AW: Olympiadengigantismus
Analog zu Fußballländerspielen, ja auch zu Bundesliga-Club-Spielen haben deutsche Kommentatoren "gelernt", mit der Volksseele nationalistisch identifiziert, aggressiv
zu harmonieren und ebenso zu kommentieren. Da kommt einerseits die unerbittliche Forderung nach Siegen, die zwanghafte Vorstellung vom unbedingten Erreichen des Endspiels, des Endlaufes zusammen mit dem gleichzeitigen Unverständnis für sogenanntes Versagen, wenn etwa nicht die Höchstleistung abgerufen wurde, man nicht über sich hinauswuchs.
Die sport-journalistische Vorstellung von Leistung als pro oder kontra für eine Person, eine Mannschaft, weitab von einer wirklichen Einschätzung dessen, was tatsächlich geleistet wurde, auch wenn man nur hundertstel Sekunden zu spät war, um aufs Treppchen zu gelangen - ist heute Standard.
Für mich als jahrzehntelangen Beobachter nach vielen Jahren eigener Leichtathletik-Erfahrung hat das einst mit Harry Valerien begonnen, als er dem nach Luft ringenden Michael Gross direkt nach seinem Anschlag als Zweiter das Mikrofon ins Wasserbecken hielt, um ihn zu fragen: "wie konnte das nur passieren ?"
Was waren das für goldene Zeiten, als Heinz Maegerlein und all die tollen DDR-Sport-Kommentatoren jede Leistung eines Sportlers würdigten, egal welchen Platz er belegte.
Vielleicht wird es - erzwungenermaßen - bald eine Trendwende in der Berichterstattung geben müssen, da all die vorausgesagten, vorausgehofften Erfolge und Supererfolge deutscher Athleten weitgehend ausblieben.
Eine Chance zur Entspannung.- Freude über Erfolge sind etwas anderes, als die Erwartung programmierter Leistung.
Selbst wenn wir - frei von Doping - vielleicht sportlich zur Bananenrepublik mutieren sollten, wäre das dem Sport und seiner Ethik nur förderlich. Und auch
die heute so krankhafte Vorstellung von "Leistung" müßte wieder eine gesundere, menschlichere werden. Sport und Spaß sind gegenseitig abhängig.
Stress führt zu Leistungsabfall und Krankheit oder Verletzungen.
Perivisor