AW: Elsass-Lothringen Teil der französischen Nation?
Hallo franzferdinand
Ich freue mich, dass Du Dich mit Fragen oder einfach Behauptungen an mich direkt wendest und werde sie gerne zu beantworten versuchen.
Ob und wie stark sich die Elsässer an den Wahlen beteiligen sagt meiner Meinung nach nichts darüber aus, ob sie zur deutschen Nation gehören, oder nicht. Sorben in Deutschland, oder die Kärntner Slowenen in Österreich werden sich auch an den Wahlen beteiligen (nehme ich halt mal an), obwohl sie eine Minderheit anderer Nationalität sind.
Das sagt m.M.n. sehr viel über die Nationalität aus, denn es gibt eine kleine aber gar nicht feine Strömung in Elsass, mit Verbindung zu Österreich, die gerade jeweils vor den Wahlen dafür wirbt, dass die Bevölkerung ihre Zugehörigkeit zur deutschen Nation damit manifestieren soll, die Wahlen des Besetzers zu sabotieren.
Überhaupt habe ich nirgends verlangt, dass sich Elsass-Lothringen an Deutschland anschließen soll. Ich habe bereits mehrfach in diesem Forum betont, dass Nation und Staatszugehörigkeit nicht daselbe sind.
Als eine Zumutung finde ich es ehrlich gesagt, dass du in einem deutschsprachigen Forum andauernd vom "l'Alsace" und der "Lorraine" schreibst. Du schreibst ja auch nicht "l'Autriche" und "l'Allemagne". Was soll das?
Ich habe Dir ebensowenig unterstellt, du hättest diesen Anschluss gefordert.
Hättest Du 'Nation' mit dem heute üblichen 'Sprachraum' ersetzt und nicht behauptet, Dich interessierten keine früheren politischen Territorien; was für Dich zählen würde, sei nur die Muttersprache bzw. die Tatsache, dass die Vorfahren deutsch sprachen, hätte ich vermutlich auch weniger heftig reagiert.
Aber auch der Begriff 'Kulturnation' hätte ich abgelehnt, weil der Kulturraum nicht identisch ist und wir ganz unterschiedliche Staatsbildungsprozesse 'durchlitten' haben. Die 'Doppelidentität' der Elsässer erschwert die Situation noch erheblich, eine ethnische Homogenität, die für eine 'Kulturnation' typisch wäre, ist nicht gegeben.
Im Völkerrecht haben ausserdem die Völker ein Recht auf Selbstbestimmung.
Dass die Bundesrepublik die Mischform zwischen der Staatsan- und Volkszugehörigkeit wählte, gilt es zu akzeptieren - für die Staatsbürger der Bundesrepublik!
Nun ja, und was die Zumutung, wie Du es nennst betrifft: ich betrachte es ebenfalls als eine Zumutung, hier so oft, zu oft!, Elsass-Lothringen zu lesen, das es nicht mehr gibt. Die französischen Namen sollten es lediglich verdeutlichen.
Auch deine Aussage, Elsass und Lothringen gehörten nur von 1871-1918 zu Deutschland ist falsch. Es gehörte ab 870 zum ostfränkischen Reich (aus dem später das Heilige Römische Reich Deutscher Nation hervorging) und musste erst nach dem 30-jährigen Krieg (1648) abgetreten werden.
Meine Aussage ist nicht falsch, Du hast nur nicht aufmerksam gelesen.
Ich schrieb keinesfalls Elsass
und Lothringen, sondern Elsass
-Lothringen. Es mag Dir als Haarspalterei erscheinen, für die Elsässer und die Lothringer ist es aber von grosser Bedeutung.
Über das Heilige Römische Reich Deutscher Nation habe ich bereits genug geschrieben (siehe auch Beitrag 394 in 'Sind die Öesterreicher Deutsche, z.T. an Dich gerichtet).
Ausserdem erwähnte ich den Absolutismus und Ludwig XIV., d.h. die 200 Jahre der Zugehörigkeit zu Frankreich, die nun mal die Regionen prägten. ob es Dir gefällt oder nicht. Es lässt sich nicht rückgängig machen.
Interessant finde ich, dass du nur die schlechte Behandlung Elsass-Lothringens unter deutscher Besatzung erwähnst. Die Unterdrückungen und den Assimilationsdruck unter den Franzosen erwähnst du (warum auch immer?) nicht...
Hier habe ich es nicht erwähnt, stimmt. Mein Beitrag beschäftigte sich auch lediglich mit Otto von Bismarck und der Zeit von Elsass
-Lothringen.
Unter diesem Blickwinkel erscheint es Dir vielleicht nicht mehr so 'interessant'.
Es scheint auch tatsächlich so sein, dass die Elsässer erst seit 1 bis 2 Generationen das Französische als Standardsprache sprechen. Die Leute älteren und mittleren Alters sprechen untereinander im deutschen Dialekt und die jüngeren französisch. Die Kommunikation der Älteren mit den Jüngeren findet auch auf französisch statt. Diese Informationen sind aus dem Internet, doch bitte korrigiere mich, wenn ich einem Irrtum aufsitze.
Auch dies habe ich hier schon mehrfach, aber auch ganz aktuell betont, m.W. gerade an Dich gerichtet. Aber ich werde nicht müde, es nochmals zu betonen. Dem Zentralismus Frankreichs ist es zu verdanken, dass die Dialekte im Begriffe auszusterben waren und wir bemühen uns nun seit Jahren, sie zu erhalten, nicht weil wir uns als Deutsche verstehen, sondern weil es gilt die Vielfalt zu erhalten, die uns bereichert.
Die Bilingualität ist darüber hinaus ein Geschenk. Gerade in der heutigen Gesellschaft, in der Europäischen Union etc. etc.
Was mich wirklich irritiert ist, dass es dich offensichtlich heiter stimmt, das sich dein Volk inzwischen fast gänzlich seiner deutschen Herkunft abgestreift hat und tolle Franzosen sein möchte.
Deine insgeheime Freude, dass die französische Sprache die deutschen Dialekte fast vollständig verdrängt hat, ist dir auch unschwer anzuerkennen.
Diese Deine Aussage irritiert nun mich. Woher Du zu wissen glaubst, dass ich eine insgeheime Freude daran habe, erschliesst sich mir wirklich nicht.
Ich habe das Deutsch auch erlernt, es ist nicht meine Muttersprache; habe hier z.B. erst kürzlich erwähnt, dass zwei meiner Kinder bereits eine deutsche Vorschule besuchen etc. Würdest Du die Themen, die Dich angeblich so interessieren, auch wirklich lesen, würdest Du mich dann auch beleidigen wollen? Ob ich 'toll' bin, müssten andere beurteilen, ich stelle diesbezüglich wenig Ansprüche -vielleicht ein klein wenig nur
, aber Franzose bin ich seit mehreren Generationen, weil sich meine Vorfahren der deutschen Herrschaft entzogen. Muss ich mich dafür in einem österreichischen Forum etwa noch entschuldigen?
Es ist 'Verdienst' Frankreichs Sprachpolitik, dass sich die Elsässer und Lothringer deutscher Sprache als minderwertige Franzosen fühlten und es ist 'Verdienst' der damaligen Deutschen, die diese Franzosen als Deutsche annektierten und sie als minderwertige Deutsche behandelten. Sollte man uns nicht endlich als Franzosen und Europäer zu Ruhe kommen lassen und als Freunde, wenn wir als Freunde kamen, betrachten?
Ebenfalls nachdenklich grüsst
Jérôme