Ich hoffe nun sehr, dass es mir keiner übel nehmen wird, wenn dieser Thread tatsächlich mehr in Richtung Meinungsfreiheit gehen wird, als Richtung Historikerdebatte.
Erst einmal aber meinen Dank an Hartmut, an Ziesemann und an Claus, die so sachlich und kompetent das Thema hier beleuchten.
Eigentlich wurde hier schon wichtiges geschrieben zur Meinungsfreiheit aber der Kontext blieb dabei mehr oder weniger die Diskussion der Historiker in Frankreich.
Warum auf einmal der Schwenk auf Meinungsfreiheit bzw. Pressefreiheit? Weil diesbezüglich zur Zeit, und wieder in Frankreich, eine sehr kontroverse Debatte stattfindet. Der Anlass sind nun die sehr umstrittenen Karikaturen des Propheten Mohamed, ursprünglich in Dänemark erschienen, jetzt aber von "France Soir" auch gezeigt. Zwar wurde der Chefredakteut inzwischen gefeuert, aber einen Tag nach dem Erscheinen der Karikaturen, konnte man in "France Soir" lesen: "Die Schockwelle, die die islamische Welt erschüttert". Ein seltsames Doppelspiel, denn die Redaktion steht hinter den gefeuerten Journalisten.
Nun die Frage: Wie weit darf Pressefreiheit gehen? Die ganze französische Presse beschäftigt nun dieses Dilemma.
Dazu Philippe Val von der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo":
"Es geht hier nicht um eine Provokation. Hier wird nur das Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt. Und das missfällt denen, die gegen die freie Meinungsäußerung sind. Doch unsere Gesellschaft fußt auf der Pressefreiheit. Wir haben uns gegebenenfalls vor Gericht zu verantworten, nicht aber vor religiösen Gruppen."
Frankreichs Muslime sind empört und ihnen haben sich solidarisch alle Vertreter anderer Glaubensrichtungen angeschloßen.
Dazu sagt Michel Dubost, Erzbischof von Evry:
"Die Bombe zeigen und den Islam mit Terrorismus gleichsetzen. Das ist doch, als wollte man die Muslime gegen den Rest der Menschheit aufbringen."
Dem schliesst sich auch der Großrabbiner von Paris, David Messas mit den Worten an:
"denn sie fühlen sich in ihren Überzeugungen erschüttert und gedemütigt".
Die linksliberale "Libération" zeigt zwei Mohammed-Karikaturen unter dem Titel "die satanischen Zeichnungen", und spielt so auf die "Satanischen Verse" von Salman Rushdie an.
"Libération" solidarisiert sich völlig mit "France Soir", denn es geht - so dessen Standpunkt - schließlich dabei um die Pressefreiheit, ohne der die Demokratie nicht denkbar ist.
Der konservative "Figaro" ist da anderer Meinung und findet die Karikaturen und derer Veröffentlichung schlecht - denn dies sei eine Provokation und dabei eine Dummheit. Man würde das Risiko nicht scheuen, "die fünf Millionen Muslime im eigenen Land in einen Kampf der Kulturen zu ziehen."
Es stellt sich die Frage, wie ein Balanceakt zu vollbringen wäre zwischen den Respekt vor Glaubensrichtungen und der Pressefreihei. Wo setzt eine eventuelle Selbstzensur ein, wann muss man auf die Versuchung verzichten Pressefreiheit auszuüben, weil dadurch Verletzungen stattfinden könnten?
"Ich darf den Propheten nicht zeichnen", schreibt der Karikaturist von "Le Monde". Solange und sooft macht er dies, bis eine Zeichnung entsteht. Sie zeigt Mohammed, den Propheten.