AW: Was ist die Natur des Menschen?
Das sehe ich nicht so. Der reife Mensch wird sicher bemüht sein, in den Bereichen, in denen er kompetent ist, mehr Verantwortung zu übernehmen als der Durchschnitt, und umgekehrt in Bereichen, in denen seine Kompetenz weniger ausgeprägt ist, sich zurückzunehmen. Da wir uns aber alle im Werden befinden haben wir mMn das Recht, uns selbst auszuprobieren. Das ist aber nur möglich, wenn wir ebenfalls das Recht haben, Fehler zu machen und uns in uns selber irren dürfen. Jedes Recht bringt eine Pflicht mit sich, und so besteht die Verantwortung lediglich darin, sein Tun zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren.
Der nächste Schritt, bei dem sich die Art der Verantwortung verändert, ist, wenn man eine offizielle Position, ein Amt antritt.
Würdest du hier z.B. die Moderation übernehmen, hätte ich gewisse Erwartungen an dein Verantwortungsbewußtsein, worauf jetzt näher einzugehen aber nicht nötig ist, da es ja nicht der Realität entspricht.
LG Kaawi
Liebe Kaawi,
Im Prinzip hast Du mit dem ersten Satz recht und das deshalb, weil Du im zweiten Satz die Notwendigkeit der Selbstverantwortung, die einen jedem Menschen mit seinem Denken, Handeln und Tun zufällt, benennst. Von jedem eigenen bewussten Fehler lernt doch mehr, als von jeder verantwortungslose Banalität. Sicherlich ist es gut, in bestimmten Positionen Verantwortlichkeiten zu übernehmen, im Beruf, in der Familie, an der Uni, im Freundes- und Bekanntenkreis, ja eigentlich überall. Jedoch ist diese Verantwortlichkeit nur in sofern von Relevanz, als das man die unter Schutz gestellten anleitet, die Selbstverantwortlichkeit zu begreifen und zu übernehmen. Das ist doch in der Erziehung unserer Kinder wichtig, dass sie lernen zu verstehen, wenn sie beispielsweise geklaut haben, dass sie selbst für dieses antisoziale Verhalten eine Konsequenz zu erwarten haben.
Du wirst vielleicht lachen, denn ich habe Walter angeboten, speziell für den Bereich der Philosophie, zu moderieren. Nun Du siehst es, ich moderiere nicht. Sicherlich hätte ich als Moderator ein gewisses Verantwortungsgefühl gegenüber den Usern und müsste sehr häufig viel neutraler und sachlicher schreiben, als ich es als Künstler hier mache. Dennoch hätte ich mich nicht verstellen brauchen oder von geglätteten Nettigkeiten und Falschheiten gebrauch gemacht, weil ich denke gerade der Bereich der Philosophie ist oft verzerrt und gibt die wahren Inhalte nur selten preis.
Ich bereite mich derweil auf das nächste Semester vor, wo ich eine Dozentenstelle habe und ich merke beim Erstellen der Präsentationen und Umschreiben der Aufsätze, dass ich sowohl meine eigene Meinung viel weiter zurück stellen muss, um den anderen auch die Chance zum eigenen Denken zuteil werden zulassen.
Die Sokrates-Methode, das der Lehrer fragt und die Schüler antworten ist dabei sehr hilfreich. Daher rüht im Übrigen auch sein Ausspruch: "Ich weiß, das ich nichts weiß." der in sich schon so problematisch ist, weil er einen Widerspruch darlegt. Wie kann er wissen, wenn er NICHTS weiß? oder umgekehrt, wenn er NICHTS weiß, wie kann er das denn wissen? Nunja es gehört zu seiner Art des Lehrens, die Schüler die die Fragen haben, antworten zu lassen, weil jede Antwort doch in der Frage schon selbst drin steckt. Wir müssen nur die Frage zerlegen, die Bestandteile durchleuchten und neu zusammensetzen, dann haben wir die Antworten.
Selbst bei der Frage, was ist denn nun die Natur des Menschen, könnte man so auf die Antwort kommen, das der Mensch in der Natur ist, also als Teil der Natur existiert. Doch sind wir in der Natur oder leben wir nur drum herum? Wir entfernen unsere letzten Haare, waschen uns den Säureschutzmantel von der Haut, wir beduften uns mit fremden Urin, schmücken uns mit fremden Federn (Kleidung), leben und wohnen in künstlich angelegten Behausungen, wir leugnen all zu oft die Ganzheit und sehen uns doch schon länger nicht mehr als Mitglied der Natur an. Das hat doch die Zivilisation aus uns gemacht. Naturvölker wurden als Wilde und Menschenfresser abgeschlachtet und selbst heute machen wir (die Menschen der Industrienationen) doch nichts anderes, als auf Kosten der Natur und auf Kosten der feudal ausgebeuteten und versklavten Menschheit unseren Luxus als Komfort zu frönen.
Das soll natürlich sein? Neeeeee - das ist unnatürlich, das ist unmenschlich und ich nenne es deshalb so: Der Mensch erhebt sich zum "Übernatürlichen" Menschen, er leugnet seine "Übersinnlichkeit", der stellt sich weit über die Natur, er bringt Technologien hervor, die wir gar nicht genau beherrschen können (Atomspaltung, Genmanipulation, Klonen usw.) und der Mensch schiebt nur all zu oft auch seine Verantwortlichkeit für sich selbst auf andere ab. Da wären wir wieder bei der Verantwortung, die in erster Linie jeder für sich hat und auch zu übernehmen im Stande sein muss. Aber solange wir uns darüber streiten, ob die Form, die Formung und Formatierung nicht doch eine andere ist und wir uns an blöÖöden Begrifflichkeiten reiben und nicht bereit sind abzutauchen zu den Inhalten und Substanzen des Lebens, solange werden wir das bekommen, was wir uns selbst verdient haben.
Der Vielfrass mit Adipositas wir krank werden, nicht weil die anderen Schuld sind, sondern weil er zu viel gefressen hat. Der Säufer wird eine Fettleber bekommen, nicht weil die anderen Schuld sind, sondern weil der Säufer zu viel Alkohol getrunken hat. Der Kettenraucher wird an Lungenkrebs sterben, nicht weil die anderen Schuld haben, sondern weil er zu viel geraucht hat. Wer sich antisozial verhält, über längere Zeit sich selbst gegenüber und auch gegenüber den anderen, der wird mit antisozialen Zellen (Krebs) zur Verantwortung gezogen. Das sind Tatsachen, die uns auch die Neurobiologie, die Forschung mit Kranken in der Experimentalen Psychologie zu verstehen geben. Daher hat auch der Paracelsus recht, wenn er sagt, dass das Sal die Kraft ist die schickt = Schicksal.
Lieben Gruß
Axl