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Die Gewissheit als Religion

AW: Die Gewissheit als Religion

Ich glaube übrigens nicht, daß es das Ziel Darwins war, die Bibel zu widerlegen.

Hallo zwetsche,

dieser Ansicht bin ich auch. Darwin kam allmählich zur Ablehnung der biblischen Offenbarung:

Zitat Darwin:
"So kroch der Unglaube sehr langsam über mich, war aber zuletzt vollständig. Das ging so langsam, dass es mir keine Not machte, und ich habe seither nie auch nur eine einzige Sekunde gezweifelt, dass mein Entschluss richtig war. Ich kann in der Tat kaum verstehen, wie irgend jemand wünschen sollte, das Christentum sei wahr."

Übrigens jährt sich der Todestag C. Darwins in diesem Jahr zum 125. Male, siehe dazu auch den Beitrag #46 im Thread "Noch mehr Jubiläen":

https://www.denkforum.at/forum/showthread.php?t=4426&page=4

Gruss
Hartmut
 
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AW: Die Gewissheit als Religion

Hi zwetsche, frankie!

Ich spreche neutral vom Glauben und ihr wettert gegen angebliche Ausprüche aus der Bibel und dem Koran. Ist das Feindbild so groß?;)

Damit ich wissenschaftliche Erkenntnisse, wissenschaftliche Methodiken anerkenne muß ich an sie glauben. Ich muss ihre Richtigkeit annehmen. Das ist nicht von Natur aus so. Ich muss sie erlernen. Glauben das sie richtig sind und dann darauf aufbauen. Dieser Vorgang passiert bei jedem Glaubenskonstrukt.
Die Leute von früher haben viele für mich unsinnige Dinge geglaubt (mit und ohne Wissenschaft z.B. Radioaktivität) und wir werden wahrscheinlich auch viele unsinnige Dinge glauben.(mit und ohne Wissenschaft)

zwetsche schrieb:
, die Wahrheit in dem für mich so weit wie möglich erschließbaren Rahmen zu suchen.
Ja, genau! Und ich kann nicht sagen, was für dich die Wahrheit ist. Ich kann nur sagen, was für mich die Wahrheit ist. Die Wissenschaft ist ein geniales Mittel der Kommunikation und der Aneignung von "Wissen", aber es ist kein Garant für die Wahrheit oder wahrheitsnähe.


lg,
fussel
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Die Gewissheit als Religion

Ich habe den Eindruck das viele Biologen an ihre Grenzen stoßen, wenn es darum geht, die Abstammungslehre wissenschaftlich zu beweisen.
Wenn sie nicht mehr weiterwissen nehmen sie einfach den Joker "Zufall" zu Hilfe und schon entsteht alles von selbst.

....

Charles Darwin war ein Exponent des kausal-mechanistischen Weltbildes des 19. Jahrhunderts. Die
Grundlagenkrise der Physik in den 1920er Jahren und das Aufkommen der Quantenphysik zwangen dazu,
dieses Weltbild aufzugeben.

Da hast du dir wohl ein Eigentor geschossen, almar!

Zuerst kritisierst du die Beschränktheit des kausal-mechanistischen Weltbildes von C. Darwin und verweist dann auf die Quantenphysik, welche diesem Weltbild widerspricht. Dann schreibst du vom Joker "Zufall", den die Biologen bemühen, um die Abstammungslehre wissenschaftlich zu beweisen.

Du hast nun leider übersehen, dass in der Quantenphysik der objektive Zufall von zentraler Bedeutung und keinesfalls nur ein "Joker" ist.

Was A. Einstein schon störte: Gott würfelt nicht!

Die Antwort von N. Bohr darauf lautete:

"Aber es kann doch nicht unsere Aufgabe sein, Gott vorzuschreiben, wie Er die Welt regieren soll."

Die Evolutionstheorie postuliert die Entstehung von Ordnung aus Chaos, von Systematik aus Stochasmen,
von Intelligenz aus Nicht-Intelligenz, von Information aus Zufall. Dieses Postulat ist mit unserer
Erfahrungswirklichkeit nicht vereinbar.

Die Entstehung von Ordnung aus Chaos ist anhand etlicher Experimente - die nicht direkt mit der Entstehung von Leben zu tun haben - nachgewiesen und ist folglich mit der Erfahrung vereinbar.

Zur sog. "Überforderung von Mutation und Selektion" werde ich mich noch äussern.

Gruss
Hartmut
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Damit ich wissenschaftliche Erkenntnisse, wissenschaftliche Methodiken anerkenne muß ich an sie glauben.

Du musst nicht an sie glauben im religiösen Sinne, sondern du musst dich davon überzeugen, dass sie objektiv (vorurteilslos) funktionieren.

Sinn macht, was für jeden jederzeit nachvollziehbar ist.

Die Leute von früher haben viele für mich unsinnige Dinge geglaubt (mit und ohne Wissenschaft z.B. Radioaktivität)

Das ist nun mal der Weg der Erkenntnis. Früher hatten die Leute einfach keine Kenntnis von der Wissenschaft.

Die Wissenschaft ist ... kein Garant für die Wahrheit oder Wahrheitsnähe.

Wer sollte denn sonst der Garant sein? Etwa die Religion?

Gruss
Hartmut
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Hi Hartmut,

Wer sollte denn sonst der Garant sein? Etwa die Religion?

der Thread behandelt doch letztendlich Fundamentalismus.

wiki schrieb:
Fundamentalismus ist allgemein gesehen eine Überzeugung, die sich zu ihrer Rechtfertigung auf eine Grundlage beruft, die auf einer Letztbegründung beruhe und absolut wahr sei. Nicht nur Religionen, sondern auch Philosophien, Weltanschauungen oder politische Theorien vertreten so nicht selten den Anspruch auf den Besitz der absoluten Wahrheit, was praktisch einhergeht mit einer Aufspaltung der Mitmenschen in Rechtgläubige und Ungläubige bzw. im Konfliktfall in Freund und Feind

Es geht hier nur darum andere Wege und Denkweisen als gleichberechtig zu akzeptieren. Ich halte mein Weltbild und die Wissenschaft für richtig, aber ich weiß es nicht. Alle Regeln, Axiome (..du musst dich davon überzeugen, dass sie objektiv (vorurteilslos) funktionieren..) sind von mir erschaffen worden.
Und wenn ich deine Regel bei mir anwende, kann ich nur sagen ich funktioniere nicht vorurteilslos, also ist doch mein Weltbild niemals wahrer als andere nicht objektive Weltbilder.

Sinn macht, was für jeden jederzeit nachvollziehbar ist.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind für die wenigsten nachvollziehbar. Ich erreiche irgendwo meine mathematischen Grenzen. Ich kann auch nicht Experte in allen Gebieten sein, also muss ich glauben.

Worin siehst du den unterschied zwischen Glauben und religiösen Glauben?
Glaubst du man lebt von Montag bis Freitag in einer realen Welt und glaubt nur Dinge die .... nachvollziehbar sind und am Sonntag gönne ich mir mal etwas nicht nachvollziehbares? Oder der religiöse Glaube ist so etwas wie ein Hobby, eine kleine Spinnerei?
Ich denke, der Unterschied liegt nur im Inhalt, aber nicht in der Art und Weise.
Man glaubt nur in einer Art und Weise, dies ist wahrscheinlich auch der Grund warum du Atheist bist.

ganz liebe grüße,
fussel
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Ja, das meine ich tatsächlich: es gibt zwei Arten von Glauben. Der eine Glaube ist das, was ich entscheiden muss, obwohl ich nicht alle Fakten kennen kann. Er ist auf die Zukunft ausgerichtet, und er ist auf mein ganzes Leben und meinen Tod ausgerichtet. Wenn ich will, dass mir mein Leben insgesamt gelingt, dann muss ich mich zu irgendetwas entscheiden.

Das kann mir niemand abnehmen. Und eine Möglichkeit ist: ich glaube an Jesus Christus und lebe danach. Eine andere ist: ich glaube daran, dass es gar keinen Gott gibt, und richte mein Leben danach aus. Genauso kann ich Moslem sein, Buddhist oder sonstwas. Ich kann mir auch einen Gottesglauben selbst bauen und mich keinem von denen anschließen, die zur Zeit angeboten werden. Aber wenn ich diese Entscheidung bewusst treffe, dann muss ich sie auf einen Glauben gründen. Und ich muss akzeptieren, dass andere Menschen in dieser Frage anders entscheiden als ich und dass sie damit der "Wahrheit" ganz genau so fern/nahe sind wie ich.

Sobald aber welche behaupten, mit ihrem Glauben der Wahrheit näher zu sein als andere, ist zumindest eins ganz klar: wegen dieser Behauptung sind sie der Wahrheit ganz sicher ferner als alle anderen, die das nicht behaupten.

Der zweite Glaube aber an das, was Wissenschaft produziert, hat mit meiner Lebensentscheidung absolut nichts zu tun. Es kann mir bloß in meinem Alltag dazu dienen, dass ich angenehmer leben kann. Technisch einfacher. Einen Sinn für mein Leben wird mir die Wissenschaft nie geben.

So gesehen ist z.B. die Evolutionstheorie ja komplett überflüssig für mein Leben. Außer, dass ich mir persönlich deren Kernaussagen z.B. bei der Evolution meiner Computerkunstwerke zu Nutze mache. Und da wirken Darwins Erkenntnisse - gepaart mit denen von Jean Piaget und Luc Ciompi - tatsächlich. Mir hilft die Evolutionstheorie technisch in meinem Leben. Aber bei meiner Sinnfrage hilft sie nicht.

Insofern ist das die zweite Art von Glauben: die wissenschaftliche, die vollkommen egal für mein Leben ist, so lange ich keine wissenschaftlichen Erkenntnisse technisch nutze. Und wenn ich das tue, dann muss ich an nichts glauben: ich schaue einfach, wie gut sie bei mir funktionieren.

lg Frankie
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Mir ist hier noch ein Missverständnis aufgefallen, wie ich glaube:

Wenn Charles Darwin eine Theorie aufstellt, dann geht es ihm nicht darum, dass er allen anderen beweist, wie recht er hat. Sondern er bietet allen Interessierten - und nur denen - eine Erklärung für das Aussehen der Welt an, nämlich all jenen Interessierten, denen das Buch Genesis als Erklärung Kopfweh bereitet.

Und siehe: bei mir wirkt diese Theorie. Mein Kopfweh ist weg. Aber Charles Darwin will nichts von uns. Er ist tot. Er hat keinen Sendungsauftrag. Seine Theorie ist ein Geschenk an die Welt, und wer etwas damit anfangen kann und will, der soll es tun.

Es gibt normalerweise keinen Grund, sich überhaupt die Frage zu stellen, ob man an diese Theorie glaubt oder nicht. Bloß wenn man Kopfweh hat (oder ein alltägliches oder technisches Problem) und die Theorie ist als Lösung wirksam, dann soll man sie verwenden. Für die Beantwortung von Glaubensfragen ist sie so ungeeignet wie jede andere wissenschaftliche Theorie.

Sie ist nur ein Angebot. Und wer sie verwendet, der wird sofort sehen, ob sie wirkt.

Beim Glauben ist das anders. Zum einen sind da Religionen bzw. Fanatiker, die die Weltherrschaft anstreben. Die sind nicht nur ein Angebot.

Zum anderen aber, und das ist für mich der wirklich wesentliche Punkt, muss jeder Glaube an Gottheiten, die den Menschen vom Tod befreien können, den Beweis seiner Wirksamkeit schuldig bleiben.

Wenn eine Religion verspricht, dass es dir im Diesseits besser geht, dann kannst du das ausprobieren. Wie eine Medizin. Wirkt sie hier und jetzt?

Von diesem "Experiment des Glaubens" war hier schon die Rede.

Aber wenn eine Religion auf das Jenseits abzielt, dann kannst du dich hier noch so wohl und fromm und brav und gut und erfolgreich wegen deines Glaubens fühlen: aber ob dir dein Leben tatsächlich gelungen ist, das sagt dir am Ende Gott.

Und wenn hier ein Mensch behauptet, seine Glaube trage zum Gelingen seines Lebens bei, dann will ich zuerst hören, was Gott zum Leben dieses einen Menschen sagt. Dann glaube ich. Das wäre ein Beweis.

Aber den wird es nie geben. Daher gibt es zwei Arten von Glauben: den Glauben an das, was ich hier auf der Welt ausprobieren und beweisen kann, und den Glauben an das, was ich hier nicht beweisen kann: den Glauben an den richtigen Weg ins Paradies.

Zum einen Beweis brauche ich nur mein Urteil. Zum anderen Beweis brauche ich aber das Urteil Gottes.

lg Frankie
 
AW: Die Gewissheit als Religion

Bei uns Treffen die Ansichten von Haben oder Sein aufeinander.

Das kapiere ich jetzt nicht. Vielleicht willst du das näher erklären.


Mir ist noch eingefallen, dass ich den Satz des Pythagoras an jedem ebenen, rechtwinkeligen Dreieck ausprobieren kann, das ich finde. Trotzdem muss ich keineswegs glauben, dass er für alle ebenen, rechtwinkeligen Dreiecke gilt. Aber ich kann alle Menschen der Welt darum bitten, dass sich jeder sofort bei mir melden soll, der ein ebenes, rechtwinkeliges Dreieck gefunden hat, für den der Satz des Pythagoras nicht gilt.

Und ich kann den Beweis des Pythagoras dafür, dass sein Satz immer gelten muss, selbständig durchdenken, und auch da kann ich jeden Menschen der Welt darum bitten, sich sofort bei mir zu melden, wenn einer einen Fehler in diesem Beweis entdeckt.

Das meine ich damit, dass ich für den Glauben an den Satz des Pythagoras, für den Glauben an bestimmte wissenschaftliche Erkenntnisse, nur mein eigenes Urteil benötige. Und all die Urteile, die wir uns da mit vereinten Kräften aus Beobachtung, Forschung und kühler Überlegung bilden können, die nennen wir "Wissen". Auch wenn uns dabei klar ist, dass in jeder Sekunde doch jemand auftauchen könnte, der uns ein ebenes, rechtwinkeliges Dreieck bringt, für das der Satz des Pythagoras nicht gilt. Oder der eine Lücke im Beweis des Pythagoras findet. Aber in Bezug auf alle Wissenschaft sind wir als Menschen unabhängig und selbständig. Da brauchen wir keine höhere Macht für ein Urteil. Das Ausprobieren der Wirksamkeit hier auf der Welt ist uns Beweis genug.

Aber für den Glauben an den richtigen Weg ins Jenseits brauchen wir das Urteil Gottes, um einen Beweis zu haben.

Wer das eigene Leben nach seiner Auffassung (z.B.) der Bibel lebt, der kann ja wirklich erleben, dass ihm sein Leben selbst gefällt. Aber ob dieses Leben nach den Buchstaben der Bibel - wie er sie versteht - auch Gott gefällt, das kann niemand sagen. Da kann jeder selbstgefällig sein, so viel er will. Ob sein Leben auch gottgefällig ist, für diesen Beweis brauchen wir das Urteil einer höheren Macht. Dazu brauchen wir ein Jüngstes Gericht.

Insofern ist da sehr wohl ein Unterschied zwischen dem Glauben an das, was wir ohne Gottes Hilfe überprüfen können (und daher "Wissen" nennen), und dem, was wir ohne Gott nicht beurteilen können. Das zweitere nennen wir "Glauben" in dem Vertrauen, dass Gott es gut mit uns meint. Aber da sind wir abhängig.

Und auch, wenn ich als Null-Gott-Glaubender am Ende doch vor Gott stehen sollte, fühle ich mich nicht schlecht: ich werde zumindest sagen können, dass ich für nichts, für absolut gar nichts in meinem Leben Gott die Schuld gegeben habe...

lg Frankie
 
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AW: Die Gewissheit als Religion

Und auch, wenn ich als Null-Gott-Glaubender am Ende doch vor Gott stehen sollte, fühle ich mich nicht schlecht: ich werde zumindest sagen können, dass ich für nichts, für absolut gar nichts in meinem Leben Gott die Schuld gegeben habe...

na, ob das mal reicht, frankie, ts ts

Aber Spaß beiseite. Meine Zustimmung. Wenn ich noch anmerken darf: Der Satz des Pythagoras ist ja nun zudem schon ziemlich alt. Und er hat bis heute Geltung. Freilich ist diese Unangreifbarkeit auch eine Besonderheit der Mathematik (aus der ja Kant nicht zuletzt deshalb auch geschlossen hat, es müsse auch Erkenntnis a priori geben) gegenüber anderen Wissenschaften.

Ich wage aber zu behaupten, daß auch Darwins Lehre die Zeit überdauern und Bestand behalten wird, es sei denn, er darf eines Tages nicht mehr gelehrt werden. Das allerdings hätte dann religiöse oder politsche Gründe und macht die Lehre nicht falsch, sondern unbekannt...

...ähnlich wie so ziemlich jeder Fortschritt den Menschen im Mittelalter, zumal unter Androhung übelster Strafen, vorenthalten wurde.

@Fussel: Ich denke, wir diskutieren hier deshalb aneinander vorbei, weil Du auf der Ebene des Finalismus zu argumentieren versuchst, ich (u.a.) dagegen auf der Ebene der Kausalität. Nochmals: Ich will niemanden seinen Gott abspenstig machen, aber auch gläubige Menschen sollte doch zumindest soweit die Tatsache akzeptieren (und nebenbei auch froh darüber sein), daß ihr PKW zum sonntaglichen Gottesdienst sich in Bewegung setzt, weil Carl Benz einmal eine überragende Erfindung gemacht hat und nicht, weil Gott irgendwann mal ein Auto vom Himmel geworfen hat.

Gruß
Zwetsche
 
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