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Ist der Tod die wahre Erleuchtung?

Wenn man die naturalistische Erklärung mit Gewalt erzwingen will, nehme ich vom dem Fundamentalismus genau abstand...

Und im Grunde ist das doch die Einstellung der ganzen derzeitigen Naturwissenschaft, oder? Sie setzt den Rahmen, in den Erkenntnisse fallen dürfen und sagt dann: Alles andere gibt es nicht. Das ist schon Fundamentalismus, ja.
 
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Wenn ich der Meinung bin, dass man in einer Welt, die vielen Geschöpfen große Härten auferlegt, Gerechtigkeit, nach einem etwas problematischen Leben, durch ein nachfolgend protegiertes (oder einfach nur glücklicheres) Leben, erwarten kann, entstehen einige Fragen.
“Jemand” (ein Wesen oder eine Instanz) müsste mein Leben beobachten und bewerten. Erlittene Nachteile oder Beeinträchtigungen müssten eingestuft werden; danach müsste - in Sachen nächstes Leben - ein Paket geschnürt werden, dass angemessen Ausgleich schafft.
Ich weiß, dass das in der Welt des Rudolf Steiner kein Problem wäre, da es in dieser Welt genügend Instanzen und Wesen gibt, die die geistigen Sphären managen.

Es ist aber nicht nur in der Welt des Rudolf Steiner kein Problem, sondern auch - wieder mal - wenn man Berichte über Nahtoderfahrungen betrachtet. Dort wird immer wieder eine Lebensrückschau beschrieben, in der man das Gute und das Schlechte, was man anderen getan hat, aus deren Perspektive gezeigt bekommt. Da ist ja wohl ganz klar eine moralische, wertende Instanz im Spiel und wozu das ganze, wenn es danach nicht mehr weitergeht oder man in einer Art Nirvana verlöscht?
 
Gerade vorhin habe ich zufällig folgenden Nietzsche-Aphorismus aus der Morgenröte gelesen und er hat mich zum Lachen gebracht, weil er so typisch Nietzsche ist, und da es zu unserer derzeitigen Diskussion passt, stelle ich es hier rein:

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"An die Träumer der Unsterblichkeit. – Diesem schönen Bewußtsein eurer selbst wünscht ihr also ewige Dauer? Ist das nicht schamlos? Denkt ihr denn nicht an alle andern Dinge, die euch dann in alle Ewigkeit zu ertragen hätten, wie sie euch bisher ertragen haben mit einer mehr als christlichen Geduld? Oder meint ihr, ihnen ein ewiges Wohlgefühl an euch geben zu können? Ein einziger unsterblicher Mensch auf der Erde wäre ja schon genug, um alles andere, das noch da wäre, durch Überdruß an ihm in eine allgemeine Sterbe- und Aufhängewut zu versetzen! Und ihr Erdenbewohner mit euren Begriffelchen von ein paar Tausend Zeitminütchen wollt dem ewigen allgemeinen Dasein ewig lästig fallen! Gibt es etwas Zudringlicheres! – Zuletzt: seien wir milde gegen ein Wesen von siebenzig Jahren! – es hat seine Phantasie im Ausmalen der eignen »ewigen Langenweile« nicht üben können, – es fehlte ihm an der Zeit!"
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Und im Grunde ist das doch die Einstellung der ganzen derzeitigen Naturwissenschaft, oder? Sie setzt den Rahmen, in den Erkenntnisse fallen dürfen und sagt dann: Alles andere gibt es nicht.
So sehe ich das zum großen Teil, ja.
Philosophisch ist das eine Engführung des Naturalismus, genannt Szientismus, in dem Wissenschaften ihren Kompetenzbereich überschreiten. Dass manche Wissenschaftsgläubige meinen, die Wissenschaft könne gar keinen Kompetenzbereich überschreiten, sondern sei grundsätzlich für alles zuständig, macht es nicht besser.
„Wenn man in Weiterführung der Überlegung Latours Argumente gegen eine fundamentalistische Bewegung wie den Kreationismus entwickeln kann, folgt daraus auch, dass man mit der Darlegung der Repräsentationen zu einer robusten Differenzierung zwischen wissenschaftlicher und nichtwissenschaftlicher Praxis gelangen könnte? So einfach ist es nicht, denn keineswegs entsprechen alle Episoden der Wissenschaft, einer solchen vollständigen Darlegung der Repräsentationen. Man denke – um im Bereich der Biologie zu bleiben – nur an den Sozialdarwinismus, Eugenik und Teile der Soziobiologie. Wenn im Namen der Evolutionslehre die Vergewaltigung von Frauen, Mord und wahlweise Egoismus oder Opferbereitschaft, Monogamie oder Polygamie als sinnvolle biologische Verhaltensweisen gedeutet werden;* wenn die Evolutionstheorie mehr sein will als eine wissenschaftliche Disziplin und sich zum Evolutionismus aufbläst, der behauptet für alle oder zumindest die meisten Facetten des menschlichen Lebens eine Erklärung parat zu haben, dann unterscheidet sich das nicht so grundlegend vom Verhalten derjenigen, die die Evolutionstheorie angreifen. Auch in den Naturwissenschaften herrscht bisweilen die Tendenz vor, die Schwach- und Leerstellen, Ungewissheiten und Unwissenheiten zu übertünchen. Das ist, wenn man so will, das Erbe ihres modernistischen Universalitätsanspruchs. In unserer Gegenwart, einer Zeit der zunehmenden Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Wissenschaften, wird diese Tendenz auf bemerkenswerte Weise verstärkt.“

*Um nur zwei aktuelle Beispiele zu geben: Eckart Voland, Die Natur des Menschen, Grundkurs Soziobiologie, München 2007; David M. Buss; Der Mörder in uns. Warum wir zum Töten programmiert sind, Heidelberg 2007.

(Michael Hagner, Bye-bye science, welcome pseudoscience?, in Pseudowissenschaft, Hrsg. Rupnow, Lipphardt, Thiel, Wessely, Suhrkamp 2008, S. 46)

Wenn man so argumentiert, kann man sich aber auch nicht mehr auf 'die Weisheit der Natur' berufen (oder muss die Unterschiede zum Biologismus aufzeigen), darauf ist man dann festgelegt. Aber Szientisten nimmt im Grunde niemand ernst.
 
................ Dort wird immer wieder eine Lebensrückschau beschrieben, in der man das Gute und das Schlechte, was man anderen getan hat, aus deren Perspektive gezeigt bekommt. Da ist ja wohl ganz klar eine moralische, wertende Instanz im Spiel und.................
Das stimmt natürlich, ich denke aber, das ist keine Bewertung von außen. Mit dem Absenken der Hirnfunktionalität, wird wieder etwas frei, was vorher zum Großteil unzugänglich war. Das Unterbewusstsein, die dunkle Instanz, die aus dem "Versteck" heraus subtil auf unsere Gemütsverfassung einwirkt, kehrt dorthin zurück, wo sie hingehört, in das Bewusstsein. Alles Vedrängte, alles "Vergessene", alle verkannten Bedeutungen werden mit einmal wieder bewusst. Ein beeindruckendes und nachwirkendes Szenario.
Ich sehe das als normalen Vorgang, da es auch manchmal - im Alltagg - passiert, dass Dinge wieder hochkommen, die mir klarmachen, dass auch absolut nichts für immer vergessen ist.
LG * Helmfried
 
Aber Szientisten nimmt im Grunde niemand ernst.

Warum gibt es dann so viele davon? Ich denke alleine hier in diesem kleinen Forum gibt es mit Giacomo, Anideos und Aporie schon mal drei Szientisten, die mir spontan einfallen.

Ich halte den Szientismus/Materialismus oder wie auch immer man das nennen will übrigens für eine historische Überreaktion, nämlich eine Überreaktion auf die Theokratien des Mittelalters. Jetzt soll die religiöse Theokratie durch eine wissenschaftliche Technokratie abgelöst werden. Und da fragt man sich doch: Wann wird es die ersten Initiativen zur Trennung von Staat und Wissenschaft geben (müssen) ? Gerade das Corona-Thema hat gezeigt, was eine verstaatlichte Wissenschaft bedeutet, aber das führt hier jetzt natürlich zu weit.
 
Das Unterbewusstsein, die dunkle Instanz, die aus dem "Versteck" heraus subtil auf unsere Gemütsverfassung einwirkt, kehrt dorthin zurück, wo sie hingehört, in das Bewusstsein. Alles Vedrängte, alles "Vergessene", alle verkannten Bedeutungen werden mit einmal wieder bewusst. Ein beeindruckendes und nachwirkendes Szenario.

Das ist ein interessanter Gedanke. Und da fragt man sich doch, ob man es sich nicht zum Ziel machen sollte, diese Verschmelzung von Bewusstsein und Unterbewusstsein anzustreben, aus eigener Energie heraus. Vielleicht wäre das der Sinn von Meditation. So habe ich es bisher noch nie betrachtet.
 
Warum gibt es dann so viele davon? Ich denke alleine hier in diesem kleinen Forum gibt es mit Giacomo, Anideos und Aporie schon mal drei Szientisten, die mir spontan einfallen.

Aha, ein neues Wort in den Diskussionen? Jetzt bin ich also schon ein "Szientist"?
Nein, das bin ich nicht.
Ich bevorzuge die Bezeichnung Rationalist und die Position des Kritischen Rationalismus von Karl Popper kommt meiner Position sehr nahe (komisch eigentlich, wieso hier noch nie einer Karl Popper ins Spiel gebracht hat).
Und als Rationalist möchte ich auch bezeichnet werden und als nichts anderes.

Ich halte den Szientismus/Materialismus oder wie auch immer man das nennen will übrigens für eine historische Überreaktion, nämlich eine Überreaktion auf die Theokratien des Mittelalters. Jetzt soll die religiöse Theokratie durch eine wissenschaftliche Technokratie abgelöst werden.

Wie schon mehrfach moniert, sollte man feststehende philosophische Begriffe nicht für seine eigenen Ergüsse missbrauchen, zumal dann nicht, wenn man keine Ahnung hat, was sie bedeuten.
Der Materialismus ist eine erkenntnistheoretische Position, eine Schöpfung des 18. Jh., die bereits im 19. Jh. angegriffen wurde, sei es von idealistischer oder auch von marxistischer Seite.

Und da fragt man sich doch: Wann wird es die ersten Initiativen zur Trennung von Staat und Wissenschaft geben (müssen) ?

Ich weiß nicht, in welcher Welt Du lebst, aber in meiner Welt ist es kaum der Staat, der Wissenschaften betreibt und finanziert. Vielmehr sind es große Unternehmen, und ich weiß nicht, was mich unglücklicher machen soll.
 
Dort wird immer wieder eine Lebensrückschau beschrieben, in der man das Gute und das Schlechte, was man anderen getan hat, aus deren Perspektive gezeigt bekommt.
Aber doch nur bei solchen, die es zu Lebzeiten versäumt haben. Alle anderen sind schon davor mit sich ins Reine gekommen.
Da ist ja wohl ganz klar eine moralische, wertende Instanz im Spiel und wozu das ganze, wenn es danach nicht mehr weitergeht oder man in einer Art Nirvana verlöscht?
Bei solchen, die diese moralische Instanz bereits in sich trugen, stellt sich diese Frage nicht. Sie hat ihr Leben bestimmt, denn dafür war sie gedacht.
 
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Warum gibt es dann so viele davon? Ich denke alleine hier in diesem kleinen Forum gibt es mit Giacomo, Anideos und Aporie schon mal drei Szientisten, die mir spontan einfallen.
@Giacomo_S hat Dir ja selbst geantwortet, @Aporie ist mit Sicherheit kein Szientist, Du machst in dem Fall den Fehler alles in zwei viel zu große und dann auch noch falsch benannte Schubladen zu stecken: Einmal Metaphysik - damit übernimmst Du die undifferenzierte und falsche Terminologie gerade der Szientisten, worauf Aporie Dich schon mal hingewiesen hat - womit Du irgendwie alles vom Geistersehen bis zur Zenmeditation meinst und zum anderen Materialismus, bei dem es nun auch etliche Spielarten gibt. Zu @Anideos kann ich nichts sagen, er kommt mir eher politisch motiviert vor, da ich eher unpolitisch bin, lese ich ihn kaum.

Der simple Szientismus war vor 15 Jahren in Foren interessanter, vor allem bei jenen, die anderen gerne die Welt erklären. Mit Hirnforschung und Dawkins wurde der Biologismus noch mal nach oben gespült, die Wissenschaft sagt nie, wenn sie aufs falsche Pferd gesetzt hat, die Helden von gestern werden einfach schweigend übergangen. Tomasello ist mit dem ganzen Dawkins 2017 in ein paar Zeilen fertig.
 
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