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Die Gewissheit als Religion

AW: Die Gewissheit als Religion

Hi frankie,

bevor du mich jetzt wieder in eine andere Schublade pakst. Ich bin kein radikaler Konstruktivist. Ich hoffe man kann mich in keinen -ismus reinpacken.
Ich bin Atheist, ich bin Panentheist, ich bin Agnostiker, Ich bin Ignostiker, Ich bin Humanist, Ich bin Monotheist, Ich bin Skeptiker, Ich bin Mystiker, Ich bin Objektivist(Ayn Rand), Ich bin Subjektivist oder Konstruktivist. Ich bin einfach ich. Ich kann mit all den Gedanken, die da hinter stecken etwas anfangen. Nur in ihrer radikalen Auslegung finde ich sie falsch. Gewissheit finde ich falsch.

Aber wenn wir von einem Jenseits sprechen, dann nennen wir den Glauben an ein Jenseits Glauben im Sinne eines religiösen Glaubens, und den Glauben an alles auf der Welt irgendwie Überprüfbare nennen wir der Einfachheit halber "Wissen".
grrrrrrr. Ich weiß nicht so recht, ob das nicht zu vereinfacht ist, obwohl ich ein großer Freund von vereinfachungen bin.

Aber eine Frage habe ich jetzt doch: angenommen, du würdest dir Gott nicht mehr einbilden. Was wäre dann in deinem Leben anders?
Wie schon einmal gesagt: Ich bilde mir Gott nicht ein. Er ist für mich so real, wie das Farben sehen, die Liebe oder mein Bewußtsein.

Ahhh. Jetzt ist der Groschen gefallen.:)
Du meinst wenn ich sage, es gibt keinen Gott. Ich war lange Zeit "normaler" Atheist. Der radikale Atheismus bringt einen, in meinen Gedankengänge, aufgrund von Sinnlosigkeit zum Selbstmord. Die wenigsten bringen sich natürlich um, sie entwickeln Ersatz-sinne, die aber meines Erachtens genauso wenig zu Ende gedacht werden, wie ein göttliches Wesen als Sinngeber.
Bei dem einen Gedankengang überwiegt der kognitive Faktor, bei dem anderen der emotionale.

Jetzt möchte ich dich noch etwas fragen.
Was ist dir der wichtigste Wert bzw. das höchste Gut? Warum?

ganz liebe grüße
fusselhirni
 
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AW: Die Gewissheit als Religion

Was ist dir der wichtigste Wert bzw. das höchste Gut? Warum?

Mein wichtigstes Gut ist, dass ich über die Gestaltung, die Entfaltung und Entwicklung meines eigenen Lebens alles entscheide, was in meiner Macht steht, und dass ich dafür mit allen Folgen die volle Verantwortung übernehme.

Warum?

Dann fühle ich mich am besten. Dann fühle ich mich wach und lebendig.

lg Frankie
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Ich glaube an Gott und das ich, wenn ich sterbe mich mit der Zeit in meine atomaren Bestandteile auflöse. Gott ist für mich nur zu meiner Lebenszeit wichtig. Mein Bild von Gott ist ein Objekt, ein geistiges Synonym in meinem Gehirn. Alles was ich wahrnehme erzeuge ich, also auch Gott. Wenn ich tot bin, kann ich nichts mehr wahrnehmen, logisch oder?

Diesen Satz hatte ich zum Anlass genommen, deinen Gott als etwas hinzustellen, was du dir privat einbildest.

Vielleicht habe ich dich da auch missverstanden.

Dass du Gott so real spürst wie die Farben, die du siehst, das glaube ich dir. Ich spüre auch ganz real, dass sich die Sonne im mich dreht.

Wenn ich hingegen ganz real spüren würde, dass ich Tag und Nacht um die Erdachse rotiere und übers Jahr mit der Erde auch noch um die Sonne torkle, dann würde ich mir ernsthaft Gedanken über meinen Drogenkonsum machen. :)

Nur weil ich etwas spüre, deshalb glaube ich es noch nicht. Genau dafür habe ich ja mein Gehirn: damit es meine Gefühle eines Besseren belehrt, wo sie irren. Mein Gehirn ist nämlich dazu in der Lage, von mir selbst abzusehen, meine Gefühle sind das aber nicht.

Auch ich spüre Gott hin und wieder. Aber trotzdem glaube ich eher, dass das von den Chemikalien in unseren Nahrungsmitteln hervorgerufen wird, als dass es Gott tatsächlich gibt. :)

Den Satz des Pythagoras hingegen spüre ich nicht. Und selbst wenn ich mir a2, b2 und c2 eines rechtw. Dreiecks als Flächen auf einen Zettel male, dann fühlt sich das bei mir nie so an, dass die zwei kleineren Quadrate in Summe genau die Fläche vom größeren ergeben. Aber durch meinen Beweis, den ich selbst aufgemalt habe, weiß ich, dass meine Gefühle da irren: der Satz stimmt. Das ist Wissen gegen alles Gefühl.

Mein persönlicher, absolut wunder Punkt ist daher: Fühlen ist nicht alles auf der Welt. Gefühle können glauben. Und irren. Ernsthaft Prüfen und Hinterfragen dagegen, und damit Wissen erzeugen, kann - bei allem Irren - nur der Verstand.

Und: der Verstand kann nur prüfen, was er im Diesseits findet. Das Jenseits erschließt sich ihm nicht. Sonst ist es kein Jenseits. Sofern es eins gibt. Muss es ja nicht.

lg Frankie
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Hallo Frankie.

Warum muss es eigentlich "entweder - oder" heißen? Für mich heißt es immer "sowohl - als auch". Es spielt immer alles mit, denn der Mensch kann nur theoretisch in seine Einzelteile und Eigenschaften zerlegt werden. In der Praxis bleibt er ganz und agiert in seiner ganzen Komplexität.
Also spielen Gefühle immer mit, aber auch der Verstand. Und die Intuition, und der körperliche Zustand, und die äußeren Umstände, und und und..... Alles was dazugehört.

Hat irgendwer gesagt, dass Fühlen ALLES ist? Das muss ich übersehen haben. Fühlen ist allerdings deine ganz persönliche, individuelle Wahrnehmung der Realität, das was dir ein Bild deiner Umgebung und deiner Außenwelt nahebringt. Es drückt aus, obs dir gut oder nicht gut geht.

Der Satz
Genau dafür habe ich ja mein Gehirn: damit es meine Gefühle eines Besseren belehrt, wo sie irren. Mein Gehirn ist nämlich dazu in der Lage, von mir selbst abzusehen, meine Gefühle sind das aber nicht.
Nur, dein Gehirn glaubt, es weiß ALLES besser als deine Gefühle. Auch das, wo es seine Kompetenzen bei weitem überschreitet. Es mischt sich überall ein, auch dort, wo es nötig ist, NICHT von sich selbst abzusehen.

Das Jenseits erschließt sich ihm nicht. Sonst ist es kein Jenseits. Sofern es eins gibt. Muss es ja nicht.

Ein Jenseits gibt es überall dort, wo es ein Diesseits gibt. Geht gar nicht anders. Wie es aussieht weiß ich auch nicht, es kommt nach dem Tod, vielleicht ist es bloß ein anderes Leben mit einem anderen Körper, vielleicht ist es eine ewige Glückseligkeit, es ist mir egal. Ich werd es dann schon merken! :zunge3:
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Hat irgendwer gesagt, dass Fühlen ALLES ist?

Ja, Fussel hat gesagt, dass er Gott spürt, und daher gibt es Gott.

Und da meinte ich eben, dass mir mein Gefühl von der Existenz eines Objekts nur beweist, dass es mein Gefühl gibt. Das beweist noch nicht, dass es das Objekt gibt.

Es steht übrigens auch in der Bibel, wie quälend gefühlte Einbildungen sein können: "Und ich will mein Antlitz gegen euch richten, und ihr sollt geschlagen werden vor euren Feinden, und die euch hassen, sollen über euch herrschen, und ihr sollt fliehen, ohne daß euch einer jagt." (3.Mose 26,17)


Nur, dein Gehirn glaubt, es weiß ALLES besser als deine Gefühle. Auch das, wo es seine Kompetenzen bei weitem überschreitet. Es mischt sich überall ein, auch dort, wo es nötig ist, NICHT von sich selbst abzusehen.

Mein Gehirn tut das nicht. :nein: Ob ich einen Menschen liebe oder nicht, lasse ich nicht mein Gehirn entscheiden. Genaugenommen lasse ich gar nichts Wichtiges mein Gehirn entscheiden. Ich lasse mich nur von ihm beraten. Auch meinen Null-Gott-Glauben entscheidet mein Gefühl.


Ein Jenseits gibt es überall dort, wo es ein Diesseits gibt.

Ja, das sagt mir mein Gefühl auch. Für alles "innen" gibt es ein "außen". Aber der Verstand sagt mir, dass das nicht so sein muss. Und das hat ja schon Wittgenstein mit seinem Verstand hinterfragt: "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge."

Wäre das Jenseits also eine Tatsache, dann wäre es auch ein Teil der Welt, also ein Teil vom Diesseits. Aber das Jenseits kann nicht bloß ein Teil vom Diesseits sein. Hier muss mein Gefühl irren. Das sagt mir mein Verstand, auch wenn er den Irrtum nicht auflösen kann. Aber deswegen meinem Gefühl in diesem Punkt zu glauben, das wäre mir zu naiv. :)

lg Frankie
 
AW: Die Gewissheit als Religion

hallöchen frankie,

Mein wichtigstes Gut ist, dass ich über die Gestaltung, die Entfaltung und Entwicklung meines eigenen Lebens alles entscheide, was in meiner Macht steht, und dass ich dafür mit allen Folgen die volle Verantwortung übernehme.

Warum?
Interessant. Glaubst du an den freien Willen?
Wie real ist der freie Wille für dich? => Zielt auf meine Aussage bezüglich Gott ist für mich real an.

Ja, Fussel hat gesagt, dass er Gott spürt, und daher gibt es Gott.
Ups, dann habe ich etwas vergessen etwas explizit zu sagen. Um etwas für "wahr" zu halten, höre ich auf beide Systeme, dem Verstand und dem Gefühl. Wenn beide sich einig sind, wie im Fall meines Gottes, ist alles in Ordnung. Wenn die Systeme zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, erhebe ich aufgrund von Erfahrungen Gewichtungen. Genauso wie du es auch tust.

Mein persönlicher, absolut wunder Punkt ist daher: Fühlen ist nicht alles auf der Welt. Gefühle können glauben. Und irren. Ernsthaft Prüfen und Hinterfragen dagegen, und damit Wissen erzeugen, kann - bei allem Irren - nur der Verstand.
Da fällt mir doch glatt ein Zitat von E. Fromm ein. "Logik schließt Wahnsinn nicht aus";)

Fühlen ist nicht alles auf der Welt. Da bin ich ganz deiner Meinung!

fusselchen
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Die Gewissheit als Religion

Ich habe nur das Gefühl, das heutzutage eine viel zu klare Trennung vorgenommen wird. Irgendwo ist ein Grenze gezogen werden. So und ab hier haben Gefühle nichts mehr zu suchen. Es ist der bequemere Weg (nicht unbedingt der einfachere). hmmm Vielleicht liegt es auch am mangelnden Selbst-Vertrauen. Keine Ahnung.:)

Meine Philosphie ist eher das Streben nach mehr Ausgeglichenheit.
Verstehst du?

fussel
 
AW: Die Gewissheit als Religion

„Warum kann nichts aus Zufall entstehen?“

Ein Baumeister der einen Haufen Bausteine auf einen Grundstück zusammenschütet, kann nicht darauf warten bis daraus einmal ein Haus entsteht. Er muß seine Intelligenz benutzen um die Bausteine so zusammenzusetzen,
Damit daraus ein Haus entsteht. Eigentlich kann man das auch bei Planzen und Tieren feststellen.
Ein Ameisenhaufen entsteht auch nicht durch Zufall.
Der gleiche Mensch, der dieses alles beobachtet, schaut in das Weltall und sagt, diese komplexen Dinge sind durch Zufall entstanden. Das ist für mich widersinnig. Daher ist für mich die Zufallstheorie eine Weltanschauung, die man nicht nachvollziehen kann.

in der evolutionstheorie geht es aber nicht um reglose steine die herumliegen, sondern um ribonukleinsäuren, die die aminosäurensequenz von proteinen bestimmen, welche in ihrem zusammenwirken ein system ergeben, dass sich fortpflanzt und stoffwechsel betreibt.
nur ein einziges mal muss so ein system durch zufall zusammenkommen, wozu ja immerhin jahrmillionen zur verfügung standen, also nicht so unwahrscheinlich, wenn alle bausteine, die man dazu benötigt im meer herumschwammen und sich immer wieder in unterschiedlichen formationen zusammenkoppeln.
ab diesem zeitpunkt bewirken mutationen der gene, die durch umwelteinflüsse entstehen, eine weiterentwicklung und selektion und wenn wir lange warten wird auch ein mensch draus..
klingt für mich realistischer als ein gott, der die ganze zeit herumbastelt von oben auf seine schöpfung schaut, um wenn es ihm gefällt, eine tierart aussterben zu lassen und eine neue zu schaffen.
für mich ist gott höchstens der urgrund des seins. das unerklärliche ding am anfang oder außerhalb jeder zeit, das bewirkt hat, dass etwas anfängt zu sein, das so viel in sich trägt, dass es sich zu unserer heutigen welt entwickeln kann.
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Also das mit dem "Zufall" will ich kommentieren: das Universum könnte ja insgesamt ein System sein, das von Gott so kreiert worden ist, dass es in sich Leben hervorbringt.

Das kann ich mir vorstellen. Für mich persönlich erklärt das bloß nicht die Frage, wer das System "Gott" geschaffen hat. Und wenn Gott von allein existieren kann, dann kann das Universum das auch. Muss es aber nicht.

Es könnte das Universum daher auch ein System sein, das Leben hervorbringen muss, weil das ein Naturgesetz ist: Leben muss sich unter bestimmten Bedingungen entwicklen. Das kann auch sein. Ohne Gott.

Es kann aber auch sein, dass das Universum von Gott geschaffen seinen Weg geht, dass aber Gott immer dann aktiv eingreift, wenn die Naturgesetze nicht ausreichen: er spielt also eine aktive Rolle und manipuliert mit. Er tut also Wunder.

Alle drei Varianten lassen sich vom Verstand nicht verifizieren und nicht falsifizieren. So sehr der Versuch auch Spaß macht.

Denn für eine Überprüfung durch Messung müssten wir selbst aus dem System Universum hinausgelangen. Und wieder zurück.

lg Frankie
 
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AW: Die Gewissheit als Religion

Irgendwo ist ein Grenze gezogen werden. So und ab hier haben Gefühle nichts mehr zu suchen.

Ja, lieber Fussel.

Das war Aristoteles. Vor ca. 2350 Jahren. Mit dem Satz: "A ist nicht nicht A."

Damit hat er eine wesentliche Basis der Philosophie gelegt: wenn du einen absolut gefühllosen Satz zusammenbringst, dann philosophierst du. Dann kannst du zu (sehr bescheidenem aber doch) Wissen gelangen.

Aber ich gebe dir absolut recht: Aristoteles ist nicht alles, und im echten Leben ist A permanent nicht A.

Aber so hat er es ja auch gemeint. Er meinte, dass sich Wissen überhaupt nur dort finden lässt, wo A nicht nicht A ist. Wissen ist daher nur für jenen ganz kleinen Ausschnitt der Welt erreichbar, in dem diese Ordnung herrscht. Gott gehört da nicht dazu.

lg Frankie
 
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