AW: Soziale Gerechtigkeit
Liebe "Linke Spinner"!
Vielleicht müssen wir hier mal ein bischen "die Luft rauslassen".
Wenn ich hier Sachen vertrete, die mehr in Richtung private ("freie"- denn mit diesem Begriff ist das freie, möglichst unreglementierte Agieren der Marktteilnehmer gemeint) Marktwirtschaft gehen, dann ist das der Unausweichlichkeit ökonomischer Gesetze geschuldet.
Euer Irrtum scheint nun darin zu bestehen, dass "die asozialen Ökonomen" (hoffentlich hast Du damit nicht mich gemeint, liebe Eule!) diese Gesetze als "Söldner" der Wirtschaftsmächtigen gemacht haben. Nein, diese Gesetze
bestehen, und die Ökonomen haben sie lediglich
entdeckt.
Und wenn ich nun der bin, der versucht, diese Gesetze etwas darzustellen (soweit ich sie verstehen kann), bin ich wohl der Bote der schlechten Nachricht, dem man (verbal) den Kopf abhackt. Nicht sehr angenehm, diese Rolle.
Da Ihr alle drei hinter Eules Beitrag (s.u.) steht, will ich mal die weitere Diskussion daran aufhängen:
Zitat von Eule:
Wenn ich alles richtig verstanden habe läßt freie Marktwirtschaft
*) keinen Sozialstaat zu
Von
keinem Sozialstaat spricht fast niemand - ich schon gar nicht. Es kommt einzig und allein auf ein gesundes Maß sozialer Hilfen an. "Gesund" bemisst sich z.B. und vor allem daran, dass die Sozialleistungen bezahlber bleiben, ohen dass der Staat jedes Jahr wieder neue Schulden macht.
*) spielen verschwendete Milliarden absolut keine Rolle
*) würden weniger Politiker mit weniger Gehältern auch nicht ins Gewicht fallen
*) 150 Millionen Wahlkampfbudget und jährliches Auffüllen der Parteikassen sind Peanuts
Du interpretierst mich falsch, denn es klingt bei Dir so, als wären diese Verschwendungen mir egal. Falsch. Es ging mir nur darum, dass die Vermeidung dieser Dinge uns der Lösung des Problems (aufgeblähter Schuldenstaat) kaum näher bringen würde, weil deren Volumen im Vergleich zum "Problemvolumen" zu klein ist.
*) wenn Strom und Krankenkassen in "Staatshand" sind, führt es unweigerlich zu Preis- und Beitragserhöhungen (müßte dann der Umkehrschluß nicht lauten, in privater Hand wird es billiger?)
Beide Felder sind extrem problematisch. Der Staat kann das Gesundheitssystem immer schwerer managen, weshalb die Beiträge nunmal stetig wachsen - das ist ja eine Tatsache.
Die Stromversorger sind - bedingt durch die riesige Infrastruktur, die sie haben - Quasimonopolisten, also kleine Staaten, könnte man meinen. Entsprechend sind die Zustände.
Ob das durch stärkere Privatisierung in irgendeiner Weise besser werden kann, weiß ich nicht. Aber wie gesagt: Die Zweiklassenmedizin
wird kommen, (wegen der ökonomischen Gesetze) auch wenn sie eigentlich keiner will - ich auch nicht, wie gesagt!
*) Gewinnmaximierung auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung ist legitim und wirtschaftlich unumgänglich
*) bei stagnierenden Gewinnen in Milliardenhöhe muß bei den Gehältern gespart werden. Natürlich nur bei der arbeitenden Belegschaft, nicht bei den Managern. Was die verdienen fällt nicht ins Gewicht
Gewinnmaximierung
kann auch pervers werden, richtig. Aber Gewinn
muss gemacht werden, das ist die Aufgabe eines Unternehmens. Kein Gewinn - kein Unternehmen, Punkt.
Dass Du diese Notwendigkeit untrennbar mit "auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung" koppelst, ist unredlich. Mein Unternehmen (in dem ich angestellt bin!) macht viel Gewinn, wir haben einen sehr wirksamen Betriebsrat, gutes Einkommen, gute Arbeitsbedingungen und eine angenehme Arbeitsatmosphäre - auch wenn wir für diesen Erfolg sehr heftig arbeiten müssen und häufig total platt sind. Soll ich darüber klagen?
Lieb Eule, hast Du wirklich schon einmal erlebt, dass in einem Unternehmen die Gehälter
gesenkt wurden, obwohl es hohe Gewinne gab? Ich nicht.
*) Aktienkurse steigen, wenn Arbeitnehmer trotz Gewinne entlassen werden
Das klingt pervers, ist aber sachlich gesehen nur dann ein Problem, wenn die Entlassenen keine neue Arbeit kriegen. Auf einem freieren Arbeitsmarkt wäre das Problem sehr viel kleiner.
Trotzdem hast Du in einem Recht: Durch das überzogene Anspruchsdenken heutiger Aktionäre gibt es da Extrema, die ich auch verabscheue. Nochmals eingestreut: Ich liebe das alles nicht, was ich hier darstelle und z.T. auch verteidige. Mir scheint nur, es wäre auf Dauer das kleinste Übel.
*) die Staatsverschuldung entsteht einzig und allein durch "Sozialleistungen".
*) Gewinn aus Kapital in derselben Höhe zu besteuern wie Gewinn aus Arbeitsleistung ist sozial nicht gerecht
Den ersten Punkt habe ich nie behauptet, sondern nur die
Tatsache genannt, dass Sozialausgaben in D den höchsten Posten im Bundeshaushalt darstellen. Und dann kommt, wenn mich jetzt nicht täusche, schon der Schuldendienst!
Das zweite habe ich auch nicht annähernd gesagt. Ich bin sehr wohl dafür, alle Einkommensarten gleich zu besteuern. Einzige Ausnahme wären vielleicht verebte Familienunternehmen, die durch Zahlung der Erbschaftsteuer unterzugehen drohen... (Dabei denke ich auch an deren Belegschaften!)
*) ein begabtes Kind aus der unteren Schicht hat Pech gehabt, wenn Familie keine höhere Schule bezahlen kann
Höhere Schule bezahlen? Meinst Du eine teure Privatschule?
Ich finde, so eine Schule muss nicht sein, fast alle klugen und studierten Leute, die ich kenne, gingen aus der normalen Schule hervor. Ich weiß nicht recht, was diese Bemerkung bedeuten soll.
*) Schuld an der Armut hat nicht das System, sondern der Mensch der sich nicht anpassen kann
*) die elitäre Oberschicht bekommt alles umsonst, der kleine Mann ist selber schuld wenn er sich (z.B. Eintrittskarten, Flüge usw.) nicht leisten kann
Na ja, da kommt dieser relative Armutsbegriff ins Spiel:
Wenn ich sage: Arm ist jeder, der weniger als 50% des Durchschnittseinkommens verdient, dann
muss es ja Armut geben, oder man erzwingt wirklich eine
sehr hohe (sic!, Hartmut) Gleichheit bei den Einkommen, was wieder wegen der Marktgesetze nicht geht bzw. mit ökonomischen Katastrophen bestraft wird.
Und bist Du komplett gegen die Anforderung an Menschern, sich den Gegegebenheiten anzupassen? Ist das nicht ein Grundprinzip unserer Existenz?
Geht der linke Märchentraum wirklich so weit, das man den Individuen gar nichts mehr abverlangen darf?
*) es gibt keine Ungerechtigkeit, es ist eben alles nur anders verteilt
*) jedes Eingreifen des Staates bei Löhnen (Mindestlohn) oder Preisgestaltung führt zum Zusammenbruch der freien Marktwirtschaft
*) soziale Gerechtigkeit ist unökonomisch
Es gibt Ungerechtigkeiten, die sind aber unvermeidlich (in gewissem Maß). Dieses Maß ist von Fall zu Fall zu bestimmen bzw. in gewisser Weise auch zu tarieren, ich sage ja nicht, dass der Staat da
überhaupt nichts tun soll. Ich rede vom Zuviel im gegenwärtigen Zustand.
Soziale Gerechtigkeit ist
was??? Alle haben (fast) gleich viel? Sicher meint Ihr das auch nicht. Jeder hat die gleichen Chancen für jeden Job? Das scheitert eben, wie schon gesagt an der individuellen Ungleichheit der Menschen. Was ist soziale Gerechtigkeit dann?
Meine Meinung kennt Ihr, habt mir aber bisher noch nicht mitgeteilt, warum eigentlich die folgende Definition nicht OK ist:
Gerechtigkeit ist Chancengleichheit in dem Sinne, dass jeder, um etwas Definiertes zu erreichen, dafür dieselben Anforderungen erfüllen muss, ungeachtet Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht...
*) der Staat ist nicht für die Bürger da, sondern für die Wirtschaft
Das habe ich nicht gesagt, das seht Ihr so.
Am Schluss noch folgendes:
Wenn der heutige Staat weiter jedes Jahr etliche Milliarden Schulden macht, kommt zwangsläufig - wie bei jedem Privatmann der Augenblick, wo er den Schuldendienst nicht mehr leisten kann. D.h. der Staat ist insolvent.
Da aber der Staat das Monopol zum Gelddrucken hat, wird er nicht aufgeben, sondern die Notenpressen anwerfen - solange, bis der Schuldenberg, der ja in Euro dasteht, entwertet ist.
Entwertet sind dann aber auch alle Privatvermögen (Altersvorsorgen etc.) - und dann gibt es Hyperinflation und in deren Folge
richtige, absolute Massenarmut.
Ich verstehe diejenigen nicht, die sagen, "das wird schon nicht passieren" - oder so... Das passiert mit mathematischer Scherheit, wenn die Neuverschuldungen nicht aufhören. Ich möchte nicht, dass mein Sohn das dann erleben muss.
Deshalb mein intensives Eintreten für mehr Marktfreiheit, somit weniger staatliche Aufgaben und damit weniger Ausgaben!
Und bitte, bei allem Ärger über "das System", über die harten Konsequenzen, die drohen können , etc. - es wäre nett, wenn Ihr mir nicht an Feindesstatt Euern Frust so vor die Füße kippen tätet. Denn ich kann nichts dafür, und ich bin trotz allem wie Ihr immer noch ein "Gefühlslinker". Nur der Verstand will dem eben nicht länger folgen, tut mir leid.
Liebe Grüße, Euer pispezi