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Sommerolympiade 2008 und Chinas Politik

AW: Sommerolympiade 20008 und Chinas Politik

bilder sind schon was schrecklich-schönes, man sollte nur aufpassen, sie nicht zu beobachten.
 
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AW: Sommerolympiade 20008 und Chinas Politik

Ich seh das etwas anders.

Die Politiker die hier in Europa oder anderswo in der westlichen Welt leben, sind sehr schnell und beherzt dabei, überall in der Welt einzugreifen, sobald da etwas geschieht, was ihnen nicht passt. Sie sind sehr schnell mit drastischen Maßnahmen und Worten.

Aber leider sind sie nur dann so beherzt, wenn das betreffende Land schwächer scheint, als man sich selber fühlt. Ist es nämlich stärker, bleibt man muxmäuschenstill und kuckt erstmal, was die Mitschüler machen. Ist es nicht so? Wahrheit verbreiten wir nur dort, wo sich der andere nicht wehren kann? Ist China schon zu stark? Ich bezweifle, dass die Menschen diesen Zusammenhang auf ihre allgemeine Autoritätsgläubigkeit und ihre Sozialsysteme (Familie, KiGa, Schule...) oder ihre eigene Beziehung zur Wahrheit und zum Richtigen übertragen können. Davor schützen ja beliebig austauschbare Argumente.

Der Olympiaboykott und seine Diskussion ist für mich eine typische Denker-Seifenblase.
Die über die eigene Kriecherei hinwegtäuscht.

Naja... wir reden wie immer lauthals über Orange und fühlen uns wie Revolutionäre und Friedensstifter...so sind wir halt. Das ist unser Ausweg. Wir schaffen es nichteinmal unsere Kinder dazu anzuhalten Markenklamotten zu boykottieren und unseren Zaunnachbarn respektvoll zu behandeln wenn der sich kaum neue Schuhe leisten kann, aber wenn das der Weg ist, natürlich ein symbolischer Weg, dann tun wir das gern. Möglichst in der Gruppe.
Orange. Wir würden auch über Zitronen reden, wenn jemand den entsprechenden Hebel in unseren Köpfen bedienen würde. Ist es nicht so?

Das Grundprinzip der Heuchelei oder der Macht-und Wahrheitsausübung nur gegenüber schwächeren (Kindern) bleibt unhinterfragt. Das nenne ich Denken. *mit dem Kopf schüttel*

Bernd
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Sommerolympiade 20008 und Chinas Politik

hallo, forianer!

@miriam
ein wirklich gutes interview bzw. sichtweise von dem herrn ex-professor. dessen empfehlungen würde ich zustimmen.

@bernd
toller beitrag, dazu fällt mir so ein sprichwort ein, das auch auf die boykott-diskussion passt: "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen"
 
AW: Sommerolympiade 20008 und Chinas Politik

Mein Entschluss dieses Thema hier anzusprechen, beruht in erster Linie auf der Tatsache, dass mir jedes Verständnis für das Austragen der Olympischen Sommerspiele 2008 in China, fehlt.

Erinnert dies nicht sehr an die Olympiade 1936 in Deutschland?


Liebe Miriam,

Erinnern ja, aber es ist eben nicht dieselbe Situation wie 1936. 1936 wurde ein Staat hofiert, der bereits dazu entschlossen war, Unheil und Verderben über Europa zu bringen. Hätte Hitler aufgrund soviel "Zuneigung" der Welt nicht angegriffen oder sich der Holocaust nicht ereignet (wobei der freilich schon im Gange war, aber es noch nicht bis zum äußersten kam), so hätte man retrospekive vielleicht dieses Hofieren als richtig betrachtet. So wie es kam, war die Teilnahme ohne Zweifel ein Riesenfehler.

China steht glaube ich nicht vor einem ähnlichen Vorhaben wie Hitler-Deutschland seinerzeit, so daß sich die Frage stellt, ob es nicht unterm Strich gerade für das Wohl der Menschen dort letztlich sinnvoller ist, teilzunehmen. Außerdem ist China inzwischen wohl oder übel ein gewaltiger Macht und Wirtschaftsfaktor. Wir müßten uns auch die Frage stellen, ob wir nicht moralisch verpflichtet wären, 30 % unserer Haushaltswahren wegzuwerfen. Zu einem solchen Denken fehlt vielen aber inzwischen auch hierzulande schlicht das nötige Einkommen.

Wir stehen letztlich vor den andauernden Problem, wie man mit Diktaturen umgeht. Ideologisch oder pragmatisch?

Viele Grüße
Zwetsche
 
AW: Sommerolympiade 20008 und Chinas Politik

Lieber Zwetsche,

da wären eigentlich zwei Fragen zu beantworten:

- erstens zu meinem Vergleich mit der Olympiade 1936 in Deutschland
- zweitens einige Worte zu deinem Satz: "Außerdem ist China inzwischen wohl oder übel ein gewaltiger Macht und Wirtschaftsfaktor."

Mein Vergleich hinkt etwas – das möchte ich hier deutlich sagen. Denn natürlich unterscheiden sich das heutige China und das Deutschland, so wie es im Jahr 1936 war.
Das bezieht sich auf sehr konkrete historische Fakten - und doch gibt es Merkmale die, wenn auch unterschiedlich in ihren Erscheinungsformen, eines gemeinsam haben: eine unglaubliche und grausame Menschenverachtung.
Wie diese konkret zu definieren bzw. zu konkretisieren ist bezüglich Nazi-Deutschland, ich denke, dass nähere Erläuterungen diesbezüglich sich hier erübrigen.

Über China, die gewaltige Macht und der Wirtschaftsfaktor, sollten wir uns aber im Klaren sein: China führt, um dies zu erreichen eine so grausame Politik – vielleicht hat die Sommerolympiade diesen großen Vorteil: dass wir vieles erfahren – eigentlich nur weil wir endlich etwas genauer hingucken.
Haben uns denn bis jetzt die Wanderarbeiter, diese "Knechte des Booms" wie sie in einem sehr guten Artikel in Spiegel-Online genannt werden – bis jetzt interessiert? Nein, wir schauten ja nicht so weit – jetzt aber tun wir es und das ist gut.

Hier der erwähnte Artikel:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,470890,00.html

Persönlich bin ich nach wie vor für einen Boykott der Sommerolympiade in China.

Liebe Grüße

Miriam

 
AW: Sommerolympiade 20008 und Chinas Politik

Ich bin nicht auf dem neuesten Stand - allgemein wird immerhin nicht einmal kolportiert, daß China 1950 - (damals schon Volksrepublik? auch darüber wird man sich in Selbstverständlichkeiten hüllen) - Tibet überfallen und annektiert habe. Vorher war Tibet also ein Reich, so wie Deutschland oder Frankreich.

Nee, Jérôme, Tibet ist doch keine Ukraine! Ob Tibeter Holztrommeln schlagen oder sich in Kung-fu (oder wie man das nennt, wenn die Sicheln fliegen) üben: welches andere Land sollte denn diese chinesische Provinz besetzen wollen? Indien? Mit Sicherheit nicht. Der Bau einer großen (und weitgehend ungesicherten Pipeline) wurde zwar schon bei "Phoenix" gezeigt, das mediale Europa hält sich bislang jedoch bei Menschenrechtsverletzungen auf, die bei genauerem Hinsehen geringer sind als die des buddhistischen Pilgertums.

Hi Thorsten,
zwar nicht an mich gerichtet,
möchte jedoch nur dazu bemerken, dass Tibet kein Land wie Deutschland oder Frankreich war bis zum Einmarsch der Chinesen. Es gab weder ausgebaute Straßen, noch Krankenhäuser oder Schulen für die Allgemeinheit. Die Staatsform war eher die wie bei uns im Mittelalter mit den entsprechenden Hierarchien und der Unterdrückung und Ausbeutung des einfachen Volkes.

Was du bemerkst bzgl. buddhistischen Pilgertums stimmt mit meinen Infos überein und wird meist leider ganz und gar in den Medien gar nicht oder wenig der Allgemeinheit präsentiert - wie auch vieles andere aus dieser Region.


sartchi
 
AW: Sommerolympiade 2008 und Chinas Politik

Jérôme, die Haltung der tibetischen Athleten ist doch noch die (für uns) interessanteste.

In welcher Hinsicht für Dich, Thorsten? Mir zeigt es z.B., dass 'Boykott' ein beliebtes westliches Mittel ist, sich leider aber allzu oft als eine leere, unwirksame Worthülse entpuppt.


Ich bin nicht auf dem neuesten Stand - allgemein wird immerhin nicht einmal kolportiert, daß China 1950 - (damals schon Volksrepublik? auch darüber wird man sich in Selbstverständlichkeiten hüllen) - Tibet überfallen und annektiert habe. Vorher war Tibet also ein Reich, so wie Deutschland oder Frankreich.

Bis in die 50er des 20.Jh. eine Monarchie.
Dazu wären einige Geschichtskenntnisse (vieler Jahrhunderte) vonnöten, wie Du sie an anderer Stelle -richtig!- empfohlen hast, um die Diskussion vom Stammtisch wegzuholen. ;)

Wichtig dabei ist aber zu wissen, dass 1911 die Kaiserherrschaft in China durch eine Revolution beendet wurde und die Militärs verliessen Tibet, worauf der 13. Dalai Lama aus seinem indischen Exil zurückkehrte und 1913 Tibet unabhängig erklärte.
(Die Geschichte der vorhergehenden mongolischen, chinesischen und britischen Schirmherrschaften bzw. Protektorate bitte ich Dich, selbst nachzulesen.)
China war in der Folge durch den Japanisch-chinesischen Krieg und mehrere Bürgerkriege absorbiert, aber als die Kommunisten 1949 die Macht ergriffen, war Tibet vollkommen politisch isoliert. Weder die Briten noch die Inder noch die Amerikaner reagierten als die VR Tibet von den britischen Imperialisten 'befreite' und die Tibeter um Hilfe baten.

Danach nur noch autonome Provinz. Die Diskussion um die Olympiade verlagert das Problem. So selbstverständlich, wie die chinesische Rechtspraxis von Europa aus zu beeinflussen ist (was Bundesjustizministerin Zypries ja versucht), ist zu fragen, inwiefern Tibet tatsächlich legitimer Teil Chinas ist. Das scheint jedoch überhaupt kein Streitpunkt zu sein.

Es gab schon einige Volksaufstände Ende der 50ern, Ende der 80ern und auch gegenwärtig. Die VR reagiert wie sie es am besten kann - mit Gewalt.

Kein Streitpunkt war die Legitimität der 'Befreiung' z.B. für Herrn Fischer als er noch Aussenminister war -grins.
Das EU-Parlament gibt den Tibetern seit über 20 Jahren das Recht auf Selbstbestimmung im Sinne des Völkerrechts und auch die USA forderten schon früher China auf, die Exil-Regierung unter dem Dalai Lama anzuerkennen, und die Militärs abzuziehen.
Aber nur Politik und Wirtschaft zusammen könnten hier etwas ausrichten und die Frage, die sich stellt (und gleichzeitig auch beantwortet) ist doch, inwiefern sie daran interessiert sind. (Nur als kleines Beispiel: Morgan Stanley nahm Ende des vergangenen Jahres dankend eine Finanzspritze von 5 Mrd. $
eines chinesischen Staatsfondes an.)

Nee, Jérôme, Tibet ist doch keine Ukraine! Ob Tibeter Holztrommeln schlagen oder sich in Kung-fu (oder wie man das nennt, wenn die Sicheln fliegen) üben: welches andere Land sollte denn diese chinesische Provinz besetzen wollen? Indien? Mit Sicherheit nicht. Der Bau einer großen (und weitgehend ungesicherten Pipeline) wurde zwar schon bei "Phoenix" gezeigt, das mediale Europa hält sich bislang jedoch bei Menschenrechtsverletzungen auf, die bei genauerem Hinsehen geringer sind als die des buddhistischen Pilgertums.

Thorsten, es geht nicht darum, welches Land Tibet besetzen sollte, sondern darum, was die Chinesen glauben bzw. als Vorwand benützen! Und das ist Indien, gleichgültig, ob Du mir das glaubst oder nicht. Informiere Dich doch unabhängig über die Vorfälle an der Grenze zu Indien, hauptsächlich in Arunachal Pradesh. Frage nach, ob die VR die Grenzziehung von 1914 (die so genannte McMahon Line) akzeptiert.
Die Allianz zwischen den USA und Indien sieht die VR gegen sich gerichtet und der 'N-Deal' weckt in ihnen schon vor seinem Inkrafttreten Ängste.
Umgekehrt kursieren auch in Delhi verschiedene Veschwörungstheorien. Eine, die sich erstaunlich hält: die Bahnlinie nach Lhasa wurde nur gebaut, um die militärischen Truppen für einen evtl. Angriff auf Indien verschieben zu können.

Wie Du die Menschenrechtsverletzungen in Tibet siehst, muss ich Dir überlassen, aber Dutzende Regime- und Olympiakritiker wurden auch in Peking schon jetzt verhaftet und wg. Umsturzversuch angeklagt, ihre Angehörige unter Hausarrest gestellt.
Im Vorfeld wurde versprochen, dass ausländische Journalisten künftig 'jedermann' interviewen dürfen, für Regimekritiker gilt dies neuerdings natürlich nicht, für Inhaftierte noch weniger, eigentlich werden Journalisten im 'Zweifelsfall' lieber gleich ausgewiesen.

Miriam schrieb:
Mein Vergleich hinkt etwas – das möchte ich hier deutlich sagen. Denn natürlich unterscheiden sich das heutige China und das Deutschland, so wie es im Jahr 1936 war.

Dieser Vergleich stimmt insofern, als dass auch diese Spiele für ein Propagandaspektakel missbraucht werden sollten; China hat es aber nicht geschafft, die schreckliche Seite des Regimes zu übertünchen und eine wichtige Chance verpasst. Bei der Olympiabewerbung versprach die VR, bzw. der Pekinger Bürgermeister, die Spiele würden u.a. '...der Entwicklung der Menschenrechtsfrage zu Gute kommen...', jetzt ist sicher auch dem naivsten Träumer klar, wie das gemeint war.

Grüsse
Jérôme
 
AW: Sommerolympiade 20008 und Chinas Politik

viel fragen,
die geschichtliche aufbereitung von JEROME war sehr interessant, er hat für mich nur eine frage offen gelassen, wie sah es in TIBET vor dem einmarsch der chinesen aus und wie ging es dem volk unter der führung durch die mönche ?
die hauptfrage aber lautet, wer hätte einen nutzen voneinem olympiaboykott ?
wie sollte so ein boykott aussehen ? soll ein sportler, der jahrelang auf diesen augenblick hingearbeitet und trainiert hat, sich weigern und damit eine sperre das hiesse berufsverbot riskieren ? wollen wir unbedingt die fehler der politiker auf dem rücken der sportler "ausheucheln"(unwort) ?
fragt bakunin
 
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Meiner Meinung nach wäre der beste boykott, keine Made in China Produkte zu Kaufen !
 
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