Ich habe viel Geduld mit dir, wenn es um solche Themen geht, denn du bist während dieser Zeit aufgeräumt und stellst keinen anderen Unfug an...
Nun, der Glaube oder Nicht-Glaube an ein individuelles Weiterleben nach dem körperlichen Tod ist halt wirklich eine reine Glaubensfrage und über Glaubensfragen kann man nicht wirklich diskutieren. Ich persönlich glaube an eine individuelle Bewusstseins-Energieform, die den Tod überdauern wird, ja, für die eben der Tod die wahre Erleuchtung sein wird. Allerdings ist mir klar, dass Glauben nicht Wissen ist und dass das letztendlich eine metaphysische Spekulation ist. Aber:
Einigen wir uns auf Einbildung anstelle von Glauben? Hinter dem Begriff Glaube verbirgt sich ein Riesenkomplex an Weltanschauungen. Die Angst vor dem endgültigen Tod ist der Vater dieser Einbildung und sie ist zwar eine wichtige Beilage der Religionen, - sie verdanken ihr sogar ihre Verbreitung - aber sie beinhalten auch viele weitere Elemente, die von den Mächtigen der Menschheitsgeschichte geschickt missbraucht wurden.
Ich setze lieber auf Wissen, denn das bleibt nach meinem Tod erhalten, wenn ich zu Lebzeiten dafür gesorgt habe - wenn nicht, dann war es nicht erhaltenswert. Ich selbst werde ohnehin früher oder später nicht mehr erhaltenswert sein. Hätte ich das Potential von Aristoteles, würde ich Jahrtausende überstehen, aber so wie ich jetzt bin, ist es um mich nicht schade, wenn ich nicht mehr bin. Meine Kinder werden mich eine Zeit lang vermissen, aber das war´s dann auch.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass es kein individuelles Weiterleben nach dem Tod geben wird, sondern sich das individuelle Bewusstsein ins kosmische Bewusstsein auflösen wird, oder wenn man sogar davon ausgeht, dass das Bewusstsein ganz verlöscht und zu nichts wird (wobei das dann aber die philosophische Frage aufwirft, was dieses nichts überhaupt bedeutet), dann ist der Tod als Ereignis trotzdem immer noch - oder vielleicht sogar noch stärker - das zentralste Ereignis im Leben.
Also mit Begriffen wie kosmisches Bewusstsein kann ich nichts anfangen. Das erinnert an Sheldrake und seine "morphogenetischen Felder". Der Kosmos ist viel zu groß für den Menschen, um darin seinen Platz zu finden - da fehlen die Koordinaten dazu, um im Sinne deines Vorgängers zu sprechen. Dem Kosmos ist der Mensch keinen Pfifferling wert.
Das Bewusstsein des Einzelnen erlischt schon zu seinen Lebzeiten, sobald er das Bewusstsein verliert und kein Hahn kräht danach. Die Philosophie darf sich dann mit dem Nichts herumplagen, denn es bedeutet ganz einfach, das etwas nicht mehr da ist, was vorher da war.
Was den Tod betrifft, das ist kein Ereignis - und schon gar nicht das zentralste Ereignis - im Leben, denn der Todzeitpunkt befindet sich außerhalb des Lebens. Der Tod eines Menschen ist ein Ereignis im Leben der Lebenden.
Denn wenn wir wirklich zwischen zwei Ewigkeiten der Nichtexistenz existieren, dann müssten wir hier auf der Erde jeden Tag, jede Stunde, jede Minute maximal auskosten, zumal wir ja wirklich nie wissen, wann der Tod kommt. Aber wer lebt denn so?
Ich würde lügen, wenn ich das behaupten würde, denn man kann es nicht, obwohl man es sollte, denn genau das ist es, was man sich jeden Tag aufs Neue suggerieren sollte: das Leben ist kurz und jeder Tag könnte mein letzter sein.
Was das Leben anstrengender macht, ist die Sorge um die Zukunft und diese Sorge dominiert so stark, dass man die Gegenwart verpasst. Deshalb höre ich jetzt auf, denn ich muss mich fertigmachen, - die Frau drängt schon im Hintergrund - weil wir heute gepflegt essen gehen wollen.