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Was ist "transzendentaler Materialismus"?

Ich behaupte: die Innenwelt ist für eine wissenschaftliche Methodik grundsätzlich nicht zugänglich. Das Beste, was gelingen kann, ist, gewisse Korrelationen mit empirischen Fakten (Äußerungen, Verhalten, Gehirnströme) aufzudecken. Aber auch bei diesen Korrelationen ist nur die eine Seite wissenschaftlich falsifizierbar. Die andere kann man glauben oder auch nicht.

Vielleicht noch nicht. Vielleicht werden wir es noch erleben, dass wir die Filme auf dem Monitor sehen können, die jemand vor seinem geistigen Auge abspielt. Erste Ansätze gibt es dazu schon.
Aber meinetwegen, lassen wir das einmal so stehen. Aber was ändert das an einer Beschreibung und Analyse eines äußeren Universums? Noch dazu dann, wenn ich mit anderen darüber kommunizieren will? Und nichts anderes ist ja der Artikel über ein "Transzendenten Materialismus".

Wenn ich eine Farbe einem anderen beschreiben will, dann kann ich ein Meßgerät nehmen und eine Kurve des elektromagnetischen Spektrums zwischen 380 und 740 nm angeben. Ich kann aber auch sagen: Das ist ein Ultramarinblau - beide Angaben erfordern aber einen grundsätzlichen Konsens darüber, was unter diesen Angaben zu verstehen ist. Gibt es diesen nicht, dann ist die Angabe wertlos, es findet keine Kommunikation über das Objekt statt.
In den antiken griechischen Schriften gibt es kein Wort für "Blau". Die antiken Autoren bezeichnen das Meer als grün. Es gibt Völker, i.d.R. Naturvölker, die nur sehr wenige Begriffe für Farben bilden, manche nur 2 oder 3. Ob das bedeutet, sie könnten diese Farben nicht unterscheiden oder gar nicht erst sehen ist letztlich ungeklärt, in jedem Fall aber können sie sie nicht kommunizieren. Sie unterscheiden unsere differenzierten Farbangaben nicht und haben dann auch kein Verständnis darüber, wovon wir da eigentlich reden.

Korrelationen empirischer Fakten können zu starken Aussagen führen. Bei dem Begriff der Farbe handelt es sich um eine rein menschliche Kategorie, ohne eigentliche physikalische Relevanz, in einem an sich farbenlosen Universum. Man kann sich nun fragen: Nimmt ein jeder die Farbe "Rot" auch gleich wahr, oder sieht ein anderer ein "Grün", wo ich ein "Rot" sehe - mit der völligen Unmöglichkeit, dies festzustellen, da wir doch nur mit den jeweiligen Bezeichnungen aneinander vorbei reden?
Tatsächlich lässt sich dieser Beweis für den Standardbeobachter (95% aller farb-normalsichtigen Menschen) führen: Wir sehen die Farben alle gleich. Denn grundlegende Bedingungen der (naturwissenschaftlichen) Farbtheorie und ihre Mathematik würden nicht aufgehen, wäre es anders.

Oder anders gesagt, wenn auch nur am Beispiel der Farbwahrnehmung:
Da haben wir eine "innere" Wahrnehmung, noch dazu eine, deren Prozessverarbeitung zwischen Input und Output völlig unbekannt ist (und wie andere, neuere Untersuchungen nahelegen: Auch deutlich komplexer und komplizierter als zunächst angenommen) - und dennoch lässt sich der Beweis führen, indirekt, selbst mit einer Black Box im Inneren eines jeden Menschen, von der wir nicht wissen, wie sich in ihr die Rädchen drehen, ja nicht einmal, wie viele es denn sind.

Es gibt Zeitgenossen, die solche Erkenntnisse wutentbrannt auf die Palme bringen. Sitze ich mit Künstlern zusammen, dann bringt sie allein der Begriff "Farbtheorie" zur Weißglut, daher erwähne ich ihn gar nicht erst. Farben müsse man "fühlen", und sie haben das eben drauf.
Geht es allerdings darum, für Künstler auch nur eine alberne Postkarte zu produzieren, sind sie die ersten, die an den Farben herum kritteln.
Wobei der Drucker - wenn er auf der Höhe seiner Zeit ist - Farbmessgeräte und ein digitales Farbmanagement verwendet, um die optimale Reproduktion zu erzielen: Die Anwendung der bekannten Farbtheorie. Mit Ergebnissen, die besser sind als das menschliche Sehen, bei gewissen Anwendungen nicht einmal gesehen (aber berechnet) werden können. Und die mit keinem noch so langem Herumprobieren oder gar "fühlen" erreicht und schon gar nicht verbessert werden können.

Aber auch hierbei geht es ja im Grunde nur um die Kommunikation: Ein Orange auf der Postkarte soll nach Möglichkeit genau so aussehen, wie es der Künstler auf seinem Gemälde ausgesagt hat. Und wenn ein sattes Orange im 4-Farbdruck CMYK nicht darstellbar ist - weil links neben 30% M 100% Y alles nur pissgelb und rechts daneben alles nur kackbraun wird - dann fehlt in der "Sprache" des 4-Farbmodells einfach der "Begriff" für diesen Farbton.
 
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Aber was ändert das an einer Beschreibung und Analyse eines äußeren Universums?
Mir ging es nicht darum, mich weiter mit dem 'tanszendentalen Materialismus' zu beschäftigen. Ich wollte nur noch einmal verdeutlichen, warum die Wissenschaft einen bestimmten Aspekt der Wirklichkeit grundsätzlich nicht erfassen kann, weil es dafür keine wissenschaftliche Methode gibt - und nicht geben kann.

An der Beschreibung und Analyse des äußeren Universums ändert das zumindest Folgendes: diese Beschreibung muss aufs Ganze gesehen immer unvollständig bleiben. Das äußere Universums ist gewissermaßen nur die halbe Wahrheit.

Was nun Farbentheorie und Farbenlehre antrifft, so ist dies ein ausgezeichnetes Beispiel, um die Divergenz der beiden 'Welten', der Innen- und der Außenwelt, aufzuzeigen. Newton gegen Goethe - ein spannendes Thema.

Tatsächlich lässt sich dieser Beweis für den Standardbeobachter (95% aller farb-normalsichtigen Menschen) führen: Wir sehen die Farben alle gleich.
Wie lässt sich dieser Beweis führen? Abgesehen davon, dass die Frage, ob wir Farben gleich sehen oder nicht, in meinen Augen unsinnig ist, weil das Farberleben rein privat, mithin unvergleichbar ist, scheint es mir naheliegend, das per Analogieschluss schlicht anzunehmen. Aber hier von einem möglichen Beweis zu sprechen halte ich für abenteuerlich. Auf den Beweis bin ich nun jedenfalls gespannt.
 
Wie lässt sich dieser Beweis führen? Abgesehen davon, dass die Frage, ob wir Farben gleich sehen oder nicht, in meinen Augen unsinnig ist, weil das Farberleben rein privat, mithin unvergleichbar ist, scheint es mir naheliegend, das per Analogieschluss schlicht anzunehmen. Aber hier von einem möglichen Beweis zu sprechen halte ich für abenteuerlich. Auf den Beweis bin ich nun jedenfalls gespannt.

Alle Wahrnehmungsexperimente zur Farbwahrnehmung sind Vergleichsexperimente, durchgeführt seit etwa dem Anfang des 20. Jh.
Das wesentliche Experiment hierzu besteht aus einer geteilten Projektionsfläche, auf deren jeweilige Hälften Farben mit zwei verschiedenen Methoden projeziert werden. Auf die eine Hälfte projeziert man eine gefilterte Farbe aus dem weißen Licht, einer Mischung aus einer Reihe von Farben (aber nicht aller), z.B. eine Wellenlänge von 500 nm. Auf die andere Hälfte projeziert man Mischungen aus zwei oder drei Grundfarben - üblicherweise Rot, Grün, Blau (RGB), allerdings ist RGB nicht zwingend für dieses Experiment, siehe dazu mehr weiter unten.

Das Ziel dieses Experimentes ist es, die Mischung aus den Grundfarben in ihren Intensitäten so einzustellen, dass sich für beide Hälften der Projektion eine Farbidentität ergibt: Die Farben sind nunmehr ununterscheidbar. Dies ist mit dieser Anordnung nicht in jedem Fall möglich, das ist aber für die weiteren Aussagen nicht relevant.
Aus den Ergebnissen dieses (und weiterer) Experiment(e)s gelangt man am Ende zu drei Koordinaten, die sich aus den Intensitäten der projizierten Mischfarben ergeben. Drei Koordinaten bedeuten mathematisch einen 3-dimensionalen Raum, daher spricht man auch von einem sog. Farbraum. Der so erhaltene Farbraum ist der Lab-Farbraum: Mit einer senkrechten Achse L, die die Helligkeit darstellt, die Grauachse, und zwei waagerechten Achsen, a von Rot nach Grün und b von Blau nach Gelb. Es kann Mischungen benachbarter Farben geben, Rot => Blau oder Gelb => Grün, aber der Weg von Rot nach Grün oder von Blau nach Gelb bedeutet in jedem Fall einen Weg durch die Grauachse (ohne mögliche Mischungen).

Der Lab-Farbraum stellt alle sichtbaren Farben dar, das unterscheidet ihn von anderen, populären Farbräumen wie etwa RGB oder CMYK, die jeweils nur Teilräume von Lab darstellen. Die Fähigkeit zur Farbdifferenzierung ist nicht über alle Bereiche von Lab konsistent, es gibt Bereiche, die wir besser und andere, die wir schlechter differenzieren können. Es gilt aber ein Farbabstand, das sog. Delta E von 1 = die Abstandsstrecke zweier Punkte im dreidimensionalen Raum, als die kleinstmögliche Farbdifferenz, die ein geschultes Auge noch wahrzunehmen in der Lage ist.
Außerdem ist die Farbangabe unter Lab eindeutig: Andere Werte = andere Farbe (und dies ist im RGB- oder CMYK-Farbraum nicht so).
Der Lab-Farbraum ist daher auch der Farbraum, auf dem alle digitalen Farbberechnungen beruhen, "unter der Haube", auch wenn vordergründig RGB und CMYK verwendet werden.

Die Möglichkeiten der Mischungen aus den zwei oder drei Grundfarben im o.g. Projektionsexperiment sind jedoch nicht auf RGB beschränkt.
Das Experiment lässt sich vielmehr immer dann erfolgreich durchführen, solange die Grundfarben voneinander farbmetrisch unabhängig sind: Sie sind dann farbmetrisch unabhängig, solange keine der Grundfarben entweder mit einer anderen identisch oder sich aus einer Mischung der zwei anderen darstellen lässt.
Dieser Fakt erhöht die Anzahl möglicher Grundfarben zur Erstellung von Farbidentität auf viele Millionen möglicher Kombinationen.

Eine grundsätzlich andere Wahrnehmung von Farben zwischen verschiedenen Individuen würde zu erheblichen Inkonsistenzen in diesem mathematischen Modell führen. Die vielen Millionen Kombinationen der Grundfarbenmischungen wären in diesem Fall unmöglich.

Wohlgemerkt: All das gilt nur für den Standardbeobachter, der über eine normalsichtige Farbwahrnehmung verfügt. Farbfehlsichtige Menschen, mit der bekannten Rot-Grün-Schwäche etwa, gelten nicht als Standardbeobachter.
Meine Herleitung ist zudem vereinfacht dargestellt (für meine Aussage ist das aber irrelevant), es gibt in diesem Modell noch eine Reihe von Abweichungen und Einschränkungen. Außerdem ist es nur für Farbflächen gültig, und so ohne Weiteres nicht für mischfarbige Abbildungen wie etwa mehrfarbige Pixelbilder.
Dennoch stellt diese - wissenschaftliche - Farbtheorie die Grundlage für so ziemlich alle Farbdarstellungen dar, mit denen wir zu tun haben: Druckerzeugnisse, TV, Computermonitor, Film usw. usf.
 
Wie lässt sich dieser Beweis führen? Abgesehen davon, dass die Frage, ob wir Farben gleich sehen oder nicht, in meinen Augen unsinnig ist, weil das Farberleben rein privat, mithin unvergleichbar ist, scheint es mir naheliegend, das per Analogieschluss schlicht anzunehmen. Aber hier von einem möglichen Beweis zu sprechen halte ich für abenteuerlich. Auf den Beweis bin ich nun jedenfalls gespannt.
Ich weiß nicht, wie eng oder weit Du Beweis fasst.
M.E. kann man die Existenz von Umwelt(en) nicht direkt beweisen, aber indirekt dadurch, dass alle anderen Ideen nicht überzeugen.
Der "Beweis", dass wir alle sehr ähnlich sehen und auch anderes sehr ähnlich wahrnehmen, sind die Assoziationsketten (oder semantischen Gitter), die an bestimmten Begriffen hängen.
Wenn wir die Existenz von Umwelten und anderen Menschen also ernst nehmen müssen und ihre sprachlichen Äußerungen zwar einerseits als gelernt betrachten (bis hin zu Beschreibungen der eigenen Innenwelt - Wittgenstein), aber ihre Anordnung dann als so individuell ansehen, dass man gedankliche Autonomie vorausetzen darf, dann sind die Beschreibungen dessen, was man sieht nicht nur sprachliche Konventionen.
Dass orangerot als warm empfunden wird, also eine Farbe mit einer Temperaturempfindung assoziiert wird, ist Teil eines solchen semantischen Gitters (aus nahen und ferneren Assoziationen, rund um einen Begriff) und das ragt so weit auch in den psychophysischen Bereich, dass man Teile dieser Assoziationen auch messen kann, bspw. Körperreaktionen.

Objektiver als Aussagen sind diese Messungen aber auch nicht, zumal die Angabe einer Wellenlänge des elektromagnetischem Spektrums, die irgendwie eigentlicher oder echter als die Angabe "ist rot/ultramarin ..." sein soll, überhaupt nur klappt, weil zuvor die Einigung auf die gemeinsame Farbewahrnehmung vorhanden ist. (Zudem ist es nur eine weitere Perspektive, die zudem nur einigen wenigen Menschen, mithilfe einer Apparatur und zuzüglich einer Deutung zugänglich ist, denn elektromagnetische Wellen einer bestimmen Frequenz, kann man nicht einfach so wahrnehmen, es sei denn als Farbeindruck.)

Diese semantischer Gitter sind recht stabil, sie haben soziokulturelle Eigenarten, aber die Tatsache, das gelungene Metaphern Brücken bauen, die allgemein verstanden werden, verweisen auf ähnliche Wahrnehmungen sogar in komplexeren Bereichen. Da die Innenwelt reich und weit ist, gehen die anfänglichen Gemeinsamkeiten, die auf der basalen Wahrnehmungsebene m.E. weitreichend bestehen, dann in sehr weitreichende Unterschiede über, aber wenn jemand unsere prinzipielle Basis annähernd gleicher Sinneseindrücke infrage stellt (z.B. jemand mit einer akuten Psychose) reagieren wir oft geschockt. Natürlich auch wegen der häufig damit einhergehenden radikalen Übertretung unserer Konventionen, aber eben auch, weil sie unsere basalen Wahrnehmungen nicht mehr teilen.

Also eingedampft auf einen Satz wäre der "Beweis", dass wir sehr ähnliche (auf der basalen Ebene der Sinneseindrücke) wahrnehmen der, dass unsere Kommunikation gelingt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf die eine Hälfte projeziert man eine gefilterte Farbe aus dem weißen Licht, einer Mischung aus einer Reihe von Farben (aber nicht aller), z.B. eine Wellenlänge von 500 nm. Auf die andere Hälfte projeziert man Mischungen aus zwei oder drei Grundfarben

Eine grundsätzlich andere Wahrnehmung von Farben zwischen verschiedenen Individuen würde zu erheblichen Inkonsistenzen in diesem mathematischen Modell führen.

Das ist tatsächlich ein starkes Argument, das ich nicht kannte. Zwar kann man die Farberlebnisse auch weiterhin nicht vergleichen, aber durch die unterschiedlichen Methoden der Farberzeugung schafft man zumindest subjektive Vergleichsmöglichkeiten dahingehend, ob die Farben gleichartig oder unterschiedlich erscheinen. Die Äußerungen der wahrgenommenen Ähnlichkeiten/Verschiedenheiten können dann wiederum miteinander verglichen werden. Bei ausreichend guter Übereinstimmung kann man annehmen, dass die Personen die Farben ähnlich wahrnehmen - wie man das normalerweise ohnehin per Analogieschluss unterstellt. Es ist zwar kein Beweis (nach meinem Verständnis von 'Beweis'), aber ein starkes Indiz.
 
Also eingedampft auf einen Satz wäre der "Beweis", dass wir sehr ähnliche (auf der basalen Ebene der Sinneseindrücke) wahrnehmen der, dass unsere Kommunikation gelingt.
Hierfür gilt im Grunde dasselbe Argument, das ich gegenüber @Giacomo_S angeführt habe: die semantischen Räume müssen ähnlich funktionieren, damit Kommunikation stattfinden kann. Aber wie sich die Begriffe jeweils privat 'anfühlen', kann man den Äußerungen nicht wirklich entnehmen. Allein dadurch, dass die Begriffe des anderen Sprechers in einen großen Kontext eingebunden sind, der dem meinen soweit ähnelt, dass ich das Gemeinte zu verstehen glaube, beweist noch nicht, dass tatsächliches Verstehen (als Verstehen der jeweiligen anderen Innenperspektive) vorliegt. Es wäre allerdings zum Irrewerden, wenn wir bei alltäglichen Unterhaltungen immer diesen Vorbehalt machten. Deshalb unterstellen wir, dass das Gegenüber unter dem Begriff 'Wille' in etwa dasselbe versteht wie wir selbst, wenn er den Begriff in Kontexten verwendet, wo er für uns Sinn ergibt.

Dass wir miteinander weitestgehend dieselben Umwelten teilen, bedeutet nicht, dass wir sie jeweils in derselben Weise empfinden. Wir teilen nicht nur die Umwelten, sondern auch die Sprache, mittels welcher wir uns über uns und unsere Welt unterhalten können. Aber auch dann bleibt die Innenwelt letztendlich privat. Oder wie Schopenhauer so schön sagt: Die Welt ist meine Vorstellung.
 
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Das ist tatsächlich ein starkes Argument, das ich nicht kannte. Zwar kann man die Farberlebnisse auch weiterhin nicht vergleichen, aber durch die unterschiedlichen Methoden der Farberzeugung schafft man zumindest subjektive Vergleichsmöglichkeiten dahingehend, ob die Farben gleichartig oder unterschiedlich erscheinen. Die Äußerungen der wahrgenommenen Ähnlichkeiten/Verschiedenheiten können dann wiederum miteinander verglichen werden. Bei ausreichend guter Übereinstimmung kann man annehmen, dass die Personen die Farben ähnlich wahrnehmen - wie man das normalerweise ohnehin per Analogieschluss unterstellt. Es ist zwar kein Beweis (nach meinem Verständnis von 'Beweis'), aber ein starkes Indiz.

Die - wissenschaftliche (1) - Farbtheorie ist kompliziert, auch im mathematischen Sinne, und das sagt jemand, der sich schon viele Jahre mit diesem Thema beschäftigt. Erschwerend kommt ein bestimmter, elementarer Effekt hinzu, die sog. Metamerie.

Die menschliche visuelle Wahrnehmung kann Wellenlängen von 380 bis 740 nm wahrnehmen, allerdings ist in den Randbereichen die Wahrnehmung des elektromagnetischen Spektrums so schlecht, dass wir eigentlich grob von einem 400-700 reden können.
Das weiße Licht innerhalb dieses Spektrums enthält zwar alle Wellenlängen, die wir zu sehen in der Lage sind, in gewissem Sinne aber keineswegs alle sichtbaren Farben. Wir alle kennen den Newtonschen Prismenversuch, oder den Regenbogen, aber der enthält nicht alle sichtbaren Farben, bei Weitem nicht. Denn es gibt Farben, den der Regenbogen nicht enthält, Braun, Magenta u.v.a.
So gesehen ist der Begriff der Farbe ein rein menschlicher und kein physikalischer; zumal mit den 3 Rezeptoren, die uns im Auge für die Farbwahrnehmung zur Verfügung stehen. Das Lebewesen mit den meisten Farbrezeptoren ist so ein tropischer Flachwasserkrebs, mit 12 verscheidenen Rezeptoren an der Zahl, darunter allein 4 im Ultraviolett, wo wir gar nichts sehen. Er ist poppig bunt wie ein Clown, und man sieht ein - es geht, wie immer, ums Vögeln.

Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist die visuelle Wahrnehmung überhaupt nur in diesem engen elektromagnetischen Spektrum möglich. Sie basiert auf empfindlichen chemischen Substanzen, die lichtbasiert zerfallen und vom Körper ununterbrochen neu gebildet werden. Oberhalb von 740 nm ist die Lichtenergie zu schwach, als das sie chemische Reaktionen noch beeinflussen könnte. Unterhalb von 340 nm wird die Lichtenergie zu stark und zerstört alle organisch labilen Substanzen sofort.

Metamerie bedeutet, dass verschiedene Wellenlängenbänder in den nur drei Rezeptoren dasselbe Ergebnis liefern. Wir haben denselben Farbeindruck, obwohl es sich grundsätzlich um unterschiedliche Zusammensetzungen von Frequenzen handelt (denn letztlich geht es um Frequenzen, und nicht um Wellenlängen). Bei der Aufsicht von Aufsichtsvorlagen - und dies ist in der Realität meistens der Fall - ist dies aber abhängig von der sog. Lichttemperatur des Umgebungslichtes, die in hohem Maße variabel sein kann.

Auf die Lichttemperatur könnte ich jetzt näher eingehen, es handelt sich um ein physikalisches Thema und war die Grundlage der Quantenphysik ... lassen wir es. Ich kürze ab, um zwei grundlegende Standards mitzuteilen:

D50: Lichttemperatur 5000 Kelvin, Mitteleuropa, Innenraum, bedeckter Himmel, Mittags.
D65: Lichttemperatur 6500 Kelvin, Mitteleuropa, Außenraum, bedeckter Himmel, Mittags.

Man sollte meinen, dass die optimale Reproduktion, die optimale Kamera, darin besteht: Alle Farben so darzustellen, wie sie eben sind.
Aber dies ist nicht der Fall.
Vielmehr ist es so:
Meine Kamera nimmt außen die Farben so auf, wie ich sie außen sehe. Und meine Reproduktion (= der Fotoabzug) stellt die Farben innen so dar, dass sie bei der Lichtzusammensetzung innen so aussehen, als wäre ich außen.

Es führt zu der - schwer zu erklärenden und irgendwie widersprüchlichen - Erkenntnis, dass ein visueller Abgleich von Farben nur unter vorgegeben Lichtbedingungen möglich ist ... und sonst überhaupt nicht. Gleichwohl lässt es sich heutzutage berechnen, und zwar genauer als jede visuelle Wahrnehmung.

Beispiel:
Ein Industriekunde hat eine bestimmte Firmenfarbe, sagen wir sein "Kunden-Türkis". Meine Aufgabe besthet darin, zwei Druckerzeugnisse zu produzieren, ein Prospekt und ein Plakat.
Das Prospekt wird in Innenräumen angesehen (D50), das Plakat außen (D65). Ich produziere beides ... das Prospekt für innen und das Plakat für außen ... der Kunde ruft mich an: Ich habe mir gerade beides angesehen, das Prospekt, das Plakat - und die beiden "Kunden-Türkis" sehen völlig unterschiedlich aus. Ja, sage ich: Das "Kunden-Türkis" sieht innen (D50) so aus, wie das "Kunden-Türkis" außen (D65).
10 Minuten später ruft er mich erneut an: Ich stehe gerade auf dem Parkplatz, auch da sehen beide Farben völlig unterschiedlich aus ...

Richtig, das ist so.
Ein visueller Vergleich lässt sich nicht führen, weder außen noch innen. Wohl aber berechnen, oder auch durch einen Leuchtkasten demonstrieren: Ein Kasten, mit drei verschiedenen Fächern - 3000 K (Glühbirne), 5000 K (Tageslicht, innen) und 6500 K (Tageslicht, außen). Ein und dasselbe Druckerzeugnis sieht völlig anders aus, allein in diesem albernen Lichtkasten ... und dann rede mal mit einem Kunden, und führe mit ihm eine Farbdiskussion, weil er im Winter dein Muster an seiner lächerlichen Schreibtischlampe begutachtet.
Und genau das ist sie, die Metamerie.
Andererseits macht der Effekt der Metamerie eine Farbreproduktion überhaupt erst möglich: Denn es ist nicht notwendig, eine Farbe so zu reproduzieren wie sie ist, sondern nur so, wie sie (unter vorgegebenen Lichtbedingungen) aussieht.


(1) Sorry, wenn ich diesen Umstand immer so in den Vordergrund hebe. Ich möchte damit aber lediglich betonen, dass es so etwas wie eine wissenschaftliche Farbtheorie überhaupt gibt, denn kaum jemand kennt sie, außer den Branchen-Profis, die sie umsetzen. Stattdessen scheinen alle nur diesen Unsin wie Goethes Farbenlehre zu kennen, und damit hat er sich defintiv verhoben und falsch ist sie sowieso.
 
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