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Was ist die Natur des Menschen?

AW: Was ist die Natur des Menschen?

Speziell auf die Aggression umgelegt heißt das: „Wer die Spontaneität des Triebsystems nicht erkennt (oder ignoriert), wer aggressives Handeln nur als Reaktion oder als Ergebnis von Lernprozessen sieht, der kann auch nicht auf den Gedanken kommen, dass sich ein Aggressionspotential bei Nichtgebrauch in gefährlicher Weise anstaut.“

Das Problem dabei scheint mir zu sein, daß viele Menschen die Agressionen in ihrer Kindheit so übermäßig als Strafinstrument erlebt haben, daß es sehr schwierig ist, ihnen die eher spielerische Form (ich hoffe der Ausdruck trifft das, was du mit Spontaneität meinst) vor Augen zu führen.
Es besteht mMn ein großer Lernbedarf bei erzieherisch tätigen Menschen.
 
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AW: Was ist die Natur des Menschen?

Nicht nur, Kaawi, mit Spontaneität ist hier eher die spontane Reaktion auf einen unmittelbaren Reiz gemeint. So wie auf einen sexuellen Reiz oder auf einen Nahrungsreiz individuell und je nach Reizstärke verschieden spontan reagiert wird, gibt es auch aggressionsauslösende Reize mit spontaner Reaktion. Je spontaner die Reaktion, umso weniger reflektiert man dabei. Spekulativ vielleicht: Kann man im Extremfall dadurch vielleicht zum "Unmenschen" werden, ähnlicher dem tierischen Verhalten?

Das Strafinstrument und die Aggression sehe ich auch in einem sehr wichtigen und entscheidenden Zusammenhang bei der Erziehung für das Kind. Auch deshalb, weil das für das ganze Leben prägend und entscheidend ist oder sein kann.
Der Lernbedarf bei den Erziehenden ist immer gegeben, nur hat man sich früher nicht so sehr dafür Zeit genommen bzw. gar nicht nehmen können. Wenn ich dich richtig interpretiere, Kaawi, meinst du vielleicht auch, dass der Lernbedarf in unserer heutigen Gesellschaft immer größer wird – und schwieriger. Lernen entsteht durch reflektieren, wodurch auch der Verhaltensbiologe seine Antwort geben kann. Nur durch reflektorische "Anpassung" an die sich immer schneller ändernde Umwelt kann sich der Mensch den Problemen der Umweltzerstörung und eben der sich ändernden Erziehungsanforderungen stellen.
lg
Andreas
 
AW: Was ist die Natur des Menschen?

Der Lernbedarf bei den Erziehenden ist immer gegeben, nur hat man sich früher nicht so sehr dafür Zeit genommen bzw. gar nicht nehmen können. Wenn ich dich richtig interpretiere, Kaawi, meinst du vielleicht auch, dass der Lernbedarf in unserer heutigen Gesellschaft immer größer wird – und schwieriger. Lernen entsteht durch reflektieren, wodurch auch der Verhaltensbiologe seine Antwort geben kann. Nur durch reflektorische "Anpassung" an die sich immer schneller ändernde Umwelt kann sich der Mensch den Problemen der Umweltzerstörung und eben der sich ändernden Erziehungsanforderungen stellen.
lg
Andreas

Hi, Andreas,
sehr interessant dein Thema! Ich habe mich vor etwa 15 Jahren einmal mit Konrad Lorenz befaßt,"das sogenannte Böse "z.B. gelesen. Dann habe ich Kinder großgezogen, eins davon hat, wie man so schön sagt, Pfeffer im Hintern. Jetzt werde ich hier durch deine Texte wieder mit dem Thema Agressionen konfrontiert und bin, gelinde ausgedrückt, schockiert, wie wenig ich die angelesenen Erkenntnisse im Umgang mit meinem kleinen Kämpfer nutzen konnte. So ist der Bezug zur Pädagogik entstanden.
Ich glaube, daß wir in einer Zeit leben, in der uns unsere Lernbedürftigkeit stärker bewußt geworden ist, weil wir mehr Freiheit hatten, vorgefaßte Rezepte zu hinterfragen. Ich denke auch, daß eine erhöhte Lernbereitschaft besteht, daß man aber irgendwie nicht gegen die eigene Geprägtheit ankommt.
LG Kaawi
 
AW: Was ist die Natur des Menschen?

Kaawi schrieb:
Ich denke auch, daß eine erhöhte Lernbereitschaft besteht, daß man aber irgendwie nicht gegen die eigene Geprägtheit ankommt.
Das ist der Punkt, meine ich!
Wenn man diese Tatsache ignoriert, führt das zu falschen Erwartungen, zu unerfüllten Hoffnungen, erhöht den Druck auf das Kind – das führt schließlich zu Schuldzuweisungen für das Versagen: Das störrische Kind könnte ja, aber es will nicht, der Lehrer hätte sollen müssen, eigene Unsicherheiten und Selbstbeschuldigungen!
Zum einen sollte man sich trösten, dass es praktisch jedem so ähnlich oder noch viel ärger ergeht, zum anderen dürfte das aber nicht zum Fatalismus führen. Die Individualität des Kindes berücksichtigen, seine Fähigkeiten und Stärken anerkennen und daran anknüpfen, seine Fehler respektieren und ihn dabei durch die Einsicht ermutigen, dass das völlig normal und menschlich ist, auf eigene Fehler in ernstzunehmender Art hinweisen usw. usf.!
Das wären nur ein paar grundsätzliche Beispiele, wo Pädagogik und verhaltensbiologische Erkenntnisse möglicherweise zu verknüpfen wären.

Binchen schrieb:
ach ja andreas, was ich noch wissen wollte, kann ich aggressionen durch fernsehen abbauen?
wenn ich zb boxen anschaue oder nen krimi oder so?
Der lustvolle Aggressionstrieb (jeder Trieb ist lustvoll) muss zwar gesteuert, aber nicht unterdrückt werden. Wir wollen, müssen ja die Lust befriedigen! Beim Fernsehen siegt das Gute über das Böse, wir identifizieren uns mit dem Sieger, mit John Wayne, dem Kommissar, mit Schlierenzauer oder mit Schweinsteiger oder mit dem Landarzt (Problemlösung hat auch Leistungs- und Siegescharakter) und können dadurch auch unseren Siegeshunger stillen.

Diese Lustgewinnung und Befriedigung geschieht aber passiv, wir nutzen dazu nicht oder nur wenig das dafür vorgesehene Werkzeug (Beine, Arme usw.). Der Sieg wird uns sehr leicht gemacht, wir brauchen keine Leistung erbringen: Keinen Sport betreiben, nicht zu kämpfen, uns nicht um einen höheren Rang bemühen. Daher wollen wir immer höhere Reize, vielleicht Grausamkeiten, Erniedrigungen und Perversitäten, die es im realen Leben nicht in dieser Form oder Regelmäßigkeit, oder vielleicht gar nicht so gibt. Das führt zur Unfähigkeit zur Leistung und die Dosis muss erhöht werden, damit wir noch ein Lustempfinden spüren.

Wer Alkohol trinkt, muss aber deshalb kein Alkoholiker werden. Alkohol zu verbieten wäre daher unsinnig.
Und wer bspw. nach einem arbeitsreichen Tag eine Entspannung sucht, bei dem wird auch der tägliche Fernsehkonsum in dieser Hinsicht wohl kaum einen Schaden anrichten. "Der erkennende und reflektierende Mensch kennt die Zusammenhänge und geht mit seinen Trieben und Lüsten vernünftig um", schreibt Cube.
lg
Andreas
 
AW: Was ist die Natur des Menschen?

Das wären nur ein paar grundsätzliche Beispiele, wo Pädagogik und verhaltensbiologische Erkenntnisse möglicherweise zu verknüpfen wären.

Die Kluft, zwischen Geistes- und Naturwissenschaften scheint sich zu verkleinern, das Gespräch, die gegenseitige Ergänzung wird gesucht, z.B. in der Sendung "Scobel". :reden:
Ich finde diese Richtung sehr begrüßenswert, halte die Einteilung in zwei Welten, die animalische und die geistige für krankmachend, und bin froh, wenn es endlich aufhört, den einen Ansatz für den überlegeneren zu halten.
 
AW: Was ist die Natur des Menschen?

Ich finde diese Richtung sehr begrüßenswert, halte die Einteilung in zwei Welten, die animalische und die geistige für krankmachend, und bin froh, wenn es endlich aufhört, den einen Ansatz für den überlegeneren zu halten.
Ich bin auch sehr für eine Gesamtsicht der Dinge, aber in diesem Fall sehe ich das vielleicht anders.

Kaawi, du hast im vorigen Beitrag vom Bezug zur Pädagogik geschrieben und von Problemen (Problemchen?) in der Erziehungspraxis.
Diese Problematik zwischen theoretischen Erkenntnissen und praktischer Realität ist mir u. a. deshalb auch bewusst, weil wir unser Kind schon mit 1 Woche Lebensalter zur Adoption bekommen haben, also noch ohne jeden fremden Erziehungseinfluss (wenn man es nicht allzu genau nimmt mit den Schwangerschaftsauswirkungen). Inzwischen haben wir schon einerseits losgelassen (sie lebt mit ihrem Lebenspartner in einer Wohnung), andererseits ist sie noch von uns abhängig (klingt schrecklich, meine es nicht so ;) ), weil sie beide noch studieren.

Welches Verhalten ist genetisch bedingt, was ist anerzogen? Diese Frage kann ich auch heute noch trotz langjähriger Erfahrung und Reflexion nur ziemlich unbefriedigend für mich beantworten. Weil aber beides der Fall ist, finde ich es für das Wichtigste (das war es für mich schon vor Cube), Pädagogik und Verhaltensbiologie zu vereinen, nicht auszuspielen, wie ich das oben zumindest so verstanden habe.

Pädagogik allein wäre meiner Meinung nach zu weltfremd und theoretisch. Verführt zur Überbehütung und bereitet das Kind zu wenig auf die Realität des Lebens vor.
Verhaltensbiologie allein könnte aber auch zu sehr zum allgemeinen Leistungsdenken verführen bzw. zur erzieherischen Härte mit zu wenig Rücksichtnahme auf individuelle Notwendigkeiten.

Eine Überlegung dazu: Vielleicht könnte man beides vereint so definieren, dass das eine, die Pädagogik, der wichtige Beitrag des reflexiven Menschen ist, während das andere die natürlichen Voraussetzungen verdeutlicht, die man berücksichtigen muss bzw. auf die man aufbauen muss. Keines von beiden ist besser oder überlegen.

lg
Andreas
 
AW: Was ist die Natur des Menschen?

Die Kluft, zwischen Geistes- und Naturwissenschaften scheint sich zu verkleinern, das Gespräch, die gegenseitige Ergänzung wird gesucht, z.B. in der Sendung "Scobel". :reden:
Ich finde diese Richtung sehr begrüßenswert, halte die Einteilung in zwei Welten, die animalische und die geistige für krankmachend, und bin froh, wenn es endlich aufhört, den einen Ansatz für den überlegeneren zu halten.
Der - menschlichen - Seele geht es gut, wenn Übereinstimmung und Harmonie herrschen.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Was ist die Natur des Menschen?

Der - menschlichen - Seele geht es gut, wenn Übereinstimmung und Harmonie herrschen.

Ja, das sind die Glücksmomente, aber die wieteren Strecken sind eben auch von Uneinigkeit und Kampf GEGENEINANDER gezeichnet.

Wenn man hier mehr Bewußtsein für die Notwendigkeit des anderen für das Ganze entwickeln könnte, wären diese weiten Strecken leichter zu bewältigen, und wir müßten uns nicht ständig nach dem Paradies sehnen.
 
AW: Was ist die Natur des Menschen?

Die Kluft, zwischen Geistes- und Naturwissenschaften scheint sich zu verkleinern, das Gespräch, die gegenseitige Ergänzung wird gesucht, z.B. in der Sendung "Scobel". :reden:
Ich finde diese Richtung sehr begrüßenswert, halte die Einteilung in zwei Welten, die animalische und die geistige für krankmachend, und bin froh, wenn es endlich aufhört, den einen Ansatz für den überlegeneren zu halten.

Was ist die Natur des Menschen lautet hier das Thema. Und das Stichwort Scobel hat doch mich an einer recht guten Sendung erinnert, die einerseits mit Mythen des Rauschen und den falschen Gesellschaftsidealen aufräumt, anderseits aber einige Begriffe verfälscht und verzerrt darstellt. Nun ja auch Scobel war mal besser.......leider finde ich die neuen Sendungen von ihm unterdurchschnittlich, gegenüber seinem vorherigen Niveau...

KMDD - Der Mythos von der rauschfreien Gesellschaft


Lieben Gruß
Axl
 
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AW: Was ist die Natur des Menschen?


Ich hatte die Sendung als belegendes Beispiel angeführt, daß Natur- und Geisteswissenschaften vermehrt das Gespräch suchen. Über das Niveau der Sendung, lieber Axl, kann ich mir kein allgemeingültiges Urteil erlauben, wie gesagt, da bist du auf jeden Fall der Kompetentere.
Liebe Grüße, Kaawi
 
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