Giacomo_S
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Ich behaupte: die Innenwelt ist für eine wissenschaftliche Methodik grundsätzlich nicht zugänglich. Das Beste, was gelingen kann, ist, gewisse Korrelationen mit empirischen Fakten (Äußerungen, Verhalten, Gehirnströme) aufzudecken. Aber auch bei diesen Korrelationen ist nur die eine Seite wissenschaftlich falsifizierbar. Die andere kann man glauben oder auch nicht.
Vielleicht noch nicht. Vielleicht werden wir es noch erleben, dass wir die Filme auf dem Monitor sehen können, die jemand vor seinem geistigen Auge abspielt. Erste Ansätze gibt es dazu schon.
Aber meinetwegen, lassen wir das einmal so stehen. Aber was ändert das an einer Beschreibung und Analyse eines äußeren Universums? Noch dazu dann, wenn ich mit anderen darüber kommunizieren will? Und nichts anderes ist ja der Artikel über ein "Transzendenten Materialismus".
Wenn ich eine Farbe einem anderen beschreiben will, dann kann ich ein Meßgerät nehmen und eine Kurve des elektromagnetischen Spektrums zwischen 380 und 740 nm angeben. Ich kann aber auch sagen: Das ist ein Ultramarinblau - beide Angaben erfordern aber einen grundsätzlichen Konsens darüber, was unter diesen Angaben zu verstehen ist. Gibt es diesen nicht, dann ist die Angabe wertlos, es findet keine Kommunikation über das Objekt statt.
In den antiken griechischen Schriften gibt es kein Wort für "Blau". Die antiken Autoren bezeichnen das Meer als grün. Es gibt Völker, i.d.R. Naturvölker, die nur sehr wenige Begriffe für Farben bilden, manche nur 2 oder 3. Ob das bedeutet, sie könnten diese Farben nicht unterscheiden oder gar nicht erst sehen ist letztlich ungeklärt, in jedem Fall aber können sie sie nicht kommunizieren. Sie unterscheiden unsere differenzierten Farbangaben nicht und haben dann auch kein Verständnis darüber, wovon wir da eigentlich reden.
Korrelationen empirischer Fakten können zu starken Aussagen führen. Bei dem Begriff der Farbe handelt es sich um eine rein menschliche Kategorie, ohne eigentliche physikalische Relevanz, in einem an sich farbenlosen Universum. Man kann sich nun fragen: Nimmt ein jeder die Farbe "Rot" auch gleich wahr, oder sieht ein anderer ein "Grün", wo ich ein "Rot" sehe - mit der völligen Unmöglichkeit, dies festzustellen, da wir doch nur mit den jeweiligen Bezeichnungen aneinander vorbei reden?
Tatsächlich lässt sich dieser Beweis für den Standardbeobachter (95% aller farb-normalsichtigen Menschen) führen: Wir sehen die Farben alle gleich. Denn grundlegende Bedingungen der (naturwissenschaftlichen) Farbtheorie und ihre Mathematik würden nicht aufgehen, wäre es anders.
Oder anders gesagt, wenn auch nur am Beispiel der Farbwahrnehmung:
Da haben wir eine "innere" Wahrnehmung, noch dazu eine, deren Prozessverarbeitung zwischen Input und Output völlig unbekannt ist (und wie andere, neuere Untersuchungen nahelegen: Auch deutlich komplexer und komplizierter als zunächst angenommen) - und dennoch lässt sich der Beweis führen, indirekt, selbst mit einer Black Box im Inneren eines jeden Menschen, von der wir nicht wissen, wie sich in ihr die Rädchen drehen, ja nicht einmal, wie viele es denn sind.
Es gibt Zeitgenossen, die solche Erkenntnisse wutentbrannt auf die Palme bringen. Sitze ich mit Künstlern zusammen, dann bringt sie allein der Begriff "Farbtheorie" zur Weißglut, daher erwähne ich ihn gar nicht erst. Farben müsse man "fühlen", und sie haben das eben drauf.
Geht es allerdings darum, für Künstler auch nur eine alberne Postkarte zu produzieren, sind sie die ersten, die an den Farben herum kritteln.
Wobei der Drucker - wenn er auf der Höhe seiner Zeit ist - Farbmessgeräte und ein digitales Farbmanagement verwendet, um die optimale Reproduktion zu erzielen: Die Anwendung der bekannten Farbtheorie. Mit Ergebnissen, die besser sind als das menschliche Sehen, bei gewissen Anwendungen nicht einmal gesehen (aber berechnet) werden können. Und die mit keinem noch so langem Herumprobieren oder gar "fühlen" erreicht und schon gar nicht verbessert werden können.
Aber auch hierbei geht es ja im Grunde nur um die Kommunikation: Ein Orange auf der Postkarte soll nach Möglichkeit genau so aussehen, wie es der Künstler auf seinem Gemälde ausgesagt hat. Und wenn ein sattes Orange im 4-Farbdruck CMYK nicht darstellbar ist - weil links neben 30% M 100% Y alles nur pissgelb und rechts daneben alles nur kackbraun wird - dann fehlt in der "Sprache" des 4-Farbmodells einfach der "Begriff" für diesen Farbton.