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Robin
Guest
e-a-s schrieb:Da nach mehrheitlich übereinstimmender Auffassung der Frauen Männer die eigenen Vorteile der Frauenemanzipation mangels ausreichender Denkfähigkeit nicht erkennen können, bliebe den Frauen nur die Möglichkeit, durch Einsatz ihrer intellektuellen Fähigkeiten die Männer durch Ausnutzung typischer männlicher Interessen zu manipulieren.
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Wie also soll es möglich sein, der weiblichen Emanzipation zum Sieg zu verhelfen, wenn die meisten Männer keinen Grund sehen (können), sie zu gewähren, und die Frauen definitiv nicht Macht genug haben, sie sich einfach zu nehmen!
Hallo!
Zunächst einmal: Wenn man nach halbwegs haltbaren (von objektiv gar nicht zu reden) Erkenntnissen gelangen will, sollte man auf unwissenschaftliche Ausdrücke wie "Dummheit", "mangelnder Denkfähigkeit" verzichten.
Kein moderner Philosoph/Sozialwissenschaftler würde diese Ausdrücke in einer seriösen Diskussion anführen.
Außerdem kann einer Menschengruppe an sich (schon gar nicht der Hälfte der Bevölkerung) das Attribut Dummheit verliehen werden. Intelligenz ist ein Attribut von Individuen. Die durchschnittliche Intelligenz von Frauen höher anzusetzen als sie von Männern wird hoffentlich keinem einfallen, schon gar nicht mit der Begründung, sie müssten doch etwas einsehen, was "objektiv?" besser für sie wäre. Wer wollte das beurteilen? "Die" Frauen?
Die marxistische Theorie sah die Emanzipation als Nebenwiderspruch. Die machohafte Attitüde männlicher Revolutionäre ist Legende. Man muss die Frauenbewegung als direkte Folge dieser Tatsache sehen, was m.E. hier noch nicht beachtet worden ist.
Die "revolutionäre" 68er-Bewegung reduzierte das gesellschaftliche Problem auf die Differenz Arbeit/Kapital was dann als Reichtum/Ausbeutung oder Macht/Ohnmacht je nach Bedarf umgedeutet wurde.
Es ist vielleicht kein Zufall, dass die Frauenbewegung (da ja im Geist - und gegen den Geist! der 68er entstanden) eine ähnlich radikale Leitdifferenz übernimmt. Hier wird dann Mann/Frau gesetzt und wie oben als Macht/Ohnmacht variiert. Hinzu kommt noch der Gegensatz Arbeit/Hausarbeit, der dann wieder der Differenz Reichtum/Ausbeutung entspricht, denn der Mann hat das Geld, die Frau muss gesellschaftlich nicht anerkannt und unentgeltlich schuften.
Die 68er- wie die Frauenbewegung haben ebenfalls gemeinsam, dass sie zwar die Finger in Wunden legten, jedoch als allgemeines Erklärungsmodell gesellschaftlicher Probleme nicht taugten. Spätestens als zum Beispiel Margaret Thatcher in England an die Macht kam, stellte sich die Frage, was heißt es, wenn "Frauen" die Macht besitzen. Was ändert sich dann für die Frauen? Nichts. Frau Thatcher bewies immerhin, dass Frau nicht gleich Frau ist und das es gesellschaftliche Strukturen gibt, die sich fast gänzlich unabhängig von Personen und deren Geschlecht weiterentwickeln.
1998 kam in Deutschland die 68er-Generation an die Macht. Deren Politik enthielt nur noch ein schwachen Abklatsch dessen, was sie einst (persönlich!) gefordert hatten. Waren die Männer Schröder, Fischer, Schily zu "dumm", um ihre Ideale in Politik umzusetzen?.
Meine These ist also, dass gesellschaftliche Veränderungen nur bedingt etwas mit Macht zu tun haben. Macht ist Sache der Politik. Gesetze haben aber (wie Muzmuz schon ausführte) nur bedingt Auswirkung auf soziale Gepflogenheiten,individuelle Ansichten und konkrete Chancen in einem Betrieb/einer Organisation.
Dennoch hat sich schon viel getan. Ich denke, da werden die Meisten zustimmen.
Ich sehe es als durchaus positiv an, dass man zumindest in der jetzigen Bundesrepublik die Frage der Emanzipation unabhängig davon weiterführen kann, wer Kanzler(in) ist. In Deutschland hat sich eine prominente Nachrichtensprecherin vehement dafür eingesetzt, dass Frauen eigentlich an den Herd zurück sollen. Hat die Kanzlerin etwas dazu gesagt? Nein. Aber die Medien halten die Diskussion am Laufen und auf diesem Weg entwickelt sich das Thema im öffentlichen Bewusstsein weiter - bei Männern wie Frauen.
Ich persönlich weiß, dass in Deutschland zum Beispiel in Wissenschaftskreisen längst ein System etabliert ist, dass die Forschung auf dem Gebiet Gesellschaft/Frauen weitertreibt. Wissenschaftlerinnen untersuchen zum Beispiel unterschiedliche Auswirkungen von Hartz 4 auf Frauen und Männer. Dies sind Bereiche, die auch dann nicht absterben, wenn eine konservative Regierung an die Macht kommt.
Wir leben in einer funktionsmäßig ausdifferenzierten Gesellschaft, d.h. die einzelnen Gesellschaftsbereiche (Politik, Wirtschaft, Erziehung, Wissenschaft, Religion, Kunst, Medien aber auch: Familien, Liebesbeziehungen) besitzen einen hohen Grad an Autonomie. Um die Entwicklung der Frauenbewegung zu beurteilen, müsste man eigentlich jeden Bereich einzeln betrachten, beziehungsweise Wechselwirkungen genauer untersuchen. Pauschale Betrachtungsweisen, wie sie in den 70ern und in den radikalisierten Bewegungen üblich waren, helfen nicht weiter.
Um noch auf das persönlich zurückzukommen, das hier auch schon angesprochen wurde. Die Frage der Gleichgberechtigung scheint eine Frage zu sein, wie man mit Unterschieden umgeht (und hier auch eine strukturelle Ähnlichkeit zum Thema Integration...!). Es geht darum, Unterschiede zwischen Menschen zu akzeptieren, ohne sie gleich in wertender Weise zum Beispiel auf das Geschlecht zuzurechnen. Im Bereich Kindererziehung geht es heutzutage darum, den Umständen entsprechend eine pragmatische Lösung zu finden, die die wirtschaftlichen Zwängen sowie die persönliche Entwicklungsmöglichkeiten der Beteiligten miteinbezieht. Einem modernen Menschen sollte es möglich sein, die Unterscheidung zu treffen: Du bleibst zuhause, aber nicht weil du die Frau bist. Oder: Du bleibst auf keinen Fall zuhause, gerade weil du die Frau bist... Sondern man muss sehen, dass es zwar unterschiedliche Chancen aufgrund von Geschlecht nach wie vor gibt. Man sollte sie aber im familiären Umfeld nicht reproduzieren. Ein moderner Mensch kann heute auf Arbeit verzichten, ohne seine Würde zu verlieren. Und man sieht dann, dass beide Leitdifferenzen, die der 68er, wie die der Frauenbewegung sich relativieren. Muss man sein Leben an Karriere, Arbeit Geld ausrichten? Muss eine Frau den Kampf um Macht aufnehmen? Die Zukunft dieser Gesellschaft wird in der weiteren Technisierung, dem allgemeinen Mangel an Arbeit, dem Problem der Sinnausrichtung von individuellem Leben verstärkt Probleme aufwerfen, in denen zwar die Differenz Mann/Frau wie auch Kapial/Ausbeutung weiterhin Aspekte sind - die aber kein Mensch mehr vernünftigerweise auf diese reduzieren wird. Es ist ein Problem der Erziehung, dies zu vermitteln. Und unsere Kinder werden vielleicht wieder einen Schritt weiter sein.
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