Ich hätte nicht den Wunsch, mir etwas abzugewöhnen, was ich mag. Aber dennoch, der Überdruss ist ein Punkt, Entwicklung ein anderer.Es kann einem passieren, aber man kann es nicht willentlich herbeiführen. Ich könnte mir aber vorstellen, wie ich es mit Absicht erreichen könnte, Bruckners Achte nicht mehr zu mögen: ich lasse sie als Unendlichschleife so lange laufen, bis ich sie nicht mehr hören kann.
Ich habe, als ich jung war, wirklich gerne die "Bravo" gelesen. Ich wusste schon, dass die irgendwie als primitiv galt, nur nicht, warum und es hat mich auch nicht gejuckt, weil ich sie gut fand.
Irgendwann will man etwas dann nicht mehr lesen und das ist glaube ich der ehrlichste Weg, dass man selbst die Lust verliert. Es macht einfach nichts mehr mit einem.
Das ist mir auch in anderen Themenbereichen so gegangen.
Aber es geht auch anders. Ich habe einen ambitionierten Weinhändler, der u.a. auch mir beibringt, den Geschmack zu entwickeln. Aber an Qualität muss man sich heranarbeiten. Die meisten Weine sind wie Schlager oder Kinderlieder, gefällig und bedienen immer wieder den gleichen Geschmack. Und zu dem was besser ist, würde man intuitiv sagen: Schmeckt nicht. Sauer, dünn, was soll das, warum soll ich dafür Geld ausgeben, wenn der 3,99 Rioja von Supermarkt viel besser schmeckt? Der Rest ist Arbeit.
Inzwischen schmecken mir die Dinger kaum noch bis nicht mehr bei denen ich früher mit der Zunge geschnalzt hätte. Das war durch Interesse geleitet, ich fand es immer spannender diesen eigenen Kosmos zu betreten, die Intention war auch da nicht, mir den alten Geschmack abzugewöhnen - ich war völlig ausgesöhnt damit - sondern dazu zu lernen.
Warum manche Themen einfach durch sind, weiß ich nicht. Das habe ich auch nicht immer als schön erlebt, manchmal sogar als eine Art Verrat, wenn irgendwas einfach nicht mehr zündet.
Allein schon, dass man die Technik beherrscht, ein Lied/Instrument spielen kann, das kann ja zwischen Körperverletzung und Hochgenuss variieren. Dann gibt es auch Kategorien wie Kitsch, also billiger, vordergründiger Effekt. Man kann fragen, wo das Kunsthandwerk endet und Kunst beginnt, eine Entwicklung des Stils diskutieren und so weiter.Objektive Gütekriterien für Kunst? Nicht das ich wüsste, welches wären die?
Das kann hinkommen. Aber er hat sich auch kategorisch geweigert Bücher von populären Autoren zu lesen, da ist Langeweile dann wirklich sehr subjektiv.Soweit ich mich erinnern kann, war Langeweile für ihn die schlimmste Sünde in der Kunst.