Es gibt kein Gerät zur Vermessung von Bovis-Einheiten, es handelt sich um ein rein intuitives Modell. Der Hautwiderstand ist abhängig von der Schweißsekretion und wird auch für Arbeiten mit Lügendetektoren benutzt, aber jene sind genauso fragwürdig. Das sagt alles nichts aus und vernebelt nur in einer Art Pseudowissenschaftlichkeit das Verständnis.
Der Glaube an die Existenz von "Erdstrahlen" bemisst sich in rund 100 Jahren und länger. Auch führende Nazigrößen inklusive Adolf Hitler glaubten an ihre Existenz und scheuten weder Geld, Material noch "Spezialisten", um entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Ein Beweis für die Erdstrahlen steht aber bis heute aus, und angesichts der langen Zeit, die seitdem vergangen ist, muss man wohl annehmen: Sie existieren nicht. Denn sonst hätte schon längst jemand Beweise gefunden, jedenfalls welche, die über
Rutengehen hinaus gehen.
Als ich noch Farbkopien verkaufte, da hatte ich einen Kunden, der fertigte für seine Kunden Gutachten an. Er "vermaß" Wohnungen und erstellte Diagramme, nach denen die Wohnungseinrichtung dann umzustellen war. Man musste ihm zugute halten, dass er seinen Kunden nicht irgendwelche "Abschirmungen", Kupferringe o.ä. andrehte, denn seiner Meinung nach sei eine Abschirmung der Erdstrahlen unmöglich.
Persönlich hielt ich ihn für einen Scharlatan, einen Blender; er mochte selbst an seine Aussagen glauben, in meinen Augen macht es das aber nicht besser.
Man kann sich auf den Standpunkt stellen: Was soll's? Es ist die Freiheit der Menschen, auch noch für den größten Unfug ihr Geld auszugeben, schließlich ist es ihr Geld. In gewisser Weise nichts anderes, als ob ein Landschaftsarchitekt einen Garten gestaltet, schließlich auch nur eine Art Beratung oder Design. Oder einen "Ernährungsberater", der von Ernährungswissenschaft nicht die Spur einer Ahnung hat.
Was mir übel aufstößt an solchen Zeitgenossen ist vielmehr: Es gibt Gründe, warum Menschen solche "Experten" beauftragen.
Da hat vllt. jemand ständig Kopfschmerzen, und lässt etwas gegen die "Erdstrahlen" unternehmen ... aber möglicherweise hat er einfach nur einen Gehirntumor und weiß es nur (noch) nicht oder noch schlimmer: Will es gar nicht wissen.
Die Intuition des Herrn Albert Einstein wurde viel gerühmt, und ja: Die theoretische Physik ist eine kreative Angelegenheit.
Allerdings besteht die Intuition Einsteins darin, über seinerzeit ungelöste Fragen neu nachzudenken und kühne Schlüsse aus ihnen zu ziehen und nicht darin, in einer Art Meditation das Universum im Lichtblick zu erkennen.
Es gab Messergebnisse, die Einstein vorlagen, und eine anspruchsvolle und damals neue Mathematik - die Tensorrechnung - der er sich bediente. Eine Mathematik im Übrigen, mit der sich Einstein erst selbst vertraut machen musste und auch für ihn gilt das, was für alle Physiker galt und gilt: Er stand auf dem Rücken von Riesen.
In romantischen Schmökern stellen wir auch die Größen der Wissenschaft gern auf Podeste. Befasst man sich näher mit ihnen und ihrer Historie, dann wird schnell klar: Erfolg und Erkenntnis, das ist zu 99% Transpiration und zu 1% Inspiration.
Johannes Kepler konnte die richtige Erkenntnis der elliptischen Planetenbahnen nur deshalb finden, weil es seinen Mentor Tycho Brahe gab, dessen 20jähriges Lebenswerk darin bestand, die Planetenpositionen immer genauer zu vermessen und der währenddessen eigenhändig Messgeräte entwickelte, die 10x so genau waren wie die zuvor.
Isaac Newtons Forschungen zur Optik dienten zunächst der Verbesserung der damals neuartigen Linsenoptiken - und dafür gab es Finanziers, die das finanzierten. Für das von ihm erfundene Spiegelteleskop musste er sogar die Werkzeuge für deren Herstellung selbst anfertigen, denn es gab sie nicht.
Der Erfinder des europäischen Porzellans, der Alchemist Johann Böttger, fand das Porzellan entgegen der Behauptungen von Hausfrauenmagazinen keineswegs "durch Zufall" oder "aus Intuition". Die Zusammensetzung war vielmehr vage bekannt, der Rest waren langwierige Reihenversuche und deren Dokumentation - ein im Grunde sehr modernes, wissenschaftliches Arbeiten, zumal für die Zeit (1708).
Böttger führte über 500 Versuche durch, um schließlich bei dem ersten, halbwegs passablen europäischen Porzellan zu landen.
Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen: 99% Transpiration, 1% Inspiration ... und da sehen wir nur diejenigen, deren Arbeit von Erfolg gekrönt war. Die mindestens 99 anderen, deren Ideen und Arbeiten scheiterten, die sehen wir nämlich nicht.
Sie sind schlicht nicht übrig geblieben, haben keine Spuren in der Geschichte hinterlassen und die Zeit entscheidet am Ende alles.
Mit "Heilpraktikerin Eva Müller" oder "Rutengänger Adam Schmidt" lassen sich diese Größen kaum vergleichen.