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Organisationstheorie

  • Ersteller Ersteller Robin
  • Erstellt am Erstellt am
AW: Organisationstheorie

Robin schrieb:
Warum ideologisch vorbelastet? Wegen der Demokratie? Das zu untersuchen wäre Teil der Theorie. Außerdem will ich keine Gesellschaft planen. Es geht darum eine Semantik zur Verfügung zu stellen, die mehr Ideenbeweglichkeit ermöglicht.

Von "ideologisch vorbelastet" hab ich nichts gesagt: von "politischen Voreinstellungen" habe ich gesprochen, und warum Du so vieles für gewiß vorausnimmst - etwa den Primat von "Demokratie" über den "Antagonismus" von Kapitalismus und Sozialismus. Es gibt da bekanntlich keinen Antagonismus: Sozialismus ist verfügende Herrschaft des Staates über die Kapitalmenge, die als statischer Besitz gesehen wird; Kapitalismus berechnet dagegen Arbeitskraft in Hinblick auf Warenerzeugung und Wertschöpfung durch Verkauf. Ich könnte nun sagen: der Staat, der sich auf die Unwägbarkeiten kapitalistischer Wertschöpfung einläßt, wäre ein riskanter: er kann sich nur aus dem Mut seiner Unternehmer reproduzieren. Wenn solch ein Staat gut arbeitet, können dann noch Sozialisten kommen, die das Erarbeitete als Gegebenes hinstellen, und die allfällige Ungerechtigkeit anprangern, ohne andere Ideen zur Reproduktion des Kapitals zu entwickeln.

Man kann den Sozialismus also als eine intellektuelle Schrumpfform innerhalb des Kapitalismus analysieren, die praktisch umgesetzt bestenfalls zu Hungersnöten führt - eine logische Entwicklung.

Der wahre Antagonist des Kapitalismus wäre die Ablehnung der Geldbewegung, ja des Tauschprinzips überhaupt. Damit fiele, in einer Lawine, alles Denken in Werten - nicht nur der Äquivalenzwerte, sondern das der differentiellen Werte der Abstufung in den Sprachen, die wir verwenden. Alle Differenz fiele, da sie ja nur der Artikulation von Mitteilbarem, damit Beantwortbarem, damit Erkanntem, Wiederholbarem und zum Schluß eben "Austauschbarem" diente.

Soweit gehst Du aber nicht, Robin, im Gegenteil - in Anbetracht der denkbaren Katastrophe des Tauschs möchtest Du "eine Semantik zur Verfügung stellen". Soll die sich der alten Signifikanten bedienen, oder müßte sie neue entwickeln? Ganz neue Wörter? Es ist ja nicht schwer, die Wohlstandsentwicklung der frühen Bundesrepublik statt in ökonomischen, in systemtheoretischen Begriffen zu beschreiben; möglicherweise würden sich die Beschreibungen sogar decken. Aber jene "neue Semantik" müßte Vorstellungen bieten, für die wir noch keine Namen haben? Deine "Primaten" und Postulate bleiben aber ganz in der Anschauung eines hergekommenen? (hätte ich das letzte Wort mal groß geschrieben, wär's n blöder Witz geworden, haha.) Moralappelle gehen nicht - klar; aber den "Merkelschen Pragmatismus" feierst Du? Der funktioniert aber doch gut ohne unsere Erwägungen?

Ach so, und viertens noch
Robin schrieb:
könnte die entstandene Semantik ein Medium sein für neuen Organisationsideen.
Nur solange, wie man (mit Luhmann) Sprache als "Medium" (wer oder was benützt oder bedient solche?) und nicht als autopoietisches System betrachtet. Oder?

(Falls überhaupt eine "Semantik" für sich genommen bereits ein Medium sein kann? Was meinst Du?)

Diese bei Luhmann unerklärte und willkürliche Ausschließung von Sprache aus den Systemen widerspricht allen psychologischen Befunden und vor allem seiner eigenen Gesellschaftstheorie, sobald man sie von ihren strukturalen Klassifikationsmechanismen befreit. Denn wenn Gesellschaft nur aus Kommunikationen besteht, besteht sie zwangsläufig nur aus Sprache, oder Sprachen.




Und jetzt sagt toddy auch noch was (mit liebem Gruß an hegelxx und sogar an scilla ;) )

Es gibt nur drei Organisationsprinzipien:
Ich hau dich tot
Ich freß dich auf
Ich liebe dich

Immerhin, drei.
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Organisationstheorie

Es gibt da bekanntlich keinen Antagonismus: Sozialismus ist verfügende Herrschaft des Staates über die Kapitalmenge, die als statischer Besitz gesehen wird; Kapitalismus berechnet dagegen Arbeitskraft in Hinblick auf Warenerzeugung und Wertschöpfung durch Verkauf.
Das ist ja genau die Frage, ob das bekannt ist. Betreitest du, dass dieser Antagonismus immer noch kolportiert wird? Oder sogar in "geschrumpfter" Form im Wahlkampf immer noch als Freiheit versus Sozialismus wieder auftaucht?
Ich sehe eben ein Missverhältnis zwischen dem, was Leute auf der Straße reden: Die reden immer noch vom Kapitalismus und der Ausbeutung und bauen ihr Weltbild solcherart dual auf. Und sie sind dabei angewiesen auf das, was sie von "oben" hören. Kaum einer versteht, was selbst mit "Gemeinwohl" gemeint sein könnte und eine Semantik, wie sie FDP oder ADAC ;) benutzen buttert die Idee vom gemeinnützigen Anteil des eigenen Gehalts völlig unter.

Das ist die "vulgäre" Ebene -


Der wahre Antagonist des Kapitalismus wäre die Ablehnung der Geldbewegung, ja des Tauschprinzips überhaupt. (...) Soweit gehst Du aber nicht, Robin, im Gegenteil - in Anbetracht der denkbaren Katastrophe des Tauschs möchtest Du "eine Semantik zur Verfügung stellen". Soll die sich der alten Signifikanten bedienen, oder müßte sie neue entwickeln? Ganz neue Wörter?

Wir wollen doch Spaß haben, Thorsten, oder? Und tasten uns langsam vor.
Zunächst ist Organsisation etwas anderes als System. Ich hoffte, die Systemtheorie raushalten zu können, denn die Probleme von Organisation ist auch ohne systemtheoretisches Handwerkszeug nachvollziehbar.

Ich hätte als Oberbegriffe "gesellschaftliche Organsisation" und "wirtschaftliche Organisation" vorgeschlagen. Erstere umfasst die gemeinnützigen Organisationsbereiche, zweiteres die des Warenaustauschs und Preiswettbewerbs.

IN der Praxis verlassen wir dabei überhaupt nicht die soziale Marktwirtschaft. Wollen aber Probleme dieser beiden Organisationsformen auch gerade dadurch herauskristallisieren, indem wir auf Ähnlichkeiten der Probleme verweisen.

Aber jene "neue Semantik" müßte Vorstellungen bieten, für die wir noch keine Namen haben?
Ich bevorzuge es, bekannte Begriffe neu zusammenzusetzen, andere (wie Kapitalismus, Sozialismus usw.) ganz wegzulassen. Man könnte vielleicht auch irgendwann "Politik" ganz weglassen oder zumindest den Begriff schärfer eingrenzen; den Politik ist eigentlich: Machtkampf/Erhalt und nicht die Frage, wieviel Kindertagesstätten gebaut werden sollen. Letzteres ist Organisation.
aber den "Merkelschen Pragmatismus" feierst Du? Der funktioniert aber doch gut ohne unsere Erwägungen?
Ja sicher, aber ich wundere mich, dass er nicht von höhere Ebene aufgenommen wird. Merkel stellt sich doch glatt hin und sagt: Wir müssen dieses und jenes neu defninieren. Das finde ich aus ihrer Sicht völlig legitim, aber da sie Politikerin ist, ist sie limitiert.
Ich hatte ja sowieso gedacht, dass irgendjemand auf meinen Thread hin aufsteht und ruft: "Gibt's doch schon längst, Schnarchnase."

Mein Eindruck ist aber, dass es lauter "Neo-s" gibt und dass eben eine Neuhierarchisierung Organisation über Politik zu stellen nicht als Idee aufkommt.
Gibt es denn nichts anderes als ungefähr Habermas auf der einen Seite und irgendwelche Wirtschaftswaisen des DIW auf der anderen?






Diese bei Luhmann unerklärte und willkürliche Ausschließung von Sprache aus den Systemen widerspricht allen psychologischen Befunden und vor allem seiner eigenen Gesellschaftstheorie, sobald man sie von ihren strukturalen Klassifikationsmechanismen befreit. Denn wenn Gesellschaft nur aus Kommunikationen besteht, besteht sie zwangsläufig nur aus Sprache, oder Sprachen.
Nein Luhmann schließt das nicht aus, er differenziert da nur. Sprache ist Medium für Kommunikation. Und seine Untersuchungen finden fast nur mithilfe und über sprachlich ausgedrückte Phänomene statt. Das ist so ein Babuschka (oder wie heißen die russischen Puppen?) Prinzip:
Buchstaben sind Medium für Wort sind Medium für Sätze, sind Medium für Bedeutungen, sind Medium für Kommunikation. Also sind alle sprachlichen Ausdrucksformen (so sie "verstanden" werden) Kommunikation. Aber eben nicht alle Kommunikation (aber wohl die meiste) ist sprachlich.
Ja Semantik ist ein Medium, insofern dass durch sie Bedeutungen vorgegeben werden, die meist stärker als Logik oder Vernunft sind. Dass das meiste Kapitalsimus-Verständnis m.E. nach falsch ist, ändert nichts an der schwere der Konotationen, die dieses Wort zum Dauerhammer machen, zum vulgären Entschuldprinzip usw.



Ich hau dich tot
Ich freß dich auf
Ich liebe dich

Ja, hübsch, Teddy, aber für mich sind das vielleicht Strukturprinzipien aber nicht Organsiation. Organsition muss die Menschen ja davor schützen, dass alles über diese drei Wege läuft ;)
 
AW: Organisationstheorie

Robin schrieb:
Betreitest du, dass dieser Antagonismus immer noch kolportiert wird? Oder sogar in "geschrumpfter" Form im Wahlkampf immer noch als Freiheit versus Sozialismus wieder auftaucht?
Nein, das wäre leider nicht zu bestreiten. Wir werden uns zwar darin einig sein, daß "Sozialismus" und "Kapitalismus" nur Antagonisten sind, wenn man sie willkürlich zu solchen erklärt - wie Du ja schon darlegtest, kann man auch jede Form der Sozial- oder besser Wohlfahrtsstaatlichkeit als "sozialistische" Organisationsformen ansehen, die - schon durch Bedürftigkeitsprüfungen oder die Kriterien der Beitragserhebung - letztlich die Freiheit einschränken, weil ich Bürger mich vor dem Staat ausziehen muß, seiner Sozialleistungswilligkeit jedoch kaum entgehen kann. Aber: will ich das nicht auch? Sichere Rente und so? Oder bin ich freier, wenn nur meinem Sparstrumpf vertraue oder, anderes Beispiel, wenn ich Unternehmer bin, keiner von der Baubehörde kommt und meinen Fabrikneubau überprüft? Schließlich schränkt das doch meine Freiheit ein, daß ich bestimmte Baukriterien zu erfüllen habe! Langer Rede kurzer Sinn: Die politische Rede von "Freiheit vs. Sozialismus" ist freilich Humbug, es ist kein Antagonismus sondern eine Dialektik: der Rechts- Wohlfahrts- oder Ordnungsstaat ist kein quasi sozialistischer, sondern die Ordnung soll das Gerüst für freie Entfaltung in Sicherheit gewährleisten. Klingt doch sehr vernünftig, und alle anderslautende politische "Semantik" ist Dummfug! Und das weiß auch die FDP sehr genau: "richtige" Liberale halten diese Partei ja für den größten Verhinderer des Liberalismus in Deutschland, hehe...

Robin schrieb:
Wir wollen doch Spaß haben, Thorsten, oder? Und tasten uns langsam vor.
Genau, gib Gas, ich will Spass! Wie wär's mit ner kleinen Spritztour in meinem 300 SL? Ich meine, wo ich dir doch inhaltlich (wieder einmal) überhaupt nicht widersprechen will?

Robin schrieb:
Ich bevorzuge es, bekannte Begriffe neu zusammenzusetzen, andere (wie Kapitalismus, Sozialismus usw.) ganz wegzulassen.
Einverstanden, wie gesagt. Mit ein paar fragenden "Abers".

Robin schrieb:
Man könnte vielleicht auch irgendwann "Politik" ganz weglassen oder zumindest den Begriff schärfer eingrenzen; den Politik ist eigentlich: Machtkampf/Erhalt und nicht die Frage, wieviel Kindertagesstätten gebaut werden sollen. Letzteres ist Organisation.
Wobei die Organisation letztlich auf amtlicher Ebene staatfindet und politischen Gremien (auf Kommunalebene: Bürgervertretungen) ein zäh verhandelndes Mitspracherecht eingeräumt wird. Warum zäh? Weil die Behördenvertreter am Ende oft über größere Sachkenntnis verfügen. Auf höherer Ebene allerdings bestimmt die Politik: Richtlinien der Behördenumstrukturierung z.B. Also auch hier in der Praxis ein Ineinandergreifen, das sich begrifflich nicht ohne weiteres auflösen läßt. Ergo sehe ich zwischen Organisation und Politik auch keine Hierarchie im Sinne eines Oben / Unten oder eines Primats des einen oder anderen, sondern ein vermitteltes System mit nuancierten Rollenzuweisungen.

Robin schrieb:
Merkel stellt sich doch glatt hin und sagt: Wir müssen dieses und jenes neu defninieren. Das finde ich aus ihrer Sicht völlig legitim, aber da sie Politikerin ist, ist sie limitiert.
Ja, das war nichts mit dem Durchregieren. Ist nun mal nicht drin in einer Demokratie, daß ein einzelner die Hoheit über die Begriffe erlangt.

Aus linguistischer Sicht wäre das jedoch schon rein theoretisch nicht möglich, Sprache (hier vor allem: deren Semantik als teilweise oder besser: ganze, denn jede Umdeutung verschiebt das gesamte Gefüge) kann sich nur sehr langsam wandeln, insbesondere bei einer explodierenden Inflation der Mehrfachbedeutung von Wörtern. Klingt paradox, nicht? Aber Merkel kann gar nichts neu definieren: sie fügt bestenfalls den vorhandenen Bedeutungen ein paar weitere hinzu, und nichts garantiert, daß sie so verstanden wird, wie sie verstanden werden möchte. (Oh, mein Lieblingsthema!) Vielleicht aber kann sie tatsächlich Akzente verschieben - vor allem der Handlungsprämissen, und vielleicht wird die Wortwahl da zweitrangig, wo neue Normen gesetzt werden?

Robin schrieb:
Ja Semantik ist ein Medium, insofern dass durch sie Bedeutungen vorgegeben werden, die meist stärker als Logik oder Vernunft sind. Dass das meiste Kapitalsimus-Verständnis m.E. nach falsch ist, ändert nichts an der schwere der Konotationen, die dieses Wort zum Dauerhammer machen, zum vulgären Entschuldprinzip usw.
Okay, meine Frage nach der "Autopoiesis von Sprache" mag nebensächlich erscheinen, ist aber eine von den schwierigeren, die bei mir entstehen, nach dem ich mich mit der Systemtheorie allmählich angefreundet habe. Die ältere Semiotik kam ja noch zu dem Schluß, daß wir den jeweils kulturell bestimmenden Sprach-Codes nicht entgehen können - und das deutest Du doch hier - "meist stärker als Logik oder Vernunft" - auch an?

Robin schrieb:
Gibt es denn nichts anderes als ungefähr Habermas auf der einen Seite und irgendwelche Wirtschaftswaisen des DIW auf der anderen?
Seufz... tja, Habermas und die Daten des DIW haben den Vorzug (?) der einfachen Griffigkeit, auch wenn wir natürlich ahnen, daß sich in Wirklichkeit alles ganz anders verhält ;)

Ich beginne jedoch zu ahnen, daß wir auf sprachtheoretischem Wege hier nicht weiter kommen: nützt nüscht, eine neue Semantik entwerfen, wo es um - du sagst es - schlicht um eine pragmatistische Sicht der Dinge geht. Wenn wir den politischen verbalen Aufputz abblättern, ist allerdings auch schon viel gewonnen.
 
AW: Organisationstheorie

Und jetzt sagt toddy auch noch was (mit liebem Gruß an hegelxx und sogar an scilla )

Es gibt nur drei Organisationsprinzipien:
Ich hau dich tot
Ich freß dich auf
Ich liebe dich

Immerhin, drei.

Küssle zurück

zu den Organisationsprinzipien kann ich etwas beisteuern
und zwar

das Wort 'Burgfrieden'
(= bei großer Gefahr von außen vergisst man die inneren Streitereien)

das Wort 'Richtlinienkompetenz' geht in die Richtung 'vergiss nicht, ich habe Dich bereits aufgefressen'

das Wort 'Kompromiss' führt zu einer Mischung von Zähneknirschen und Lächeln für die Kameras (das Fresschen gibt es später)

in Liebe
 
AW: Organisationstheorie

Ja scilla, das sind nun aber keine "Organisations"- sondern, wie Robin richtig einwendete, Strukturprinzipien.

"Burgfrieden":
den will nun (nur um eines nahegelegenen Beispiels willen) lilith (siehe Sunnyboys Ausländerfeindlichkeits-thread) mit Robin und mir partout nicht schließen, lieber hält man sich bei den inneren Streitereien auf, denn das ist ja der Bereich, den man noch gut überschauen kann. (Dazu fällt mir ein, scilla: besteht nicht zwischen Dir und mir am Ende auch eine Art Burgfriede? Oder lassen wir mitunter gegensätzliche Stoßrichtungen nur humorvoll nebeneinander stehen, weil uns das Bierchen zu schade ist, um es uns gegenseitig ins (sympathische, von mir aus) Gesicht zu kippen?)

scilla schrieb:
das Wort 'Richtlinienkompetenz' geht in die Richtung 'vergiss nicht, ich habe Dich bereits aufgefressen'
Ein spitzes Bonmot. "Richtlinienkompetenz" des Kanzlers ist eine Amtseigenschaft, die nicht sehr viel besagt, anders müßte sie ein Vetorecht gegenüber dem Bundestag beinhalten. Parteiintern gilt natürlich, daß einer ein paar Leute weggebissen, wenn nicht gleich aufgefressen haben muß, um für dieses politische Amt nominiert zu werden.

scilla schrieb:
das Wort 'Kompromiss' führt zu einer Mischung von Zähneknirschen und Lächeln für die Kameras (das Fresschen gibt es später)
Sehe ich anders: der Kompromiß war bereits die Aufteilung der Beute. Ergo gibt's da nichts mehr zum Zähneknirschen (das würde ja auch nur der Fotogenität schaden!)

scilla schrieb:
Wir wollen jetzt angesichts solcher schwerwiegenden kompromißlosen Verhandlungen aber bitte nicht ironisch werden, der Herr!
 
AW: Organisationstheorie

Robin schrieb:
Ich hätte als Oberbegriffe "gesellschaftliche Organsisation" und "wirtschaftliche Organisation" vorgeschlagen. Erstere umfasst die gemeinnützigen Organisationsbereiche, zweiteres die des Warenaustauschs und Preiswettbewerbs.

IN der Praxis verlassen wir dabei überhaupt nicht die soziale Marktwirtschaft. Wollen aber Probleme dieser beiden Organisationsformen auch gerade dadurch herauskristallisieren, indem wir auf Ähnlichkeiten der Probleme verweisen.

In der praktischen Theorie der "sozialen Marktwirtschaft" nach Ludwig Erhard sind diese beiden Organisationsformen überhaupt nicht getrennt, eher war für Erhard eine florierende Wirtschaft Grundlage einer florierenden Gesellschaft, wenn nicht sogar unmittelbar dasselbe: das Wirtschaftssystem ist Teil (Basis?) des Gesellschaftssystems und jede begriffliche Trennung führt hier in die Irre. Funktionierende Wirtschaft erzeugt Wohlstand, des weiteren mag dann jeder phantasieren was er will. (Die Selbstbereicherung steuerhinterziehender oder - befreiter Manager hatte Erhard kaum auf der Rechnung.) Erhard vertraute mehr radikal-liberal: die betriebliche Fürsorge des rheinischen Kapitalismus mag er sogar als "Sozialismus auf Betriebsebene" angesehen (und geduldet) haben. Den Wohlfahrtsstaat mit seinen Umverteilungsversuchen hatte er jedenfalls nicht im Sinne. Von welcher "sozialen Marktwirtschaft" sprechen wir also: der Erhardschen ("sozial ist, was Arbeit schafft"), der Adenauerschen ("jeder kriegt vom Kuchen nach Verdienst was ab, und was Verdienst ist, bestimme ich") oder der Lafontaineschen (karikiert: "Enteignet die Großgrundbesitzer! Alles Geld dem Staate, um den Armen zu geben!")
 
AW: Organisationstheorie

Hallo zusammen!
@Lilith
Wahrscheinlich bin ich mindestens so wenig Praktiker in politischen Dingen wie du Theoretikerin. Mir geht es nicht darum, das Verhalten von Politikern zu verbessern. Sondern ich spiele mit der Idee, eine Theorie zur Verfügung zu stellen, die eine neue Semantik jenseits eingefahrener "ideologischer" Begrifflichkeit bietet.
Robin, du versuchst, neue Ansätze zu finden. OK.
Ich hab in meinem Beitrag versucht, dir zu erklären, dass deine Ideen interessant sind, aber dass sich keiner, der das dann in der Praxis anwenden soll, damit auseinandersetzen wollen wird. Darüber weiter zu diskutieren erscheint mir bei meiner Einschätzung der Lage sinnlos. Ich klinke mich daher aus diesem Thread aus.

"Burgfrieden":
den will nun (nur um eines nahegelegenen Beispiels willen) lilith (siehe Sunnyboys Ausländerfeindlichkeits-thread) mit Robin und mir partout nicht schließen, lieber hält man sich bei den inneren Streitereien auf, denn das ist ja der Bereich, den man noch gut überschauen kann.

Burgfrieden ist kein Dauerzustand, sondern etwas Vorübergehendes, oft ziemlich kurz Währendes. Je nach Interessenslage kann das ganz schnell kippen und wieder zur internen Fehde übergehen.
Thorsten, ich ziehe es vor, die Kampfhandlungen mit den Angreifern "unserer Burg" auf ihren Ursprung zu erforschen, wobei ich denjenigen, die sich im Kampf dem Gegner stellen, verständnisvoll und dankbar gegenüber stehe. Es gibt eben verschiedene Rollen, die in einer Szene gespielt werden müssen.
:blume1:

So, ehe mir das heut ziemlich störrische System im DF wieder alles rausschmeißt, drück ich schnell aufs "Speicher"-Knöpfchen. Verzeiht evtl. Tippfehler.
 
AW: Organisationstheorie

Ergo sehe ich zwischen Organisation und Politik auch keine Hierarchie im Sinne eines Oben / Unten oder eines Primats des einen oder anderen, sondern ein vermitteltes System mit nuancierten Rollenzuweisungen.
Also verschiebe ich meine Bewerbung um den Nobelpreis noch ein bisschen.
Lieber Thorsten, so viel allgemeine Zustimmung, die ich hier bei dir heraushöre, mcht mich ja schon ganz nervös. Kann ich das als Konfrontationsgewohnter, im Osten Lebender gar nicht mehr verkraften...?

Ja, in der Tat, es ist interessant: In einem Porträt über Adenauer erfuhr ich erst vor kurzem, dass sich die CDU auf ihre rein marktwirtschaftliche Linie erst relativ spät endgültig einigten. Unter diesem Aspekt muss man sehen, dass Erhardt, den Adenauer nicht mochte, und der angeblich sogar nie Parteimitglied war (!), noch relativ viel Gestaltungsfreiheit hatte und wohl auch Begriffe noch anders benutzte, als sie heute benutzt werden.

Meinen Primat vulgär übersetzen hieße übrigens:
Lieber eine schlechte Ideologie gut organisiert als eine gute Ideologie schlecht organsisiert.
Natürlich nur in Fragen der Effizienz, die Moral bleibt da erstmal vor.
Ob man das theoretisch irgendwie noch festigen könnte, das steht in den Sternen und übersteigt meine Fähigkeiten. In der öffentlichen Meinung jedenfalls wird die Rolle der Ideologie überschätzt, denke ich.

Die Politik bestimmt natürlich, wer was machen darf und untergräbt die Effizienz dadurch, dass langfristiges Arbeiten (im Hinblick auf Wahlen) schwierig wird. Aber: Sie erhöht auch die Effizienz, da sie dadurch auch Korruption klein hält und den Ehrgeiz der Organsisatoren am Leben erhält. Das sind also recht fragile Gleichgewichte und Wechselwirkungen.

Die Merkel beweist ja immerhin (abgesehen von diesem schwurbeligen spiegel-artikel mit lauter "Diplomatenkreisen"), dass eine recht geringe Umdeutung von Semantik die Leute schon aufschreckt. Und sie sehr beliebt macht.

Ein weiterer Punkt, der mich umtreibt, ist der des Schrumpfens. ich wüsste gerne, ob es theoretisch erfasst ist, dass Organisation auf Wachstum angewiesen ist. Nicht nur Wirthschaftswachstum, beileibe nicht. Denn wir müssen auch von einem anderen Klischee weg, dass der Kapitalismus banal gesagt unsere Resourcen auffrisst. So einfach ist das mit dem Wachstum nicht, es hat wenig mit Gier zu tun. Aus der Organsisationstheorie selbst müsste erklärt werden, warum Schrumpfen so schwierig ist und selbst Stillstand kaum zu ertragen.
Die Schrumpfung sind die Probleme, die uns in der BRD die nächsten Jahre umtreiben werden:
Schrumpfung des Osten, aber auch z.B. des Ruhrgebiets.
Schrumpfung des Arbeitsmarkts (abgesehen von ein paar Zwischenhochs)
Schrumpfung der Jugend.

Ich selbst arbeite in einem Betrieb, der die letzten 15 Jahre nur geschrumpft ist.
Ein Vorgang, sehr gut geeignet, um Ängste, moralische Verwahrlosung, Oppurtunismus und Antriebslosigkeit Vorschub zu leisten.
 
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