Dann setzt Du Vernunft mit Verstand gleich, und die ausgeschlossene Emotionalität führt abgespalten ihr Eigenleben, so dass Hass zur Grundlage von Entscheidungen, wie sie jeder Fanatismus benötigt, werden kann.
Ich habe den Verstand als Basis der Vernunft bezeichnet. Die Vernunft ist dann das Ergebnis von Abwägungen, die der Verstand nach rationaler Überprüfung für schlüssig erklärt hat. Nach dieser Definition kann dann Hass nicht zur Grundlage von Entscheidungen werden, weil er der Vernunft widerspricht. Fanatismus ist sogar ausgeschlossen, weil er einer rationalen Überprüfung nicht standhält.
Vernunft speist sich meiner Vorstellung nach aus reflektierter Erfahrung=Bewusstsein, Wahrnehmung seiner Bedürfnisse, die, wenn sie zu lange vernachlässigt wurden, sich durch starke Emotionen bemerkbar machen, gespeichertes kognitives Wissen als Ergebnis wissenschaftlicher Forschung und einen durch Erziehung in richtig und falsch einteilenden Verstand.
Wenn du als Basis der Vernunft emotionale Kriterien bevorzugst, dann gilt natürlich deine Aussage. Ich habe ja nicht behauptet, dass meine Einstellung allgemeingültig sein soll. Ich bevorzuge eben die rationale Kontrolle über meine Emotionen, und ich muss zugeben, dass es mir auch nicht immer gelingt. Das nur, damit du mir nicht voreilig Gefühlskälte unterstellst.
Den Begriff „Erfahrung“ sehe ich jedoch in Bezug auf Emotionalität eher als Assoziation an, weil sie nicht immer rational überprüfbar ist. Erfahrung ist logisch zerlegbar und für rationale Entscheidungen unverzichtbar.
Die Wertung der Begriffe richtig und falsch versuche ich jedenfalls möglichst von meiner Erziehung loszulösen, weil sie dann eben nicht dem Verstand zuzuordnen wären. Ich will jeweils im Einzelfall entscheiden können, was richtig und was falsch ist, nach den jeweils gegebenen Kriterien, um mir nach Möglichkeit die nötige Objektivität zu bewahren.
Ich muss zugeben, meine Einstellung lässt keinen Spielraum für Religiosität übrig.