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Was ist Beziehungsfähigkeit?

Was ist das Schwierigste in Beziehungen?

  • Leute kennenlernen

    Stimmen: 2 6,7%
  • Sich verständigen

    Stimmen: 3 10,0%
  • Gemeinsamkeiten entwickeln

    Stimmen: 0 0,0%
  • Das (alltägliche) Miteinander gestalten

    Stimmen: 8 26,7%
  • Konflikte bewältigen

    Stimmen: 9 30,0%
  • Sich in der Beziehung entwickeln und entfalten

    Stimmen: 6 20,0%
  • Sich aus einer Beziehung lösen

    Stimmen: 2 6,7%

  • Umfrageteilnehmer
    30
AW: Was ist Beziehungsfähigkeit?

@Zitat von Methusalem
< These:
< Es gibt keine Beziehungsfähigkeit ohne Konfliktfähigkeit.
< Und noch eine Behauptung:
< Es wimmelt nur so von Beziehungsstörungen um uns herum.
< Was also tun ?
(*)
-
(*): Ein Fach 'Beziehungskunde' in Vorschul- und Schulausbildung einfuehren,
incl Gruppendynamische Praxis.
-
Wir werden in unserer Schullaufbahn mit allem moeglichen Stoff vollgemuellt,
nur eins lernen die Schueler, Lehrlinge, Studenten,
allgemein die Heranwachsenden nicht:
Wie sie zur Selbsterkennung kommen und
wie sie lernen, vernuenftig mit ihren Mitmenschen umzugehen.
Dahinter steht das Menschenprojekt:
'Wie gestalte ich den Verlauf meines Lebens nach
aesthetisch-moralisch-ethischen Gesichtspunkten'.
:::
Die kompetenten Stellen der Gesellschaft beklagen gebetsmuehlenhaft
Schulversager, Ausbildungsversager, Studienversager,
Berufsversager, Beziehungsversager ....
- und daraus ergeben sich -in nicht unerheblicher Anzahl-
mehr oder weniger psychische Beeintraechtigungen
und langfristig auch gesundheitsbeeintraechtigte Faelle,
die nicht selten in der akuten Behandlung landen
(- wenn auch die Gruende dafuer im Unklaren bleiben,
weil's keinen interessiert).
Die Gesellschaft hat sich auf diese Kriterien anscheinend schicksalhaft eingestellt,
denn es gibt Leute, die sich beruflich darauf ausgerichtet haben.
Die Gesellschaft hat es ihnen ja angeboten.
-
Meine Nichte ist bei Beginn ihres Studiums in einer sozialen Fakultaet
damit beruhigt worden, man brauche sich um einen zukuenftigen Arbeitplatz
im kommunalen Sozialbereich keine Sorge zu machen.
Die Gesellschaftsprobleme naehmen eher zu als ab.
:::
Einige Beitraege scheinen den Eindruck des Themas
'Beziehungskrisen in der geschlechtlichen Partnerschaft' zu vermitteln.
Das ist angesichts der respektablen Scheidungsrate von ca 50%
(meistens sind Kinder betroffen) eine ernste Angelegenheit;
- aber mE nur das 'halbe Problem'.
Aehnlich problematisch sind mE die haeufigen Beziehungskrisen im Berufsleben
- uebrigens mit Auswirkung auf das Privatleben.
:::
Ich verspreche mir von der eingangs erwaehnten 'Beziehungskunde'
(incl.Konfliktbewaeltigg) auch das Ergebnis, dass einige zu der Erkenntnis
kommen koennten, gar keine Beziehung eingehen zu wollen;
- weil sie merken, dafuer nicht geeignet zu sein (aus welchen Gruenden auch immer).
Ohne diese Einsicht wuerden diese spaeteren Beziehungsversager(innen)
aus ontologisch egoistischen Gruenden (romantisch genannt 'Liebe')
den beklagenswerten Irrweg beschreiten.
:::
Ich darf noch kurz auf die Ueberschrift des Themas eingehen:
'Was ist Beziehungsfaehigkeit ?'
Der Mensch muss sich so konditioneren koennen,
dass er sein Verhalten nicht nach einem Einseitigkeitsprinzip
sondern nach einem Symmetrieprinzip ausrichten lernt,
indem er begreifen kann, dass das Dasein in der 'Synthese einer Antithese' besteht
(sinngem nach Hegel bzw Fromm).
Ergaenzend: (Mit)Menschen anthropologisch (naturgemaess wie sie sind)
und nicht metaphysisch (wunschgemaess kuenstlich) betrachten.
MfG.
 
Zuletzt bearbeitet:
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Zur Kritik der Lehrpläne

Hallo "AGEMO"!

In Deinem Beitrag stecken viele Impulse, ich möchte deshalb in Teilen antworten, weil sie in verschiedene Richtungen gehen. Ganz allgemein verbinde ich mit der Frage nach der Bezíehungsfähigkeit die Frage, wie sich Beziehungsfähigkeit entwickeln lässt - und das nicht zuetzt deshalb, weil wir das eben nicht in der Schule lernen, wie so vieles... die Frage ist aber auch, ob man bestimme Dinge in der Schule überhaupt vermitteln kann und wenn ja, mit welcher Didaktik, welcher Methode das entwickelt werden kann, was ich einmal umfassender als soziale Kompetenz bezeichnen möchte.

Ansätze gibt es schon lange: Hellmut Geißner hat bereits 1986 in seiner SPRECHERZIEHUNG (Didaktik und Methodik der mündlichen Kommunikation) eine für ihn schon alte Forderung wiederholt:

Sprecherziehung als Unterrichtsprinzip für den Bereich Mündliche Kommunikation im Unterricht.
Sprecherziehung als Unterrichtsfach für den Bereich Unterricht in mündlicher Kommunikation.

Dass Beziehungsfähigkeit auch mit dem Umgang mit Konflikten zu tun hat, wurde bereits deutlich. Wir lernen in der Schule nicht, miteinander zu sprechen, und wer sich dort entwickeln möchte, muss selbst Seminare besuchen, bekommt sie manchmal im Berufsleben angeboten - dort nämlich, wo es sich zeigt, welche Bedeutung das Miteinandersprechen hat.

Es gibt noch viel mehr alltagspraktische Dinge, die in der Schule nicht vermittelt werden. Ich denke da etwa an Edward de Bono, der in seiner "Denkschule" darlegt, wie sinnvoll ein Schulfach "Denken" wäre - und welche Inhalte dort vermittelt werden könnten. Und so weiter und so weiter...

Ich habe nicht die Macht, das Schulsystem zu verändern. Und im Verlauf meines Studiums hatte ich die Erfahrung gemacht, dass viele Fragen, die mt Beziehungen zu tun haben, in der Sozialpsychologie nicht "unterzubringen" waren. Damit, so sagte man mir, sei die Sozialpsychologie überfordert.

Die Beziehungsanalyse, die ich bereits erwähnt habe, wäre ein schönes Thema für einen Lesekreis gewesen - der fand aber nie statt. Die wenigen, die sich an das Buch herantasteten, sagten, das wäre zu schwierig.

Es ist auch schwierig.

Ich gaube, dass sich Beziehungsfähigkeit am besten entwickeln lässt, wenn man die Beziehungen, in denen man selbst lebt, reflektiert, die eigene Haltung kritisch hinterfragt, sich der je eigenen Prägungen bewusst wird und - daraus auch eine Ethik der Mitmenschlichkeit entwickelt.

Das Anliegen der Prävention liegt mir dabei sehr wohl auch am Herzen - es ist schade, wenn Beziehungen scheitern, erschreckend, wenn man sich das Ausmass des Leidens in Familien ansieht, an Kindesmisshandlung, Gewalt, Missbrauch und Drogenkonsum denkt.

Dass es Beziehungsprobleme nicht nur im Privatleben, sondern auch im Berufsleben gibt, ist schlicht und ergreifend wahr. Diesem Thema möchte ich aber einen neuen Beitrag widmen.

lg Methusalem:blume2:
 
Beziehungsprobleme im Beruf

Jaja, die lieben Kolleginnen und Kollegen... der Begriff "Mobbing" ist bereits Allgemeingut geworden und beschreibt offene oder subtile Formen des Umgangs, die sanft ausgedrückt nicht "die feine englische Art" zum Ausdruck bringen. Machtmotive, Konkurrenzdenken, Angst um den Arbeitsplatz, Ellenbogenverhalten und Konflikte können sehr belastend sein. Der Druck ist in der modernen Welt gestiegen, mit der viel beschworenen Teamfähigkeit ist es oft nicht weit her. Asymmetrie als ein "Oben und unten" gibt es nicht nur im Verhältnis zu Vorgesetzten - auch unter "Gleichgestellten" taucht oft das Bedürfnis auf, es "besser zu wissen" und anderen "zu sagen, wo es lang geht".
Stärker als im Privatleben dominieren Leistungskategorien, und wenn es mit der Zusammenarbeit nicht so recht klappt, wird eben die "fehlende Teamfähigkeit" bemängelt, auch wenn gar nicht so recht klar ist, was das eigentlich sein soll, was konkret damit gemeint ist.

Ich taste nach Fragen, die dem Problemfeld eine Struktur und ein Richtung geben könnten:

Wie lässt sich Beziehungsfähigkeit im Beruf entwickeln?
Wie lassen sich Beziehungen im Berufsleben konstruktiv gestalten?
Welche Aspekte spielen eine Rolle, wenn Beziehungen "belastet" und/oder "belastend" sind?
Wie "geht" Beziehungsklärung im Beruf?

Ich hoffe, dass niemand von mir erwartet, ich hätte auf alle diese Fragen wirklich gute Antworten... an vielen Stellen taste ich ganz schön im Nebel.

lg Methusalem:blume2:
 
Dialektik und Beziehungsgestaltung

"Eine dialektische Beziehung, die die zwischen zwei Personen vorhandene Spannung aufnimmt, hat die Form 'ich und du' ...
Eine entdialektisierte Beziehung, die vorhandene Spannung abwehrende Beziehung hat die Form 'ich oder du'."

(Thea Bauriedl, Beziehungsanalyse, S. 33f.)

Die Frage nach "und" oder "oder" ist ein recht griffiges Bild: nicht nur in Familienbeziehungen, auch im Berufsleben stellt sich die Frage, nach welchem Modell Beziehungen gestaltet werden. In Konfliktsituationen sind viele Wege denkbar. Der eine kann sich auf Kosten der anderen durchsetzen. Ein Kompromiss... ist, wenn beide Seiten gleich unzufrieden sind. Die Synthese... aus Gegensätzen etwas Neues entwickeln... weniger bekannt: der "begründete Dissens"... und erst recht ein Problem: der "unbegründete, weil unbegründbare Dissens". Aber das ist eine andere Geschichte, und sie soll ein andermal erzählt werden...

lg Methusalem:blume2:
 
AW: Zur Kritik der Lehrpläne

[...]

Dass Beziehungsfähigkeit auch mit dem Umgang mit Konflikten zu tun hat, wurde bereits deutlich. Wir lernen in der Schule nicht, miteinander zu sprechen, und wer sich dort entwickeln möchte, muss selbst Seminare besuchen, bekommt sie manchmal im Berufsleben angeboten - dort nämlich, wo es sich zeigt, welche Bedeutung das Miteinandersprechen hat.

Ich hab in den 80ern erstmals bewusst erfahren, welche Auswirkungen die Sprache auf unsere Beziehungen hat. Da lernte ich Th.Gordons "Familienkonferenz" kennen. Begriffe wie "aktives Zuhören", "Ich-Botschaften", "Konfliktlösung ohne Verlierer" stammen aus diesem Buch, das damals einen ganz wesentlichen Beitrag zu einem Umdenken in der Erziehung der Kinder geleistet hat, und natürlich auch auf die Sprache der Erwachsenen Auswirkung hatte.

Der Begriff "die Sprache der Annahme" ist bei mir noch in bester Erinnerung, denn da hat sich meine Sichtweise darauf, wer "der andere" ist, verändert. Das hat sich sehr positiv auf alle meine Beziehungen ausgewirkt.



Ich gaube, dass sich Beziehungsfähigkeit am besten entwickeln lässt, wenn man die Beziehungen, in denen man selbst lebt, reflektiert, die eigene Haltung kritisch hinterfragt, sich der je eigenen Prägungen bewusst wird und - daraus auch eine Ethik der Mitmenschlichkeit entwickelt.

Könnte man dazu auch "liebevoll begegnen" sagen?
Wenn das Herz nicht dabei ist, dann funktioniert das nicht.
Es funktioniert auch nur dann, wenn jemand für sich das so entscheidet. Wehe dem, der das als Forderung von seinem Partner zu hören kriegt. Der weiß dann, wie er von ihm eingeschätzt wird. :autsch:

:blume1:
 
Sich liebevoll begegnen

Hallo Lilith,

ja warum nicht? Sich liebevoll begegnen ist durchaus ein Ansatz, eine Ethik der Mitmenschlichkeit zu entwickeln. Und das Annahmediagramm (Was kann ich annehmen? Was kann ich nicht annehmen?) ein Weg, sich über einzelne Probleme klarer zu werden. Die Sprache, oder sagen wir konkreter, die Art und Weise des Miteinandersprechens, macht die Angelegenheit dabei konkreter.
Die Gefahr besteht dabei aber auch, dass Gesprächsregeln als dogmatische Forderung, als Waffe eingesetzt werden, die dem oder der anderen das "Nicht-Liebevolle" als Vorwurf entgegenhält. Deshalb geht es mir auch um Ethik und nicht um Moral, mehr um Haltung als um einen Katalog dessen, was "richtig" oder "falsch" ist.
Auf das, was ich nicht annehmen kann, kann ich mich auch nicht beziehen, oder sagen wir: bestenfalls negierend, abwertend. Erst einmal zu akzeptieren, das etwas oder jemand so ist, wie er/sie/es ist, stellt eine andere Grundlage für das Miteinander, aber auch für Veränderungen dar. Weit verbreitet scheint es aber zu sein, andere Menschen durch die Brille der eigenen Erwartungen zu sehen - und so kam ich vor langer Zeit zu der Einsicht, dass Erwartungen immer potentiell konflikterzeugende Einstellungen sind. Ein Schritt weiter ist dann die Frage nach den Wünschen und Bedürfnissen hinter den Erwartungen. Dort kommen wir auch zu dem, was mit "Ich-Botschaften" gemeint war und vermeiden die missbräuchliche Umsetzung als Äusserung wie "ich finde, dass Du unmöglich bist" und ähnliches. Sage etwas über Dich selbst, über das, was Dich beschäftigt, Dich bewegt und was Dir wichtig ist, was Du möchtest. Wünsche gehen in Erfüllung oder nicht, aber die Erlaubnis, Wünsche und Bedürfnisse haben und aussprechen zu dürfen, verändert schon eine Menge.
Das gilt übrigens auch im Berufsleben: wer wird da schon jemals nach seinen Arbeitsbedürfnissen gefragt? Funktionieren sollen wir, Anweisungen ausführen. So sein, wie andere uns haben wollen. Fritz Pearls sagte mal: "I am not in this world to live up to your expactations, and you are not in this world to live up to mine". Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere mich haben möchten, und die anderen sind nicht auf der Welt, um meinen Erwartungen zu entsprechen. Wir sind weit davon entfernt, andere Menschen so anzunehmen, wie sie sind, einfach weil sie da sind. Und vielleich hat das auch damit zu tun, das so mancher sich selbst nicht annehmen kann.

lg Methusalem:blume2:
 
zum einbekennen der wünsche und bedürfnisse

Methusalem schrieb:
Ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie andere mich haben möchten, und die anderen sind nicht auf der Welt, um meinen Erwartungen zu entsprechen.

Wir sind weit davon entfernt, andere Menschen so anzunehmen, wie sie sind, einfach weil sie da sind. Und vielleicht hat das auch damit zu tun, das so mancher sich selbst nicht annehmen kann.

ja, im unvermögen der eigenen selbstannahme liegt ein großes problem begründet.
sich selbst nicht annehmen können, wie man ist, vereitelt letztendlich jede annahme eines realen partners.

dann wird´s halt schwierig, die eigenen wünsche zu äußern - und mit den eigenen bedürfnissen ist es nicht anders.
oftmals weiß der/die betreffende gar nicht, WAS seine/ihre bedürfnisse überhaupt sind.....oft will er/sie diese ja auch gar nicht wahrhaben.

in der folge kann er/sie natürlich auch nicht hinter seinen/ihren bedürnissen stehen.
und meistens steckt da ja ein großes selbstwertproblem dahinter.
 
Selbstannahme und Bedürfnisforschung

Hallo Kathi,

den Faden möchte ich mal weiterspinnen... nehmen wir einmal an, Selbstannahme und ein gesundes Selbstwertgefühl seien elementare Voraussetzungen bz. Bestandteile der Beziehungsfähigkeit. Dann liegt es nahe, von einem Zusammenhang zwischen Sichzusichverhalten und Sozialverhalten anzunehmen. Anders formuliert: in der Art und Weise, wie ich mit anderen umgehe, spiegelt sich mein Umgang mit mir selbst und umgekehrt.
Akzeptiere ich mich selbst als ein sich gelegentlich irrendes, nicht perfektes, begrenztes und unvollkommenes Wesen, werde ich andere eher nachsichtig und verständnisvoll behandeln können.
Dort, wo ich meine eigenen Bedürfnisse erkenne und anerkenne, werde ich auch auf die Bedürfnisse anderer eher Rücksicht nehmen können. Selbstwahrnehmung und Empathie bedingen einander. Das mag sehr schwer sein, wenn ein Mensch viel Ablehnung und Kritik erfahren hat, sich selbst nicht angenommen und geliebt fühlt. Das Sichzusichverhalten aber bietet immer einen Ansatzpunkt - eben mit sich selbst bewusster umzugehen, sich selbst zu befragen und im Sichbefragen immer mehr von dem anzunehmen, was zunächst unannehmbar erscheint. Jene dunkle Seite zu integrieren, die C.G.Jung als Schatten bezeichnet hat, rundet die Persönlichkeit erst ab und ermöglicht tiefer gehende Beziehungen, in denen das Dunkle des Anderen in seiner Existenz nicht mehr beiseitegeschoben werden muss.
Das Unangenehme, das ich in mir selbst erkenne, wahrzunehmen, bedeutet aber nicht, einfach unkontrolliert alles nach aussen zu transportieren, was mir da an Fantasien durch den Kopf geht. Gefühle wahrzunehmen und zu untersuchen lässt immer noch mehrere Möglichkeiten offen, ihnen Ausdruck zu verleihen - oder auch nicht. Nachdenklich gemacht hat mich da vor langer Zeit Mahatma Gandhi mit einem Satz, den ich mir gemerkt habe:

"Man muss den Zorn in sich aufstauen, und so wie gestaute Energie in Wärme verwandelt werden kann, kann unser gestauter Zorn zu einer Kraft werden, die die Welt zu bewegen vermag."
Heute spreche ich lieber vom "kreativen Sauersein", vom Bemühen, Aggression, insbesondere Ärger-Aggression so einzusetzen, dass sich das Ärgerliche ändern kann...

Aber zurück zur Selbstannahme, hier habe ich auch noch einen Spruch auf Lager, er stammt von einer meiner "grossen Lehrerinnen", Ruth Cohn:

"Ich akzeptiere mich selbst so wie ich bin, was meine Wünsche, mich zu ändern, einschliesst."

Älter werden, wachsen und reifen, das ist ein ganz natürlicher Vorgang und entspricht dem Menschen elementar. Anders zu werden, das ergibt sich daraus und mag manchmal sehr mühevoll sein. Nur - ein ganz Anderer zu sein, das wird nicht gelingen - so sehr ich mich auch darum bemühe, ein Anderer zu sein, am Ende bin ich doch immer wieder "nur" ich. Diese Begrenztheit zu akzeptieren verweist die Menschen immer wieder aufeinander - Identität gibt es nur in der Relation.

Oder, wie es Martin Buber ausdrückte:

"Der Mensch wird am Du zum Ich"

lg Methusalem:blume2:
 
AW: Was ist Beziehungsfähigkeit?

Lieber Methusalem!

Hab grad die Umfrage entdeckt und "sich verständigen" angekreuzt.

Alle anderen Schwierigkeiten, die noch zur Auswahl stehen, hängen für mich damit zusammen, dass jeder in seiner eigenen Wirklichkeit gefangen ist. Man kann sich noch so sehr bemühen, dem Gegenüber zu erklären, wie man etwas wahrnimmt und welche Gefühle dabei entstehen. Der andere hört vielleicht sogar sehr gut zu und möchte verstehen, was ich ihm sagen will. Aber er KANN es nicht. Denn mit meinen Worten bilden sich in seinem Kopf SEINE Bilder, die in seinem Gedächtnisspeicher mit meinen Worten verknüpft sind. Wir können uns vielleicht annähern, aber wir werden auf kognitiver Ebene nicht einmal überprüfen können, ob wir einander wirklich verstanden haben.
Es gibt allerdings eine Möglichkeit, festzustellen, ob wir einander verstehen, ob wir übereinstimmen. Das sind die Gefühle, die uns ganz genau mitteilen, wie etwas vom anderen bei uns ankommt. "Übereinstimmung", wir sind aufeinander "eingestimmt", d.h. wir schwingen auf der gleichen Wellenlänge, der Sender und der Empfänger haben sich aufeinander eingestellt.
Wenn dann keine atmospährischen Störungen (durch andere) auftreten, dann wissen wir, dass wir uns wirklich verständigen können.

Die Gefühle sind mE der Bereich, wo wir am genauesten feststellen können, ob wir mit uns selbst und mit anderen im Einklang sind.

Leider lernen wir nicht wirklich, auf welche Weise wir diese Wahrnehmungsmöglichkeit richtig nützen können. Im Gegenteil, wir lernen durch die Dressur auf die gesellschaftlichen Spielregeln, unseren Gefühlen keinerlei Beachtung zu schenken und sie sogar als Störfaktor anzusehen. Das führt ja leider oft genug dazu, dass manche/r überhaupt nichts mehr fühlt, "weil seine Gefühle ja sowieso immer falsch sind".

Ich selbst hab aufgrund von traumatischen Ereignissen auch mühsam wieder "fühlen gelernt" und heute weiß ich, dass ich mir und dem was ich fühle, vertrauen kann. Auch wenn ich manchmal von meinen Mitmenschen deswegen belächelt bzw. als ein bisschen unbedarft angesehen werde. :)

Und grad eben erlebe ich wieder, dass in einem Konflikt Worte mehr Missverständnisse erzeugen können, als sie zu klären vermögen. :geist:

:blume1:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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gandhi ist GROSS.

Akzeptiere ich mich selbst als ein sich gelegentlich irrendes, nicht perfektes, begrenztes und unvollkommenes Wesen, werde ich andere eher nachsichtig und verständnisvoll behandeln können.

ja, so sehe ich das auch....und darum geht´s mMn auch: zu sehen, dass all das, was mich am anderen stört in wahrheit MEIN EIGENES ist.
und es stört mich deshalb, weil ich es IN MIR (noch) nicht annehmen kann.
weil ich es AN MIR nicht leiden kann. weil ich glaube, so nicht SEIN zu dürfen
.

Das Unangenehme, das ich in mir selbst erkenne, wahrzunehmen, bedeutet aber nicht, einfach unkontrolliert alles nach aussen zu transportieren, was mir da an Fantasien durch den Kopf geht. Gefühle wahrzunehmen und zu untersuchen lässt immer noch mehrere Möglichkeiten offen, ihnen Ausdruck zu verleihen - oder auch nicht. Nachdenklich gemacht hat mich da vor langer Zeit Mahatma Gandhi mit einem Satz, den ich mir gemerkt habe:

"Man muss den Zorn in sich aufstauen, und so wie gestaute Energie in Wärme verwandelt werden kann, kann unser gestauter Zorn zu einer Kraft werden, die die Welt zu bewegen vermag."Heute spreche ich lieber vom "kreativen Sauersein", vom Bemühen, Aggression, insbesondere Ärger-Aggression so einzusetzen, dass sich das Ärgerliche ändern kann...
dieses beispiel von mahatma gandhi ist sehr schön.....doch es klingt wie ein märchen.
umso unzulänglicher erscheine ich mir nun, da ich in letzter zeit oftmals meine aggression offen zeigte.... sie mir zwar im augenblick erleichterung bringt.....doch ich weiß nicht, ob sie generell entspannung in den konflikt bringen konnte....oder ob sie ihn nur weiter zuspitzt, damit eine andere end-lösung / ent-ladung folgen kann/muss.

ich glaube man muss mit seiner aggression schon viele bewusste erfahrungen gemacht haben, um sie so wirkungsvoll einsetzen zu können wie gandhi.
in meinem fall - da ich diese, meine aggressions-kraft immer unterdrücken musste - geht das (zumindest jetzt) nicht. ich bin nur mal froh, dass ich sie spüren kann....und es ist auch mein wunsch, sie auszudrücken und meinem gegenüber zu zeigen. (keine angst: ich wurde nicht handgreiflich!!! - der ausdruck findet nur verbal statt....doch für mich speziell erscheint eben auch der ausdruck WICHTIG.)

...und schon darf ich mich als "unvollkommen" erleben und sehen, wie ich meine "beherrschung" verliere.
wie mein "gutmensch-sein" wankt.
wie meine "perfektion" risse und sprünge kriegt.
wie aus meiner tollen vision von mir ein MENSCH wird....ein einfacher mensch nur....mit vielen mängeln, fehlern und... verletzungen.
so einer, wie all die anderen (außer gandhi natürlich!) auch sind.

lg kathi

p.s.: lieber methusalem, bitte erzähl mir mehr vom "kreativen sauer-sein".
 
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