Chris M
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Seit der Zeit, in der ich diesem Betrieb arbeite (etwa 1,5 Jahre), hat (im Beispiel) eine Mitarbeiterin geistig systematisch abgebaut. Sie befindet sich mittlerweile in einem Zustand, (fast) nur noch Löcher in die Luft schauen zu können. Genauso hat sie sich neurologisch extrem verlangsamt, es geht nicht nur darum, dass ihre Sprache zunehmend völlig unverständlich wird. Sie ist auch nicht mehr in der Lage, sich in irgendeiner Weise zügig zu bewegen ... es ist schmerzhaft, einen solchen menschlichen Verfall mit ansehen zu müssen, zumal sie noch keine 30 Jahre alt ist.
Wie bringst Du das mit Deinem spirituellen Menschenbild in Einklang?
Das Gehirn ist ein körperliches Organ und kann somit genau so krank werden wie alle anderen körperlichen Organe auch. Allerdings befällt eine Gehirnerkrankung dann eben auch die Psyche, und die Psyche gehört ja auch schon zum immateriellen Bereich der Wirklichkeit. Es stimmt schon, dass das einige Fragen aufwirft, wenn man ein spirituelles Weltbild vertritt. Ich denke, die beste Erklärung ist die Ansicht, dass das Bewusstsein oder meinetwegen auch die Seele sozusagen durch die Inkarnation an das Gehirn gekoppelt wird, oder andersrum gesagt, dass das Gehirn eine Art Empfänger für das metaphysische Bewusstsein ist. Und wenn der Empfänger gestört (krank) wird, wirkt sich das auch auf das Bewusstsein aus - aber eben nur so lange, wie das Bewusstsein an den jeweiligen Körper gebunden ist.
Für mich sind solche Einzelschicksale aber weniger wegen der Körper/Geist-Problematik schwerwiegend, sondern vielmehr wegen der Frage der Gerechtigkeit. Wenn man davon ausgeht, dass das Universum im wesentlichen geistiger Natur ist und dass wir uns auf der Erde inkarnieren, um uns weiterzuentwickeln, dann stellt sich die Frage: Wieso wählt eine höhere Macht für uns - oder noch heftiger: Wieso wählen wir uns selbst so ein Schicksal, wie du es oben beschrieben hast. Meines Erachtens macht das nur Sinn, wenn man von mehreren Inkarnationen ausgeht, also von Re-Inkarnation.
Mir ist allerdings bewusst, dass diese Erklärungen jetzt schon ziemlich stark auf der Glaubensebene waren. Auf der rein sachlichen Ebene kann ich nur sagen: Ich weiß es nicht, weder wie das Gehirn einen psychischen Verfall auslösen kann, noch wieso es solche schrecklichen Fälle überhaupt geben muss.
Das "Wunder" kommt dadurch zustande, weil du die virtuelle Ebene von der materiellen Ebene gedanklich trennst, sie als etwas völlig konträres wahrnimmst. Das ist kein Vorwurf, das ist allgemein der menschliche Zugang. Der Mensch kann nicht ganzheitlich begreifen, sondern immer nur Aspekte.
Also ich sehe halt das, was David Chalmers als das "Hard problem of consciousness" bezeichnet hat, ebenfalls als die zentrale Frage des Daseins überhaupt.
Hard problem of consciousness - Wikipedia
en.wikipedia.org
Also selbst wenn man davon ausgeht, dass es keine individuelle Seele gibt, oder dass Bewusstsein physisch erklärt werden kann, oder gar, dass Bewusstsein eine subjektive Illusion ist, die es objektiv gar nicht gibt: Selbst dann bleibt die Frage, WIE Bewusstsein überhaupt existieren kann, ungeklärt und mysteriös. Also angenommen wir hätten irgendwann ein ganzheitliches wissenschaftliches Bild des Universums und könnten exakt, bis ins letzte Detail beschreiben, wie das Gehirn das Bewusstsein hervorbringt, selbst dann wäre die tatsächliche Existenz des Bewusstseins immer noch eine Art Wunder. Das ist meines Erachtens auch der Grund dafür, warum diese Themen absolut zeitlos und unabhängig vom wissenschaftlichen Fortschritt sind. Buddha war genau so ein Bewusstseinsforscher wie zum Beispiel der oben zitierte David Chalmers, nur dass Buddha eben alles in der Sprache seiner Zeit gesagt hat und Chalmers es in der modernen Sprache ausdrückt.