Also, ich für meinen Teil habe in meinem Leben noch nie ein Schafott gesehen oder einen Kopf in einer Schlinge oder ein ausgerissenes Bein oder die Wirkkraft einer Bombe. Solche Sprachbilder idiomatisch zu erfassen ist für mich deshalb unnatürlich und erfordert ein Denken um viele Ecken.
Es gibt Museen, Bücher, Internet, TV, etc...
Wie viele Männer haben jemals Mutterliebe empfunden ? Fordert dieser Begriff auch für sie ein "Denken um viele Ecken" ?
Fordert es vom "kleinen Mann" mehr "um die Ecke denken", wenn man anstatt "hält bombenfest" sagt "hält einem Biegemoment von 320 Nm stand" ?
Es herrscht dann bei mir nicht nur die Frage nach dem eigentlich Gemeinten vor, sondern auch die Frage nach der Ursache für eine derart indirekte Wortwahl. Die Bibel zu interpretieren, fällt mir leichter als das.
"Bildhaft" und "indirekt" sind für mich sehr verschieden. Sprache vermittelt so oder so Bilder, insofern kann man höchstens um die Emotionalität, die mit den Bildern einhergeht, diskutieren.
bombensicher, bombenfest, unschlagbar - sicher, fest, standhaft.
Auch dein "fest" und "standhaft" sind bildhaft. Fest als Materialeigenschaft - der Widerstand gegen Verformung und standhaft, der Widerstand gegen Ortsänderung.
Sprache ist nicht nur ein Informationsmedium, sie berührt die Menschen - und das kann sie umso besser, je mehr Emotionen sie auslöst bzw transportiert.
Ist aber nicht nur bei Sprache so - jegliche Information kann der Mensch umso besser aufnehmen/verhalten, je mehr Emotion dabei vorhanden war. Deswegen weiß praktisch jeder noch was er gemacht hat als er erfahren hat wie die Challenger explodiert ist, wie er von 9/11 erfahren hat, etc.... sofern er zu dem Zeitpunkt schon alt genug war. Jedoch weiß kaum jemand, was er am 13. Juli 1996 gemacht hat, außer er hat einen emotionalen Bezug zu diesem Datum.
Daher, Sprache ist auch ein soziales Medium und dient der Unterhaltung. Langweilig transportierte Information kommt viel schlechter beim Empfänger an als interessant gestaltete. Natürlich kann es problematisch werden, wenn man für die Gestaltung der Information den Informationsinhalt vernachlässigt oder gar bewusst verfälscht. Das ist aber bei "bombensicher" als Ausdruck für "sehr sicher" nicht der Fall.
So eine Ausdrucksweise nicht zu verwenden empfinde ich nicht als aufgesetzten Euphemismus, sondern als Direktheit.
Euphemismus, wenn man gezielt gewaltbezogene Ausdrücke vermeiden will, ohne dadurch an Informationsgehalt bzw Exaktheit zu gewinnen.
Also nicht, weil man nicht genau wüsste, was z.b. "bombensicher" heißen mag, sondern weil man einfach einen anderen Ausdruck, der scheinbar weniger negative Gefühle auslösen sollte, dafür verwenden möchte.
Inwiefern sollte "standhaft" denn direkter sein als "unschlagbar" ?
Die Frage nach einem Vorteil für Alternativen stellt sich mir nur im umgekehrten Sinn der Frage. Es kommt vor, dass ich selbst solche Bilder benutze, aber nur als Reaktion, wenn ich mich eingeengt fühle und nicht genug Zeit habe, um zu sagen, was ich denke, sondern nur, um mich per Provokation aus einer unangenehmen Situation zu winden. Mit solchen Formulierungen kann man keine Ziele durchsetzen, jedenfalls keine edlen. Nenne mich einen dekadenten Idealisten, aber direkte Worte ignorieren keine Konflikte, finde ich. In einer Konfliktsituation von Bomben, Schlingen, Querschüssen und solchen verstaubten Sachen zu sprechen - das ist ignorant.
Wenn man nach Alternativen suchen will, muss man sich doch einen Vorteil davon versprechen. Es muss ja einen Grund geben, warum du mit dem "Gewöhnlichen" nicht zufrieden bist und dir von den Alternativen Abhilfe versprechen. Insofern ist die Frage nach den konkreten Vorteilen, die du dir von den Alternativen versprichst nicht nur opportun, sondern sogar geboten.
Wie gesagt, ein Schönsprech bringt letzten Endes keine Vorteile - denn sie versucht, einen Teil der menschlichen Realitäten auszublenden. Möglicherweise mit guter (oder gar edler?) Absicht, aber immer mit schlechtem Ausgang.