AW: Das 10-Punkte-Manifest
Ja, so ein Donnerknall könnte uns tatsächlich befreien. Nur ist das, was danach kommt, auch besser ?
Klar, das ist die große Kunst, bzw. das Problem dabei, dass nicht ein Mubarak nach einer Revolution durch einen Mursi ersetzt wird. Es hat nur Sinn, wenn sich grundlegend etwas ändert. Tapetenwechsel hatten wir zur genüge, während das Haus dahinter weiter verrottete.
Politischer Pluralismus heißt, dass nicht alle in allem Belangen gleicher Meinung sind und auch nicht alle gleiche Wünsche haben. Dass die großen Parteien sich nicht sehr unterscheiden, kann einerseits als Negativum interpretiert werden, weil 'langweilig'. Andererseits kann es als Positivum gesehen werden - wenn man davon ausgeht, dass sie 'im Großen und Ganzen' mit ihren Linien richtig liegen. Man kann selbst natürlich anderer Meinung sein, aber politisch relevant ist nur die des Volkes als Ganzes.
Dennoch - du weißt bereits, dass ich so denke - können wir ein Minimalpaket an Grundbedürfnissen schnüren, das für alle gleich ist. Es ist natürlich unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen zu tun. Dass es Leute gibt, die damit nicht zufrieden sein werden oder es für zu üppig ansehen, das ist klar. Darüber müsste diskutiert werden. Es geht m.E. primär darum, wieviel der vorhandenen Verbrauchsgüter und Leistungsfähigkeit zur Sicherung der Grundbedürfnisse (must have) bereitgestellt wird, und wir groß der Anteil sein darf, der einem rein marktwirtschaftlichen Spiel der Kräfte zur Verteilung von Luxusgütern (nice to have) überlassen werden darf. Es ist letztlich niemandem dienlich, wenn gleichzeitig eine wachsende Zahl von Systemprofiteuren die Wirtschaft durch Konsum von überflüssigen Luxusprodukten am Leben halten, während die noch rasanter wachsende Zahl an Absteigern kaum noch das Allernötigste erwirtschaften kann. So sieht es aber derzeit aus. Das Fundament ist morsch, ausgehöhlt von Leuten, denen das Gemeinwohl schlicht egal ist, egal sein kann, weil ihnen persönlich keine Nachteile daraus erwachsen. Die Nachhaltigkeit wird privaten, kurzlebigen Vorteilen geopfert.
Gibt es überhaupt noch so etwas, wie eine Grundausrichtung der Parteien? Ich sage: nein. Das System selbst hat alle fest im Griff, sie können kaum etwas bewegen. Nur ganz wenige, unsere Madame Merkel z.B. haben Möglichkeiten. Weniger unter Ihresgleichen, aber im Inneren. Die aber wollen nicht, sondern nur das (aus meiner Sicht furchtbare) Leben ganz oben genießen. Wir als Volk kommen auf ihrem Schirm nur als Wähler vor, die man gegen Ende der Legislaturperiode irgendwie besänftigen muss. Sie denkt genau, wie du: "denen geht es gut, sie jammern unbegründet". Wie es sich anfühlt, wenn jede soziale Sicherheit genommen wurde (ja, ich weiß!!!), und der Alltag im Dauerlauf gerade noch so das Halten des vertrauten Umfelds ohne Luxus ermöglicht, während alle Indizies nach unten zeigen, das weiß sie nicht, kann es nicht verstehen, denn ihre Zukunft ist ja üppigst abgesichert, s.o.
Belair57 schrieb:
Und wer soll dann entscheiden was vernünftig oder sinnvoll ist, wieder Eliten, Politik, oder Lobbies ?!?!?!?
Warum habt ihr alle so viel Angst vor direkter Demokratie ???
Keine Angst, nein. Das Problem dabei ist die Machbarkeit, es ist schlicht unmöglich, Wünsche und Willen aller zu berücksichtigen. Es geht nur darum, ein gerechteres System zu schaffen, das die Grundbedürfnisse besser befriedigt und mehr Chancen bietet, als derzeit. Dann kommt hinzu, dass tatsächlich ein Großteil die Zusammenhänge nicht überblicken kann, weil die Fähigkeit dazu fehlt oder auch nur das Interesse. Hier gilt es, die Vertrauenswürdigkeit des staatlichen Systems wieder herzustellen, das in den letzten Jahrzehnten arg gelitten hat. Die meisten Leute sind mit viel weniger zufriedenzustellen, als mancher ahnt - und ihre Unzufriedenheit hat triftige Gründe.