AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"
Wahr gesprochen, also nehmen wir die auch von Dir weiter unten zitierte Wiki-Definition:
Zitat:
Determinismus (lat. determinare „abgrenzen“, „bestimmen“) bezeichnet die Auffassung, dass zukünftige Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind. Die Gegenthese (Indeterminismus) vertritt, dass es überhaupt oder in einem bestimmten Bereich der Realität Ereignisse gibt, die auch hätten anders eintreten können.
Können wir das als Diskussionsgrundlage lassen?
Ich snippe mal alle Passagen hier raus, die sich mit der Worterklärung befassen, auch um zu kürzen, ok?
Können wir machen, sollten nur noch im Hinterkopf behalten, dass das Konzept umstritten ist, ich glaube nicht dran.
Zitat:
Na durch das, was wir im Alltag tun.
Wir gehen eben nicht von einer determinierten Welt aus, und nicht von absolutem Zufall.
Ich glaube, "wir" machen uns gar nicht so die großen Gedanken drum. Was wir aber erleben, wenn wir drüber nachdenken, ist zu 99% determiniert, oder?
Das kommt drauf an, wenn Du die mögliche Änderung Deiner Meinung unter die Festlegung packst, dann ja, aber für mich ist gerade das ein Ausdruck von Willensfreiheit.
Zitat:
Du glaubst also, dass wir uns hier treffen mussten?
Dass es Pizza nur gibt, weil damit ich mich heute abend – die Pizza hat gewonnen – für sie entscheiden konnte? Was ist mit radioaktivem Zerfall, spontaner Entstehung von Teilchen im Vakuum und den Lottozahlen, alles Determination?
Ich sage ja nicht, das nichts determiniert ist, ich sage nur, es ist lange nicht alles determiniert und man entscheidet ganz selbstverständlich im Alltag darüber, auf was man Einfluss hat und auf was nicht.
Ich vertrete hier also ein solide Durchschnittlichkeit.
Zu Deinen Fragen: ja, ja, ja und ja...
Vielleicht mal andersrum: gib doch bitte ein Beispiel dafür, was dem D widerspricht. Dann wird es halt andersrum aufgezäumt.
Das wäre dann eher Anthropozentrismus.
http://de.wikipedia.org/wiki/Anthropisches_Prinzip
Wie schon öfter erwähnt, man kann buchstäblich nichts finden, was dem Determinismus in dieser Art nicht entspricht – und das ist das Problem.
Zitat:
Also bist Du Esoterikerin. Die Welt als Sinnganzes?
Wenn wir uns an die o.g. Definition halten, hat "Sinn" damit gar nichts zu tun.
Wenn wir uns treffen mussten und Pizza nur für mich erfunden wurde, dann fokussiert sich alles im Universum allein auf mich. Das wäre dann der Sinn des Universums.
Zitat:
Mich würde hier immer noch interessieren, was es, Deiner Meinung nach, für Implikationen hätte.
Man könnte lockerer miteinander umgehen, wenn man WIRKLICH der Meinung wäre, der andere könne nicht anders. Rache und Strafe wären sinnlos (Konsequenzen aber nicht!). Man könnte besser verzeihen.
Was mich trotzdem stört: die Rolle des ICH und seine Wirkung auf das eigene Leben wären nicht mehr vorhanden.
Sollte man denn alles verzeihen?
Was unterscheidet Konsequenzen von Strafe? Strafe macht m.E. dann Sinn, wenn man sie einsieht und als gerechtfertigt erkennt, darüber hinaus mag sie andere abschrecken.
Wenn wir annehmen, dass der andere nicht anders kann, dann fallen diese Aspekte beide weg.
Zitat:
Wenn man sagt, alles Weltgeschehen sei im Grunde genommen nur eine Abfolge physikalischer (oder biologischer) Zustände, kennt man die, kennt man den Inhalt, dann sollte es möglich sein, dass Denken, Fühlen und Empfinden eines Menschen zu objektivieren, aus dem Ich ein Es zu machen, die Sprache des Subjekts in die Sprache des Objekts zu übersetzen, ohne dass ein unübersetzbarer Rest entstünde.
Theoretisch ja, praktisch wohl eher nicht. Man müßte wirklich minutiös Buch führen...
Und würde dennoch kein subjektives Erleben objektivieren können, denn wie es für mich ist, dies und das zu erleben, ist eben für mich so, nicht notwendigerweise für Dich.
Zitat:
Dagegen ist nichts einzuwenden, allerdings an Banalität auch nicht zu überbieten.
Die Summe aller Umstände sorgte dafür, dass das was ist, so kommen musste, der Beweis: Es ist so gekommen. Chapeau.
Klingt banal, ist es aber ganz offensichtlich nicht.
Denn was Du hier beschreibst, ist exakt die o.g. Definition von Determinismus. Und den lehnst du ja - zumindest in seiner Hardcore-Form - ab.
Also nix banal...
Doch banal, denn es erklärt buchstäblich nichts.
Was weißt Du denn nun mehr als Du bereits wusstest?
Wenn beim Lotto die Zusatzzahl 37 gezogen wird, hätte es auch anders kommen können, aber aus Millionen Gründen, die niemand vorhersagen und wissen kann, war es eben die 37 und weil sie gezogen wurde, musste sie gezogen werden.
Das beinhaltet über die Aussage, dass die 37 gezogen wurde, keine zusätzlichen Informationen. Wenn doch, welche?
Also lassen wir Gott (oder jedwedes andere bestimmende, planende und lenkende Wesen) mal raus.
Das mit dem Physiker erklär mir aber mal bitte.
Der Physiker braucht seine Formeln, aber nicht zwingend einen Determinismus.
Es ist völlig unwichtig zu wissen, wo ein Elektron sich aufhält, man kann es nicht mal wissen.
Man kann nicht wissen, welches Atom eines radioaktiven Elementes als nächstes zerfällt, aber man kann dennoch die Halbwertzeit ermitteln.
Man weiß nicht wann eine Zelle zu Krebs wird, aber man kennt bestimmte Rahmenbedingungen.
Und so weiter.
Zitat:
Nein, der Determinismus ist keine Regel, sondern ein Postulat.
Naja, im Alltagsgeschehen eher nicht, oder? Und auch Du schreibst oben, es sei einfach zu banal.
Ich frag Dich einfach mal: wieso sollte Dein
Zitat:
Die Summe aller Umstände sorgte dafür, dass das was ist, so kommen musste, der Beweis: Es ist so gekommen.
nur ein Postulat sein soll (auch wenn wir es täglich 1000fach erleben), und warum der erste Teil NICHT auf alles anwendbar sein soll.
Erklär´s mir bitte.
Weil wir nicht wissen, ob wir das wirklich erleben. Wir erleben auch 1000 Zufälle:
„Beim Zufall handelt es sich um den Übergang aus einer Ausgangssituation, die mehrere Endsituationen ermöglicht, in eine dieser Endsituationen, wenn
• keine erkennbare Ursache für das Zustandekommen gerade dieser Endsituation vorliegt
• und bei Wiederholungen von derselben Ausgangssituation aus auch die anderen Endsituationen eintreten können.
Umgangssprachlich wird der Begriff Zufall verwendet, wenn ein Ereignis nicht kausal erklärbar ist. Der Begriff Zufall ist schwer gegen die Begriffe Unberechenbarkeit oder Unvorhersagbarkeit (siehe auch Berechenbarkeit beziehungsweise Vorhersagbarkeit) abgrenzbar und wird davon nicht immer unterschieden.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Zufall
Zitat:
Wenn Du behauptest, dass ein Gedankengang so zwingend zu einem Ergebnis führen muss, wie, dass ein Stift vom Tisch zu Boden fällt, behauptest Du, dass Gründe und Argumente nur physikalische Ereignisse sind.
Nein, ich sage nur, daß sich das alles unter "Umstände" subsummieren läßt.
Bisher habe ich nichts gelesen, was dagegen spricht.
Aber unter was lässt es sich subsummieren?
Physik? Hier eiert Schmidt-Salomon ja fürchterlich herum, wie oben zitert.
Zitat:
Nur, warum überzeugt ein Gedankengang dann den einen und den anderen nicht, warum überzeugt mich etwas jetzt und in drei Jahren nicht mehr?
Weil sich die Umstände ändern - sprich auch konkret DU Dich änderst, aufgrund von Erfahrungen usw.
Eben, aber was ist dann daran determiniert, wenn jede neue Information mich ständig verändert?
Wenn man einen Einblick in determinstische Abläufe hat, kann man sagen, dass genau das passieren wird. Ich weiß, ein Cola-Automat wird keine Autos produzieren, ich weiß, was bei der Erbkoordination mit einem Tier passiert, ich weiß, wie eine Lichtschranke reagieren wird.
Was nützt es mir, Dir, irgendwem einen Determinismus zu behaupten, von dem man nicht oder erst im Nachhinein weiß, dass es so kommen musste.
Zitat:
Wir folgen eben nicht blind einer Regel,
Nein, das ist es ja!
TRennen wir zwei Dinge:
1. Der Determinismus ist universell anwendbar.
2. Wir selbst FFÜHLEN uns aber nicht detmeriniert und hühnerblind.
Ich habe das Gefühl, man kann sich schwer über 1. unterhalten, ohne daß sich 2. dazwischen drängelt.
Nein, das ist nicht der Punkt bei mir.
Nehmen wir wieder Freud. Der sagt: Du bist nicht Herr im eigenen Haus.
Dann sage ich: Prima, aber was nützt es mir, das zu wissen.
Darauf würde er gesagt haben, dass ich mittels eines Psychoanalyse etwas mehr Herrschaft über das gewinne, was mich bisher ohne mein Wissen steuerte.
Damit kann ich was anfangen.
Was würde Schmidt-Salomons Antwort an mich sein?
(Und die Rolle der Physiker ist mir nach wie vor fremd. Abgesehen davon, daß sie die einzigen sind, die meinen, es gäbe indeterminierte Naturgesetze in der Quantenphysik)
Was dann ein bisschen blöd ist, wenn der Determinismus letztlich ein physikalischer sein soll, ich schwöre Dir, wenn es nicht nur halb gedacht ist, ist es ein physikalischer.
Dennett hat einen Schritt mehr gemacht und lacht sich kaputt über den Versuch der Reduktion auf die Ebene der Quanten.
Zitat:
Ich habe drüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, dass es absolut nichts ändert, wenn Du zu einem anderen Schluss kommst, würde mich das interessieren.
Hab ich Dir nicht von dem postulierten Streit mit meinem Gatten geschrieben? Würde ich also annehmen, er KANN nicht anders als sich so beschränkt verhalten, würde ich zunächst mal Ursachenforschung betreiben.
Ja, ich glaube, das ist es... !
Man würde von vorn herein viel mehr dazu neigen, den Dingen auf den Grund zu gehen, weil alles andere (Beleidigtsein, Rache, Ärger) vor den zwingenden Umständen unsinnvoll(er) wird.
Da kann ich nur wiederholen: Wenn das Dein Ansatz ist, Dich dieser gewiss richtigen Anschauung anzunähern, dann freue ich mich aufrichtig, dass MSS Dir dabei geholfen hat, meiner Meinung nach ist es nicht nötig dafür von einem Determinismus auszugehen, aber ich ahne inzwischen, dass Du einen sehr flexiblen Determinismus meinst, den ich nicht als solchen bezeichnen würde und finde es an sich gut, dass Du da für Dich weiterkommst.
Zitat:
Wenn wir unfrei sind, können wir uns gar nicht umstellen können, andernfalls wären wir frei.
Auch wieder wahr. Spricht für den Determinismus...
Also, wenn Du den Satz verstanden hast, eigentlich nicht.
Zitat:
Kant, der Apostel der Aufklärung will den Menschen (in Was ist Aufklärung?) aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit führen und fordert uns auf den Mut zu haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen.
Auch eine Folge von Umständen. Und das macht es zu Umständen für die, die das dann lesen und sich ggf danach halten.
Irgendwelche Umstände gibt es immer.
Der Determinismus dieser Lesart könnte nur dann nicht gelten, wenn es keinerlei Umstände gäbe, was schlicht nicht sein kann.
So wie Du es vertrittst könnte man auch stur ALLES als Zufall interpretieren, versuch’s mal, es geht ebenso gut.
Zitat:
Ich glaube, dass die Kräfte des Verstandes insgesamt überschätzt wurden und werden und das sich hier nun ein Wandel vollzieht, aber dennoch ist das eine sehr kraftvolle Schrift die ich nicht einfach so vom Tisch wischen würde. Und das auch noch als selbsternannter Humanist.
Wir nähern uns an...
Aber genau das ist es doch: die Schrift ist von großem Wert, und schafft damit die Umstände für Kommendes. Ich finde nicht, daß sich das aussticht.
Für den, der sie fassen kann, leider ist das oft nicht der Fall.
Dass die Verstsandeskräfte nicht so sonderlich weit tragen, da bin ich bei Dir.
Zitat:
Du bist ja schon dabei.
Es besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus deterministischen Versatzstücken, aber da ich in den letzten Jahren die Kraft philosophischer Argumentation schätzen gelernt habe, weiß ich auch, wie wichtig es ist hier sauber zu argumentieren und insofern bereiten mir Teile meines eigenen Weltbildes Kopfschmerzen.
Da ich etliche folgereichere Ansätze kenne, als den von Schmidt-Salomon, haut dieser mich eben auch nicht gerade um und ich finde ihn philosophisch entsetzlich dünn.
Welche beispielsweise?
Zum Beispiel den schon erwähnten Freud, respektive die Psychoanalyse.
Aber auch den Buddhismus, der damit ernst macht, dass es kein Ich gibt.
Zitat:
Wenn man nichts dafür kann, kann man aber auch nichts dran ändern.
Das ist eine echte Schwäche an MSS´ Argumentation.
Und wenn man sich dessen bewußt wird, WILL man es am Ende auch nicht (wenn es unbequem ist).
Von da wieder hinzukommen auf das aufgeklärte Individuum, das die Freiheit und Demokratie schätzt, wird schwierig.
Demokratie lebt von der weitgehenden Freiheit und Eigenverantwortung des Einzelnen, diese Schwäche sehe ich ebenso wie Du.
Zitat:
Was diesen Gedanken denn so sexy macht, fragte der Herausgeber eines anderen Büchleins zur Diskussion um Hirnforschung und Willensfreiheit und kam zu eben jenem Schluss: Es entlastet. Ich kann ja eigentlich nichts dafür, dass ich bin, wie ich bin.
Richtig, aber das tut Gott auch.
Ja, absolut, darum gibt man ihm auch gerne mal die Verantwortung, da wenigstens im einigermaßen vollen Bewusstsein.
Der Humanismus hat sich aber eigentlich ein ganz anderes Programm auf die Fahnen geschrieben.
Zitat:
Irgendwie ist es schon wahr, man sollte erst mal akzeptieren, dass man ist, wie man ist, aber wenn man etwas ändern möchte, sollte man sich auf ein: Ich kann auch anders, besinnen.
MSS meint dazu, daß man dieses "ich kann auch anders" als eine Folge des gegebenen Umstandes sehen kann/soll. Also Du bist dann quasi "dran" zu wollen, daß Du selbst etwas änderst.
Dem würde ich zustimmen, aber ich würde halt wieder keinen Determinismus benötigen.
Zitat:
Damit übernimmt man die Verantwortung für das eigene Schicksal, was von jeher keine Begeisterung auslöst.
Eben.
Okay, ich akzeptiere, dass Du das als determinstisch betrachtest, wenn Du da was draus ziehst, soll es mir recht sein, falls Du Dich dem irgendwann mal philosophisch nähern willst, versuch‘ Dir das mit der Falsifikation mal anzutun.
Zitat:
Eben, weil wir Erwachsene brechtigterweise mehr zutrauen.
Wenn sich ein Erwachsener völlig trottelig verhält, mit den Schultern zuckt und sagt: Es musste eben so kommen, würdest Du das in jedem Fall gelten lassen? Nein, Du würdest sagen, er hätte sich die Konsequenzen vorher überlegen können.
Richtig, würde ich - und wohl jeder so sozialisierte Mensch - so denken.
Und die Frage ist halt, ist das so richtig, oder ist die andere Möglichkeit überzeugender?
Eine empathische, kluge und Deiner Linie folgende Sicht dazu hat Eugen Drewermann entwickelt, der müsste Dir gefallen.
Zitat:
Willst Du nun spekulieren, oder knochentrockenen Alltag?
In dem braucht man den Determinismus nur in abgeschwächter Variante.
LOL
Mir fällt es scher, ohne Praxisbezug zu denken, sorry.
Du drückst Dich.
Einerseits sagst Du, Du willst es philosophisch. Dann ist meine Behauptung, dass die These von MSS philosophisch unhaltbar ist, weil nicht zu widerlegen und widersprüchlich (z.B. die Zitate seiner Website).
Aber insgesamt ist die Philosophie schwer, weil viel Frickelei und es freut mich immer, wenn jemand sich dafür interessiert. Da heißt es dann selber nach-denken und verstehen, was andere vorgedacht haben, um die Grundlagen zu erlernen.
Du kannst aber auch sagen, was juckt mich der Kram, solange es Alltagsrelevant ist, ich muss mir nicht den Kopf zerbrechen. Dann aber würde ich entgegnen, dass es im Alltag überhaupt nicht relevant ist, weil eben keinerlei Praxis aus diesem doch fundamentalen Perspektivwechsel folgt.
Du hüpfst zwischen beidem hin und her, weil Du das Buch magst, was ich okay finde, aber es fehlt Dir da an Konsistenz.
Zitat:
Ja, aber wer bist denn Du, wenn es Dich doch eigentlich gar nicht gibt?
Was machte Dich denn wesentlich aus, wenn ich Dich bitten würde, Dich zu beschreiben?
Ich bin nach wie vor die Summe meiner Eigenschaften und Charakterzüge, daran ändert sich ja nichts.
Und, meinst Du das könnte man in eine physikalische Beschreibung stecken?
Zitat:
Warum sollte denn nicht ein Wandel in Deiner Einstellung, 1000 Deiner Alltäglichkeiten und nicht zuletzt die Architektur Deines Gehirns umstellen können, warum muss die Geschichte bottom up erzählt werden, wo doch top down eine alternative Möglichkeit bietet?
Ich denke mal, genauso wenig, wie man nicht "einfach so gläubig werden" kann, kann man sich nicht emotional auf eine andere Denke einlassen. Schon gar nicht, wenn sich die eine bewährt hat.
Wo hat sie sich bewährt?
Auf dem Gebiet der Technik ganz sicher, aber je weiter es zum Menschen geht, umso weniger. MSS sagt es ja selbst, nicht mal das Verhalten von einfachen Tieren könnte man reduktiv beschreiben und das wäre eine bottom up Strategie.
Was man momentan versucht, ist, auf die nächstkleinere Ebene zu reduzieren, aber auch das geht nicht immer gut und muss vor allem nicht immer sein.
Eigenartigerweise reagieren Emotionen sehr gut, auf das was sein könnte, auf Visualisierungen und dergleichen. Das ist manchmal etwas beleidigend, wenn man kompliziertere Modelle bevorzugt, aber es gibt Fakten die dafür sprechen.
Dann wird der Wille eben zur Ursache für Veränderungen, die dann nicht mehr guten Gewissens als bottom up gedeutet werden können.
Zitat:
Du willst aber die Biologie (und Physik) umfassend ausdehnen, wenn Du postulierst, alles sei naturgesetzlich zu erklären.
Wieso? Es gibt dadurch doch nicht MEHR an Zuständigkeitsbereichen für die jeweilige Wissenschaft. Maximal die Neurologie hätte schwer aufzustocken, um bestimmte Dinge zu untersuchen.
Aber Neurologie ist Biologie und jeder Physiker wird Dir sagen, dass Biologie nur komplexe Physik ist.
Zitat:
Du siehst offenbar das Problem noch immer nicht.
Dass der Determinismus nicht widerlegt ist, stimmt, er ist nicht einmal widerlegbar.
Ja, seh ich.
Der Indeterminismus aber auch nicht.
Soll das etwa heißen, wir können uns darüber gar nicht sinnvoll unterhalten, weil wir sowieso nie zu irgendeinem Schluß kommen, mit dem man irgendwas anstellen kann?
Im Moment nimmst Du eine fundamentalistische Position ein und mit Fundamentalisten ist nicht gut diskutieren. Ich behaupte ja gerade keinen Intdeterminismus, ich will nur überzeugende Beweise für einen Determinismus und die kriegt man dann geliefert, wenn man anerkennt, dass man formulieren können muss, was eintritt, wenn der Determinismus nicht gilt.
Die Psychoanalyse hatte ähnliche Immunisierungen, weshalb Popper sie zwar mochte, aber ebenfalls als unwissenschaftlich ansah.
Wenn man eine Deutung bekommt und die nicht annimmt, dann ist es so, dass der Analytiker einen Deutungswiderstand diagnostierzieren kann. D.h. die Deutung kann nicht falsch sein, entweder man nimmt sie an, oder leistet, aus unbewussten Motiven Widerstand.
Zitat:
Genau das ist sein philosophisches und wissenschaftstheoretisches Todesurteil und kein Ruhekissen, auf dem man sich ausruhen kann.
Eine Aussage hat nur dann wissenschaftlichen Wert, wenn sie prinzipiell falsifizierbar ist, also auch falsch sein kann.
Das stimmt - aber hat ein Weltbild je diesen Anspruch erhoben?
Aber ja, das wissenschaftliche.
Spätestens wenn man bei ethischen Implikationen ankommt, hört doch die Wissenschaft auf, die Hauptrolle zu spielen.
Auch bei ethischen Diskussionen lässt man sich ja von den besseren Gründen leiten, man muss ja ethische Leitlinien von moralischen Geboten trennen. Also ist Ethik falsifizerbar.
Zitat:
Das kann der so erweiterte Determinismus aber gerade nicht und ist insofern ein Glaubensgebäude, dem man anhängen kann, wenn man lustig ist, mehr aber auch nicht.
Richtig, wie jedes andere Weltbild auch. Na gut, mit etwas mehr Wahrscheinlichkeit, aber grundsätzlich ist es eine Glaubens- und Wahrscheinlichkeitsfrage und keine wissenschaftliche Theorie.
Es ist noch nicht mal eine Wahrscheinlichkeitsfrage, weil die Behauptung der Wahrscheinlichkeit ja bei satten 100% liegt, das überragt noch die Wahlerfolge der Kommunisten.
Was bleibt ist also der Glaube, der aber inzwischen erwiesenermaßen glücklich macht.
Zitat:
Meine Meinung ist, dass es Fälle gibt, in denen ich drauf schei… würde, ob etwas wissenschaftlich ist oder nicht, nämlich immer dann, wenn mich etwas durch seine praktische Relevanz überzeugt hat.
Richtig, aber ob Du nun drauf schxxxx oder nicht, hat doch nichts damit zu tun, ob es grundsätzlich richtig ist oder nicht. Du setzt dann nur Dein ganz persönliches Stop-Zeichen und andere Maßstäbe an.
Das ist wissenschaftlich auch nicht haltbar... ... menschlich aber verständlich.
Ich glaube das hängt davon ab, welche Prämissen man hat.
Alles in allem bin ich eher wissenschaftskritisch, sicher kein Wissenschaftsapostel, kritisch nicht bezüglich der nicht zu leugenden Erfolge, sondern kritisch bezüglich dessen, wie man mit Erfolgen anderer umgeht, die es nach wissenschaftlichen Denkweisen, die ich teilweise als dogmatisch empfinde, nicht geben darf.
Zitat:
Naja, das ist im Grunde banalstes Alltagswissen.
...und trotzdem weigern sich viele, das konsequent und auf alles (auch den freien Willen und die eigenen Handlungen und Wünsche) anzuwenden.
Da liegt doch die Krux.
Ich halte die Weigerung ja für äußerst gut begründet, weil unklar ist wogegen man sich angeblich weigert und was draus folgt.
Wenn Du sagst, dass Du bestimmte Dinge nun gelassener siehst, dann ist das ja ein schönes praktisches Resultat, aber die Motive anderer zu erforschen, ist ja nun keine ganz neu Erfindung.
Zitat:
Alles hat seine Ursache, nur prognostisch ist da nichts zu holen, weil alles so wahnsinnig kompliziert ist. Dieser Gedanken soll dann so neu, revolutinär und erschütternd sein, dass jeder der vor Langeweile gähnt, in Wirklichkeit nur die immensen Konsequenzen abwehrt, die darin bestehen, dass wir nicht mal Herr im eigenen Haus sind,
Das hätte z.B. auf das Strafrecht immensen Einfluß. Und auf den Umgang miteinander.
So, und nun erklär Du mir mal bitte kurz und knackig, was genau Du gegen einen konsequent angewandten Determinismus hast.
Theoretischer Murks, gepaart mit praktischer Folgenlosigkeit.
Und wo genau Deine Grenze liegt, und was es noch gibt (Zufall?),
Ob es Zufall gibt, weiß ich nicht, ich glaube ja, kann mir aber auch vorstellen, das es grobe Leitlinien gibt, die man als Schicksal erklären kann.
und worin man den Unterschied zum Determinismus dann erkennt...
In der Möglichkeit einzugreifen.
Möglicherweise läuft alles ab wie eine Spieluhr, dann kann man nichts machen.
Glaube ich aber schon deshalb nicht, weil ich es nicht glauben will.
Meine Lieblingsidee sind schicksalhafte Leitlinien, mit der Möglichkeit zur Kommunikation und Intervention, also der Dialog mit dem Schicksal, mit Erfolgsmeldung.
Die zweitbeste Lösung ginge in Richtung Konstruktivismus, den ich aber nicht leiden mag.
Er ist nicht widerlegbar, ok, aber das liegt in der Natur der Sache, wenn man per se nie genug Daten für einen Beweis zusammen kriegt. Hat ja viel mit dem Wetterbericht gemeinsam...*g
Naja, die haben aber Erflge vorzuweisen, mit Blick auf die Prognosen.
Welche Erfolge weisen die Deterministen vor?