AW: Michael Schmidt-Salomon: "Jenseits von gut und böse"
Wir müssen erst klären was determiniert bedeuten soll, sonst wird das ein sinnloses Wortgeplänkel.
Wahr gesprochen, also nehmen wir die auch von Dir weiter unten zitierte Wiki-Definition:
Determinismus (lat. determinare „abgrenzen“, „bestimmen“) bezeichnet die Auffassung, dass zukünftige Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind. Die Gegenthese (Indeterminismus) vertritt, dass es überhaupt oder in einem bestimmten Bereich der Realität Ereignisse gibt, die auch hätten anders eintreten können.
Können wir das als Diskussionsgrundlage lassen?
Ich snippe mal alle Passagen hier raus, die sich mit der Worterklärung befassen, auch um zu kürzen, ok?
Na durch das, was wir im Alltag tun.
Wir gehen eben nicht von einer determinierten Welt aus, und nicht von absolutem Zufall.
Ich glaube, "wir" machen uns gar nicht so die großen Gedanken drum. Was wir aber erleben, wenn wir drüber nachdenken, ist zu 99% determiniert, oder?
Du glaubst also, dass wir uns hier treffen mussten?
Dass es Pizza nur gibt, weil damit ich mich heute abend – die Pizza hat gewonnen – für sie entscheiden konnte? Was ist mit radioaktivem Zerfall, spontaner Entstehung von Teilchen im Vakuum und den Lottozahlen, alles Determination?
Ich sage ja nicht, das nichts determiniert ist, ich sage nur, es ist lange nicht alles determiniert und man entscheidet ganz selbstverständlich im Alltag darüber, auf was man Einfluss hat und auf was nicht.
Ich vertrete hier also ein solide Durchschnittlichkeit.
Zu Deinen Fragen: ja, ja, ja und ja...
Vielleicht mal andersrum: gib doch bitte ein Beispiel dafür, was dem D widerspricht. Dann wird es halt andersrum aufgezäumt.
Also bist Du Esoterikerin. Die Welt als Sinnganzes?
Wenn wir uns an die o.g. Definition halten, hat "Sinn" damit gar nichts zu tun.
Mich würde hier immer noch interessieren, was es, Deiner Meinung nach, für Implikationen hätte.
Man könnte lockerer miteinander umgehen, wenn man WIRKLICH der Meinung wäre, der andere könne nicht anders. Rache und Strafe wären sinnlos (Konsequenzen aber nicht!). Man könnte besser verzeihen.
Was mich trotzdem stört: die Rolle des ICH und seine Wirkung auf das eigene Leben wären nicht mehr vorhanden.
Wenn man sagt, alles Weltgeschehen sei im Grunde genommen nur eine Abfolge physikalischer (oder biologischer) Zustände, kennt man die, kennt man den Inhalt, dann sollte es möglich sein, dass Denken, Fühlen und Empfinden eines Menschen zu objektivieren, aus dem Ich ein Es zu machen, die Sprache des Subjekts in die Sprache des Objekts zu übersetzen, ohne dass ein unübersetzbarer Rest entstünde.
Theoretisch ja, praktisch wohl eher nicht. Man müßte wirklich minutiös Buch führen...
Dagegen ist nichts einzuwenden, allerdings an Banalität auch nicht zu überbieten.
Die Summe aller Umstände sorgte dafür, dass das was ist, so kommen musste, der Beweis: Es ist so gekommen. Chapeau.
Klingt banal, ist es aber ganz offensichtlich nicht.
Denn was Du hier beschreibst, ist exakt die o.g. Definition von Determinismus. Und den lehnst du ja - zumindest in seiner Hardcore-Form - ab.
Also nix banal...
Wenn Gott die Naturgesetze geschaffen hat, dann doch.
Wenn Du hier argumentierst, man brauche Gott aber nicht, bei den Naturgesetzen, es lassen sich auch ohne ihn brauchbare Ergebnisse erzielen, bin ich einverstanden.
Aber das Anhängsel Determinismus braucht ebenfalls kein Physiker.
Also lassen wir Gott (oder jedwedes andere bestimmende, planende und lenkende Wesen) mal raus.
Das mit dem Physiker erklär mir aber mal bitte.
Nein, der Determinismus ist keine Regel, sondern ein Postulat.
Naja, im Alltagsgeschehen eher nicht, oder? Und auch Du schreibst oben, es sei einfach zu banal.
Ich frag Dich einfach mal: wieso sollte Dein
Die Summe aller Umstände sorgte dafür, dass das was ist, so kommen musste, der Beweis: Es ist so gekommen.
nur ein Postulat sein soll (auch wenn wir es täglich 1000fach erleben), und warum
der erste Teil NICHT auf alles anwendbar sein soll.
Erklär´s mir bitte.
Wenn Du behauptest, dass ein Gedankengang so zwingend zu einem Ergebnis führen muss, wie, dass ein Stift vom Tisch zu Boden fällt, behauptest Du, dass Gründe und Argumente nur physikalische Ereignisse sind.
Nein, ich sage nur, daß sich das alles unter "Umstände" subsummieren läßt.
Bisher habe ich nichts gelesen, was dagegen spricht.
Nur, warum überzeugt ein Gedankengang dann den einen und den anderen nicht, warum überzeugt mich etwas jetzt und in drei Jahren nicht mehr?
Weil sich die Umstände ändern - sprich auch konkret DU Dich änderst, aufgrund von Erfahrungen usw.
Wir folgen eben nicht blind einer Regel,
Nein, das ist es ja!
TRennen wir zwei Dinge:
1. Der Determinismus ist universell anwendbar.
2. Wir selbst FFÜHLEN uns aber nicht detmeriniert und hühnerblind.
Ich habe das Gefühl, man kann sich schwer über 1. unterhalten, ohne daß sich 2. dazwischen drängelt.
(Und die Rolle der Physiker ist mir nach wie vor fremd. Abgesehen davon, daß sie die einzigen sind, die meinen, es gäbe indeterminierte Naturgesetze in der Quantenphysik)
Ich habe drüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, dass es absolut nichts ändert, wenn Du zu einem anderen Schluss kommst, würde mich das interessieren.
Hab ich Dir nicht von dem postulierten Streit mit meinem Gatten geschrieben? Würde ich also annehmen, er KANN nicht anders als sich so beschränkt verhalten, würde ich zunächst mal Ursachenforschung betreiben.
Ja, ich glaube, das ist es...
!
Man würde von vorn herein viel mehr dazu neigen, den Dingen auf den Grund zu gehen, weil alles andere (Beleidigtsein, Rache, Ärger) vor den zwingenden Umständen unsinnvoll(er) wird.
Wenn wir unfrei sind, können wir uns gar nicht umstellen können, andernfalls wären wir frei.
Auch wieder wahr. Spricht für den Determinismus...
Kant, der Apostel der Aufklärung will den Menschen (in Was ist Aufklärung?) aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit führen und fordert uns auf den Mut zu haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen.
Auch eine Folge von Umständen. Und das macht es zu Umständen für die, die das dann lesen und sich ggf danach halten.
Ich glaube, dass die Kräfte des Verstandes insgesamt überschätzt wurden und werden und das sich hier nun ein Wandel vollzieht, aber dennoch ist das eine sehr kraftvolle Schrift die ich nicht einfach so vom Tisch wischen würde. Und das auch noch als selbsternannter Humanist.
Wir nähern uns an...
Aber genau das ist es doch: die Schrift ist von großem Wert, und schafft damit die Umstände für Kommendes. Ich finde nicht, daß sich das aussticht.
Du bist ja schon dabei.
Es besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus deterministischen Versatzstücken, aber da ich in den letzten Jahren die Kraft philosophischer Argumentation schätzen gelernt habe, weiß ich auch, wie wichtig es ist hier sauber zu argumentieren und insofern bereiten mir Teile meines eigenen Weltbildes Kopfschmerzen.
Da ich etliche folgereichere Ansätze kenne, als den von Schmidt-Salomon, haut dieser mich eben auch nicht gerade um und ich finde ihn philosophisch entsetzlich dünn.
Welche beispielsweise?
Wenn man nichts dafür kann, kann man aber auch nichts dran ändern.
Das ist eine echte Schwäche an MSS´ Argumentation.
Und wenn man sich dessen bewußt wird, WILL man es am Ende auch nicht (wenn es unbequem ist).
Von da wieder hinzukommen auf das aufgeklärte Individuum, das die Freiheit und Demokratie schätzt, wird schwierig.
Was diesen Gedanken denn so sexy macht, fragte der Herausgeber eines anderen Büchleins zur Diskussion um Hirnforschung und Willensfreiheit und kam zu eben jenem Schluss: Es entlastet. Ich kann ja eigentlich nichts dafür, dass ich bin, wie ich bin.
Richtig, aber das tut Gott auch.
Irgendwie ist es schon wahr, man sollte erst mal akzeptieren, dass man ist, wie man ist, aber wenn man etwas ändern möchte, sollte man sich auf ein: Ich kann auch anders, besinnen.
MSS meint dazu, daß man dieses "ich kann auch anders" als eine Folge des gegebenen Umstandes sehen kann/soll. Also Du bist dann quasi "dran" zu wollen, daß Du selbst etwas änderst.
Damit übernimmt man die Verantwortung für das eigene Schicksal, was von jeher keine Begeisterung auslöst.
Eben.
Eben, weil wir Erwachsene brechtigterweise mehr zutrauen.
Wenn sich ein Erwachsener völlig trottelig verhält, mit den Schultern zuckt und sagt: Es musste eben so kommen, würdest Du das in jedem Fall gelten lassen? Nein, Du würdest sagen, er hätte sich die Konsequenzen vorher überlegen können.
Richtig, würde ich - und wohl jeder so sozialisierte Mensch - so denken.
Und die Frage ist halt, ist das so richtig, oder ist die andere Möglichkeit überzeugender?
Willst Du nun spekulieren, oder knochentrockenen Alltag?
In dem braucht man den Determinismus nur in abgeschwächter Variante.
LOL
Mir fällt es scher, ohne Praxisbezug zu denken, sorry.
Ja, aber wer bist denn Du, wenn es Dich doch eigentlich gar nicht gibt?
Was machte Dich denn wesentlich aus, wenn ich Dich bitten würde, Dich zu beschreiben?
Ich bin nach wie vor die Summe meiner Eigenschaften und Charakterzüge, daran ändert sich ja nichts.
Warum sollte denn nicht ein Wandel in Deiner Einstellung, 1000 Deiner Alltäglichkeiten und nicht zuletzt die Architektur Deines Gehirns umstellen können, warum muss die Geschichte bottom up erzählt werden, wo doch top down eine alternative Möglichkeit bietet?
Ich denke mal, genauso wenig, wie man nicht "einfach so gläubig werden" kann, kann man sich nicht emotional auf eine andere Denke einlassen. Schon gar nicht, wenn sich die eine bewährt hat.
Du willst aber die Biologie (und Physik) umfassend ausdehnen, wenn Du postulierst, alles sei naturgesetzlich zu erklären.
Wieso? Es gibt dadurch doch nicht MEHR an Zuständigkeitsbereichen für die jeweilige Wissenschaft. Maximal die Neurologie hätte schwer aufzustocken, um bestimmte Dinge zu untersuchen.
Du siehst offenbar das Problem noch immer nicht.
Dass der Determinismus nicht widerlegt ist, stimmt, er ist nicht einmal widerlegbar.
Ja, seh ich.
Der Indeterminismus aber auch nicht.
Soll das etwa heißen, wir können uns darüber gar nicht sinnvoll unterhalten, weil wir sowieso nie zu irgendeinem Schluß kommen, mit dem man irgendwas anstellen kann?
Genau das ist sein philosophisches und wissenschaftstheoretisches Todesurteil und kein Ruhekissen, auf dem man sich ausruhen kann.
Eine Aussage hat nur dann wissenschaftlichen Wert, wenn sie prinzipiell falsifizierbar ist, also auch falsch sein kann.
Das stimmt - aber hat ein Weltbild je diesen Anspruch erhoben?
Spätestens wenn man bei ethischen Implikationen ankommt, hört doch die Wissenschaft auf, die Hauptrolle zu spielen.
Das kann der so erweiterte Determinismus aber gerade nicht und ist insofern ein Glaubensgebäude, dem man anhängen kann, wenn man lustig ist, mehr aber auch nicht.
Richtig, wie jedes andere Weltbild auch. Na gut, mit etwas mehr Wahrscheinlichkeit, aber grundsätzlich ist es eine Glaubens- und Wahrscheinlichkeitsfrage und keine wissenschaftliche Theorie.
Meine Meinung ist, dass es Fälle gibt, in denen ich drauf schei… würde, ob etwas wissenschaftlich ist oder nicht, nämlich immer dann, wenn mich etwas durch seine praktische Relevanz überzeugt hat.
Richtig, aber ob Du nun drauf schxxxx oder nicht, hat doch nichts damit zu tun, ob es grundsätzlich richtig ist oder nicht. Du setzt dann nur Dein ganz persönliches Stop-Zeichen und andere Maßstäbe an.
Das ist wissenschaftlich auch nicht haltbar...
... menschlich aber verständlich.
Naja, das ist im Grunde banalstes Alltagswissen.
...und trotzdem weigern sich viele, das konsequent und auf alles (auch den freien Willen und die eigenen Handlungen und Wünsche) anzuwenden.
DA liegt doch die Krux.
Alles hat seine Ursache, nur prognostisch ist da nichts zu holen, weil alles so wahnsinnig kompliziert ist. Dieser Gedanken soll dann so neu, revolutinär und erschütternd sein, dass jeder der vor Langeweile gähnt, in Wirklichkeit nur die immensen Konsequenzen abwehrt, die darin bestehen, dass wir nicht mal Herr im eigenen Haus sind,
Das hätte z.B. auf das Strafrecht immensen Einfluß. Und auf den Umgang miteinander.
So, und nun erklär Du mir mal bitte kurz und knackig, was genau Du gegen einen konsequent angewandten Determinismus hast.
Und wo genau Deine Grenze liegt, und was es noch gibt (Zufall?), und worin man den Unterschied zum Determinismus dann erkennt...
Er ist nicht widerlegbar, ok, aber das liegt in der Natur der Sache, wenn man per se nie genug Daten für einen Beweis zusammen kriegt. Hat ja viel mit dem Wetterbericht gemeinsam...*g