Zeilinger schrieb:
Daimos: widerlegt meine Auffassung von Theologie. Gottesbild bietet er (Beitrag 209) keines.
Ich entschuldige mich hiermit, dass ich keine Alternative geboten habe. Hab ganz übersehen, dass ich mit meinem Gottesbild noch ausstehe.
Vorweg vielleicht eine kleine Bemerkung hinsichtlich meiner erkenntnistheoretischen Anschauung:
Karl Popper hat mich vor einigen Jahren geprägt, als ich plötzlich beim Wandern nach Lesen eines seiner Bücher eine kleine "Eingebung" hatte. Mich hatte vorher schon sehr die Erkenntnistheorie interessiert: Was
können wir überhaupt wissen? In Verbindung mit Sokrates' wohl berühmtesten Satz wurde ich vom Atheisten zum Agnostiker. Popper sagte nun, dass Wissen unmöglich ist. (Etwa zeitgleich hatte ich ein bisschen Descartes gelesen und "Matrix" gesehen.) Wir erleben die Außenwelt nur durch Mittler (Hände, Augen, Zunge, Ohr,...), die eigentliche Welt bleibt uns verborgen. Was uns bliebe, sei ein "Vermutungswissen", ein "Stochern im Nebel". Ich muss darauf vertrauen, dass meine Sinne mich nicht belügen (was sie zweifelsohne ständig tun).
Ich unterscheide erst einmal drei Ebenen, die sich immer mehr verdichten:
- Die
Weltanschauung als individuales Glaubenssystem
- Die
Religion als Gemeinschaft von Menschen derselben Weltanschauung
- Die
Kirche als Institution einer Religion
Für mich
müsste eine Gottesvorstellung individuell, also auf der ersten Ebene, basieren, weil der Rest dieses Bild nur verfälschen kann. Ich allein kann erfahren, ob und wenn wie oder wer "Gott" ist. Irgendwelche prophetischen Gottesvorstellungen scheiden aus diesem Grunde für mich erst einmal kategorisch aus. Besonders die Schriftreligionen sind IMO im Sinne Feuerbachs eine reine Projektion menschlicher Wünsche auf ein imaginäres Wesen. Das wird durch einen anthropomorphen Gott noch zusätzlich verstärkt und das eigentliche Gottesbild eines allmächtigen, allwissenden und allgütigen Gottes wird dadurch nur selbst in seiner Anthropomorphisierung widerlegt.
Zwei Gottesbilder, mit denen ich mich an ehesten anfreunden könnte, sind der Deismus und der Pantheismus. Ersterer beschränkt die Funktion Gottes auf den Schöpfertypus und sieht Gott ansonsten als nicht weiter in das Geschehen eingreifend (wenn man unbedingt einen "Gott" als Schöpfer haben möchte, böte sich der Deismus an). Letzterer sieht das Göttliche überall/in der Natur/im Universum/etc. Kann man auch dran glauben, aber ist letzten Endes doch nur ein Pseudo-Glaube, eine Umbenennung in "göttlich".
Trotz alledem bin ich kein Atheist (s.o.). Das wird einem immer schnell vorgeworfen, wenn man nicht gläubig ist. Ich lege mich in Fragen wie die eines Lebens nach dem Tod z.B. nicht fest, weil wir darüber nichts wissen können. Es kann eines geben, muss aber nicht. Ich wäre eher für einen Tod als Schluss und nicht als Übergang zum nächsten Leben.
Ein positives Gottesbild konnte ich also leider immer noch nicht bieten, aber vielleicht versteht ihr mich jetzt ein bisschen besser.