Binchen schrieb:
nun ich denke, dass alles im menschen schon vorhanden ist und nur ein fehlgeleitetes x oder y-chromoson uns zu gewaltverbrechern machen oder zu einem gandhi.
der normale mensch trägt die gen-kette in sich und hält die waage.
ich mein mal ganz unter uns, hast du noch nie eine blutsaugende mücke erschlagen?
lg binchen
Ich kann wirklich nicht abstreiten, schon einmal eine Mücke oder Fliege erschlagen zu haben. Früher war mir das überhaupt egal. Wenn mir so ein Insekt auf die Nerven gegangen ist und ich es erwischen konnte, dann tat ich das auch meistens.
Heute versuche ich das zu vermeiden. Wenn mich Fliegen stören, dann fange ich sie und werfe sie außer Haus. Aber bei lästigen Gelsen ... da passiert es mir immer wieder, dass mir meine Hand ausrutscht.
Fühle ich mich deswegen schuldig? Nein, eigentlich nicht.
Ich denke jedoch noch immer, dass es sich bei diesem Verhalten um kein angeborenes handelt. Ich halte es für ein erlerntes Verhalten.
Ein angeborenes Verhalten ist die Bewegung meiner Arme. Ich kann mit meiner rechten Hand zum Beispiel nicht meinen rechten Ellenbogen berühren. Das ist mir angeboren.
Wie und wozu ich diese Bewegungsmöglichkeiten jedoch nutze, das ist nicht in meiner Natur festgelegt. Das Beispiel mit den Kindern, die sich um ein Spielzeug streiten und dabei vielleicht sogar körperliche Gewalt anwenden, deutet für mich keineswegs daraufhin, dass es sich um ein angeborenes Verhalten handelt.
Kinder lernen. Wir alle lernen eigentlich. Kinder handeln in der Regel sehr unüberlegt. Sie haben einen viel kleineren Erfahrungsbereich. Aber Kinder sind deshalb nicht dümmer. Sie verstehen freilich schnell, dass es so etwas wie Gewalt gibt und dass man einen anderen Menschen dazu bringen kann, Dinge zu tun, die man von ihm will, wenn man diesem Angst macht. Und ebenso verstehen sie schnell, dass man Angst bei jemanden hervorrufen kann, wenn man diesem Schmerzen androht oder zufügt.
Aus diesem Wissen heraus wenden Kinder Gewalt an.
Das, was den Kindern in der Natur liegt, ist das logische und kausale Denken. Das liegt uns allen in der Natur. Gewalt ist meines Erachtens einfach eine Handlungsweise, die uns unser Verstand als Lösung präsentiert. Genauso ist es auch mit der Gelse, die ich erschlage, wenn sie mich belästigt. Mein Verstand sagt mir, die Gelse wird Frieden geben, wenn ich sie erschlage. Deshalb wende ich Gewalt an, weil ich denke, dass sie mir diese Handlungsweise hilft.
Aber das bedeutet nicht, dass es in meiner Natur liegt, sie zu erschlagen.
Es liegt an mir, ob ich Gewalt anwende oder nicht.
Man könnte auch fragen: Liegt es in unserer Natur Nächstenliebe zu leben?
Immer wieder zeigen Menschen, dass sie ihre Mitmenschen mögen. Das zeigen sogar Babys.
Liegt es nun in unserer Natur, anderen etwas Gutes zu tun? (Das ist praktisch die Gegenfrage auf die Frage, ob Gewalt in unserer Natur liegt.)
Ich denke, es liegt auch nicht in unserer Natur, anderen etwas Gutes zu tun. Es liegt vielleicht in unserer Natur, dass wir Sympathie empfinden oder gar Liebe empfinden. Aber es liegt an uns, ob wir aus diesen Gefühlen handeln wollen.
Ich bleibe daher bei meiner Theorie:
Ob Gewalt oder Nächstenliebe. Beides liegt nicht unmittelbar in unserer Natur, sondern in der Natur unserer Möglichkeiten. Welche Möglichkeiten wir aber nutzen, das liegt an uns.
mit freundlichen Grüßen
Ben