Die Richtigkeit von K2 besagt nichts über die individuellen Farbeindrücke, denn die Korrektheit des Modells beschränkt sich auf die empirisch zugängliche Welt. Farbeindrücke sind nicht Bestandteil dieser Welt, wie du selbst mehrfach betont hast.
Ich verstehe schon, was hier mit Farbeindrücken gemeint sein soll, ich teile aber die Schlussfolgerungen nicht.
Maßgebend für die Ergebnisse des Farbexperiments - ein Vergleichsexperiment - ist nicht eine wie auch immer "vorgeschaltete" Farbwahrnehmung. Auf eine solche hat der Proband gar keinen Zugriff.
Lassen wir die Art des Farbeindrucks einmal völlig außen vor, als eine Art noch leere Variable, dann lassen sich dennoch aus der Art des Farbexperiments und seinen Ergebnissen eine Reihe von Schlussfolgerungen ziehen:
1. Der Proband beurteilt die Fragestellung - sind die zwei Farben identisch oder nicht identisch? - nach seinem Farbeindruck. Denn der Proband beantwortet diese Frage nach seinem
Farbeindruck, denn dies ist das einzige Ausgabeergebnis, welches ihm zur Verfügung steht. Auch wenn dies ausschließlich in seinem Gehirn stattfindet. Die Kategorien "Farbwahrnehmung" und "Farbeindruck" sind daher - im Zusammenhang des Experiments - synonym.
2. Egal, wie der Farbeindruck auch immer individuell aussehen mag, so existieren 4 Grundfarben. Es sind zwischen benachbarten Grundfarben fließende Übergänge möglich, nicht aber zur jeweils diametral gegenüberliegenden Grundfarbe. Der Weg zu dieser führt zwingend durch die Grauachse, als einer Art "5. Grundfarbe".
3. Egal, wie der Farbeindruck auch immer individuell aussehen mag, so lassen sich
Farbdifferenzen zwischen verschiedenen Farben feststellen. Der Proband kann feststellen, wenn sich Farbeindrücke voneinander unterscheiden oder eben auch nicht.
4. Die Abfolge der Regenbogenfarben des Prismenversuchs von kurzwellig (blau) zu langwellig (rot) läuft für jeden Standardbeobachter in
derselben Reihenfolge, egal, wie er Farbeindruck auch immer individuell aussehen mag.
5. Die Ergebnisse sind für alle Standardbeobachter dieselben, egal, wie der Farbeindruck auch immer individuell aussehen mag. Sie erzielen dieselben Ergebnisse (identisch oder nicht identisch), sieht man einmal von einer besseren oder schlechteren Farbwahrnehmung ab, das gibt es natürlich auch.
6. Millionen von unterschiedlichen, aber colorimetrisch voneinander unabhängigen Kombinationen der 3 Grundfarben des Farb-Vergleichsexperiments führen zu denselben Ergebnissen des Farbeindrucks - denn danach beurteilt der Proband den Test - und zwar bei allen Standardbeobachtern.
7. Das daraus erstellte mathematische, 3-dimensionelle Modell bildet den Farbeindruck - an dieser Stelle noch einmal gesagt: wie der Farbeindruck auch immer individuell aussehen mag - korrekt ab. Anderenfalls ließen sich Farben nicht vorausberechnen, und das ist der Fall.
8. Obwohl wie bisher den Farbeindruck bis hierher leer gelassen haben, als eine Art Variable x, sind alle obigen Aussagen für
jeden Standardbeobachter gültig, völlig unabhängig von einem wie auch immer gearteten Farbeindruck.
9. Fasst man alle Bedingungen zusammen - und schließlich sind sie ja auch für jeden Standardbeobachter gültig - dann bleiben keine anderen Farbeindrücke mehr übrig, die dieses Schema erfüllen könnten: Die Farbeindrücke sind für alle gleich, denn es gibt kein alternatives System mehr, das alle Bedingungen gleichermaßen erfüllen könnte.
Oder um es mit einem Analogbeispiel zu verdeutlichen:
Nehmen wir einmal ein beliebiges, größeres Kreuzworträtsel einer Tageszeitung. Gegeben sei nun die Aufgabe, es mit anderen (aber echten) Worten komplett zu füllen, die der Lösung nicht entsprechen, wohl aber der Buchstaben-Logik von Kreuzworträtseln, und zwar in jedem einzelnen Fall. Ohne es genau zu wissen: Ich bezweifle sehr, dass es am Ende eine andere Lösung geben kann, als denn die einzig richtige. Denn die schiere Anzahl einzelner zu erfüllender Bedingungen lässt überhaupt keine andere Lösung zu.