Nun, so denkt man eben mit 14, wenn einem gesellschaftliche Zwänge etwas auf's Auge drücken, dass man nicht versteht. Das wäre aber bei einer gleichermaßen zwangsweisen "spirituellen" Initiation nicht anders.
Natürlich verstehe ich die Einstellung der Jugendlichen zur Konfirmation, ich sagte ja schon, dass ich es damals auch nur wegen dem Geld gemacht habe. Es wäre aber etwas anderes, in einer spirituell wachen Gesellschaft eine Einweihung zu erleben. Da wäre dann auch kein Zwang dabei, sondern jeder steigt dann ein, wenn er soweit ist. In einer solchen Gesellschaft wäre ein durchschnittlicher 35jähriger Mensch ein deutlich weiter entwickeltes Wesen als ein durchschnittlicher 32jähriger. Findest du, dass man das über unsere Gesellschaft sagen kann? Natürlich ist die von mir beschriebene Gesellschaft vom heutigen Zeitpunkt aus gesehen eine völlige Utopie, das ist mir klar. Das heißt aber nicht, dass sie unmöglich ist.
Wozu auch?
Zu Jed McKennas Verflixte Erleuchtung: Als Schmetterling unter Raupen finder sich bei Amazon folgende Leseprobe:
Da wir das Thema Jed McKenna schon einmal ausführlich besprochen haben, werde ich möglichst wenig wiederholen, denn sonst drehen wir uns nur im Kreis. Aber das wichtigste nochmal zusammengefasst:
- Jed McKenna ist das Pseudonym eines anonymen Ich-Erzählers
- Seine Bücher sind Romane mit einigen Kapiteln im Sachbuchstil
- Man sollte ihn unbedingt im englischen Original lesen. Schon alleine der deutsche Titel ist albern
Auf die Leseprobe gehe ich nicht weiter ein, weil wir das letztes Mal schon ausführlich hatten.
Läge das als Buch vor mir, dann hätte ich es an dieser Stelle wahrscheinlich bereits weg gelegt.
Das strotzt alles, selbst in dieser kurzen Leseprobe, dermaßen von Klischees der spirituellen Szene, dass nur zwei Möglichkeiten bleiben, was für eine Art Text das sein kann:
Entweder ist das Satire (1), oder es ist dämliches Gewäsch.
Tatsächlich bin ich nicht der Einzige, der auf die Idee gekommen ist, es handele sich um Satire, denn eine Kommentatorin bei Amazon schreibt:
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Wer immer Jed McKennna sein mag: Wer mit wachem Verstand liest, wundert sich über Widersprüche und darüber, warum er sich zu den wenigen Erleuchteten zählt. (Ein Menschenfeind zu sein, reicht hierfür sicherlich nicht aus.) Und irgendwann stellt man fest, dass dieser Mensch den Leser offensichtlich tüchtig auf den Arm nehmen will. Das scheint ihm bei den meisten Lesern sogar zu gelingen.
Allen anderen sei geraten: Finger weg von so viel gequirltem bullshit, das ist wirklich vergeudete Zeit!
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(1) Es ist keine Schande, auf eine raffinierte Ironie hereinzufallen, selbst für den Gebildeten nicht.
Diese von dir zitierte Rezension ist ein Paradebeispiel dafür, wie man an spirituelle Bücher im allgemeinen und an Jed McKenna im besonderen
nicht herangehen sollte.
Wer immer Jed McKennna sein mag...
Wieso ist das so wichtig? Wieso hat die Person McKenna irgend eine Relevanz? Es geht bei solchen Büchern allein um den Inhalt. Wer das Buch liest und mit dieser Frage zurück bleibt - der hat ganz offensichtlich nichts von dem Inhalt des Buches kapiert.
Wer mit wachem Verstand liest...
Aha. Also ist
sie die Erleuchtete? Dann sollte sie selber ein Buch schreiben, ich würde ihr eine Chance geben.
...wundert sich über Widersprüche...
Was ist so schlimm an Widersprüchen? Das Leben ist voller Widersprüche und ein Buch, dass die menschliche Existenz analysiert, muss daher naturgemäß auch Widersprüche enthalten. Man kann kein großes Thema der Spiritualität behandeln, ohne auf innere Widersprüche zu stoßen. Wer sich daran stört, sollte sich mit anderen Themen befassen.
...und darüber, warum er sich zu den wenigen Erleuchteten zählt. (Ein Menschenfeind zu sein, reicht hierfür sicherlich nicht aus.)
Auch hier wieder: Warum versteift sie sich so auf die Person McKenna? So kann man den Sinn eines spirituellen Buches niemals finden. Und McKenna ist kein Menschenfeind, er ist lediglich jemand, der so anders ist, dass er mit den Normies nicht mehr klar kommt und das kann ich, als ebenfalls sehr introvertierter Mensch nur zu gut nachvollziehen. Ich beschränke meinen Kontakt mit Menschen auf das Nötigste, aber
das Nötigste ist bei mir wesentlich mehr als bei McKenna. Ich brauche ein gewisses Maß an sozialer Interaktion, er braucht davon nichts. Das macht aber weder ihn noch mich zum Menschenfeind.
Und irgendwann stellt man fest, dass dieser Mensch den Leser offensichtlich tüchtig auf den Arm nehmen will. Das scheint ihm bei den meisten Lesern sogar zu gelingen.
Jed McKenna nimmt
die gegenwärtige spirituelle Szene auf den Arm. Das, was er den
Spiritual Marketplace nennt. Deshalb fühlen sich so viele Leute von ihm auf den Arm genommen und sogar angepisst. McKenna nimmt alles auseinander, was derzeit populär ist, und das muss man einfach mal aushalten. Manche Stellen finde sogar ich übertrieben, aber zu keiner Zeit habe ich mich angepisst gefühlt. Da muss man sein eigenes Ego einfach mal zurücknehmen und auch Kritik an etwas ertragen, was man selber vielleicht gut findet. Ich konnte das halt irgendwie schon immer. Man muss vielleicht eine Ader dafür haben. Auch du hast schon vieles zu mir gesagt, was andere Leute völlig auf die Palme treiben würde oder sie würden einfach nicht mehr antworten. Durch McKenna habe ich unter anderem gelernt: Kritik an mir abprallen zu lassen, sie niemals persönlich zu nehmen, immer bei
der Sache zu bleiben. Alleine das ist schon wertvoll.
Finger weg von so viel gequirltem bullshit, das ist wirklich vergeudete Zeit!
Herrlich, wie da jemand auf die Palme getrieben wurde. Ich feier sowas.
Das wichtigste, was man bei Jed McKennas Büchern verstehen muss, ist folgendes: Das zentrale Thema seiner Bücher ist:
der Leser! Es gibt sicherlich auch andere Autoren, die so arbeiten, aber ich kenne bisher keinen, der diese Methode so perfektioniert hat, wie Jed. Seine Bücher sind im Grunde
eine Falle. Man liest auf dem Titel etwas von
Spiritual Enlightenment und erwartet ein "normales" spirituelles Buch und dann rennt man voll in einen Faustschlag hinein. Durch diese
von Jed gewollte Enttäuschung der Erwartungen werden so viele Leute entweder angepisst oder die einzige Erklärung, die sie finden, ist, dass es sich um eine Satire handeln muss. Erstaunlich wie das immer wieder funktioniert. Mir sind beim Lesen weder Gedanken über die Person Jed McKenna gekommen, noch habe ich mich gefragt ob das wohl Satire ist, noch hat es mich angepisst. Ich war von Anfang an völlig fasziniert von seinem Stil (an dieser Stelle nochmal der Hinweis: unbedingt im englischen Original lesen!) und auch von seiner Radikalität, dass ich einfach nur in den Bann gezogen wurde.
Was ebenfalls sehr wichtig ist: Ich empfehle seine Bücher mittlerweile nur noch den
hoffnungslosen Fällen. Dazu zähle ich:
- Leute, die völlig lost in irgendwelchen Wolkenkuckucksheim-Vorstellungen von Spiritualität sind und den McKenna´schen Faustschlag brauchen.
- Leute, die in einer ernsthaften existentiellen Krise mit Suizidgedanken sind.
- Leute, die komplett im Materialismus hängen und keine Ahnung haben, was Spiritualität eigentlich ist.
Der durchschnittliche unbedarfte Leser wird von McKenna völlig überfordert. Auch in den drei von mir beschriebenen Gruppen werden wohl viele nichts oder nicht viel vom Inhalt begreifen, aber selbst dann muss irgendeine Form von Eindruck zurückbleiben, da bin ich mir sicher. Es geht, wie gesagt, um den Leser, und das meine ich auch selbstkritisch! Diejenigen, die auf die Palme getrieben werden, haben am wenigsten verstanden. Diejenigen, die denken, das müsse Satire sein, sind zumindest so überwältigt (im negativen Sinne des Wortes) von seinem Stil, das sie denken,
der kann das nicht ernst meinen. (Nebenbei bemerkt: Es spricht Bände, dass Amazon ausgerechnet diese tatsächlich etwas klischeehafte Stelle des Buches als Leseprobe bereit gestellt hat. Es würde mich nicht wundern, wenn Jed das selber veranlasst hat, eben um mehr Leute
in die Falle zu locken). Und ich, und das ist jetzt das selbstkritische, habe mich vielleicht
im positiven Sinne zu sehr von ihm überwältigen und mitreißen lassen. Die drei wichtigsten Bücher, die Enlightenment Trillogy, habe ich sicher an die zehn mal gelesen, vielleicht sogar noch mehr. Dies ist sicherlich auch nicht
im Sinne des Erfinders. Denn Jeds wichtigstes Motto lautet:
Be Your Own F***ing Teacher!
Vergleiche hinken immer, aber dieser Vergleich ist schlecht gewählt, geradezu ein Eigentor.
Denn schließlich war die Ansicht, die Erde sei im Zentrum, eine von einem religiösen Standpunkt abgeleitete Ansicht, im Grunde eine Art "spirituelles Dogma"
Ich wollte damit ja gerade zum Ausdruck bringen, dass es egal ist,
wer die öffentliche Meinung stellt. Ob es die Religion ist oder die Wissenschaft oder die Philosophie, spielt keine Rolle. Die öffentliche Meinung wechselt im Laufe der Jahrhunderte und somit wechseln auch die
Geisterfahrer.