• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"

Werbung:
AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"

Hallo MissVerstehen.

Ich möchte mich korrigieren bezüglich dessen, was ich gestern zu Brigitte Falkenburgs Beitrag schrieb. Es geht in diesem nicht um verschiedene Formen des Determinismus (so wie ich es darstellte), sondern um verschiedene Formen von wissenschaftlichen Erklärungen, die teilweise deterministisch, teilweise weitgehend deterministisch, teilweise probabilistisch sind und in dem was wissenschaftliche Erklärungen ausmacht bunt gemischt vorkommt.

Es ist eben gerade nicht zu klären, an welchem Punkt bestimmte Gleichgewichtssysteme kippen, zudem legt sie dar, dass der Begriff des Determinismus in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen jeweils abweichende Bedeutungen hat, so dass man sich aus verschiedenen Gründen nicht auf einen, allem Geschehen zugrundeliegenden Determinismus einigen kann.

Das wird an späterer Stelle beahndelt.
Bei Interesse kannst Du ja mal in das erwähnte Buch reinschauen, Falkenburgs Beitrag umfasst etwa 30 Seiten, das ist zu schaffen.
 
AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"

Ja und Du hast Dich jetzt abwägend, wegen der verschieden Gedanken die Du Dir gemacht hast, frei entschieden das Du mit ihm reden möchtest. Das hat natürlich eine Ursache in Deiner Vergangeheit. Aber jetzt hast Du Deinen freien Willen doch gebraucht. Oder?
*g
Nee, ich kann nicht anders, weil ich vom Wesen her eh keinen Streit vertrage und immer gern Klärung habe und so...

Du siehst, es geht beides, man kann es auf beide Arten begründen, sowohl mit als auch ohne freien Willen.

Ja das ist schon klar, aber jede Handlung eines Individuums bedarf in der Regel - vorher - eines freien willentlichen Entschlußes. Wie alles ausgehen könnte, hatten wir ja schon.
Nein, das seh ich nicht so. Schon nicht, wiel es Reflexhandlungen gibt.

Aber auch sonst: wir handeln oft, ohne uns vorher auszumalen, wiesowarumweshalb. Und manchmal kommt die Begründung für uns selber sogar nachträglich (Rationalisierung nennt man das wohl).

Ja klar, wenn ich bar jeder Ahnung etwas mache, werde ich sehr wahrscheinlich scheitern. Die Ursache sollte dann eigentlich auch klar sein.
Genau.
Und was dann abgeht, ist doch Ursache-Wirkung und somit determiniert...?
 

Ethik ohne Verantwortlichkeit ???

Neugier schrieb:
Die Verantwortlichkeit des Menschen für sein Verhalten wird nicht naturwissenschaftlich
begründet oder abgeleitet, sondern ist eine gesellschaftliche Zuschreibung,
die aufs Engste mit der Zuschreibung einer Menschenwürde verbunden ist.

MissVerstehen schrieb:
Okay.

Aber ist genau DAS nicht falsch,
wenn diese gesellschaftliche Übereinkunft aufgrund eines Irrtums geschlossen wurde?

Diese Übereinkunft wurde ja nicht aufgrund eines Irrtums geschlossen!

Die Verantwortlichkeit des Individuums für sein Tun und Lassen ist vielmehr eine
unverzichtbare Voraussetzung für das Funktionieren einer größeren Gesellschaft.


Wenn auch von Zeit zu Zeit irgendwelche erleuchteten Geister von einer Gesellschaft
ohne Verantwortlichkeit der Individuen schwadronieren, so konnte bisher noch keiner
dieser illuminierten Traumtänzer plausibel darlegen,
wie das Zusammenleben von aktuell rund 6,8 Milliarden Menschen funktionieren soll,
wenn sich niemand für sein Tun und Lassen verantwortlich fühlt.

In der jüngsten Finanzkrise wurde uns ja recht deutlich vor Augen geführt, was dabei rauskommt,
wenn sich eine Clique von Finanzmafiosi skrupellos auf Kosten der restlichen Gesellschaft bereichert.
Dabei umfasst diese Clique nicht einmal ein Promille der Gesamtbevölkerung.

Sollte sich auch der Rest der Menschheit so verantwortungslos verhalten, na dann Gute Nacht!


Noch einmal, mich verwundert sehr, dass Michael Schmidt-Salomon in diese Richtung argumentieren
soll. Mit einer solchen Argumentation würde er ja nicht zuletzt alle Bemühungen sabotieren,
die klarstellen sollen, dass Atheismus und Ethik miteinander vereinbar sind.

Wie will MSS denn eine Ethik hinkriegen,
wenn er auf eine Verantwortlichkeit der Individuen verzichtet?


MissVerstehen, kannst du mit Sicherheit ausschließen,
dass du die Aussagen und Intentionen von MSS missverstanden hast?

Bist du sicher, dass du ihn richtig interpretiert und wiedergegeben hast?


Das musste auch einmal in aller Klarheit gefragt werden.

 
AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"

Hallo Neugier
Wie will MSS denn eine Ethik hinkriegen,
wenn er auf eine Verantwortlichkeit der Individuen verzichtet?


MissVerstehen, kannst du mit Sicherheit ausschließen,
dass du die Aussagen und Intentionen von MSS missverstanden hast?

Doch, das kann schon sein, Wolf Singer behauptet zuweilen ähnlich wirres Zeug.
Schmidt-Salomon drückt sich ja nun auch alles andere als widerspruchsfrei aus, exemplarisch hier von seiner Website, ich weiß nicht ob der link noch funktioniert, bei mir tut er es nicht mehr.

„F: Liegt Ihrem Ansatz nicht ein längst überholtes, eliminatorischreduktionistisches
Weltbild zugrunde?

A: Nein. Meine Auffassung von Determinismus ist nicht eliminatorischreduktionistisch.
Ich gehe zwar davon aus, dass es im Universum mit „rechten Dingen“
zugeht, d.h. dass sämtliche Wirkungen im Kosmos (sofern wir das hierfür erforderliche
Wissen besitzen) auf natürliche Ursachen zurückgeführt werden können.
Allerdings meine ich nicht, dass diese Ursachen-Wirkungszusammenhänge in einem
eliminatorisch-reduktionistischen Sinne verstanden werden können.
Selbst die komplexeste physikalische Theorie wäre nicht geeignet, solch banale
Phänomene wie a) das Balzverhalten von Auerhähnen oder b) den Erfolg von
„Deutschland sucht den Superstar“ zu erklären. Zu a) Balzende Auerhähne verstoßen
ganz gewiss nicht gegen physikalische Gesetze, doch um ihr Verhalten zu verstehen,
müssen wir neben physikalischen und chemischen Faktoren auch biologische
Determinanten berücksichtigen, etwa die Gesetzmäßigkeiten der sexuellen Selektion.
Zu b) Um das Verhalten von Bohlen & Co. zu erklären, ist es zweifellos ebenfalls
hilfreich, das Konzept der sexuellen Selektion zu bemühen. Doch mit biologischen
Theorien alleine werden wir DSDS kaum nachvollziehen können. Hierzu müssen
wir zusätzlich historische, ökonomische, psychologische, kurz: kulturelle Faktoren
in die Analyse mit einbeziehen.
Eliminatorisch-reduktionistische Modelle versagen deshalb, weil natürliche Systeme
„emergente Eigenschaften“ aufweisen. Wie der Evolutionsbiologe Ernst Mayr
schrieb, bedeutet „Emergenz“, dass „in einem strukturierten System auf höheren Integrationsebenen
neue Eigenschaften entstehen, die sich nicht aus der Kenntnis der
Bestandteile niedrigerer Ebenen ableiten lassen“. Etwas populärer ausgedrückt: Das
Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Eben deshalb lassen sich kulturelle
Phänomene nicht allein auf biologischer, chemischer oder gar physikalischer Ebene
erklären. Allerdings: Dieses emergente „Mehr“ der Kultur gegenüber der Welt der
Biologie, Chemie oder Physik bedeutet keineswegs, dass sich kulturelle Phänomene
jenseits der biologischen, chemischen, physikalischen Prozesse abspielen würden!
Selbst die erhabenste kulturelle Leistung unterliegt notwendigerweise physikalischen,
chemischen, biologischen Gesetzmäßigkeiten. Anders formuliert: Die „niederen Ebenen“
bilden den Rahmen, innerhalb dessen sich emergente Eigenschaften höherer
Integrationsebenen überhaupt zeigen können. Das heißt: „Höhere Integrationsebenen“
können zwar „neue Eigenschaften“ aufweisen (Emergenz), doch sie können
niemals den Rahmen sprengen, der durch die „niederen Ebenen“ vorgegeben ist.“

http://www.schmidt-salomon.de/jvgub/faq_jvgub.pdf
(S. 4f)

Das ist, mit Verlaub, Wischi-Waschi.
Ich bin zwar kein Reduktionist, aber die emergenten Strukturen bedeuten, „keineswegs, dass sich kulturelle Phänomene jenseits der biologischen, chemischen, physikalischen Prozesse abspielen würden!“
Zugleich wäre aber „selbst die komplexeste physikalische Theorie wäre nicht geeignet, solch banale
Phänomene wie a) das Balzverhalten von Auerhähnen oder b) den Erfolg von
„Deutschland sucht den Superstar“ zu erklären.“
Aha! Man kann es also nicht physikalisch erklären, was aber nicht bedeutet, dass sich Kultur jenseits physikalischer Prozesse abspielt.
 

Komplexität lässt sich nur schwer einfach handhaben!


Pirroge schrieb:
Schmidt-Salomon drückt sich ja nun auch alles andere als widerspruchsfrei aus,
exemplarisch hier von seiner Website,

...

Das ist, mit Verlaub, Wischi-Waschi.

Hallo Pirroge!

Meiner Meinung nach würde ein zu starker Reduktionismus Gefahr laufen,
an der Komplexität von lebenden Systemen vorbei zu argumentieren.

Wenn rund 50 Billionen Atome zusammen eine Zelle bilden, und sich rund 50 Billioen Zellen
zu einem menschlichen Körper zusammenfügen, dann stellt dieser menschliche Körper ein
überaus komplexes System dar, in dem durchaus auch Emergenzen auftreten können.

Aus den Worten von MSS entnehme ich das Bemühen, trotz eines grundsätzlichen Festhaltens
an Kausalität (und damit notwendigerweise einer Form von Determinismus), dieser Komplexität
gerecht zu werden.

Dieser Balance-Akt gelingt natürlich nicht immer, er kommt mitunter als Wischi-Waschi rüber,
aber bei wohlwollender Interpretation sehe ich in seinen Antworten keinen harten Widerspruch.


Vielleicht fällt es mir einfach deshalb leichter, die Aussagen von MSS wohlwollend zu
interpretieren, weil ich ja selbst auch einem atheistischen und materialistischen Weltbild
anhänge, d.h. prinzipiell ein Verfechter des Verständnisses der Entwicklungen als
deterministisches Chaos bin, aber die emergenten "höherwertigen Ergebnisse" deswegen
nicht leugnen oder kleinreden will.

Die Kommunikation über ein solches Weltbild erfordert eine Gratwanderung.

Vielleicht sollte ich dem MSS meine Analogie mit den Wassermolekülen einer Kochdunst-Schwade
näherbringen. ;)


Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden.

 
AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"

Hallo Neugier.

Meiner Meinung nach würde ein zu starker Reduktionismus Gefahr laufen,
an der Komplexität von lebenden Systemen vorbei zu argumentieren.

Wenn rund 50 Billionen Atome zusammen eine Zelle bilden, und sich rund 50 Billioen Zellen
zu einem menschlichen Körper zusammenfügen, dann stellt dieser menschliche Körper ein
überaus komplexes System dar, in dem durchaus auch Emergenzen auftreten können.

Aus den Worten von MSS entnehme ich das Bemühen, trotz eines grundsätzlichen Festhaltens
an Kausalität (und damit notwendigerweise einer Form von Determinismus), dieser Komplexität
gerecht zu werden.

Die gute Absicht ist zu erkennen und anzuerkennen, aber gute Absichten allein reichen nicht aus.


Dieser Balance-Akt gelingt natürlich nicht immer, er kommt mitunter als Wischi-Waschi rüber,
aber bei wohlwollender Interpretation sehe ich in seinen Antworten keinen harten Widerspruch.


Vielleicht fällt es mir einfach deshalb leichter, die Aussagen von MSS wohlwollend zu
interpretieren, weil ich ja selbst auch einem atheistischen und materialistischen Weltbild
anhänge, d.h. prinzipiell ein Verfechter des Verständnisses der Entwicklungen als
deterministisches Chaos bin, aber die emergenten "höherwertigen Ergebnisse" deswegen
nicht leugnen oder kleinreden will.

Die Kommunikation über ein solches Weltbild erfordert eine Gratwanderung.

Vielleicht sollte ich dem MSS meine Analogie mit den Wassermolekülen einer Kochdunst-Schwade
näherbringen. ;)

Mir stellt sich das Grundproblem all dieser reduktionistischen Ansätze so dar:
Gesetzt es gelänge irgendwann eine emergente Eigenschaft in die Sprache grundlegender physikalischer Prozesse zu übersetzen, so taucht doch die Frage auf, wer eine solche Übersetzung verstehen sollte. Man könnte argumentieren, Computer seien bald dazu in der Lage und wenn wir davon ausgehen, dass dies so sein wird, dann würden wir vielleicht für den Computer ein für uns verstehbares Rückübersetzungsprogramm schreiben.
Das ist aber die Ebene auf der wir uns ohnehin schon bewegen, wir lassen die physikalischen Ebenen links liegen und glauben irgendwie daran, dass sie grundlegend sind und alles durchziehen und betrachten die Ebenen, die wir, mittels der Reduktion von Komplexität, zu betrachten in der Lage sind.
Auf dieser Ebene greifen wir auch in das Geschehen ein, was nicht viel schlechter klappt, als der Ansatz einzelne Bausteine auszutauchen.
Es ist immer eine Frage worum es geht. Für die Nanotechnologie wird es sicher klappen Atome gezielt ein- und auszubauen, bei der Gentechnik klappt es bisher leidlich, primitive mikrobakterielle Produktionen klappen recht gut und zuverlässig, aber schon bei der grünen Gentechnik, ist längst nicht mehr alles so, wie man es sich wünschen würden, die meinsten expliziten Gentherapien sind ein einziges Fiasko gewesen.
Das Denken geschieht sicher noch auf einer viel höheren Abstraktionsebene und Kompelxitätsstufe, als die biologischen Vorgänge und aus diesem und dem oben genannten Grund halte ich es für gewagt, sie zu reduzieren, dass es (bisher) nicht klappt kommt noch dazu.
 
AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"


Komplexität lässt sich nur schwer einfach handhaben!




Hallo Pirroge!

Meiner Meinung nach würde ein zu starker Reduktionismus Gefahr laufen,
an der Komplexität von lebenden Systemen vorbei zu argumentieren.

Wenn rund 50 Billionen Atome zusammen eine Zelle bilden, und sich rund 50 Billioen Zellen
zu einem menschlichen Körper zusammenfügen, dann stellt dieser menschliche Körper ein
überaus komplexes System dar, in dem durchaus auch Emergenzen auftreten können.

Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden.


Klar, z.B. als "Geist" oder Bewusstsein im Gehirn ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Philosophie_des_Geistes
(-> Internet ... :) - DAS TREFFENDE FREMDWORT
"Emergenz" brachte mich auf die Spur ... :danke:)

Zitat aus dem o.g. Link:
"Die klassische Form des Dualismus ist der interaktionistische Substanzdualismus.
Er wurde in maßgeblicher Weise von René Descartes formuliert[2] und hat auch
noch heute Anhänger. Karl Popper und John Eccles sind die bekanntesten
interaktionistischen Dualisten im 20. Jahrhundert gewesen[5]."
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"

Wir müssen erst klären was determiniert bedeuten soll, sonst wird das ein sinnloses Wortgeplänkel.
Wahr gesprochen, also nehmen wir die auch von Dir weiter unten zitierte Wiki-Definition:
Determinismus (lat. determinare „abgrenzen“, „bestimmen“) bezeichnet die Auffassung, dass zukünftige Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind. Die Gegenthese (Indeterminismus) vertritt, dass es überhaupt oder in einem bestimmten Bereich der Realität Ereignisse gibt, die auch hätten anders eintreten können.

Können wir das als Diskussionsgrundlage lassen?
Ich snippe mal alle Passagen hier raus, die sich mit der Worterklärung befassen, auch um zu kürzen, ok?

Na durch das, was wir im Alltag tun.
Wir gehen eben nicht von einer determinierten Welt aus, und nicht von absolutem Zufall.
Ich glaube, "wir" machen uns gar nicht so die großen Gedanken drum. Was wir aber erleben, wenn wir drüber nachdenken, ist zu 99% determiniert, oder?

Du glaubst also, dass wir uns hier treffen mussten?
Dass es Pizza nur gibt, weil damit ich mich heute abend – die Pizza hat gewonnen – für sie entscheiden konnte? Was ist mit radioaktivem Zerfall, spontaner Entstehung von Teilchen im Vakuum und den Lottozahlen, alles Determination?
Ich sage ja nicht, das nichts determiniert ist, ich sage nur, es ist lange nicht alles determiniert und man entscheidet ganz selbstverständlich im Alltag darüber, auf was man Einfluss hat und auf was nicht.
Ich vertrete hier also ein solide Durchschnittlichkeit.
Zu Deinen Fragen: ja, ja, ja und ja...;)
Vielleicht mal andersrum: gib doch bitte ein Beispiel dafür, was dem D widerspricht. Dann wird es halt andersrum aufgezäumt.

Also bist Du Esoterikerin. Die Welt als Sinnganzes?
Wenn wir uns an die o.g. Definition halten, hat "Sinn" damit gar nichts zu tun.

Mich würde hier immer noch interessieren, was es, Deiner Meinung nach, für Implikationen hätte.
Man könnte lockerer miteinander umgehen, wenn man WIRKLICH der Meinung wäre, der andere könne nicht anders. Rache und Strafe wären sinnlos (Konsequenzen aber nicht!). Man könnte besser verzeihen.
Was mich trotzdem stört: die Rolle des ICH und seine Wirkung auf das eigene Leben wären nicht mehr vorhanden.

Wenn man sagt, alles Weltgeschehen sei im Grunde genommen nur eine Abfolge physikalischer (oder biologischer) Zustände, kennt man die, kennt man den Inhalt, dann sollte es möglich sein, dass Denken, Fühlen und Empfinden eines Menschen zu objektivieren, aus dem Ich ein Es zu machen, die Sprache des Subjekts in die Sprache des Objekts zu übersetzen, ohne dass ein unübersetzbarer Rest entstünde.
Theoretisch ja, praktisch wohl eher nicht. Man müßte wirklich minutiös Buch führen...

Dagegen ist nichts einzuwenden, allerdings an Banalität auch nicht zu überbieten.
Die Summe aller Umstände sorgte dafür, dass das was ist, so kommen musste, der Beweis: Es ist so gekommen. Chapeau.
Klingt banal, ist es aber ganz offensichtlich nicht.
Denn was Du hier beschreibst, ist exakt die o.g. Definition von Determinismus. Und den lehnst du ja - zumindest in seiner Hardcore-Form - ab.
Also nix banal...;)

Wenn Gott die Naturgesetze geschaffen hat, dann doch.
Wenn Du hier argumentierst, man brauche Gott aber nicht, bei den Naturgesetzen, es lassen sich auch ohne ihn brauchbare Ergebnisse erzielen, bin ich einverstanden.
Aber das Anhängsel Determinismus braucht ebenfalls kein Physiker.
Also lassen wir Gott (oder jedwedes andere bestimmende, planende und lenkende Wesen) mal raus.
Das mit dem Physiker erklär mir aber mal bitte.

Nein, der Determinismus ist keine Regel, sondern ein Postulat.
Naja, im Alltagsgeschehen eher nicht, oder? Und auch Du schreibst oben, es sei einfach zu banal.

Ich frag Dich einfach mal: wieso sollte Dein
Die Summe aller Umstände sorgte dafür, dass das was ist, so kommen musste, der Beweis: Es ist so gekommen.
nur ein Postulat sein soll (auch wenn wir es täglich 1000fach erleben), und warum der erste Teil NICHT auf alles anwendbar sein soll.

Erklär´s mir bitte.

Wenn Du behauptest, dass ein Gedankengang so zwingend zu einem Ergebnis führen muss, wie, dass ein Stift vom Tisch zu Boden fällt, behauptest Du, dass Gründe und Argumente nur physikalische Ereignisse sind.
Nein, ich sage nur, daß sich das alles unter "Umstände" subsummieren läßt.
Bisher habe ich nichts gelesen, was dagegen spricht.

Nur, warum überzeugt ein Gedankengang dann den einen und den anderen nicht, warum überzeugt mich etwas jetzt und in drei Jahren nicht mehr?
Weil sich die Umstände ändern - sprich auch konkret DU Dich änderst, aufgrund von Erfahrungen usw.

Wir folgen eben nicht blind einer Regel,
Nein, das ist es ja!

TRennen wir zwei Dinge:

1. Der Determinismus ist universell anwendbar.
2. Wir selbst FFÜHLEN uns aber nicht detmeriniert und hühnerblind.

Ich habe das Gefühl, man kann sich schwer über 1. unterhalten, ohne daß sich 2. dazwischen drängelt.

(Und die Rolle der Physiker ist mir nach wie vor fremd. Abgesehen davon, daß sie die einzigen sind, die meinen, es gäbe indeterminierte Naturgesetze in der Quantenphysik)

Ich habe drüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, dass es absolut nichts ändert, wenn Du zu einem anderen Schluss kommst, würde mich das interessieren.
Hab ich Dir nicht von dem postulierten Streit mit meinem Gatten geschrieben? Würde ich also annehmen, er KANN nicht anders als sich so beschränkt verhalten, würde ich zunächst mal Ursachenforschung betreiben.

Ja, ich glaube, das ist es...:)!

Man würde von vorn herein viel mehr dazu neigen, den Dingen auf den Grund zu gehen, weil alles andere (Beleidigtsein, Rache, Ärger) vor den zwingenden Umständen unsinnvoll(er) wird.

Wenn wir unfrei sind, können wir uns gar nicht umstellen können, andernfalls wären wir frei.
Auch wieder wahr. Spricht für den Determinismus...:D

Kant, der Apostel der Aufklärung will den Menschen (in Was ist Aufklärung?) aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit führen und fordert uns auf den Mut zu haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen.
Auch eine Folge von Umständen. Und das macht es zu Umständen für die, die das dann lesen und sich ggf danach halten.

Ich glaube, dass die Kräfte des Verstandes insgesamt überschätzt wurden und werden und das sich hier nun ein Wandel vollzieht, aber dennoch ist das eine sehr kraftvolle Schrift die ich nicht einfach so vom Tisch wischen würde. Und das auch noch als selbsternannter Humanist.
Wir nähern uns an...
Aber genau das ist es doch: die Schrift ist von großem Wert, und schafft damit die Umstände für Kommendes. Ich finde nicht, daß sich das aussticht.

Du bist ja schon dabei.
Es besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus deterministischen Versatzstücken, aber da ich in den letzten Jahren die Kraft philosophischer Argumentation schätzen gelernt habe, weiß ich auch, wie wichtig es ist hier sauber zu argumentieren und insofern bereiten mir Teile meines eigenen Weltbildes Kopfschmerzen.
Da ich etliche folgereichere Ansätze kenne, als den von Schmidt-Salomon, haut dieser mich eben auch nicht gerade um und ich finde ihn philosophisch entsetzlich dünn.
Welche beispielsweise?

Wenn man nichts dafür kann, kann man aber auch nichts dran ändern.
Das ist eine echte Schwäche an MSS´ Argumentation.
Und wenn man sich dessen bewußt wird, WILL man es am Ende auch nicht (wenn es unbequem ist).

Von da wieder hinzukommen auf das aufgeklärte Individuum, das die Freiheit und Demokratie schätzt, wird schwierig.

Was diesen Gedanken denn so sexy macht, fragte der Herausgeber eines anderen Büchleins zur Diskussion um Hirnforschung und Willensfreiheit und kam zu eben jenem Schluss: Es entlastet. Ich kann ja eigentlich nichts dafür, dass ich bin, wie ich bin.
Richtig, aber das tut Gott auch.

Irgendwie ist es schon wahr, man sollte erst mal akzeptieren, dass man ist, wie man ist, aber wenn man etwas ändern möchte, sollte man sich auf ein: Ich kann auch anders, besinnen.
MSS meint dazu, daß man dieses "ich kann auch anders" als eine Folge des gegebenen Umstandes sehen kann/soll. Also Du bist dann quasi "dran" zu wollen, daß Du selbst etwas änderst.
Damit übernimmt man die Verantwortung für das eigene Schicksal, was von jeher keine Begeisterung auslöst.
Eben.

Eben, weil wir Erwachsene brechtigterweise mehr zutrauen.
Wenn sich ein Erwachsener völlig trottelig verhält, mit den Schultern zuckt und sagt: Es musste eben so kommen, würdest Du das in jedem Fall gelten lassen? Nein, Du würdest sagen, er hätte sich die Konsequenzen vorher überlegen können.
Richtig, würde ich - und wohl jeder so sozialisierte Mensch - so denken.

Und die Frage ist halt, ist das so richtig, oder ist die andere Möglichkeit überzeugender?

Willst Du nun spekulieren, oder knochentrockenen Alltag?
In dem braucht man den Determinismus nur in abgeschwächter Variante.
LOL
Mir fällt es scher, ohne Praxisbezug zu denken, sorry.

Ja, aber wer bist denn Du, wenn es Dich doch eigentlich gar nicht gibt?
Was machte Dich denn wesentlich aus, wenn ich Dich bitten würde, Dich zu beschreiben?
Ich bin nach wie vor die Summe meiner Eigenschaften und Charakterzüge, daran ändert sich ja nichts.

Warum sollte denn nicht ein Wandel in Deiner Einstellung, 1000 Deiner Alltäglichkeiten und nicht zuletzt die Architektur Deines Gehirns umstellen können, warum muss die Geschichte bottom up erzählt werden, wo doch top down eine alternative Möglichkeit bietet?
Ich denke mal, genauso wenig, wie man nicht "einfach so gläubig werden" kann, kann man sich nicht emotional auf eine andere Denke einlassen. Schon gar nicht, wenn sich die eine bewährt hat.

Du willst aber die Biologie (und Physik) umfassend ausdehnen, wenn Du postulierst, alles sei naturgesetzlich zu erklären.
Wieso? Es gibt dadurch doch nicht MEHR an Zuständigkeitsbereichen für die jeweilige Wissenschaft. Maximal die Neurologie hätte schwer aufzustocken, um bestimmte Dinge zu untersuchen.

Du siehst offenbar das Problem noch immer nicht.
Dass der Determinismus nicht widerlegt ist, stimmt, er ist nicht einmal widerlegbar.
Ja, seh ich.
Der Indeterminismus aber auch nicht.
Soll das etwa heißen, wir können uns darüber gar nicht sinnvoll unterhalten, weil wir sowieso nie zu irgendeinem Schluß kommen, mit dem man irgendwas anstellen kann?

Genau das ist sein philosophisches und wissenschaftstheoretisches Todesurteil und kein Ruhekissen, auf dem man sich ausruhen kann.
Eine Aussage hat nur dann wissenschaftlichen Wert, wenn sie prinzipiell falsifizierbar ist, also auch falsch sein kann.
Das stimmt - aber hat ein Weltbild je diesen Anspruch erhoben?
Spätestens wenn man bei ethischen Implikationen ankommt, hört doch die Wissenschaft auf, die Hauptrolle zu spielen.

Das kann der so erweiterte Determinismus aber gerade nicht und ist insofern ein Glaubensgebäude, dem man anhängen kann, wenn man lustig ist, mehr aber auch nicht.
Richtig, wie jedes andere Weltbild auch. Na gut, mit etwas mehr Wahrscheinlichkeit, aber grundsätzlich ist es eine Glaubens- und Wahrscheinlichkeitsfrage und keine wissenschaftliche Theorie.
Meine Meinung ist, dass es Fälle gibt, in denen ich drauf schei… würde, ob etwas wissenschaftlich ist oder nicht, nämlich immer dann, wenn mich etwas durch seine praktische Relevanz überzeugt hat.
Richtig, aber ob Du nun drauf schxxxx oder nicht, hat doch nichts damit zu tun, ob es grundsätzlich richtig ist oder nicht. Du setzt dann nur Dein ganz persönliches Stop-Zeichen und andere Maßstäbe an.
Das ist wissenschaftlich auch nicht haltbar...:D... menschlich aber verständlich.

Naja, das ist im Grunde banalstes Alltagswissen.
...und trotzdem weigern sich viele, das konsequent und auf alles (auch den freien Willen und die eigenen Handlungen und Wünsche) anzuwenden.

DA liegt doch die Krux.

Alles hat seine Ursache, nur prognostisch ist da nichts zu holen, weil alles so wahnsinnig kompliziert ist. Dieser Gedanken soll dann so neu, revolutinär und erschütternd sein, dass jeder der vor Langeweile gähnt, in Wirklichkeit nur die immensen Konsequenzen abwehrt, die darin bestehen, dass wir nicht mal Herr im eigenen Haus sind,
Das hätte z.B. auf das Strafrecht immensen Einfluß. Und auf den Umgang miteinander.

So, und nun erklär Du mir mal bitte kurz und knackig, was genau Du gegen einen konsequent angewandten Determinismus hast.

Und wo genau Deine Grenze liegt, und was es noch gibt (Zufall?), und worin man den Unterschied zum Determinismus dann erkennt...

Er ist nicht widerlegbar, ok, aber das liegt in der Natur der Sache, wenn man per se nie genug Daten für einen Beweis zusammen kriegt. Hat ja viel mit dem Wetterbericht gemeinsam...*g
 
Werbung:
AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"

Ich möchte mich korrigieren bezüglich dessen, was ich gestern zu Brigitte Falkenburgs Beitrag schrieb. Es geht in diesem nicht um verschiedene Formen des Determinismus (so wie ich es darstellte), sondern um verschiedene Formen von wissenschaftlichen Erklärungen, die teilweise deterministisch, teilweise weitgehend deterministisch, teilweise probabilistisch sind und in dem was wissenschaftliche Erklärungen ausmacht bunt gemischt vorkommt.
Die Dame hat viel mit Sozialwissenschaftlern zusammen gearbeitet, oder...:)?

Es ist eben gerade nicht zu klären, an welchem Punkt bestimmte Gleichgewichtssysteme kippen, zudem legt sie dar, dass der Begriff des Determinismus in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen jeweils abweichende Bedeutungen hat, so dass man sich aus verschiedenen Gründen nicht auf einen, allem Geschehen zugrundeliegenden Determinismus einigen kann.
Das verstehe ich nicht. Die Wiki-Definition ist so banal einfach, ich grüble gerade, wie es überhaupt möglich ist, da verschiedene Arten des Verständnisses von Determinismus rauszufinden.

Das wird an späterer Stelle beahndelt.
Bei Interesse kannst Du ja mal in das erwähnte Buch reinschauen, Falkenburgs Beitrag umfasst etwa 30 Seiten, das ist zu schaffen.
Gibt es das irgendwo online?
 
Zurück
Oben