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Ist Homosexualität eine Krankheit?

e-a-s schrieb:
"der Norm entsprechend", also "normal",
Norm ist ohne Toleranzgrenze nicht einmal im technischen Bereich denkbar. Im Bereich des Lebendigen ist der Begriff „Norm“ ohnehin unnatürlich, weil es eine solche nicht gibt, es fehlte auch das dazugehörige Normungsinstitut (heterosexuell nach DIN 0815a oder so ähnlich?). Hier sollten wir von der Variationsbreite reden. Je größer diese ist, desto mehr Veränderungen der Lebensbedingungen kann diese Art verkraften, ohne gefährdet zu werden. Die Variationsbreite in genetischer Hinsicht wie auch im kulturellem Verhalten zu reduzieren versuchen, hieße die Art in ihrer Lebensfähigkeit einzuschränken.
"Gesund" sind alle Eigenschaften eines Organismus, die der Erhaltung der übergeordneten Spezies auch dann nicht schaden würden, wenn alle Individuen diese Eigenschaft hätten.
"Krank" sind alle Eigenschaften eines Individuums, die bei Übertragung auf alle Individuen der gleichen Spezies zum Aussterben dieser Spezies führen würden, falls einzelne Individuen diese "Krankheit" nicht erfolgreich überwinden könnten.
Ist falsch, weil es von einem falschen Arterhaltungsverständnis ausgeht. Eine Art erhält sich auf die Dauer am besten, wenn in ihr Vielfalt möglichst groß ist. Das beinhaltet aber auch die Notwendigkeit von scheinbar „Nutzlosem“, „Fehlerhaften“. Entwicklung, im genetischen wie im kulturellen Bereich ist nur durch „Fehler“ in der Reproduktion möglich, die sich manchmal, unter manchen Umständen dann als vorteilhaft erweisen können oder könnten.

Die Aufzucht von Nachkommen alleine garantiert das Überleben der Menschheit nicht. Dazu bedarf es auch sämtlicher kultureller Leistungen. Hier wäre ohne sie, die Homosexuellen, das Mögliche bereits reduziert.

diethelm
 
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Im Bereich des Lebendigen ist der Begriff „Norm“ ohnehin unnatürlich, weil es eine solche nicht gibt, es fehlte auch das dazugehörige Normungsinstitut (heterosexuell nach DIN 0815a oder so ähnlich?).
Falsch. Normen werden nicht nur explizit durch die zuständigen Institute gesetzt, sondern entstehen auch implizit durch die faktische Macht der statistischen Mehrheit. Eine gewisse Variationsbreite steht dem nicht entgegen.
Anderenfalls wäre die weit verbreitete und uralte Angewohnheit, den Begriff "normal" auch auf das Verhalten von Lebewesen anzuwenden, nicht erklärlich.
(Schliesslich ist diese Angewohnheit nicht erst von den Teilnehmern in diesem thread erfunden worden)

Die Aufzucht von Nachkommen alleine garantiert das Überleben der Menschheit nicht.
Hat auch niemand behauptet. Stattdessen, dass ganz ohne Aufzucht von Jungen keine Art überleben kann. Was stimmt daran nicht?
 
e-a-s schrieb:
Normen werden nicht nur explizit durch die zuständigen Institute gesetzt, sondern entstehen auch implizit durch die faktische Macht der statistischen Mehrheit. Eine gewisse Variationsbreite steht dem nicht entgegen.

hier muß ich dir tatsächlich zustimmen.
ich gebe jedoch zu bedenken, daß die "norm" keinesfalls das "ideal" ist!
ohne abweichungen aus der norm hätten wir keinerlei kulturelle, technische und biologische entwicklung gemacht. wir würden sicherlich hier nicht kommunizieren sondern grunzend und keulenschwingend unser weibchen an den haaren hinter uns her ziehen ;-).
die norm ist ein status quo.
abnormalität ist entwicklung - ob zum positiven oder negativen, da sei dahingestellt und ggf. auch erst retrospektiv bewertet werden.


normvollendeterweise
dex
 
Nun ist die Diskussion bei der Norm angekommen und es scheint, dass die genau so unbefriedigend ist, wie die Frage nach dem, was letztlich krank ist und was nicht.

Normen regeln das Zusammenleben in einer Gesellschaft und haben damit keinerlei Rückwirkung auf die Frage, was real ist und was wie beschaffen ist. Was in Deutschland die Norm ist, kann im Sudan ganz anders sein und so kann ein Mensch im Sudan „normal“ sein und in Deutschland „abnormal“. Welche Aussagekraft hat eine solche Norm dann?

Die herrschende Meinung ist wohl die schlechteste Form der Norm und bei weitem auch keine Grundlage zur Beurteilung einer Frage, die über die Einschätzung der Meinung der Masse hinaus geht. Mit real hat auch dies nichts zu tun.

Vielleicht hat André Heller ja den besten Ansatz in seinem Lied „Denn ich will“ gefunden:

Und wenn ein Mann einen Mann liebt,
soll er ihn lieben, wenn er ihn liebt,
denn ich will, dass es das alles gibt,
was es gibt.

Und wenn eine Frau eine Frau liebt,
soll sie sie lieben, wenn sie sie liebt,
denn ich will, dass es das alles gibt,
was es gibt.

<...>
 
louiz30 schrieb:
Welche Aussagekraft hat eine solche Norm dann?

es gibt in unserer komplexen gesellschaft (sudan, china, türkei und andere "fremde" kulturen mal ganz außen vor) sowieso nicht mehr "die norm". unsere gesellschaft ist nicht mehr so statisch wie in vergangenen zeiten. wir haben eine vielzahl von subkulturen mit eigenen normen und parallelgesellschaften mit eigenen normen - alles unter dem einen dach von "unsere gesellschaft".
dennoch: um ein funktionierendes, nicht ins chaos abtriftendes, gemeinwesen zu erhalten benötigen wir normen (sicherlich mit toleranzgrenzen) die auch von der mehrzahl der dem gemeinwesen angehörenden individuen efüllt werden müssen. wenn die normen nicht mehr erfüllt werden (siehe rentendiskussion/geburtenrate), dann gerät das gefüge aus dem ruder - dann haben wir einen zwang der gesellschaftlichen fort- oder neuentwicklung. ob zum guten oder schlechten ...?
von daher haben normen wesentliche aussagekraft, selbstverständlich nur in gewissem rahmen. dies ist jedoch nicht nur in gesellschaftlichem, sondern auch in technischem bereich genau so. das "normhaus" in thule wird sicherlich ganz anderen ansprüchen gerecht werden müssen und ganz anders aussehen als in tibuktu. auch hier haben wir eine aussagekraft von normen - eine vergleichende.


ungenormterweise
dex
 
e-a-s schrieb:
Falsch. Normen werden nicht nur explizit durch die zuständigen Institute gesetzt, sondern entstehen auch implizit durch die faktische Macht der statistischen Mehrheit
Sprichst Du von der Biosphäre? Dann bist Du gewaltig im Irrtum! Dort gibt es weder ein explizites noch ein implizites noch ein statistisches Normungsinstitut! Was Du als faktische Macht der statistischen Mehrheit betrachtest ist die anthropomorphe Projektion faschistischen Denkens, die Abweichungen nicht dulden kann, weil sie das Machtgefüge in Frage stellt! Jede neue Art von Lebewesen auf dieser Welt hat als extreme Minderheit begonnen und ist über Jahrhunderttausende als solche neben Mehrheiten, die inzwischen zur Minderheit gewordenen oder ausgestorbenen Arten zu einer Mehrheit geworden, aber wieder nicht als homogene Gruppe, denn sonst wäre Austerben vorprogrammiert.

Dahin gehend ist der von Dir für uralt gehaltene Begriff „normal“ allerjüngsten Datums. Er wurde erst im Mittelalter von den, die germanischen Fürstentümer überschwemmenden, italienischen Advokaten eingeführt und bedeutete Richtschnur, Leisten, auch Winkelmaß; somit auch den Leisten, über den der Herr sein “G’scher“ hat scheren lassen, damit es seiner Norm entspräche.
(Es gibt eben Verhaltensweisen, die aus Normabweichungen zwangsläufig entstehen: wird auf diese der kategorische Imperativ angewendet, wird relativ schnell klar, bis zu welchem Ausmass hinsichtlich der Beispielhaftigkeit solche Verhaltensweisen als allgemein unschädlich toleriert werden können. Manches schadet eben nur solange nicht, wie es (hoffentlich!) nicht plötzlich doch mehrheitlich "normal" wird!)
Abgesehen von der Fragwürdigkeit Deines kategorischen Imperativs ist die Frage: „Was wäre, wenn alle es so machen würden“ prinzipiell falsch oder demagogisch! Eine Gesellschaft ist genau so wenig überlebensfähig, wenn alle Menschen KankenpflegerInnen oder PräsidentInnen der USA sein wollten. It takes that all to make the world go round., wenn geht in der "idealen" Mischung

Hat auch niemand behauptet.
Du hast aber sehr kategorisch befürchtet, dass alle es so machen könnten. Was stimmt daran nicht? Norm ist kein natürliches, sondern ein rein menschliches Produkt. Wie weit wir ihrer bedürfen, ist nur in Diktaturen objektiv feststellbar.

diethelm
 
diethelm schrieb:
Jede neue Art von Lebewesen auf dieser Welt hat als extreme Minderheit begonnen und ist über Jahrhunderttausende als solche neben Mehrheiten, die inzwischen zur Minderheit gewordenen oder ausgestorbenen Arten zu einer Mehrheit geworden, aber wieder nicht als homogene Gruppe, denn sonst wäre Austerben vorprogrammiert.
Demnach sind in Deiner Vorstellung Homosexuelle nun schon eine neue Art von Lebewesen, die sich im Konkurrenzkampf gegen die Heterosexuellen durchsetzen können oder werden? Das halten wahrscheinlich sogar die Betroffenen selbst nicht für möglich.

Du hast aber sehr kategorisch befürchtet, dass alle es so machen könnten. Was stimmt daran nicht? Norm ist kein natürliches, sondern ein rein menschliches Produkt. Wie weit wir ihrer bedürfen, ist nur in Diktaturen objektiv feststellbar.
Ich befürchte gar nichts. (Ausser vielleicht, dass die Menschheit infolge ihrer gemeinschaftlichen Dummheit vorzeitig untergeht. Furcht ist in diesem Zusammenhang aber auch eigentlich falsch, denn so schnell, dass es mich noch betreffen könnte, wird es ohnehin nicht geschehen, also ist es eh wurscht.)

Ich habe hier nur über den voreiligen Gebrauch der Wörtchen "normal" und "krank", solange keine Einigung über ihre Bedeutung vorliegt, geschrieben und entsprechende Definitionsvorschläge gemacht.
Und ich habe behauptet (und behaupte weiterhin):
Wenn alle Menschen homosexuell wären, würde die Menschheit schnell aussterben, wenn alle Menschen heterosexuell wären, würde das nicht so schnell geschehen! Und das ist wahr !
 
e-a-s schrieb:
Demnach sind in Deiner Vorstellung Homosexuelle nun schon eine neue Art von Lebewesen, die sich im Konkurrenzkampf gegen die Heterosexuellen durchsetzen können oder werden?
Deine Argumentation wird jetzt sprunghaft und beliebig. Es ging Deiner vorhergehenden Behauptung, dass in der Natur die statistische Mehrheit die Normen aufstellt. Diese tat das, was immer man dort unter „statistischer Mehrheit“ verstehen könnte, einfach nie. In dem, was man Natur nennt, gibt es keine wie immer geartete Norm, das ist alles.

An der Erhaltung der Menschheit sind nicht nur die Kinder zeugenden und austragenden Menschen beteiligt, sondern alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Präferenz. Die Begriffe „normal“ und „krank“ sind nun mal willkürlich definiert und somit nie allgemein gültig, immer nur entsprechend den geistigen Modeströmungen unter den Menschen.

In allen Kulturkreisen gibt es Menschen, die aus welchem Grund auch immer (mehr oder minder ehrlich) mit Absicht kinderlos leben. Das hat diese Kulturen bezüglich des Nachwuchses noch nie in Bedrängnis gebracht, und die Ursache des Geburtenrückganges in unseren Breiten liegt bei weitem nicht an den Homosexuellen. Das besorgen die kinderlosen oder egoistischen Heterosexuellen, die es Frau/Mann unmöglich machen Beruf und Kind zu vereinen, sind da die wirklichen Verhinderer, die wahre Problema! Die Homosexuellen sind da eher ein positives Vorbild, soweit ich sie kenne.

Aber wenn man Schuldige braucht, findet man sie immer, bei den Homosexuellen, bei den Rauchern, den Muslimen, Sozialschmarotzern, Rentnern und Arbeitslosen und was es sonst noch gäbe.

Es gäbe zwar einen transzendenten Wahrheitsbegriff, der ohnehin nichts taugt, aber einen transzendenten Normalitäts- oder Krankheitsbegriff haben sich nicht mal die Religionen einfallen lassen. Vor etwas mehr als 60 Jahren war das zwar schon mal irgendwie angedacht, sollte aber eigentlich vorbei sein.

diethelm
 
diethelm schrieb:
Deine Argumentation wird jetzt sprunghaft und beliebig. Es ging Deiner vorhergehenden Behauptung, dass in der Natur die statistische Mehrheit die Normen aufstellt. Diese tat das, was immer man dort unter „statistischer Mehrheit“ verstehen könnte, einfach nie. In dem, was man Natur nennt, gibt es keine wie immer geartete Norm, das ist alles.

An der Erhaltung der Menschheit sind nicht nur die Kinder zeugenden und austragenden Menschen beteiligt, sondern alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Präferenz. Die Begriffe „normal“ und „krank“ sind nun mal willkürlich definiert und somit nie allgemein gültig, immer nur entsprechend den geistigen Modeströmungen unter den Menschen.

In allen Kulturkreisen gibt es Menschen, die aus welchem Grund auch immer (mehr oder minder ehrlich) mit Absicht kinderlos leben. Das hat diese Kulturen bezüglich des Nachwuchses noch nie in Bedrängnis gebracht, und die Ursache des Geburtenrückganges in unseren Breiten liegt bei weitem nicht an den Homosexuellen. Das besorgen die kinderlosen oder egoistischen Heterosexuellen, die es Frau/Mann unmöglich machen Beruf und Kind zu vereinen, sind da die wirklichen Verhinderer, die wahre Problema! Die Homosexuellen sind da eher ein positives Vorbild, soweit ich sie kenne.

Aber wenn man Schuldige braucht, findet man sie immer, bei den Homosexuellen, bei den Rauchern, den Muslimen, Sozialschmarotzern, Rentnern und Arbeitslosen und was es sonst noch gäbe.

Es gäbe zwar einen transzendenten Wahrheitsbegriff, der ohnehin nichts taugt, aber einen transzendenten Normalitäts- oder Krankheitsbegriff haben sich nicht mal die Religionen einfallen lassen. Vor etwas mehr als 60 Jahren war das zwar schon mal irgendwie angedacht, sollte aber eigentlich vorbei sein.

diethelm

Das mag ja Alles gut und schön (meinetwegen auch wahr) sein, nur verfehlt es das Thema !!! Diese Aussagen stehen in keinem Widerspruch zu dem von mir Geschriebenen, und sie beantworten auch nicht die Eingangsfrage.

Ich habe sehr deutlich gemacht, dass niemand Normen in der Natur aufstellt, sie ergeben sich einfach dadurch, dass die weitaus überwiegende Mehrheit einer Spezies innerhalb einer schmalen Bandbreite eben nicht von dieser (impliziten) "Norm" abweicht. Deshalb nennt man die anderen "Ausnahmen", "Abweichler", "Spezialfälle" oder "Mutationen".
Ein Löwe, der nicht innerhalb einer gewissen Bandbreite wie ein Löwe aussieht (oder sich verhält), ist nun einmal kein "normaler" Löwe !

Und der Fortbestand der Menschheit ist auf heterosexuelles Geschlechtsverhalten (wenigstens noch vereinzelt!) nun einmal angewiesen, auf homosexuelles aber nicht!
Daraus folgt lediglich, dass hetero- und homosexuelle Verhaltensweisen nun einmal nicht gleichermassen als beispielhafte Lebensmodelle (für Alle!) geeignet sind.

Irgendeine wie auch immer geartete moralische, ethische, beifällige oder verurteilende, liebevolle oder wohlwollend hasserfüllte (was auch immer) Bewertung oder Beurteilung der zur Zeit existierenden Homosexuellen war und ist mit dieser Feststellung NICHT verbunden !!

Was ist denn daran bloss so schwer zu verstehen?

Ist es in diesem Forum denn nicht mehr üblich, Fettgedrucktes als besonders betont Gemeintes zu verstehen?
 
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Irgendeine wie … Bewertung oder Beurteilung … war und ist mit dieser Feststellung NICHT verbunden!!
steht aber im Widerspruch dazu, dass Du den Fortbestand der Menschheit als absoluten Wert erklärst für dessen Aufrechterhaltung Homosexuelle nicht den von Dir gewünschten Beitrag liefern. Das entspricht aber genau einer anthropomorphen Projektion säkularisierter christlicher, mehr noch katholischer Werte in eine (gottgewollte)Welt („Natur“,)die ein finales transzendentes (göttliches) Ziel hat.

Nicht anthropozentrisch betrachtet ist es der Fortbestand der Menschheit völlig egal. „Homozentrisch“ betrachtet könnte man sogar sagen, dass es die Aufgabe der Heterosexuellen sei, die hinreichende Zahl an Homosexuellen bereit zu stellen, ähnlich wie es die Aufgabe der Katholiken ist, immer wieder einen Papst bereit zu stellen. Aber glücklicherweise kennt die „Natur“ keine Ziele. Sie existieren nur als Relikt säkularisierten christlichen Denkens.

Und – ausgehend wie der thread, von der Frage, ob Homosexualität eine Krankheit sei: es ist eine Frage der Normierung des Begriffes „krank“; das aber ist Menschenarbeit und von keinem Gott, keiner Natur vorgegeben, schon gar nicht "implizit".

Grüße, diethelm
 
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