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Was ist Beziehungsfähigkeit?

Was ist das Schwierigste in Beziehungen?

  • Leute kennenlernen

    Stimmen: 2 6,7%
  • Sich verständigen

    Stimmen: 3 10,0%
  • Gemeinsamkeiten entwickeln

    Stimmen: 0 0,0%
  • Das (alltägliche) Miteinander gestalten

    Stimmen: 8 26,7%
  • Konflikte bewältigen

    Stimmen: 9 30,0%
  • Sich in der Beziehung entwickeln und entfalten

    Stimmen: 6 20,0%
  • Sich aus einer Beziehung lösen

    Stimmen: 2 6,7%

  • Umfrageteilnehmer
    30
zum gesunden umgang mit den fehlern

hallo methusalem,

in einer "gesunden" gesellschaft überwiegen die "gesunden" familien.
gibt es in einem bestimmten bereich überwiegend "gesunde" familien, folgt daraus eine "gesunde" gesellschaft.


das, was unsere gesellschaft spiegelt, ist das, was unaufgearbeitet in den einzelnen familien vorliegt.
und da gehören unzählige tabus dazu: angst aggression offen zu zeigen führt zu versteckter gewalt, angst den mund aufzumachen führt zu sprachlosigkeit, angst über die schlechte nachrede führt zu spott über den anderen, angst vor fehlern führt zu übertriebenem perfektionismus, angst vor neuem führt zu fremdenhass, angst vor dem versagen führt zu stagnation, angst davor trauer zu zeigen führt zu depression....undundund...
all das führt zu einer gesellschaft, in der alles echte und lebendige versteckt werden muss hinter einer "angepassten" maske...die dann aber irgendwie und ungewollt hervorbricht.

wer traut sich schon SICH mit allem, was einen ausmacht, zu ZEIGEN?

wer traut sich, das zu sagen, was man wirklich denkt...und damit meine ich nicht irgendeine stammtischdiskussion über irgendwelche politiker - sondern die kommunikation mit meinem gegenüber über das, was mich an ihm stört, oder was mich behindert oder was mir wichtig ist..?

sobald wir etwas von uns zeigen müssen, das sich "nicht gehört", klinken wir uns aus...es entsteht eine TABU.
und wir wissen nicht, wie wir damit umgehen können. und wir wissen vielleicht nicht einmal, dass wir dieses tabu HABEN...

gerade KOMMUNIKATION haben wir überhaupt nicht gelernt. weder das ZUHÖREN noch das konstruktive GESPRÄCH.

und ich wüsste nicht, wo dies zu lernen wäre.
und ich wüsste nicht, wer daran interesse hätte, dass es gelehrt wird.

wie kann es eine friedliche gesellschaft geben, in der die sprachlosigkeit den ton angibt?
in den familien ebenso wie im großen.
denn fast alles, was da so dahingeredet wird - den lieben langen tag - ist blech....es scheppert, aber es ist nichts von wert drin.
es ist alles andere als echte zwischenmenschliche kommunikation.
weil in wahrheit fast alle davor ANGST haben.

angst, sich zu zeigen und ebenso angst, gesehen zu werden - so wie sie sind.
denn wenn nicht alles "passt", dann ist das schlecht.
und wer will schon schlecht sein?

und damit wäre ich bei einem der wichtigsten themen: dem umgang mit den FEHLERN.

solange immer nur nach fehlern und schuldigen gefahndet wird, ist ein konstruktiver umgang miteinander fast unmöglich.
und derzeit ist das halt fast übermächtig in unserer kultur.

zu viele "fehler" aus der vergangenheit sind noch nicht aufgearbeitet (2 kriege, euthanasie, wertloses leben, vertreibungen und völkermord, hunger und not...) belasten die familien und auch unsere gesellschaft als ganzes.

wenngleich sie dabei sind/ist, innerhalb der vorhandenen möglichkeiten das beste zu geben.

es wird aufgearbeitet und es wird auch unentwegt verändert. doch die prozesse sind langsam. und manchmal auch nicht wirklich merkbar.

und dennoch geschehen sie. auch durch diesen thread. ;)
 
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AW: Was ist Beziehungsfähigkeit?

Ihr schildert hier, wie die Gesellschaft und die Menschen allgemein sein sollten, und wie sie traurigerweise nicht sind. :(

Aber dem sehe ich schon eine konkrete Idee gegenüber: jeder von euch hat Eltern, und die hatten wieder Eltern, und die wieder welche. Hochgerechnet auf die Zeit, seit es Menschen gibt, können das rund 50.000 Generationen sein. In einer unfasslich langen Reihe seid ihr der 50.001ste Mensch. Jeder einzelne von euch hat es in der Hand, dass die nächsten 50.000 nach euch nicht so sind, wie ihr es beklagt.

Macht der Hölle der Sprachlosigkeit und des Unfriedens doch ein Ende! Sagt, was ihr euch denkt. Und lebt den Frieden vor. Dann werden sich das alle eure Kinder, eure Schüler, eure Fans, eure Nachahmer usw. abschauen, alle, die euch nachfolgen.

Es liegt nur an euch. Fangt dort an! :blume1:

lg

Frankie

P.S.: Meinen Kinder gegenüber habe ich zB. die Wörter "brav", "Gott", "Belohnung" und "Bestrafung" abgeschafft, und das Wort "Nein" eingeführt. Allein damit habe ich in meiner Linie eine bisher ewig wiedergeborene Hölle zu Ende gebracht. (Die ganze Idee ist übrigens dem Buddhismus entnommen.)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Meinen Kinder gegenüber habe ich zB. die Wörter "brav", "Gott", "Belohnung" und "Bestrafung" abgeschafft, und das Wort "Nein" eingeführt. Allein damit habe ich in meiner Linie eine bisher ewig wiedergeborene Hölle zu Ende gebracht. (Die ganze Idee ist übrigens dem Buddhismus entnommen.)
frankie,
ich gebe dir vollkommen recht - auch wenn ich dir sagen muss: natürlich habe ich in meiner familie damit angefangen - ist doch klar!
du wirst doch nicht glauben, dass ich hier nur schreibe...und sonst nichts davon LEBE.
...was wäre mein geschreibsel dann wert?

na gut, wie sollst du wissen, wie ich bin - ist ja nur, weil ich mich direkt von dir angeredet fühlte.

aber für meinen sohn (11j) haben die von dir genannten begriffe - außer dem NEIN - auch keine bedeutung. ...der würde über solche albernheiten nur lachen...und wir eltern natürlich auch. :D
 
AW: zum gesunden umgang mit den fehlern

gerade KOMMUNIKATION haben wir überhaupt nicht gelernt. weder das ZUHÖREN noch das konstruktive GESPRÄCH.

und ich wüsste nicht, wo dies zu lernen wäre.
und ich wüsste nicht, wer daran interesse hätte, dass es gelehrt wird.​

Hallo Kathi,

das ist ein sehr zentraler Aspekt. Für mich darf ich wohl in Anspruch nehmen, zum Thema "Kommunikation" einiges gelernt zu haben - in einem langen Studium des Faches Sprechwissenschaft/Sprecherziehung, das seinerzeit auch noch heute darum ringt, als Fach überhaupt anerkannt zu werden. Als Nebenfach meines Psychologiestudiums erscheint es in meinem Zeugnis als das Fach "Germanistik" - aber worum es geht, das ist die Theorie und Praxis mündlicher Kommunikation. Zum Fach gehören auch praktische Seminare, in denen es um die "Formen des Gesprächs" sowie die "Formen der Rede" geht. Und ein halbes Jahr habe ich damit zugebracht, Stimmen hören und beurteilen zu lernen. Ich habe auch ein Interesse daran, dass es gelehrt wird - es wird auch gelehrt, an Volkshochschulen, an Schauspielschulen und seit langer Zeit in Wiesbaden beim ZFP, der Zentralen Fortbildungsstelle für Programm-Mitarbeiter von ARD und ZDF - inzwischen hat jeder grössere Sender dort ein Häuschen... Naja, meine Frechheit bestand dann darin, als Abschlussarbeit für meine Sprecherzieherprüfung dem Konzept Rhetorischer Kommunikation noch eines draufzusetzen: die Konfliktrhetorik. Es ging also um ein Seminarkonzept "Methoden des Streitens".
Was ich davon umgesetzt habe, hat sich vom ursprünglichen Konzept schon recht weit entfernt. Aber eines ist mir wirklich aufgefallen: wenn ich mir viel Zeit nahm, das Zuhören und damit die Konfliktverstehensfähigkeit zu entwickeln, wurden die "Diskussionen" in den Gruppen intensiver - aber auch ruhiger und harmonischer. Wenn man sich von der Haltung entfernt, einfach draufloszuplaudern, sich überlegt, was man sagen möchte, stärker lösungsorientiert und weniger durchsetzungsorientiert an sachliche Kontroversen herangeht, verändert sich eine Menge.

Und das macht auch Mut - zu erkennen, dass die Welt nicht untergeht, wenn andere Leute andere Auffassungen haben. Konfliktangst ist oft die Angst, irgendwie blöd dazustehen, sich zu blamieren, irgend etwas "Dummes" zu sagen. Übungen mit dem Ziel, sich selbst besser ausdrücken zu lernen, wirken dann oft auf ganz andere Bereiche ein. Wenn Leute, die am Anfang "rhetorisch besser" werden wollten, am Ende sagen "ich bin sicherer geworden", dann zeigt sich dieser Zusammenhang recht deutlich.

Vieles ist einfach - Übungssache.

lg Methusalem :blume2:
 
AW: zum gesunden umgang mit den fehlern

...gerade KOMMUNIKATION haben wir überhaupt nicht gelernt. weder das ZUHÖREN noch das konstruktive GESPRÄCH. und ich wüsste nicht, wo dies zu lernen wäre. und ich wüsste nicht, wer daran interesse hätte, dass es gelehrt wird.

In einem Jahresbericht des Gymnasiums, das ich vor vielen Jahren besucht habe, hat einmal ein Professor die Frage aufgeworfen, wozu wir überhaupt in die Schule gehen. Und dann hat er Nietzsche (wenn ich nicht irre) zitiert, mit dem Satz: "Wir gehen in die Schule, um Denken und Sprechen zu lernen."

1784 hat ein Herr Hamann seine "Metakritik über den Purismus der Vernunft" verfasst, und darin Denken und Sprechen in einen intimen Zusammenhang gestellt: "Vernunft ist Sprache", schreibt er.

1774 hat Maria Theresia die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Eine Kaiserin.

Wie auch Methusalem schreibt: "Wenn man sich von der Haltung entfernt, einfach draufloszuplaudern, [sondern] sich überlegt, was man sagen möchte..."

Es fehlt am Denken, nicht am Sprechen. Beides ist für alle verpflichtend in der Schule zu lernen, seit 234 Jahren. Weil eine Kaiserin daran Interesse hatte. :)

lg Frankie
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Was ist Beziehungsfähigkeit?

Hallo Frankie,

etwas rätselhaft ist mir der letzte Beitrag geblieben, hermeneutisch unerschlossen sozusagen... gab es da noch eine verborgene Botschaft, die mir nicht erkennbar ist? Ja, irgendwie lernen wir etwas bezüglich des Denkens und Sprechens, die meisten können aber beides schon im wesentlichen, wenn sie in die Schule kommen. Gegen ein eigenes Schulfach "Denken" hätte ich nichts einzuwenden... sicher ist: mündliche Kommunikation wird NICHT gelernt und manche schaffen es mit einem Sigmatismus (ein S-Fehler) bis zum Diplom im Fach Pädagogik.

Ich frage mich, was geschehen würde, wenn der bewusste Umgang mit Beziehungen ein Thema in der Schule wäre. Jugendliche, die sich prügeln, oder ihrer "ersten grossen Liebe" ein Fahrradschloss um den Hals hängen, um anzudeuten: "die gehört mir" (alles schon erlebt) kann ich nicht als besonders reif ansehen. Aber das fällt auf.

Soziale Kompetenz - in sehr vielen Berufsfeldern ist das wichtiger geworden.
Insgesamt... wäre es wohl an der Zeit, die Lehrpläne kritisch unter die Lupe zu nehmen, zu fragen, was davon wirklich sinnvoll ist.

So wertvoll und lehrreich es gewesen sein mag, lange Zeit mit einer schwierigen Beziehung gelebt zu haben... vielleicht wäre es angenehmer gewesen, etwas "Handwerkszeug" für die Beziehungsgestaltung mitbekommen zu haben. Wenn es gelingt, die Einsichten aus dieser Erfahrung aufzuarbeiten, zu systematisieren und weiterzugeben, könnte das ein wertvoller Ansatz sein.

Dann gibt es vielleicht einmal die Hausaufgabe "lies nach ihm Denkforum, was Frankie über das Thema Beziehungsfähigkeit geschrieben hat". Das wäre sicher ein spannender Unterricht....

lg Methusalem :blume2:
 
AW: Was ist Beziehungsfähigkeit?

Will sagen: wenn "man" jeden Menschen Zeit seines Lebens täglich im "verantwortungsvollen Autofahren" trainieren würde, dann gäbe es weniger Verkehrstote.

Wenn "man" jeden Mensch täglich in "Ernährung, Kochen, Fitness und gesunder Bewegung" trainieren würde, dann gäbe es weniger Herzinfarkt-Tote.

Wenn "man" jeden Mensch täglich in "Lernen aus der Geschichte" trainieren würde, dann gäbe es weniger Kriegsopfer.

Usw., usw.

Und wenn "man", wie ich hier aus euren Argumentationen heraushöre, jeden einzelnen Menschen darin perfekt ausbilden würde, wie man kommuniziert, dann wäre die Welt viel besser.

Na, eh klar!

Euer gesamtes Weltbild scheint mir aber eindeutig jenes zu sein, dass der Mensch schlecht ist. Und dass es an ihm unendlich viel zu verbessern gibt.

Dem halte ich entgegen, dass wir (also du, Methusalem, du, Kathi und ich) ohne Maria Theresias Entscheidung vor 234 Jahren heute hier eben gar nicht miteinander kommunizieren würden, sondern dass wir uns mit Holzpflöcken auf unsere hohlen Birnen hauen, und ob des leeren Schepperns, das dabei erklingen würde, lustig unsere Augen verdrehen würden.

Mehr wäre mit keinem von uns anzufangen.

Deshalb hinterfrage ich hier euren gesamten Denkansatz, den nach eurer Darstellung ganz unperfekten, realen, heutigen Menschen mit eurem so wunderbaren, schönen, göttlichen Ideal zu vergleichen und daraus Schlüsse zu ziehen.

lg Frankie
 
Provokanter Einwurf

Ich glaube nicht, dass wir zu wenig gelernt haben, auch nicht, was Kommunikation betrifft. Wer Kinder hat, weiß, dass sie auch schon ganz deutlich ausdrücken können, was sie wollen bzw. nicht wollen, wenn sie noch gar nicht sprechen können.

Frankie, dein Beispiel von den sich auf den Kopf schlagenden Deppen ist ja wohl nicht ernstzunehmen. Als ob der Mensch nur in einem Pflichtschulsystem etwas lernen würde. :haare:

So, um zum Kern meines Beitrags zu kommen: Ich glaube, dass wir seit der Einführung der Schulpflicht immer mehr lernen müssen, dass uns über die Institution Schule viel zu viel aufgezwungen wird, noch dazu in einer Form, als ob wir alle auf die gleiche Art lernen könnten.

Aber die schlimmste Auswirkung ist, dass wir von Geburt an lernen, dass das, was in uns wächst, was wir als "unsere eigene Persönlichkeit" fühlen, wie wir uns ausdrücken wollen, welche Form der Kommunkation wir entwickeln, dass das nicht gebraucht wird. Was immer uns einfällt, es gibt schon ein vorgefertigtes Muster, wie es heutzutage sein soll. Ob das übers Fernsehen an die Kinder herangebracht wird oder über den ganz alltäglichen Umgang miteinander, lässt sich nicht wirklich zuordnen, ist aber auch nicht so wichtig. Kinder - und auch wir alle - werden mit vorgefertigten Ansichten, Meinungen, Lösungen, Vorgaben nur so überschüttet. Wir kriegen Vorlagen für alles und haben kaum noch Freiräume, etwas eigenes zu entwickeln.

Alles was wir damit lernen, deckt das, was aus unserem eigenen Impuls kommen will, zu.

Ich glaube, dass die Schwierigkeiten in der Kommunikation heute anders gelagert sind, als früher, weil heute von frühester Kindheit Worthülsen und Dialogmuster z.B. durch Fernsehserien über die Menschen gestreut werden. Oder vorgefertigte SMS-Sprüche, die von Kids einfach weiterverwendet werden, weil sie glauben, ihre eigene Ausdrucksweise ist zu minderwertig. Man nimmt das, was nur konsumiert werden muss, weil man über sich selbst in höchstem Mass unsicher ist. Kein Wunder, dass das nicht funktioniert, weil man sich ja damit immer mehr selbst entfremdet.

Mir fallen da auch noch die vielen Lebensratgeber, Gesundheitsratgeber, esoterischen Heilratgeber usw. usw. ein. Wie soll einer, der glaubt, es "richtig" machen zu wollen, überhaupt herausfinden, WAS FÜR IHN RICHTIG IST? Dazu muss er erstmal den ganzen gutgemeinten Ratschlags-Berg wieder abtragen und sich darunter suchen gehen. Eine wahrlich mühsame Angelegenheit.

Und all das geschieht, weil wir Menschen derzeit offenbar kein Vertrauen in das Leben haben. Wir zerren an einem kleinen Menschen schon am Anfang der Entwicklung herum, als ob er dadurch schneller und richtiger wachsen würde. Beim Gemüse erleben wir ja schnell, dass das nicht funktioniert, aber beim Menschen sind die Auswirkungen unseres Verhaltens oft so spät sichtbar, dass wir keinen Zusammenhang mehr feststellen können. Und im schlechtesten Fall glauben wir sogar, nur weil unsere Kinder so werden, wie wir selbst sind, ist es uns gelungen, das Richtige zu tun. Dabei sind wir selbst ja auch schon ziemlich verbogen worden.

Vielleicht sollte wir also aufhören zu glauben, dass wir denen, die Schwierigkeiten haben, einfach nur beibringen müssen, wie sie richtig kommunzieren lernen können, denn dann ....... (blablabla.......) Wir ertragen es nicht, zuzugeben, dass wir selbst Schwierigkeiten haben und auf der Suche nach jemandem sind, der uns versteht. Nein, wie wollen lieber eine Methode finden, mir der wir anderen beibringen können, unsere Fehler nicht zu machen.
Doch die machen sie sowieso nicht, die machen ihre eigenen Fehler.

Provokation genug? Verallgemeinert genug, um Widerspruch zu wecken? :zunge3:

:blume1:
 
AW: Was ist Beziehungsfähigkeit?

Euer gesamtes Weltbild scheint mir aber eindeutig jenes zu sein, dass der Mensch schlecht ist. Und dass es an ihm unendlich viel zu verbessern gibt.

Dem halte ich entgegen, dass wir (also du, Methusalem, du, Kathi und ich) ohne Maria Theresias Entscheidung vor 234 Jahren heute hier eben gar nicht miteinander kommunizieren würden, sondern dass wir uns mit Holzpflöcken auf unsere hohlen Birnen hauen, und ob des leeren Schepperns, das dabei erklingen würde, lustig unsere Augen verdrehen würden.

Mehr wäre mit keinem von uns anzufangen.

Deshalb hinterfrage ich hier euren gesamten Denkansatz, den nach eurer Darstellung ganz unperfekten, realen, heutigen Menschen mit eurem so wunderbaren, schönen, göttlichen Ideal zu vergleichen und daraus Schlüsse zu ziehen.

Hallo Frankie,

was das Weltbild bzw. das Menschenbild betrifft, spreche/schreibe ich mal für mich, Kathi kann da, wenn sie möchte, selbst Stellung beziehen. Dass der Mensch schlecht ist, habe ich nicht behauptet. Die Auseinandersetzung mit der humanistischen Psychologie hat eine eher wohlwollende Haltung entstehen lassen. Nachdem ich aber viel mit Drogenabhängigen zu tun hatte, sind mir die Möglichkeiten sehr wohl bewusst, das menschliche Potential in einer Weise zu entwickeln und einzusetzen, die ich nicht positiv bewerten kann. Es hängt eben viel davon ab, was ein Mensch erlebt hat, welche Entwicklungsmöglichkeiten ihm zugestanden oder verwehrt worden sind.

Dass Menschen entwicklungsbedürftig und entwicklungsfähig sind, das ist für mich schon ein zentraler Gedanke. Zur Einführung der Schulpflicht sehe ich da keinen Widerspruch, denn dahinter steht ja die Idee, durch Bildung die Teilhabe an der Gemeinschaft zu ermöglichen - und darin kann ich nichts Verwerfliches entdecken.

Die Frage, wie ich mich zu den Fächern und Inhalten des Schulunterrichts stelle, hängt natürlich davon ab, welches Leitbild für mich die Orientierungsmarke darstellt. Und die Schwierigkeit ist eben, dass sich die Welt verändert, dass die modernen Gesellschaften andere Akzente erfordern, Lehrpläne daher immer wieder kritisch hinterfragt werden sollten.

Das Leitbild selbst lässt sich natürlich auch hinterfragen - und die methodische Frage ist, ob Unterricht darin bestehen soll, reines Wissen zu vermitteln oder darüber hinaus "zum Leben befähigen" kann oder soll.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich verstanden habe, worauf Dein Einwand abzielt - ist es einer oder geht es darum, etwas Bestimmtes zu hinterfragen?
Richtet sich die Kritik gegen pädagogisches Denken, das anderen etwas "überstülpen" möchte und damit die natürlichen Entwicklungsbedürfnisse ignoriert? Richtet sich die Kritik gegen ein Leitbild "an sich" oder gegen ganz bestimmte Inhalte eines solchen Leitbilds?

lg Methusalem :blume2:
 
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AW: Provokanter Einwurf

Aber die schlimmste Auswirkung ist, dass wir von Geburt an lernen, dass das, was in uns wächst, was wir als "unsere eigene Persönlichkeit" fühlen, wie wir uns ausdrücken wollen, welche Form der Kommunkation wir entwickeln, dass das nicht gebraucht wird. Was immer uns einfällt, es gibt schon ein vorgefertigtes Muster, wie es heutzutage sein soll. ... Kinder - und auch wir alle - werden mit vorgefertigten Ansichten, Meinungen, Lösungen, Vorgaben nur so überschüttet. Wir kriegen Vorlagen für alles und haben kaum noch Freiräume, etwas eigenes zu entwickeln. ... Alles was wir damit lernen, deckt das, was aus unserem eigenen Impuls kommen will, zu.

Hallo Lilith,

...Anstösse genug... ich versuche mal, das Wesentliche dabei zu erfassen und das ist nicht ganz leicht. Es gibt da sicher Anklänge an Deine früheren Beiträge, die immer wieder auf Elemente aufmerksam machen, die nicht entwicklungsfördernd sind, um es mal ganz allgemein zu formulieren.

Bildung als Konsumgut - das ist wirklich ein Problem und die Suche nach sich selbst ist ein mühsames Unterfangen. Freiräume, etwas Eigenes zu entwickeln... die sind nicht immer leicht zu finden. Es kann sehr frustrierend sein, wenn man eine Idee hat und zu hören bekommt, das sei Unsinn, weil es darauf hinauslaufen würde, über die Erfindung des Fahrrads nachzudenken.

Im Berufsleben habe ich es auch immer wieder als destruktiv erlebt, wenn andere glauben, alles besser zu wissen, weil sie ja soooo viel Erfahrung haben.
Es scheint schwieriger zu werden, sich selbst ein Urteil zu bilden und aus vielen Vorlagen das herauszusuchen, was sich für das eigene Leben wirklich nutzen und umsetzen lässt.

In meiner Schulzeit hatte ich mich bereits mit der antiautoritären Erziehung auseinandergesetzt und später auch mal Leute getroffen, die auf einer Waldorfschule waren. Da läuft dann manches freier und kreativer ab - aber der Wechsel in das "normale" Schulsystem macht dann immens Probleme. Wenn es junge Menschen nicht schaffen, sich an die Gesellschaft anzupassen, haben sie kaum eine Chance, sich selbst darin zu entfalten - und Hilfestellungen zum Umgang mit sich selbst gibt es zunächst wenige.

Es ist ein schwieriger Balanceakt, sich an den Erwartungen anderer zu orientieren, ohne sich selbst dabei zu verlieren - der Preis für den äusseren Erfolg ist oft sehr hoch. Wer sich dann ernsthaft auf die Suche macht, um zu sich selbst einen intensiveren Bezug zu bekommen, wird an vielen Stellen Schwierigkeiten bekommen, sich nicht mehr so leicht und so schnell anpassen können. Es wird Konflikte geben - und Reibungen mit den Prinzipien einer hierarchisch organisierten Gesellschaft.

Es ist ein schwieriges Feld.

lg Methusalem :blume2:
 
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