Liebe(r?) Phoenix,
bitte um Entschuldigung, dass ich deinen schönen Nick nicht so ganz einem Geschlecht zuordnen vermag.
Du hast völlig recht mit deinem Standpunkt, nur denke ich, dass in Frankreich, anders als in Deutschland, die so genannte Suche nach der historischen Wahrheit, sehr spät eingesetzt hat.
In Deutschland konnte eine Betrachtung der geschichtlichen Ereignissen nicht früher einsetzen, dafür gibt es verschiedene Gründe, ich nenne hier nur zwei davon:
- es lebten in den fünfziger und sechziger Jahren noch sehr viele der Aktiven des zweiten Weltkrieges, noch dazu in höheren oder hohen Positionen
- es musste Zeit vergehn, um das Betrachten der Dramen rund um Holocaust, Vertreibung, etc... überhaupt auszuhalten.
Es mussten Stimmen laut werden - ich werde nur zwei nennen - wie die von Mitscherlich (Die Unfähigkeit zu Trauern), oder vorläufig weniger bekannt, die von Thomas Harlan, Sohn des berühmtesten Film-Regisseurs der Nazi-Zeit, Veit Harlan (Jud Süß). Er hat sein Leben der Aufdeckung von Verbrechen der NS-Zeit gewidmet. In Kürze wird ein Buch zur Rolle und zum Werk von Thomas Harlan erscheinen - und ich habe ihn deswegen hier als Beispiel genannt.
Doch denke ich, dass auch die Debatte in Frankreich sinnvoll ist, für mich war der Artikel aus Le Monde (mein Beitrag vom 2.2. 17:50) sehr aufschlussreich mit seinem für mich zentralem Satz, den ich hier wiederhole:
Das Wiederbetrachten der Vergangenheit muss auf der Basis einer widersprüchigen Diskussion stattfinden und dabei sollte man akzeptieren, dass die Gedächnisse gegensätzliche Standpunkte einnehmen, bevor ein kollektives Gedächnis sich bildet.
Ich denke, Phoenix, das entspricht auch ganz deinem Standpunkt.
Gruß von Miriam