamtbild, welches ich von einem Denker habe.

Es liegt mir jedoch fern über Nietzsche spotten zu wollen, denn über einen kranken, leidenden Menschen mich lustig zu machen, kann ich nicht.

Aber über Sokrates, über den lästere ich gerne. Sehr gerne!
Den mochte ich schon im Griechischunterricht nicht, weil mir seine Art ganz und gar nicht gefiel.

Habe mir gestern seine Verteidigungsrede wieder durchgelesen und anderes, von Platon über ihn Überliefertes, doch irgendwas Großes, Berührendes ist mir nicht begegnet.
Bei Nietzsche hingegen springt´s mich schon nach den ersten Zeilen an, besonders dort, wo er poetisch wird.

Mit freundlichen Grüßen
Raphael
 
AW: Mein Gottesbild

Nietzsches Sprache ist faszinierend ...

In der Tat, es gibt ein paar Philosophen, die ich für mich die "literarischen" nenne, die eine gut lesbare, beeindruckende Sprache gefunden haben, Nietzsche gehört für mich auch dazu (neben Ernst Bloch, Sören Kierkegaard, Ludwig Wittgenstein, Hannah Arendt u.a.m.)
 
AW: Mein Gottesbild

[...] Es ist nicht verfehlt, wenn man dabei nicht vergisst, dass es mehrere Aspekte des Menschseins gibt. Das Verhältnis zu Glaube und Gläubigkeit ist ja nur ein Aspekt. Wir dürfen vor allem das nicht vergessen, worauf wir keinen Einfluss haben. Es prägt uns die Landschaft, in der wir - vor allem die erste Zeit unseres Daseins - leben, das Klima und vor allem alle Menschen, die stärker sind als wir, auch die (oder vor allem die), die wir lieben.
Ein guter Einwand und für mich ein Grund mehr, Agnostiker zu sein. Denn du sagst es schon selbst: Wir werden durch unsere Umwelt und unser soziales Umfeld geprägt. Aufgrundessen ist die Religion immer eine Sache der regionalen bzw. kulturellen Zugehörigkeit.
Wärest du nicht in Europa, sondern in Saudi-Arabien geboren, würdest du heute aller Voraussicht nach mit voller Inbrust Moslem sein. Ist das Christentum jetzt eine falsche Religion, stehen in der Bibel nur Lügen? Müssten wir alle nicht eher den Koran lesen?
Unseren Glauben können wir uns, sofern wir nicht unter irgendeinem Sachzwang stehen, aussuchen, einfach, indem wir uns vorher fragen, was will ich glauben. Unsere Vererbung nicht; wir können sie nur akzeptieren und versuchen, das beste aus ihr zu machen.
Diese Ansicht finde ich sehr schade. Natürlich können wir uns unseren soziokulturellen Hintergrund nicht aussuchen - wer kann das schon? Aber daraus folgt doch nicht, dass wir auf ewig an uns von unserer Kulturgemeinschaft aufoktroyierten Religionen festhalten müssen.
Natürlich können wir uns unsere präferierte Religion aussuchen. Könnten wir das nicht, müssten wir zwanghaft an der uns verordneten Religion festhalten, ohne ernsthaft an sie zu glauben, wäre das doch maßlose Heuchelei, die doch keine Religion der Welt möchte.
Okay, wirft aber wieder die Frage auf, was eine "religiöse Weise" ist. Sicher gibt es auch hier keine genormte Auffassung. [...]
Naja, ob die Auffassung jetzt als "genormt" gelten kann, lasse ich mal dahin gestellt, aber es gibt mit Sicherheit eine mehrheitlich anerkannte Definition, vielmehr eine Differenzierung zwischen Glaube und Nichtglaube.
Das Problem liegt in unserer Sprache. Das Englische ist dort - gerade in Bezug auf das deutsche Wort "Geist" - viel präziser. Mit der religiösen Weise wollte ich auf den Glauben im eigentlichen Sinne abstellen. Davon differenzieren muss man nun natürlich den Glauben im Sinne von "vermuten", "denken", "für möglich halten" - also rein rational gehalten.
Mit dem religiösen Glauben ist IMO auch immer die Hoffnung verbunden. Demnach habe ich keinen religiösen Glauben, da ich nicht religiös bin. Ich muss glauben - um es so zu formulieren -, wenn ich etwas nicht weiß, sondern nur vermuten kann.
Warum fragen wir uns aber nicht, was uns gefällt UND akzeptieren gleichzeitig, das anderen etwas anderes gefällt !? Wir können dann mit den Menschen, denen das gleiche wie uns gefällt, eine nähere - wenn auch nur geistige - Beziehung suchen, ohne die anderen zu verachten bzw. zu ignorieren.
Damit gehe ich vollkommen d'accord! Ich habe jedoch meistens leider die Erfahrung gemacht, dass religiöse Menschen, mit denen ich diskutiert habe, den Unterschied zwischen Kritik an ihrer Religion und einer persönlichen Beleidigung oft nicht machten. Soll heißen: Sie haben meine Kritik immer als Angriff auf ihre Person gesehen. Schade, das hemmt natürlich die Diskussion ungemein.
 
AW: Mein Gottesbild

Hallo !

Wärest du nicht in Europa, sondern in Saudi-Arabien geboren, würdest du heute aller Voraussicht nach mit voller Inbrust Moslem sein.
Das wäre gut möglich.

Ist das Christentum jetzt eine falsche Religion, stehen in der Bibel nur Lügen?
Nein.

Müssten wir alle nicht eher den Koran lesen? Diese Ansicht finde ich sehr schade. Natürlich können wir uns unseren soziokulturellen Hintergrund nicht aussuchen - wer kann das schon? Aber daraus folgt doch nicht, dass wir auf ewig an uns von unserer Kulturgemeinschaft aufoktroyierten Religionen festhalten müssen.
Wir müssen in einer liberalen Gesellschaft nicht daran festhalten und hier definiere ich liberal mit tolerant. Die Frage ist diesbezüglich, welche Religion jetzt mehr Liberalismus zulässt, wobei ich eingestehe, dass das Christentum durch arge "Flegeljahre" (Hexenverbrennungen etc.) durchgegangen ist. Aber eben durch, und nicht in dieser Entwicklungsphase stehengeblieben.

Natürlich können wir uns unsere präferierte Religion aussuchen. Könnten wir das nicht, müssten wir zwanghaft an der uns verordneten Religion festhalten, ohne ernsthaft an sie zu glauben, wäre das doch maßlose Heuchelei, die doch keine Religion der Welt möchte.
In Ländern, in denen die Demokratie (und Glaubensfreiheit) zumindest konzipiert ist. Würde ich in einem moslemistisch diktierten Land leben (müssen), müsste ich gesund, reich und stark sein, um mich zum Christentum öffentlich zu bekennen.

Naja, ob die Auffassung jetzt als "genormt" gelten kann, lasse ich mal dahin gestellt, aber es gibt mit Sicherheit eine mehrheitlich anerkannte Definition, vielmehr eine Differenzierung zwischen Glaube und Nichtglaube.
Die Religionsfreiheit in einem Land ist eines unserer kühnsten Vorhaben und ist oft von der Realität (in den Herzen der Menschen) weit entfernt. Gotthold Ephraim Lessing machte aber in seinem "Nathan" sicher einen brauchbaren Vorschlag.

Das Problem liegt in unserer Sprache. Das Englische ist dort - gerade in Bezug auf das deutsche Wort "Geist" - viel präziser. Mit der religiösen Weise wollte ich auf den Glauben im eigentlichen Sinne abstellen. Davon differenzieren muss man nun natürlich den Glauben im Sinne von "vermuten", "denken", "für möglich halten" - also rein rational gehalten.
Habe ich keine Probleme.

Wissen = sinnlich wahrnehmen oder für höchstwahrscheinlich halten (sehen, hören, riechen, spüren, schmecken oder logisch folgern)

Glauben = vermuten, wenn ich an etwas Positives glaube und befürchten, wenn ich an etwas Negatives glaube. Dafür muss ich - zumindest für mich selbst - die Dinge und Ereignisse bewerten (=Moral). Diese Moral kann ich wiederum aus einer herkömmlichen Moralvorstellung übernehmen oder mir eben selbst eine bilden. Das häufigste werden wohl Mischformen (teilweise übernommen und teilweise durch Erlebnisse erlernt) sein.

Mit dem religiösen Glauben ist IMO auch immer die Hoffnung verbunden. Demnach habe ich keinen religiösen Glauben, da ich nicht religiös bin.
Wahrscheinlich ist Dir in Deinem Leben noch kein Mensch begegnet, von dem Du Dich unterdrückt fühltest und unter dessen Dominanz Du gelitten hast; ist es so, sei es Dir gegönnt. Kennst Du so ein Menschen - jetzt oder lernst Du ihn in Zukunft kennen - ist es ein tröstlicher Gedanke, dass es ein Wesen gibt, dass auch ihm (ihr) überlegen ist.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Mein Gottesbild

daimos schrieb:
Das Englische ist dort - gerade in Bezug auf das deutsche Wort "Geist" - viel präziser.
Inwiefern? Das Englische hat doch das Wort "Geist" gerade deswegen aufgenommen, weil es kein eigenes "englisches" Wort für das gab, was man mit religiösen oder weltlichen hierarchischen Begriffen nicht erklären konnte?
 
AW: Mein Gottesbild

Raphael schrieb:
Bei Nietzsche hingegen springt´s mich schon nach den ersten Zeilen an, besonders dort, wo er poetisch wird.
Ach, und wo wird Nietzsche denn "poetisch"?

Etwa da, wo er sagt:

"Ja, mein Herr, sie sind ein Dichter!
achselzuckt der Vogel Specht."

(Raphael, ich gehe davon aus, daß Du weißt, wo das steht.)

Ich meine, daß man Nietzsches Moral nicht unter "Poesie" abtun kann oder soll, vielleicht soll man ihn immer nur genauer und gründlicher lesen.

Nietzsches Vision eines freien Menschen mag utopisch sein; aber nenne diese Utopie nie poetisch!
 
AW: Mein Gottesbild

Nietzsche hat bekanntermaßen einige Gedichte geschrieben - und nicht die schlechtesten... - den "Zarathustra" würde ich größtenteils als metaphernreiches Dichtwerk bezeichnen und einige andere Schriften tragen auch diese Züge.
Im Gegensatz zu vielen anderen Philosophen ist Nietzsches Sprache durchaus dichterisch, auch da, wo er seine Moralvorstellungen vertritt.
 
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Ja, du lauer Oktoberwind, da stelle ich mir gleich den Nietzsche vor, der es den Spechten überläßt, ihn achselzuckend für einen "Dichter" zu halten. Immerhin verwechseln die ihn nicht mit einem Baum.
 
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