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Heidegger und die Politik (noch einmal)

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Nun ich verstehe die sog. "Kehre" als eine gewisse Denkentwicklung bei Heidegger, die sich in einer (teilweise) Distanzierung von seinem "früheren" Denken zeigt.

Ich klinke mich mal ganz frech ein, obgleich ich vom Thread kaum etwas gelesen habe - Heidegger ist mir keine Diskussion mehr wert. Leider habe ich ihn einst studiert, was aus heutiger Sicht verschwendete Mühe war.

Heideggers späte Philosophie ist insofern ehrlicher als die frühe, da er - nunmehr gefeierte philosophische Autorität - die eigentliche Banalität seiner Philosophie nicht länger hinter einer Scheinsystematik versteckt, sondern offen bekennt, dass sein Denken nichts mit Rationalität und Philosophie am Hut hat. Es ist Religion und also nicht diskutierbar, da nicht verstehbar; hinter den zahlreichen Begriffshülsen verbirgt sich nicht mehr als ein ewig im Kreise sich drehender Verweisreigen auf höhere Seinsebenen, denen der Mensch schicksalhaft gegenüber steht - er vermag großgeglückt vom Hörigen zum Hörenden zu werden, darf sich also bestenfalls einem elitären (pseudo-religiösen) Kreis zugehörig fühlen.

Heidegger war ein Schaumschläger, Betrüger, Denunziant und vollkommen humorlos. Aber in all den genannten Eigenschaften war er zweifelsohne ungemein begabt. Sonst würde man nicht bis heute über seine inhaltsleere "Philosophie" und fragwürdige Person sprechen. :dontknow:
 
Ich klinke mich mal ganz frech ein, obgleich ich vom Thread kaum etwas gelesen habe - Heidegger ist mir keine Diskussion mehr wert. Leider habe ich ihn einst studiert, was aus heutiger Sicht verschwendete Mühe war.

Heideggers späte Philosophie ist insofern ehrlicher als die frühe, da er - nunmehr gefeierte philosophische Autorität - die eigentliche Banalität seiner Philosophie nicht länger hinter einer Scheinsystematik versteckt, sondern offen bekennt, dass sein Denken nichts mit Rationalität und Philosophie am Hut hat. Es ist Religion und also nicht diskutierbar, da nicht verstehbar; hinter den zahlreichen Begriffshülsen verbirgt sich nicht mehr als ein ewig im Kreise sich drehender Verweisreigen auf höhere Seinsebenen, denen der Mensch schicksalhaft gegenüber steht - er vermag großgeglückt vom Hörigen zum Hörenden zu werden, darf sich also bestenfalls einem elitären (pseudo-religiösen) Kreis zugehörig fühlen.

Heidegger war ein Schaumschläger, Betrüger, Denunziant und vollkommen humorlos. Aber in all den genannten Eigenschaften war er zweifelsohne ungemein begabt. Sonst würde man nicht bis heute über seine inhaltsleere "Philosophie" und fragwürdige Person sprechen. :dontknow:

Nun ich sehe das etwas anders . Ich sehe Heidegger nach wie vor als einen wichtigen Philosophen an, der eben auch seine problematische Seite hat, die ja bekannt ist. Ich würde nicht alles von ihm philosophisch unterschreiben, aber ich beschäftige mich dennoch weiter mit ihm in kritischer Weise, ohne dabei selbst als "Heideggerianer" gelten zu wollen. Das er moralisch eine fragwürdige Person , ist natürlich in heutiger Zeit oft diskutiert. Aber sein philosophisches Werk ist meiner Meinung nach wie vor wichtig zu studieren, vor allem natürlich "Sein und Zeit".

Man kann hier natürlich zwischen Heidegger I (sog. "frühe Philosophie") und Heidegger II ("späte Philosophie") unterscheiden. Heidegger I ist mit "Sein und Zeit" natürlich "wissenschaftlicher"/"rationaler" als Heidegger II, der vermutlich eher "esoterisch" anmutet. Aber kann man denn so einfach sagen, dass sein späteres Denken "nichts mit Rationalität und Philosophie am Hut" hat? Auch der spätere Heidegger scheint mir in gewisser Weise noch "ratiomal" sein, auch wenn seine späteren Texte vielleicht weniger so wirken.

Allerdings ist der Religions -Bezug beim späteren Heidegger insofern gegeben, wenn er z.B. im Spiegel-Interview sagt, dass nur noch "ein Gott" uns retten könne, wenn ich mich richtig erinnere. Manche sehen ja auch in Heidegger einen "verkappten Theologen", dem das "Sein" sein "Gott" ist...Naja kann man natürlich so sehen...

Aber ich würde nicht so weit gehen in Heidegger ein "Schaumschläger oder gar "Betrüger" sehen zu wollen ...allerdings im Vergleich zu Nietzsche habe ich Zweifel ob man bei ihm auch von philosophischen Humor sprechen kann. Seine "Philosophie" ist auch nicht "inhaltsleer" für mich. Allerdings benutzt Heidegger eher das Wort "Denken", spricht also von seinem Denken lieber als von "Philosophie".

Zum Begriff "Philosophie" bei Heidegger:

Ein Beispiel, GA 97, S.13:


"Immer noch mehren sich die <Bücher> , die angeblich meine <Philosophie> darstellen. Noch nirgendwo ist einer auf den Gedanken gekommen, die Frage von <Sein und Zeit> aus dem Grundzug des abendländischen Denkens her zu begreifen und zu bestimmen."

Das Beispiel hat allerdings nicht so sehr mit Heideggers politischer Gesinnung zu tun, als vielmehr damit, dass Heidegger sein Denken gerade nicht als "Philosophie" im üblichen Sinne begreift.


Ähnlich auch GA 97, S,156: "<Meine Philosophie> falls der törichte Ausdruck gebraucht werden darf, sei die <Philosophie des Abgrunds> - ich frage zurück stehen wir etwa nicht am Abgrund? Nicht nur wir, die Deutschen, nicht nur Europa, sondern die Welt? Und nicht nur seit gestern und schon gar nicht <durch> Hitler, so wenig wie durch Stalin oder durch Roosevelt."

Und:

< Heideggersche Philosophie>- wird, sofern es das gibt, immer nur von den Anderen vertreten, d.h. als Standpunkt festgetreten und ins Nichtige zusammengetreten."

GA 94, S.184

Oder auch:

"Die Philosophie ist nicht mehr die Liebe als Eros (Metaphysik).


Das Gespräch ist das Ereignis der wahrenden lichtenden Sage. So ist es das Ereignis der Sprache in der Geschichte. Der Name φιλοσοφία wird ungemäß, und dennoch bleibt er der bleibende Anklang."

GA 97, S.52

oder auch (S.111): "Heute <philosophiert> man vermutlich noch da und dort, aber überall ist noch kein Denken, weil der Bezug des Zu-Denkenden, das Seyn selber, noch nicht sich ereignet."

oder (S.158):

"(...) mit dem Aufwand der Terminologie des jeweils gängigen <Philosophierens>, das auch nicht immer schon Denken ist."

Ich denke ein paar Textbeispiele können durchaus hilfreich für die Diskussion hier.

Man sieht , dass ich hier einen differenzierteren Standpunkt vertrete und sehe eine Beschäftigung mit Heidegger nicht als "verschwendete Mühe" oder dergleichen. Zudem halte ich nicht viel von Heidegger-Polemik, die meist recht unsachlich ist.
 
Hallo Philosophisticus,

aber ich beschäftige mich dennoch weiter mit ihm in kritischer Weise, ohne dabei selbst als "Heideggerianer" gelten zu wollen. Das er moralisch eine fragwürdige Person , ist natürlich in heutiger Zeit oft diskutiert. Aber sein philosophisches Werk ist meiner Meinung nach wie vor wichtig zu studieren, vor allem natürlich "Sein und Zeit".

Das will ich auch niemandem verweigern, meine obige Aussage spiegelt nur meine Erfahrung, die aber eben auf einer mehrjährigen Auseinandersetzung fußt; anfangs war ich noch nicht so klar und hart in meinem Urteil, mittlerweile fällt mir das jedoch leicht. Zum Glück!

Auch "Heidegger I" sehe ich nicht als verwertbare Philosophie an. Dort, wo umständliche Begriffskonglomerate eine intellektuelle Komplexität und Tiefe andeuten, kommt am Ende entweder nichts Verbindliches oder triviale Feststellungen zum Vorschein. Mir hat bisher noch kein akademisch geschulter Heidegger-Liebhaber die eigentliche Bedeutung seiner Philosophie aufzeigen können.

Von einer Vorlesung über "Sein und Zeit", die ich einst hoffnungsvoll besuchte, ist mir nur ein Satz des Profs in Erinnerung geblieben: "Kaufen Sie sich unbedingt das Werk 'Sein und Zeit', ein solch bedeutendes Buch sollte jeder Geisteswissenschaftler daheim im Regal stehen haben."

Aber kann man denn so einfach sagen, dass sein späteres Denken "nichts mit Rationalität und Philosophie am Hut" hat? Auch der spätere Heidegger scheint mir in gewisser Weise noch "ratiomal" sein, auch wenn seine späteren Texte vielleicht weniger so wirken.

Das sagt er doch explizit selbst. "Rationalität" ist für ihn rechnend stellendes Denken, das er ausnahmslos als niederes Denken darstellt. Eine Alternative freilich fehlt komplett, wenn man einmal davon absieht, dass sich das Sein einem "großgeglückt" offenbaren könne, sofern man nur recht demütig das eigene kritische Denken einstellt und dem Heideggerschen Seinsgefasel folgt.

Ich denke ein paar Textbeispiele können durchaus hilfreich für die Diskussion hier.

Mit Verlaub, aber das bezweifle ich mittlerweile stark. Ich habe Bücher von ihm im Schrank stehen und werfe sie nur deshalb nicht weg, weil ich gutes Geld dafür bezahlte. Die zahlreichen Markierungen, Notizen und Eselsohren künden von meiner investierten Mühe und erinnern mich daran, dass ich dieser Art der "Philosophie" nichts mehr schuldig bin.

Man sieht , dass ich hier einen differenzierteren Standpunkt vertrete und sehe eine Beschäftigung mit Heidegger nicht als "verschwendete Mühe" oder dergleichen. Zudem halte ich nicht viel von Heidegger-Polemik, die meist recht unsachlich ist.

Man kann sich fraglos diplomatischer und weniger provokativ ausdrücken.
Polemik interessierte mich in der ernsthaften intellektuellen Auseinandersetzung allerdings noch nie, allein gute Argumente sind mir wichtig und die gibt es von Seiten der Kritik zuhauf; und damit meine ich gar nicht die Kritik, welche sich gegen Heidegger als Person richtet, sondern jene, die seine "Philosophie" als Schaumschlägerei entlarvt.

Sehr empfehlenswert (aber auch ziemlich anspruchsvoll) beispielsweise: "Kritik der reinen Hermeneutik" von Hans Albert.

Viele Grüße
Phil
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Philosophisticus,

Das will ich auch niemandem verweigern, meine obige Aussage spiegelt nur meine Erfahrung, die aber eben auf einer mehrjährigen Auseinandersetzung fußt; anfangs war ich noch nicht so klar und hart in meinem Urteil, mittlerweile fällt mir das jedoch leicht. Zum Glück!

Auch "Heidegger I" sehe ich nicht als verwertbare Philosophie an. Dort, wo umständliche Begriffskonglomerate eine intellektuelle Komplexität und Tiefe andeuten, kommt am Ende entweder nichts Verbindliches oder triviale Feststellungen zum Vorschein. Mir hat bisher noch kein akademisch geschulter Heidegger-Liebhaber die eigentliche Bedeutung seiner Philosophie aufzeigen können.

Ja auch ein hallo von meiner Seite,
nun ich habe andere Erfahrungen mit "Sein und Zeit" gemacht. Anfangs nichts verstanden und wenig bis gar nichts verstanden (so wie übrigens auch bei Hegels Phänomenologie des Geistes), jetzt mittlerweile so, dass ich diese schwierige Terminologie Heideggers besser verstehe, z.B. wenn er vom "In-der-Welt-Sein" spricht oder auch vom "Mitsein". Heidegger ist gerade für einen Anfänger nicht einfach, aber es gibt Leute, die nach einer gewissen Zeit mit diesem Werk Heideggers durchaus was philosophisch anfangen können, und dies so , dass sie dabei keine "Heideggerianer" werden.

Ich finde gerade Heidegger I also bis hin zu Sein und Zeit, gerade den Teil seiner "Philosophie", der philosophisch am wenigsten problematisch ist (also vor der NS-Zeit). Und gerade die französischen Philosophen (aber nicht nur die), zeigen wie eine Lektüre von Heideggers I durchaus philosophisch gewinnbringend sein kann. Auch hier komme ich zu einem anderen Urteil, wenn es erlaubt ist. Nun , dass dir kein "akademisch geschulter Heidegger-Liebhaber" die "Bedeutung" dieses Denken aufzeigen konnte, ist natürlich bedauerlich.

Von einer Vorlesung über "Sein und Zeit", die ich einst hoffnungsvoll besuchte, ist mir nur ein Satz des Profs in Erinnerung geblieben: "Kaufen Sie sich unbedingt das Werk 'Sein und Zeit', ein solch bedeutendes Buch sollte jeder Geisteswissenschaftler daheim im Regal stehen haben."

Das sagt er doch explizit selbst. "Rationalität" ist für ihn rechnend stellendes Denken, das er ausnahmslos als niederes Denken darstellt. Eine Alternative freilich fehlt komplett, wenn man einmal davon absieht, dass sich das Sein einem "großgeglückt" offenbaren könne, sofern man nur recht demütig das eigene kritische Denken einstellt und dem Heideggerschen Seinsgefasel folgt.

Ich denke der Professor hat in dem Punkt recht, denn ich halte Sein und Zeit für einen bedeutenden philosophischen Klassiker.

Darf man fragen, wo er das sagt? Dann könnte ich das in Ruhe nachlesen. Ich bin nicht sicher, ob man so einfach sagen kann, dass Heidegger kein "kritisches Denken" haben wollte, denn ich glaube von den Heideggerianer hat er nichts gehalten. Als "Seinsgefasel" würde ich Heideggers Denken nicht auffassen, wobei natürlich nicht einfach ist, was Heidegger mit dem "Sein" eigentlich genau meint usw... Ich bin eher für ein kritisches Weiterdenken mit Heidegger gegen Heidegger .


Mit Verlaub, aber das bezweifle ich mittlerweile stark. Ich habe Bücher von ihm im Schrank stehen und werfe sie nur deshalb nicht weg, weil ich gutes Geld dafür bezahlte. Die zahlreichen Markierungen, Notizen und Eselsohren künden von meiner investierten Mühe und erinnern mich daran, dass ich dieser Art der "Philosophie" nichts mehr schuldig bin.

Nun das ist bedauerlich, wenn man das so sieht. Ich kann da jedenfalls von anderen Erfahrungen sprechen und bin froh mein Geld für Heideggers Bücher ausgegeben zu haben. Auch bei mir gibt und gab es diese Markierungen, welche am Ende auch zu einer fruchtbaren Lektüre und Auseinandersetzung mit diesem Philosophen geführt haben. Ich vertrete also (auch hier) (sehr gern) die Gegenposition.


Man kann sich fraglos diplomatischer und weniger provokativ ausdrücken.
Polemik interessierte mich in der ernsthaften intellektuellen Auseinandersetzung allerdings noch nie, allein gute Argumente sind mir wichtig und die gibt es von Seiten der Kritik zuhauf; und damit meine ich gar nicht die Kritik, welche sich gegen Heidegger als Person richtet, sondern jene, die seine "Philosophie" als Schaumschlägerei entlarvt.

Sehr empfehlenswert aber auch ziemlich anspruchsvoll: "Kritik der reinen Hermeneutik" von Hans Albert.

Viele Grüße
Phil

Ja , das kann man durchaus, was ich im Übrigen auch für empfehlenswerter halte.

Ich glaube die "guten Argumente" der Heidegger "Kritik" sind nicht "gut genug" , um Heideggers Denken als "Schaumschlägerei" zu "entlarven".

Aber ich danke für den Literaturhinweise und kann mir das gernmal in Ruhe anschauen, was Albert da so schreibt zu Heidegger.:morgen:
 
Anfangs nichts verstanden und wenig bis gar nichts verstanden (so wie übrigens auch bei Hegels Phänomenologie des Geistes), jetzt mittlerweile so, dass ich diese schwierige Terminologie Heideggers besser verstehe, z.B. wenn er vom "In-der-Welt-Sein" spricht oder auch vom "Mitsein". Heidegger ist gerade für einen Anfänger nicht einfach, aber es gibt Leute, die nach einer gewissen Zeit mit diesem Werk Heideggers durchaus was philosophisch anfangen können, und dies so , dass sie dabei keine "Heideggerianer" werden.

Das ging mir nicht anders. Aber irgendwann hat man die relevanten Stellen mehrfach gelesen, kennt die Begriffe und deren Verbindungen und dann zeigt sich, ob man mit dem Gedankenkonstrukt, das einem dargeboten wird, einverstanden ist oder eher nicht. Ich selbst war sehr enttäuscht über die inhaltliche Banalität von "Sein und Zeit". Überall dort, wo es interessant werden könnte, wird Heidegger völlig unklar oder behauptet einfach etwas, ohne das näher zu erläutern/begründen.

Hans Albert schreibt hierzu sehr treffend, dass "trotz der von Heidegger bevorzugten und von ihm eigens für seine Zwecke konstruierten eigenartig anmutenden Terminologie ... sich seine Analysen durchweg im Rahmen des alltäglichen Denkens [halten], sie enthalten Beschreibungen alltäglicher und bekannter Phänomene mit Hilfe dieser neuartigen Terminologie. Durch sie wird eine bestimmte Optik erzeugt, die manchem plausibel erscheinen mag, aber ihr Erkenntniswert ist kaum zu beurteilen, so lange nicht gezeigt werden kann, welche Probleme mit ihrer Hilfe gelöst werden können." (Hans Albert, "Traktat über kritische Vernunft", 5. Aufl. 1991, Mohr:Tübingen. S. 164)

Diese und andere Kritiken lernte ich erst später kennen und in ihnen fand ich vollends meine eigenen Gedanken bestätigt.

Darf man fragen, wo er das sagt? Dann könnte ich das in Ruhe nachlesen.

Ich finde meine Heidegger-Bücher leider nicht mehr, offenbar habe ich sie inzwischen (wohl beim letzten Umzug vermutlich) doch aussortiert - oder meine Frau hatte ihre Hände im Spiel... :rolleyes:

Jedenfalls dürfte es nicht allzu schwer sein, entsprechende Stellen in seinem Spätwerk zu finden, in denen er explizit seine Art des Denkens von der Philosophie und überhaupt dem herkömmlichen Denken abgrenzt. Seine gesamte Spätphilosophie ist im Grunde nichts anderes als ein Pamphlet gegen Logik, Gedankenschärfe und Wissenschaft. Versuchs doch mal mit "Unterwegs zur Sprache" oder "die Technik und die Kehre". Mit beiden Machwerken hatte ich einst intensiver zu tun.

Ich glaube die "guten Argumente" der Heidegger "Kritik" sind nicht "gut genug" , um Heideggers Denken als "Schaumschlägerei" zu "entlarven".

Das glaube ich dir, dass du das glaubst. ;)

Einen schönen Abend wünscht
Phil
 
Das ging mir nicht anders. Aber irgendwann hat man die relevanten Stellen mehrfach gelesen, kennt die Begriffe und deren Verbindungen und dann zeigt sich, ob man mit dem Gedankenkonstrukt, das einem dargeboten wird, einverstanden ist oder eher nicht. Ich selbst war sehr enttäuscht über die inhaltliche Banalität von "Sein und Zeit". Überall dort, wo es interessant werden könnte, wird Heidegger völlig unklar oder behauptet einfach etwas, ohne das näher zu erläutern/begründen.

Hans Albert schreibt hierzu sehr treffend, dass "trotz der von Heidegger bevorzugten und von ihm eigens für seine Zwecke konstruierten eigenartig anmutenden Terminologie ... sich seine Analysen durchweg im Rahmen des alltäglichen Denkens [halten], sie enthalten Beschreibungen alltäglicher und bekannter Phänomene mit Hilfe dieser neuartigen Terminologie. Durch sie wird eine bestimmte Optik erzeugt, die manchem plausibel erscheinen mag, aber ihr Erkenntniswert ist kaum zu beurteilen, so lange nicht gezeigt werden kann, welche Probleme mit ihrer Hilfe gelöst werden können." (Hans Albert, "Traktat über kritische Vernunft", 5. Aufl. 1991, Mohr:Tübingen. S. 164)

Diese und andere Kritiken lernte ich erst später kennen und in ihnen fand ich vollends meine eigenen Gedanken bestätigt.

Naja von "inhaltlicher Banalität" dieses philosophischen Werkes, kann man meines Erachtens nicht so einfach sprechen. Denn es werden ja in Sein und Zeit philosophische Themen wie "Sprache", "Tod", die Existenz /das Leben und weitere Themen angesprochen und entsprechend reflektiert mit seiner Terminologie, die zugegebener Weise nicht einfach und recht "eigentümlich" für einen Leser wirken mag. Welche Kriterien gibt es denn dafür, dass man von einer "inhaltlichen Banalität" dieses Werken sprechen kann? Was spricht denn dafür? Da wäre ich mal gespannt die entsprechenden Argumente dafür zu hören, die dies belegen können, dass es -angeblich- so sei. Bei mir jeden Falls war es , dass ich nach einiger Zeit durchaus die fruchtbaren Zusammenhänge dieser Begrifflichkeit zu verstehen lernte. Es ist allerdings so, dass Heidegger auch einige Dinge in diesem Werk behauptet, ohne diese argumentativ entsprechend darzustellen , ohne diese also näher zu begründen.

Nun die Erfahrung der Enttäuschung mit diesem Werk ist mir jedenfalls fremd, und es gibt durchaus einige Menschen, die damit was gedanklich/philosophisch anfangen können ;) Insofern gibt es um genau zu sein zwei Gruppen die sich gegenüber stehen: die einen , die mit Heidegger nichts anfangen können und die anderen, die dies können , ohne selbst unbedingt "Heideggerianer" oder ähnliches zu sein. :)

Naja diese Kritik ist natürlich ein Beispiel für Heidegge-Kritik. Aber man kann natürlich diese Kritik wiederum kritisieren bzw. könnte ich natürlich auch ein Zitat derjenigen bringen , die Heideggers Denken produktiv finden und eben in Sein und Zeit einen philosophischen Klassiker sehen.

Nur ein kurzes Beispiel:

"Zentrum dieses beeindruckenden Lebenswerkes, das nicht zuletzt die Geschichte der Philosophie in systematischer Reflexion abschreitet, ist und bleibt Sein und Zeit, auf fas es zuläuft und von dem es wich selbst wieder abstößt. (...) Sein und Zeit ist wie alle wirklich bedeutenden Werke ein schwieriges Buch, das gerade durch seine bahnbrechende Zwischenstellung zwischen Ontologie, Transzendentalphilosophie, Phänomenologie, Existenzialanalyse und Hermeneutik hinführende Kommentierung auf dem neuesten Stand der Forschung dringend erforderlich macht."

Thomas Rentsch 2014, Vorwort , S. IX.

Ich sehe das ähnlich wie Rentsch. Und Sein und Zeit ist in der Tat ein wirklich "schwieriges Buch", dessen Lektüre aber gewinnbringend ist nach meiner Meinung, wenn man sich darauf wirklich einlässt.

Ich finde meine Heidegger-Bücher leider nicht mehr, offenbar habe ich sie inzwischen (wohl beim letzten Umzug vermutlich) doch aussortiert - oder meine Frau hatte ihre Hände im Spiel... :rolleyes:

Jedenfalls dürfte es nicht allzu schwer sein, entsprechende Stellen in seinem Spätwerk zu finden, in denen er explizit seine Art des Denkens von der Philosophie und überhaupt dem herkömmlichen Denken abgrenzt. Seine gesamte Spätphilosophie ist im Grunde nichts anderes als ein Pamphlet gegen Logik, Gedankenschärfe und Wissenschaft. Versuchs doch mal mit "Unterwegs zur Sprache" oder "die Technik und die Kehre". Mit beiden Machwerken hatte ich einst intensiver zu tun.

Nun das ist natürlich bedauerlich , wenn bedeutende Bücher abhanden kommen - wie auch immer :morgen:

Heidegger ging es ja in der Tat sein Denken von der herkömmlichen Philosophie, welche er als Metaphysik wahrnahm abzugrenzen. Denn das "seinsgeschichtliche Denken" wollte ja nicht mehr Metaphysik sein, sondern zur "Überwindung" derselben beitragen.

Nun man müsste nur die Stellen, dann könnte man natürlich genauer anhand dieser Stellen diskutieren.

Die "Spätphilosophie" mag natürlich "esoterisch" , oder gar wissenschaftsfeindlich anmuten, aber das ist eben auch Geschmack oder Interpretationssache. An Heidegger wie an anderen Philosophen scheiden sich ja bekanntlich die Geister ;) Aber vielleicht finde ich nochmal was in "Unterwegs zur Sprache"....


Das glaube ich dir, dass du das glaubst. ;)

Einen schönen Abend wünscht
Phil

Nun ich nehme das zur Kenntnis und wünsche ebenfalls einen schönen Abend ;)

Aber wirklich überzeugende Argumente der Heidegger-Kritik habe ich jedenfalls nicht gefunden bisher für meinen philosophischen Geschmack. :)
 
Naja von "inhaltlicher Banalität" dieses philosophischen Werkes, kann man meines Erachtens nicht so einfach sprechen. Denn es werden ja in Sein und Zeit philosophische Themen wie "Sprache", "Tod", die Existenz /das Leben und weitere Themen angesprochen und entsprechend reflektiert

Dass anthropologische Grundthemen aufgegriffen (bzw. zumindest begrifflich erwähnt) werden, ist ja nun kein Qualitätsprädikat für gute Philosophie.

Natürlich kann man über die qualitative Fraglichkeit der Inhalte "nicht so einfach sprechen", denn sie ist schließlich hinter einem Panzer aus Begriffen und unklaren Darstellungen sorgfältig getarnt. Wir würden vermutlich nicht mal merken, dass wir von völlig verschiedenen Vorstellungen sprechen, sofern wir uns nun konkret über die Inhalte von "Sein und Zeit" (resp. die gängigen Begrifflichkeiten) unterhielten.

Ich bin auch gar nicht mehr "drin" in der Thematik; irgendwann muss man auch mal einen Schlussstrich ziehen und Prioritäten setzen. Bestenfalls wird der Heideggersche Seins-Hokuspokus in 1-2 Generationen weitgehend vergessen sein.

Naja diese Kritik ist natürlich ein Beispiel für Heidegge-Kritik. Aber man kann natürlich diese Kritik wiederum kritisieren bzw. könnte ich natürlich auch ein Zitat derjenigen bringen , die Heideggers Denken produktiv finden und eben in Sein und Zeit einen philosophischen Klassiker sehen.

Das war auch keine detaillierte Kritik - ist ja klar. Das Zitat sollte nur meine Vorbehalte untermauern; für ordentliche Kritik braucht es schon etwas mehr Tiefgang, als das hier - im Rahmen eines notwendig oberflächlichen Meinungsaustauschs - möglich wäre.

Aber wirklich überzeugende Argumente der Heidegger-Kritik habe ich jedenfalls nicht gefunden bisher für meinen philosophischen Geschmack.

In der Philosophie sollten auch nicht "Geschmäcker" entscheiden, sondern Argumente die intellektuellen Taktgeber sein. ;)

Viele Grüße
Phil
 
Dass anthropologische Grundthemen aufgegriffen (bzw. zumindest begrifflich erwähnt) werden, ist ja nun kein Qualitätsprädikat für gute Philosophie.

Natürlich kann man über die qualitative Fraglichkeit der Inhalte "nicht so einfach sprechen", denn sie ist schließlich hinter einem Panzer aus Begriffen und unklaren Darstellungen sorgfältig getarnt. Wir würden vermutlich nicht mal merken, dass wir von völlig verschiedenen Vorstellungen sprechen, sofern wir uns nun konkret über die Inhalte von "Sein und Zeit" (resp. die gängigen Begrifflichkeiten) unterhielten.

Nun es kommt ja darauf an wie diese "anthropologischen" Grundthemen entsprechend philosophisch reflektiert werden . Und in Sein und Zeit sehe ich eben eine gewisse philosophische Qualität der Reflexion gegeben , also betreffend wie über bestimmte Themen nachgedacht wird und was Heidegger dabei neues hineingebracht hat in den philosophischen Diskurs des 20. Jahrhunderts. Und ich sehe eben Sein und Zeit als ein wichtiges Werk der Philosophie des 20.Jahrhundertd und bin ja - Gott sei Dank- nicht der einzige, der das so sieht. Heidegger hat aber gewiss keine einfache philosophische Terminologie (welche gewiss so schwierig ist wie Hegels > by the way: würdest du im Falle Hegels dasselbe sagen, also in Bezug auf die Phänomenologie des Geistes? Oder gibt es da einen Unterschied für dich hinsichtlich dieser beiden philosophischen Werke? Denn bekanntlich ist ja Hegels Phänomenologie genau so schwierig von der Begrifflichkeit , wenn nicht gar, genau so "dunkel". Würde mich einfach interessieren, da Hegel und Heidegger zwei der schwierigsten philosophischen Klassiker geschafft haben. Auch Hegel denkt ja über "anthropologische Grundthemen" wie Sozialität oder auch Kunst in seiner Phänomenologie, die Heidegger auch kannte. Würde der "Vorwurf" der "unklaren Darstellungen" auch für Hegel gelten? Man nehme es mir nicht übel, ich vergleiche halt gern Hegel und Heidegger (also diesen beiden H's in der Philosophie; Husserl lasse ich mal außen vor, der ist auch nicht einfach).

Ich bin auch gar nicht mehr "drin" in der Thematik; irgendwann muss man auch mal einen Schlussstrich ziehen und Prioritäten setzen. Bestenfalls wird der Heideggersche Seins-Hokuspokus in 1-2 Generationen weitgehend vergessen sein.

Nun das kommt eben darauf wie man (philosophische) Schwerpunkte setzt. Ich bin da allerdings nicht so sicher , ob der sog. "Heideggersche Seins-Hokuskopus" wirklich so schnell weitgehend vergessen ist, aber das wird ja die Zeit ja zeigen.:morgen: Ich sehe das ja bekanntlich etwas anders...


Das war auch keine detaillierte Kritik - ist ja klar. Das Zitat sollte nur meine Vorbehalte untermauern; für ordentliche Kritik braucht es schon etwas mehr Tiefgang, als das hier - im Rahmen eines notwendig oberflächlichen Meinungsaustauschs - möglich wäre.

Das Zitat von Albert habe ich schon in Richtung einer Kritik gelesen , auch wenn diese jetzt nicht so detailliert war. Dafür habe ich dann eben ein entsprechendes "Gegenzitat" gebracht (von Rentsch), wo jemand eben eine andere Sichtweise vertritt. Natürlich bräuchte es da mehr eine vertiefte -sachliche- Auseinandersetzung, als nur ein "oberflächlicher Meinungsaustausch", wie er hier in diesem Rahmen stattfindet.


In der Philosophie sollten auch nicht "Geschmäcker" entscheiden, sondern Argumente die intellektuellen Taktgeber sein. ;)

Viele Grüße

Phil

Nun ich bin der Meinung, dass Argumente bzw. Argumentation immer zur Philosophie auch dazu gehören, aber dennoch haben Philosophen durchaus ihren (intellektuellen) "Geschmack" (von dem beispielsweise Nietzsche spricht). Insofern kann "Subjektivität" bzw. "subjektiver Geschmack" auch im Bereich der Philosophie nicht vermieden werden. Und jeder Mensch hat mehr oder weniger seine "Lieblingsphilosophen", die ihm also auf Grund seines philosophischen Naturells eben am besten zusagen (also ist so oder so philosophisch ausgerichtet). Ich würde also sagen , dass Geschmäcker in der Philosophie also durchaus eine gewisse Rolle haben, nur sollte dabei die philosophische Argumentation nicht außer acht gelassen werden (die Rede von den Argumenten als den "intellektuellen Taktgebern" kann man natürlich auch begrüßen). Ein Philosoph ohne (intellektuellen) Geschmack, wäre dies noch ein Philosoph? Meines Erachtens gibt es nämlich keine "objektiven" Philosophen ;)

Aber soweit dazu erstmal.

Auch von mir beste Grüße :)

Philosophisticus


PS: (Philosophische) Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Der eine neigt z.B. zum Platonismus , der andere eben eher zum Aristotelismus aufgrund seines philosophisches Naturelles (Geschmacks). Ein gutes Beispiel ist dafür Heidegger selbst, dem das aristotelische Denken mehr zusagte als andere Denkweisen (also im Gegensatz z.B. zu Platon/dem platonischen Denken). Er war also eher Aristoteliker (als Platoniker z.B.). Anders gesagt: ohne Aristoteles kein Heidegger , kein Sein und Zeit. Während Nietzsche eher Platon zusagte meines Wissens nach.
 
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