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Unser Recht zu sterben...

AW: Unser Recht zu sterben...

Zitat von Benjamin in #66
Der seelisch Kranke darf die Behandlung nicht so ablehnen wie der körperlich Kranke. Der seelisch Kranke darf auch nicht so frei entscheiden. Der seelisch Kranke darf sein Leben nicht gefährden. Es steht ihm nicht frei, darüber zu entscheiden. Andere entscheiden.
Beim körperlich Kranken nicht. Ihm überlässt man die Entscheidungsfreiheit. Er darf sein Leben aufs Spiel setzen.

Meine Frage: Warum???



Hierauf habe ich weiter oben eigentlich schon geantwortet.
In bezug auf Entscheidungs-Fähigkeit ist ein somatisch Kranker (Dialyse-Patient) mit einem psychisch/geistig Kranken nicht zu vergleichen.

Jemand z.B., der stets einen Freitod ablehnt, dann in eine tiefe Depression gerät und s.z.ich aus "Melancholie" umbringen will, handelt krankheits-verursacht und nicht aus freiem Willen.
Ich habe Fast-Selbstmörder erlebt, die vor dem Tod bewahrt wurden und im Nachhinein dafür dankbar waren.

Ein weiterer Punkt dabei ist, daß zur Tat hinzugekommene Menschen nicht wissen können, ob der Suicid nur ein Versuch ist, auf sich aufmerksam zu machen. Eine demonstrative Handlung in dem Gedanken: der, dem ich meine Verzweiflung vorführen möchte, wird mich ja noch rechtzeitig finden.

Insofern ist die Hilfe zum Überleben an einem bewußtlosen Suicidalen selbstverständlich.

Inwieweit man (gesetzlich) verpflichtet sein sollte, einen potentiellen Selbstmörder "anzuzeigen" -, oder ob ein Arzt gehalten ist, einen solchen in eine Psychiatrie einzuweisen, entzieht sich bezüglich Einzelheiten meiner Kenntnis. Die sogenannte "Zwangs-Einweisung" ist äußerst schwierig und nur unter Berücksichtigung vieler Vorschriften überhaupt möglich.

Hier denke ich auch: wer sich umbringen will, wird es auf jeden Fall irgendwann und irgendwie tun. Und als sogenannte Hinterbliebene sollte man sich sagen: nun geht es ihm jedenfalls besser -, erlöst von physischen und/oder psychischen unerträglichen Qualen.



(Und glaube mir: das alles ist nicht einfach so dahingeschrieben. In der Verwandtschaft gibt es jemanden, bei dem alle damit rechnen müssen, daß für ihn die Frage der Selbsttötung akut wird. Jeder von uns wird dann wissen, daß hier aufgrund eines langen Leidens völlig "freier Wille" zugrunde lag und daß der Tat jahrelanges Bemühen um Überleben vorausging, das aber letztendlich scheiterte.)

So -, und nun erlaube mir, daß ich mich wieder zurückziehe. Es ist ein sehr belastendes Thema!
 
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AW: Unser Recht zu sterben...

"(Deine Fragen unter #65 und #66 muß ich mich erst einmal nachlesen.)" (Angelus)


Sorry,
muß natürlich heißen:
'Deine Fragen unter #65 und #66 muß ich erst einmal nachlesen.'
 
AW: Des Menschen Recht, den Zeitpunkt seines Todes selbst zu bestimmen?

Ok, Benjamin, Du beharrst auf Deiner Formulierung
"wenn wir wollen".

Und ich beharre in einem so strukturierten Satz auf der meinen
"wann wir wollen".

Bei deiner Umstrukturierung wirst du aber Pech haben.

Bei "WANN" könnte ich ja auch entscheiden wollen: in 100 Jahren, oder nie.
Ob das funktioniert?

WENN wir wollen, ja, darüber kann man diskutieren.
 
AW: Unser Recht zu sterben...

@ Joan:

Wie eben gerade gesagt, müssen wir eines Tages sterben. Ja, aber ich bin der Ansicht, dass wir auch das Recht haben jetzt sofort zu sterben - wenn wir wollen.

Sollte es aber sein, wie ich meine.

Dass du das nun liest, ist es freier Wille oder Ausdruck deiner Gesundheit?
Nur weil du gesund bist, ist deine Ansicht der Dinge nicht richtiger. Es ist bloß eine Ansicht.
So weit, so gut. Ansicht bleibt Ansicht. Problematisch wird's aber, wenn du mit deiner Ansicht über das Leben anderer verfügen willst. Und das tust du, wenn du einem die Entscheidung zu leben abnimmst, mit dem Argument, er dürfe selbst nicht entscheiden.

Ben

Leben ist nicht an sich eine Entscheidung.
Wir fallen einfach so ins Leben, das Leben ist so konzipiert, es fragt uns nicht, ob wir es wollen.

Wenn Menschen meinen, sie hätten den Überblick und müssten alles selbst entscheiden können, dann ist das aus mehreren Gründen kritisch.

Einerseits ist der Lebenswille an sich in jedem Lebewesen einprogrammiert.
Es wegwerfen zu wollen deutet auf eine Fehlfunktion hin.

Ich kann jetzt sagen, macht nichts, richte ich mich halt nach dieser Fehlfunktion, wozu hab ich einen freien Willen?

Ich habe aber als Außenstehender auch die Verantwortung für meine Nächsten.

Ist es zum Beispiel mein Sohn, der eine solche Fehlfunktion hat, dann wäre es mir lieber (und das ist jetzt eine nette Untertreibung), dass man das behandelt und er seinen Lebenswillen wiederbekommt.

Dazu kommt noch, dass man als Mensch auch Verantwortung hat, oder haben sollte, für andere Menschen, die man mit seinem Freitod schädigt, und das oft gravierend, seien es die Eltern oder auch kleine Kinder, denen man so Vater oder Mutter nimmt.

Also muss man eingrenzen, den Freitod nur denen "gewähren", für die das Leben, würde man sie zwingen weiterzuleben, nicht mehr lebenswert wäre.

DA befinden wir uns allerdings auf einem sehr schmalen Grat.
Lebenswertes von nicht lebenswertem Leben abzugrenzen ist sehr grenzwertig.
Wer soll das antscheiden?

Der Außenstehende? Ein Arzt? Der Betroffene selbst?

Benjamin, so einfach ist das mit unseren Rechten nicht.
Man hat auch Pflichten.
 
AW: Unser Recht zu sterben...

"Bei "WANN" könnte ich ja auch entscheiden wollen: in 100 Jahren, oder nie." (Benjamin)

Na klar.
Das ist doch kein Gegenargument zu dem, was ich geschrieben habe, nämlich "Dann - wenn wir es wollen".

Aber wenn man nur schreibt "wenn",
dann bedeutet das: man weiß noch gar nicht, "ob".



Solltest Du es so meinen,
dann hätte ich mir natürlich alle meine Geschreibel oben sparen können.
Es tut mir leid. Vergiß es einfach. Ich habe Dich offensichtlich rein gar nicht verstanden.
Aber es soll sich natürlich nicht die gesamte Diskussion über "Wortklauberei" fortbewegen. Dazu ist das Thema zu ernst.


Eins würde ich nur gern noch wissen: weshalb fragst Du noch immer nach so langer Zeit, wenn Du doch längst gemerkt hast, daß niemand so antwortet, wie Du es möchtest??
 
AW: Unser Recht zu sterben...

Hallo Ben.

Zitat von Benjamin:
Ich sehe nach drei Wochen Wartezeit, dass mir niemand eine Antworten geben konnte oder wollte. Und nun fühle ich mich dadurch bestärkt. Wir haben das Recht zu sterben.

Ben

Da ich in letzter Zeit eine Menge Stress hatte habe ich bewusst aufs Internet und somit auch auf das DF verzichtet und mich deshalb nicht an den Diskussionen beteiligt.

Abgesehen davon habe ich meinen Standpunkt mehrfach und mehr als genug deutlich gemacht:

Wenn ein Mensch sich das Leben nehmen will, weil er durch eine psychische Krankheit- und Depressionen sind eine Krankheit- dazu gedrängt wird, so ist dies eine Tragödie, und man sollte alles daran setzen ihn aufzuhalten. Notfalls, in akkuter Gefahr (und ob die Gefahr akkut ist, kann nur ein Arzt entscheiden!), auch durch Zwang- oder sollen Ärzte einfach nur zusehen, wenn ihre Patienten ihre Existenz unwiederbringlich beenden wollen?

Warum dies bei körperlich Kranken, bei denen eine Heilungschance besteht, nicht gemacht wird ist für mich ebenso unverständlich, wie die Forderung, einen Depressiven oder einen ähnlich Erkrankten, der sich das Leben nehmen will, nicht notfalls auch durch Zwang und gegen seinen, durch eine Krankheit beeinflussten Willen, zu HELFEN. Denn, ob das der Kranke wahrhaben will oder nicht, die Zwangseinweisung ist eine HILFSmaßnahme zum WOHLE des Kranken- wenn ich deine Beiträge, Ben, rückblickend lese, habe ich den Eindruck, du siehst sie eher als eine Art Freiheitsberaubung.

Dies ist aber nicht so. Auch der psychisch Erkrankte hat Rechte, die beachtet werden müssen und werden. Es mag sein, dass in diktatorischen Regimen Menschen ohne Rechte und ohne das Angehörige informiert werden weggesperrt werden, aber dies wird wohl kaum der Fall in Mitteleuropa sein.

Psychatrische Kliniken sind Krankenhäuser, keine Gefängnisse. Und die Menschen die dort Arbeiten haben nur ein Ziel- die Patienten wieder fit für ein WIRKLICH FREIES Leben, nämlich ein Leben auf der Basis durch keine psychische Erkrankung beeinträchtigten Entscheidungen.
Freiheit bedeuted nicht, das andere einfach zuschauen, wie ich in den Untergang, sprich in den Tod gehe.

Mfg,
Sunnyboy
 
AW: Unser Recht zu sterben...

"... in den Untergang, sprich in den Tod gehe."

Für manche Menschen ist der Tod eben kein "Untergang",
sondern "Erlösung".


Und diejenigen, die den Tod wirklich wollen,
"organisieren" ihren Suicid so, daß sowieso niemand mehr sie davor "beschützen" kann.
Sonst gäbe es wohl auch nicht jährlich mehr als zehntausend 'erfolgreiche' Selbstmörder.
 
AW: Unser Recht zu sterben...

Und diejenigen, die den Tod wirklich wollen,
"organisieren" ihren Suicid so, daß sowieso niemand mehr sie davor "beschützen" kann.
Sonst gäbe es wohl auch nicht jährlich mehr als zehntausend 'erfolgreiche' Selbstmörder.
Vor einer Woche hat sich ein 17jähriger Bursche erschossen (stand auch in den Lokalteilen mancher Tageszeitungen). Er war der Sohn eines Arztes in einer leitenden Position, der auch als ziemlich hoher politischer Funktionär bekannt ist (jetzt: war) und den ich persönlich ziemlich gut kenne. Drum weiß ich auch, dass Vater und Sohn ein Herz und eine Seele waren, zu der Mutter hatte er ebenfalls ein normales Verhältnis.
In der Ehe dürfte es zwar gekriselt haben (Genaueres weiß ich nicht), aber die Vermutung liegt dennoch nahe, dass es eine Kurzschlusshandlung war. Wie hätte der junge Mann die Welt in 5 oder 10 Jahren gesehen, wie hätte dann sein Selbstwertgefühl und seine Sichtweise ausgesehen?

Es liegt darin eine Tragik, die die nächsten Angehörigen nicht so leicht verkraften werden können. Es handelt sich um den einzigen Sohn. Er hat sein Leben beendet, er hat aber auch das Leben der Großmutter praktisch zerstört, die sich am Grab nicht zurückhalten konnte. Und er hat das Leben der Eltern zumindest ganz entscheidend verändert - und wahrscheinlich für immer!

Hätte man da helfen können?
Die Antwort in diesem Fall werden die Eltern suchen, der Sohn hat einen Abschiedsbrief geschrieben. Verstärkte Schuldgefühle kommen dadurch zu dem schmerzlichen Verlust auch noch dazu, und die werden lange bestehen bleiben.

Hatte er ein Recht zu sterben???
Ich glaube nicht, dass bei solchen Entscheidungen Recht oder Unrecht irgendeine Rolle spielen können oder spielen sollen.
 
AW: Unser Recht zu sterben...

Ein finst'rer Esel sprach einmal,
zu seinem eh'lichen Gemahl:
Ich bin so dumm, Du bist so dumm,
Wir wollen sterben gehen, kumm'.
Doch wie es kommt so öfters eben,
Die beiden blieben fröhlich leben.
Christian Morgenstern​

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Benjamin, ich würde mir nicht so sicher sein, dass walter Deine Zeilen nicht als Selbstmordabsicht auffasst; in diesem Fall wäre er nach österreichischem Recht verpflichtet, dein Verhalten den Behörden zu melden.

Freu' Dich doch an
schönen, guten und nützlichen Menschen,
dem jährlich immer wiederkehrende Erwachen der Tier- und Pflanzenwelt,
schönen Bildern,
schönen Skulpturen,
schöner Musik,
den Fortschritten von Medizin und Technik,
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .​
Liebe Grüße

Zeili
 
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AW: Unser Recht zu sterben...

"Freu' Dich doch an

schönen, guten und nützlichen Menschen,
dem jährlich immer wiederkehrende Erwachen der Tier- und Pflanzenwelt,
schönen Bildern,
schönen Skulpturen,
schöner Musik,
den Fortschritten von Medizin und Technik,
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
" (Zeilinger)


Ich fürchte, einem Suicid-Gefährdeten helfen solche Ratschläge wenig ...
 
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