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Erwartungen im Alter

AW: Erwartungen im Alter

Während ich Eure Beiträge hier lese, fällt mir eine Sache auf: welche auch die Wünsche, Vorstellungen oder Vorschläge sind - sie spiegeln eine Gesellschaft wieder in der "die Alten" ein Problem darstellen.
Ich denke, dass das in erster Linie nicht so sehr ein materielles Problem ist, sondern eines welches die Stellung der älteren Generation hierzulande widerspiegelt. Die materielle Seite ergibt sich dann aus diesen Stellenwert die der ältere, nicht-mehr-produzierende Mensch meist in dieser Gesellschaft einnimmt.

Es gibt mittlerweile immer mehr Notruftelefone bzw. Beschwerdestellen die es den Heimbewohnern ermöglicht Hilfe zu suchen – und das zeigt uns auch, dass die Versorgung der Alten in vielen Fällen besorgniserregend ist.

Nun, wir sollten ja hier über unsere persönlichen Vorstellungen schreiben, wenn ich dies vorgeschoben habe, dann um zu zeigen, dass wir in unserer Wahl so frei nicht sind. Wir wählen fast nicht mehr die bestmöglichste Lebensform die unseren Vorstellungen entspricht, sondern das kleinere (oder kleinste) Übel.

Es ist sicher nicht alles auf die materielle Basis zurück zu führen. Früher war ich Jahr für Jahr für längere Zeit in Israel – und meine Beobachtungen dort verstärken meine Meinung.
Erst gab es da meine Erfahrung mit dem kleinen Altenheim welches mein Onkel (als Arzt) und meine Tante geführt haben, ein Heim welches sicher nicht für reichere Menschen gedacht war. Aber die persönliche bzw. individuelle Zuwendung des ganzen Personals war einmalig. Mir erschien dies damals selbstverständlich – und ich half da sehr gerne mit.
Später zogen der reihe nach einige meiner Familienmitglieder in Altenheime. Die Entscheidung für das Altenheim in dem meine Tante zog, habe ich mit ihr zusammen getroffen – und dafür besuchten wir einige Stellen in Haifa. Überall gab es ein vernünftiges Maß von selbstständig- und betreut sein. Alle diese Heime boten fast täglich kulturelle oder gemeinsame Programme an. Doch das Wichtigste erschien mir die Art wie das Personal mit den Heimbewohnern umging.

Wenn ich tatsächlich die freie Wahl hätte – würde ich ein solches Heim wählen. Denn auch der Kontakt zu den Familien wurde dabei in den allermeisten Fällen sehr gepflegt.
Nun kann man sicher nicht sagen, dass Israels Kassen besser bestellt sind als die in Deutschland – deswegen meine am Anfang gestellte Frage nach dem Stellenwert.
Ich habe mich oft gefragt ob dieses System in Israel nicht auch geprägt ist von der Stellung der Alten in den Kibbuzim – denn das ist ein perfektes Modell für das Miteinander mehrerer Generationen – welches nicht außer Acht lässt was die Alten seinerzeit für diese Lebensgemeinschaft geschafft haben.

Gruß

Miriam


Liebe Miriam,

freut mich zu hören Deine Schilderung. Meine Frau hat mal im Rahmen eines kirchlichen Projektes in einem Behindertenheim in Israel gearbeitet (übrigens später auch in zwei Jahren für mehrere Monate in einem Kibbuz, allerdings auf eigene Initiative, was ihr sehr gefallen hat). Die Zustände in dem Heim müssen katastrophal gewesen sein, die Menschen wurden völlig vernachlässigt, sie lebten förmlich in ihrem eigenen Dreck. Das war allerdings alles in den 80ern, später soll es sich in dem Heim - vielleicht auch mit aufgrund der empörten Reaktion der jungen Besucher erheblich gebessert haben. Ich will damit nur sagen, daß es wohl auch in Israel sehr unterschiedliche Maßstäbe geben könnte. Übrigens halte ich den Kibbuz - bin selber nie dort gewesen, deshalb nur der Schilderung nach - schon für eine interessante Lebensform, sie hatte ja auch psychologische Gründe. Seinerzeit schliefen z.B. viele der "Alten" von den Kindern getrennt, da sie aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem Holocaust nachts regelmäßig von Albträumen schreiend aufschreckten.

Das Problem sehe ich allerdings darin, daß derartige Lebensformen wirtschaftlich für sich kaum existieren können, sie müssen refinanziert werden, insbesondere, wenn ein hohes Maß an z.B. gesundheitlichem Standart gewährleistet sein soll. Das würde in unserem Land, in der jedes geringe Lebensrisiko vermieden werden soll, schnell zu einem Politikum werden. Trotzdem erscheinen mir solche Modelle gar nicht so schlecht. Früher konnten ähnliche Bedingungen oft noch im Rahmen der Großfamilie geschaffen werden. Ich bin selbst noch in einem Haus zusammen mit Eltern (selbst das wird ja immer mehr zur Ausnahme, da mehr als jede 3. Ehe der Scheidung anheimfällt) und Großeltern aufgewachsen, es bestand am Anfang sogar noch eine Art Kleinbauernhof, mit ein paar Rindern, Hühnern, Obts- und Gemüseanbau, später Schafen usw., so daß wir partiell etwas unabhängig waren. Meine Großeltern mußten nie in ein Heim und haben beide bis zum Tod zu Hause gelebt, meine Großmutter ist 92 geworden. Der Vorteil war aber, daß sie nie Schwerstpflegefälle wurden. Trotzdem bedeutetet dies für meine Eltern, daß sie bis in die "55er" nie frei waren, nach der Erziehung der Kinder sich um die Mutter/Schwiegermutter zu kümmern hatten. Wer kann das heute noch leisten in einer Zeit, in der die Familien auf zwei Gehälter meist nicht nur aus Luxus bestehen, sondern angewiesen sind?

Was dieser Begriff "Schwerstpflegefall" bedeutet, lernte ich erst in den vergangenen 10 Jahren in meiner Berufspraxis kennen. Zahlreiche Klagen und Verfahren wegen fehlender Bezahlung des Personals, Pflegemißstände, Dekubiti und "Fixierungen" etc., nicht zuletzt auch die Menthalität einiger der "Manager" machen mich äußerst mißtrauisch. Mit Grauen denke ich daran, sollte auch nur irgendjemand, der mir lieb ist, dem mal ausgeliefert sein.

Und auch privat sieht es nicht immer besser aus, Betreute lassen sich erfahrungsgemäß in ihrer Not oft ausbeuten wie eine Weihnachtsgans, das bringt auch unseriöse Machenschaften auf den Plan, vor allem solange die Alten noch nicht als geschäftsunfähig gelten. Besonders schmackhaft wird es, wenn es etwas zu erben gibt, es gibt bis heute keinen einfacheren Weg, schneller zu Geld zu kommen...prekär, wenn der plötzlich unerwartete Freund Erbe und Pfleger zugleich wird. Wohlgemerkt, das gilt sicher nicht für alle Fälle, aber ein fader Beigeschmack bleibt.

Ich finde Sibels Vorschlag vor diesem Hintergrund nicht schlecht, fürchte aber, dies wird sich in unserer modernen Gesellschaft und ihren ökonomischen Zwängen nicht machen lassen, ebensowenig wie eine Art Kibbuz.

Deshalb verbleibt in der Tat nur das Prinzip Hoffnung, d.h., nur nie zum Pflegefall werden, wie auch immer wir das bewerkstelligen wollen.


Viele - leider etwas düstere - Grüße
Zwetsche
 
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AW: Erwartungen im Alter

In erster Linie einen Dank an Salemio für dieses gute Thema - und einen herzlichen Dank an Eule und an Zwetsche, für ihre Beiträge. Und zurücklesend möchte ich eigentlich allen danken - für mich sind Eure Gedanken sehr wichtig, wenn ich mich nicht irre bin ich die älteste Frau hier im Forum.

Zwetsche, meine Israel-Schilderungen beziehen sich auf Zustände Anfang bis Mitte der 90. Jahre. Bis auf das Altenheim meines Onkels - das bestand schon Anfang der 70. Jahre.
Was die Kibbuzim betrifft: diese trugen sich immer mehr durch ihre speziellen Leistungen die gerne in Anspruch genommen wurden. Der Kibbuz in dem ich Freunde habe (Bar Am), war im ganzen Land bekannt für seine ausgezeichnete Autowerkstatt.

Mir fiel ein Geschehnis ein welches etwas länger als ein Jahr zurückliegt und mir gezeigt hat welche Clichées betreffend ältere oder alte Menschen in unserer Gesellschaft bestehen.

Anfang Dezember 2005 musste ich ins Krankenhaus für einen Eingriff. Meine jüngste Tochter fuhr mich hin und blieb auch bei mir bis die Formalitäten erledigt waren. Wir warteten im Vorzimmer des Profs auf das Aufnahmegespräch - da kommt eine Ärztin, etwa so alt wie meine Tochter, bittet mich zu sich, schaut sich nochmals um, fragt meine Tochter ob sie zu mir gehören würde - und bittet sie mitzukommen.

Es folgt nun das Aufnahmegespräch - Ärztin stellt mir Fragen, schon die etwa hirngerecht zugeschnitten für ne Alte, dreht sich dann jedes mal zu meiner Tochter und gibt ihr die Antworten darauf, diesmal auf dem Level eines Normaldenkenden. Ich versuche durch Blickkontakt ihr verstehen zu geben, dass ich eigentlich ... Sie versteht es nicht und führt weiterhin das Gespräch über mich und was mich so erwartet mit meiner völlig verstummten Tochter, nimmt auch ihr Unbehagen nicht wahr.

Etwa beim zehnten mal fixiert sie mein Blick und meine Stimme erklärt ihr, nicht gerade erfreut klingend, dass ich die Patientin sei und durchaus noch in der Lage...
Na ja, als sie so sehr errötete tat sie mir doch leid.
Es gab auch einen Schnösel von Arzt in der Zeit, der mir alles nur so idiotengerecht erklärte - bis er meine ironischen Antworten, voll gespickt mit Fachausdrücken irgendwann wahr nahm und mich dann leise fragte ob ich denn Ärztin sei? Nein sagte ich, aber...Na ja der Rest ist uninteressant.

Also doppelte Entmündigung: die des alten oder älteren Menschen und die des Patienten.
Phänomene die uns ganz häufig in unserer Gesellschaft begegnen.
 
AW: Erwartungen im Alter

Hallo ihr Lieben,

melde mich jetzt auch mal wieder zu Wort. Danke für eure bisherigen Beiträge.
@Eule:
Erstmal finde ich, du hast -ebenso wie die anderen- das Thema ganz sicher nicht verfehlt. Denn ich wollte ja nicht nur auf eure Vorstellungen sondern halt eben auch auf die Umstände die vorherrschen, die die Regel -nicht nur die Ausnahmen- bestimmen, hinaus. Das Wieso, Weshalb, Warum, aber eben nicht nur auf den finanziellen oder politischen Aspekt bezogen, sondern alles umfassend.
Früher war es eine Bereicherung wenn Großmutter/Vater in der Familie lebten. Heute sind sie eine Belastung. Natürlich haben sich die Lebensumstände geändert. Aber ist das der alleinige Grund dafür, daß es so kalt geworden ist? Daß wir so ungeduldig sind? Daß wir Alte nur bewundern und für voll nehmen wenn sie "jung" geblieben sind?
Ich frage, aus Unwissenheit, nicht um zu provozieren, ob es wirklich früher eine Bereicherung war? War es nicht eher auch eine Zweckgemeinschaft? Die Oma und den Opa auf dem Hof zu haben, Oma hütet die Enkel und kocht und der Opa packt draußen mit an? Es war vielleicht "normal" aber haben es die Leute wirklich lieber gemacht als heute?
Wenn ich meine übriggebliebene Oma heute höre (sagte ich es schon, sie ist über 80), dann klingt es auch nicht nach Friede, Freude, Eierkuchen.
Sie hat als Jugendliche erlebt, wie ihre kranke Oma im Haus mit lebte, erst aktiv, dann als Pflegefall. Kurz nach ihrem Tod, wurde ihre eigene Mutter schwer krank, wieder Pflege, wieder ein Hintenanstellen der Kindheit und Jugendzeit. Später als erwachsene verheiratete Frau, wurde sich dann um die Schwiegermutter -wieder im eigenen Hause- gekümmert.
Meine Oma sagt heute, wenn sie merkt, sie kann nicht mehr, dann möchte sie ins Heim, sie möchte nicht, dass ich das Gefühl hätte mich für sie aufgeben zu müssen.
(Mein Vater ist bereits verstorben, ihr zweiter Sohn Suchtkrank, ich bin die einzige die väterlicherseits übrig ist)
Sie spricht nicht abfällig darüber, sie hat es immer gern getan und hielt es für eine Selbstverständlichkeit, allerdings möchte sie mich davor bewahren, weil es nicht immer einfach war.
Deshalb frage ich mich halt, war es früher in dem Punkt wirklich besser für alle, oder nur anders?
Zu deiner Frage, nach dem junggeblieben:
Für mich ist jeder alte Mensch ein Spiegel unserer eventuellen Zukunft. Und natürlich stimmt mich ein fröhlicher, offensiver, aktiver älterer Mensch positiver, als der kranke, gebrechliche.
Verzeiht mir meine Offenheit, ich schreibe einfach so, wie ich es empfinde.
Wenn ich meinen Opa sehe, mit seinem schweren Atmen, seinen zitternden Händen, seinen Krankeiten, dem traurigen Blick, dann macht mir das mehr Angst, als die fröhliche alte Dame, die bis auf ein paar Zipperlein noch fit ist.
Dennoch Bewunderung empfinde ich für beide, Leid auszuhalten ist genauso bewundernswert wie die Fähigkeit Leid gar nicht erst zuzulassen, also nicht in Selbstmitleid zu versinken.
Heute darf man sich als Mutter/Vater keine Dankbarkeit erwarten. Warum eigentlich nicht? Machen heutige Eltern etwas anderes als die Eltern früher?
Für diese Frage ist eine Antwort sehr schwer, ich habe wirklich nicht allzuviel, für das ich mich bei meinen Eltern bedanken kann. Ich weiß sie haben stets so gehandelt, wie es ihnen und ihrem Horizont möglich war, aber...
Zu meiner Mutter habe ich noch heute ein schweres Verhältnis, könnte mir auch nicht vorstellen sie bei mir aufzunehmen, wenn sie alt ist. (Wohl aber mich zu kümmern ums grobe)
Ich habe meinen beiden Großelternpärchen -leider- wohl mehr zu verdanken.
Aber es ist bei mir selber auch so, ich erwarte von meinen Kindern später auch keinen übermäßigen Dank. Das was ich für die beiden tue ist in meinen Augen nämlich eine Selbstverständlichkeit, dafür bin ich verdammt noch mal doch Mutter geworden. Ich liebe meine Kinder bedingungslos und ich denke als Mutter darf man nicht "erwarten" dass später alles um meine Person rumhampelt, dann sind die Kinder nämlich -wahrscheinlich- selber Eltern, haben zumindest ihr eigenes Leben, und sollen sich dann um ihre Kinder/ihr Leben kümmern. Zumindest ist das meine Ideologie zum Thema.
Vielleicht ist Dankbarkeit auch das falsche Wort. Dank ist ein Empfinden. Kann ich erwarten, dass ein Kind seinen Dank ausgerechnet in der Form äußert, in dem es sich selbst und seine Bedürfnisse zurückstellt und seine alten Eltern pflegt? Sicher wir Mütter stellen uns auch hinten an, während die Kinder klein sind, aber reicht es nicht, wenn unsere Kinder dies später für ihre eigenen tun, müssen sie auch noch ihr eigenes Leben für die Generation davor zurückstellen? Sitzt man in den mittleren Jahren nicht furchtbar in der Zwickmühle?
Ist ein Kind das dies nicht tut also nicht dankbar?
Fragen über Fragen, wie seht ihr das? Bin ich da zu "extrem"?
Ich bin diejenige die später dankbar sein muss, wenn meine Kinder neben ihren eigenen Ehepartnern und Kindern dann noch Zeit für mich erübrigen, und wenn sie dies tun, weil sie dies wollen, und nicht aus einem Pflichtgefühl heraus, dann habe ich meine Aufgaben wohl richtig erfüllt. Aber bis dahin ziehen noch einige Jahrzehnte ins Land, wer weiß ob es Wunschdenken bleibt oder ob es wahr wird? Keiner!
Vielleicht ist es das, was wir heute anders machen?
Ich sage meinen Kindern "Tut was ihr für recht haltet".
Ich erwarte schon jetzt nicht von ihnen, dass sie meine Schwiegereltern besuchen. Von einem wöchentlichen "Pflichtbesuch" weil es "sich ja so gehört" halte ich nichts, ich bin in diesem Erziehungsfeld sehr frei und halte mich nicht an althergebrachte Konventionen. Allerdings mache ich den Kindern auch klar, dass sie mit den Konsequenzen ihres Tuns leben müssen.
Das klingt jetzt sehr radikal, ist es in seiner Realität aber nicht.

Ich habe auch -aufgrund einer persönlichen Situation im letzten und vorletzten Jahr- bereits eine Patientenverfügung, die deutlich macht, was ich ablehne an Behandlungsmaßnahmen. Ich versuche auch mich davor zu schützen, jemandem zur Last zu fallen -aber vor allem- etwas aushalten zu müssen, was ich für mich als unwürdig betrachte.
Auch halte ich meine Kinder vor den Themen Sterben und Krankheit nicht fern.
Wie könnte ich das auch, in unserer engeren u. weiteren Familie ist vom toten Säugling über Krebstode bis hin zum Blitztod, wo man den Verwandten in der Wohnung fand, in den letzten Jahren schon viel zu viel Sterben präsent gewesen. Ich denke auch, die Art die Kinder fern zu halten, war und ist falsch.
Leid und Sterben gehört zum Leben dazu, und leider auch an diesen Erfahrungen wächst man -auch Kinder schon.

Das war ziemlich viel, ich höre erstmal auf ;-))
LG
Sal
 
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AW: Erwartungen im Alter

Liebe Salem!

Ich bin mit Dir was die Dankbarkeit anbelangt einverstanden. Ich meinte nicht Dankbarkeit für das Aufziehen, Sorgen, Helfen usw., das war und ist meine Pflicht und Schuldigkeit als Mutter, sondern Dankbarkeit dafür, daß man überhaupt am Leben ist. Ich habe meine Mutter zwischendurch sogar dafür gehaßt.
Natürlich gab und gibt es Verhältnisse zwischen Müttern und Kindern die belastend und nicht gut sind. Natürlich war und ist Zwang keine Grundlage für ein befriedegendes Zusammenleben. Natürlich ist es nur dann eine Bereicherung, wenn man mit dem alten Menschen immer ein gutes Verhältnis hatte und gern mit ihm zusammen war. Meine Erfahrung ist, daß dann auch die Pflege keine Belastung ist. Ich habe bettlägerige Menschen gepflegt, die trotzdem noch am Familienleben teilnehmen konnten. Die den Enkerln Geschichten erzählten, mit ihnen spielten usw. Und wie rührend sich selbst kleine Kinder um die Oma kümmerten. Sie hatten keine Berührungsängste.
Natürlich lernte ich auch die andere Seite kennen. Boshaftigkeit, Starrsinn, kein gutes Haar an Töchter/Söhnen lassen usw.
Aber muß es immer entweder oder sein? Entweder man muß alle Alten pflegen oder keine. Was ich nicht gut finde ist, daß es heutzutage gar keine Wahlmöglichkeit mehr gibt. Daß es sich niemand mehr leisten kann Angehörige zu pflegen, selbst wenn er will.
Das Gegenteil von alt und gebrechlich ist für mich nicht "jugendlich", sondern dem Alter entsprechende Vitalität. Was mich stört, ist dieser Jugendwahn. 30jährige wollen wie 18 ausschauen, 40jährige wie 25 usw. Oder besser gesagt, müssen. Bis jetzt betraf es ja nur die Frauen, aber jetzt schwappt dieser Wahnsinn auch auf die Männer über. Scheinbar hat die Kosmetikindustrie eine Marktlücke entdeckt. Pflege ja, gut aussehen auch aber doch nicht mit aller Gewalt (Lifting, Silikon, absaugen usw.)nur um jünger auszusehen, meist auch häßlicher. Alte Gesichter können so schön und ausdruckstark sein. Heute sieht man nur mehr die Falten. Auch Gichtfinger können streicheln und trösten. Heute sieht man nur die Häßlichkeit.
Aber wahrscheinlich kann man erst so denken, wenn man das Alter bei sich selbst bemerkt.
Früher dachte ich, jung und alt gehört nicht zusammen.
Heute denke ich, durch die Trennung sind beide einsam. Sie kennen sich nicht mehr. Toleranz und Verständnis füreinander gingen verloren. Hilfsbereitschaft ist ein Fremdwort geworden. Kinderfeindlichkeit auf der einen Seite und Unverständnis auf der anderen.
Ist es wirklich das, was wir wollen und brauchen?
Ich bin nicht traurig darüber daß ich alt bin, ich habe Mitleid mit den Jungen. Denn sie werden noch einsamer sein als wir. Denn wenn man nicht lernt auch das Alter zu lieben, und zwar schon in jungen Jahren, wird man am eigenen Alter zerbrechen. Wenn man immer nur hört, die Alten sind "blöd" kann man auch nicht von deren Erfahrungen profitieren. Siehe Arbeitsmarkt.
Ein g'scheiter Mann hat einmal gesagt (wie dumm ich bin erkennt man daran, daß ich mir seinen Namen nicht gemerkt habe):
Der Intelligente lernt aus den eigenen Fehlern
der Weise aus den Fehlern der anderen.
Allerdings habe ich diesen Satz auch erst im "höheren" Alter verstanden.

Lg. eule
 
AW: Erwartungen im Alter

Hallo Eule,


das war dann wirklich ein Mißverständnis, mir lag es dennoch auf dem Herzen.
Ich bin mit Dir was die Dankbarkeit anbelangt einverstanden. Ich meinte nicht Dankbarkeit für das Aufziehen, Sorgen, Helfen usw., das war und ist meine Pflicht und Schuldigkeit als Mutter, sondern Dankbarkeit dafür, daß man überhaupt am Leben ist.


Natürlich ist es nur dann eine Bereicherung, wenn man mit dem alten Menschen immer ein gutes Verhältnis hatte und gern mit ihm zusammen war.
Dieses Verhältnis hatte ich zu beiden Omas. Es war innig, bedingungslos und für beide wäre ich ohne wenn und aber bereit mein Leben zu verändern. Die eine habe ich beim Sterben begleitet, die andere würde ebenfalls alles von mir bekommen. Sie weiß das, aber sie will es nicht, wie ich weiter oben schon schrieb.
Ich differenziere da sehr, für meinen Opa bin ich bereit einiges zu tun, aber er ist und war immer ein schwieriger Mensch auch für mich, für meine Oma würde ich höhere Grenzen stecken und sie ist ein so intensiver Teil meines Seins, dass ich gar nicht anders könnte, als alles mir mögliche zu geben.
Ich stimme dir zu, dass das Wort Belastung eine ganz andere -untergeordnete- Bedeutung bekommt, wenn man eine enge Bindung zueinander hat.
Ich stelle mir Bindung immer wie ein Gummiband zwischen mir und den anderen vor. Mit einigen habe ich weitere Bindungen, da ist mehr Distanz, die Bereitschaft zu geben ist geringer, das Gummi ist dauerhaft gespannt und kann jederzeit kaputt gehen. Mit anderen habe ich eine ganz enge Bindung, die soviel Vertrauen schafft, dass das Gummi keinerlei Spannungen hat und wie eine vertraute Grenze auf dem Boden um uns herum liegt, in diesem "Rahmen" ist mehr Platz, darin bewegt man sich und ist sich der Liebe des anderen sicher.

Du sprichst den finanziellen Aspekt an, der ist sicherlich gegeben, nur daran was zu ändern ist schwer. Wenn die eigenen Kinder gucken müssen wie sie sich und ihre Kinder durchbringen, dann ist es schwer den Spagat hinzubekommen, wenn man noch jemand Pflegebedürftigen zu hause hat.
(Wobei ich jetzt nochmal einen Unterschied mache, ob jemand einfach nicht mehr alleine leben mag, weil er einsam ist oder das Gefühl hat, der Haushalt sei zu viel, oder ob jemand wirklich schon Pflegebedürftig ist.)
Aber warum ist es so selten, dass man zusammen zieht, bevor die Bedürftigkeit eintritt, einfach des Familiensinns und der Geselligkeit wegen?
Sicher vielleicht auch hier eine Bindungsfrage...


Pflege ja, gut aussehen auch aber doch nicht mit aller Gewalt (Lifting, Silikon, absaugen usw.)nur um jünger auszusehen, meist auch häßlicher. Alte Gesichter können so schön und ausdruckstark sein. Heute sieht man nur mehr die Falten. Auch Gichtfinger können streicheln und trösten. Heute sieht man nur die Häßlichkeit.

Auch hier stimme ich dir zu und mir gefällt dieser Trend ebenfalls nicht. Ich mache mich auch gerne nett zurecht, keine Frage, aber um des Wohlbefindens wegen, ich sehe dies als einen Teil der Körperpflege und nicht um immer 5-10 Jahre jünger auszusehen als ich bin. Ich setze mich über diesen Druck hinweg.
Faltige Haut und so weiter, dass gehört doch alles dazu. Meine Oma sagt immer: "Wer Angst hat vorm Älterwerden, der muss sich jung das Leben nehmen" :reden:
Ok ich gebe zu, Opas zittrige Hände machen mich nervös und an schlechten Tagen kann ich einfach nicht hinsehen. Aber ist die Ursache dafür nicht die, dass ich einfach dies als einen Teil seiner Gebrechlichkeit sehe und ich den Zeiten hinterher schaue, in denen er noch fit war? Er leidet an seinem Zustand und natürlich -irgendwo leidet man mit.



Früher dachte ich, jung und alt gehört nicht zusammen.
Heute denke ich, durch die Trennung sind beide einsam. Sie kennen sich nicht mehr. Toleranz und Verständnis füreinander gingen verloren. Hilfsbereitschaft ist ein Fremdwort geworden. Kinderfeindlichkeit auf der einen Seite und Unverständnis auf der anderen.
Ist es wirklich das, was wir wollen und brauchen?

Auch wenn ich glaube, es ist nicht die Norm die du beschreibst (kann mich da irren), so finde ich du hast recht.
Es ist nicht das was wir brauchen und wollen, es ist das einfachste.
Wir gehen Problemen aus dem Weg und schaffen, auf lange Sicht, neue damit!

Liebe Grüße
Sal
 
AW: Erwartungen im Alter

Hallo Salem!

Du fragst, warum man nicht zusammenzieht bevor die Pflegebedürftigkeit eintritt.
Ich glaube weil es anstrengend ist. Für beide Seiten. Man muß zurückstecken, kompromissbereit sein, Rücksicht nehmen usw. Ich finde man tut sich im Leben leichter, wenn man es als Kind gelernt hat.
Diese Erkenntnis stammt aus eigener Erfahrung. Ich war ein "Nesthäkchen", das jüngste von 3 Geschwistern, meine Schwester ist 18 Jahre älter, mein Bruder 9 Jahre. Zu allem Überfluß war ich als Kind schwer krank und meine Geschwister - "Ihr seid die Großen" - mußten alles tun was ich wollte. (Daß sie mich dafür nicht hassen, wundert mich heute noch, denn im Nachhinhein betrachtet, ich hätte mich nicht als Schwester haben wollen, auch nicht als Kind). Ich wurde verwöhnt bis zum geht nicht mehr. Mir wurde immer alles abgenommen, ich hatte keine Pflichten, aber auch keine Rechte. Die Grenzen waren so eng, daß ich sie immer wieder überschritt, ohne Rücksicht auf Verluste. Meine Mutter verzieh mir immer alles, meine Chefs und Kollegen dagegen nicht. Es dauerte viele Jahre, bis ich dahinter kam woran es lag, daß ich so "unbeliebt" bin. Ich konnte nichts, wußte nichts, ließ mir nichts sagen und war immer davon überzeugt, die anderen sind schuld daran, wenn was nicht klappte. War ja immer so.
Glaub' mir Salem, es ist verdammt schwer als Erwachsener umzudenken und Sozialverhalten zu lernen. Ich bin bis heute nicht fertig mit meiner eigenen Erziehung.
Und genau dieses Verhalten sehe ich an den Kindern von heute. Vor 50 Jahren war ich ein Einzelfall, heute ist es die Mehrheit. Kinder haben alle Rechte, müssen alles haben, fordern es lautstark ein und meinen sie sind der Nabel der Welt um den sich alles drehen muß. Ich habe immer das Gefühl, das sind "Klone" von mir. Mütter haben scheinbar immer ein schlechtes Gewissen und kompensieren es mit übermäßigen Nachgeben und Verwöhnen.
Wie sollen diese Kinder das Wechselspiel von Geben und Nehmen im Erwachsenenalter leben können?
Dieses - du warst für mich da, jetzt bin ich an der Reihe. Wie soll man sich anderen zuwenden, für andere dasein wenn man nie gelernt hat, das eigene Ego zurückzustellen?
Was nicht mehr gebraucht wird, wird abgeschoben. Kein Platz, kein Geld, womöglich kann man nicht mehr in Urlaub fahren usw.
In so einer Gesellschaft ist keine soziale Wärme mehr möglich. Jeder gegen jeden. Im Job, in der Nachbarschaft und letztendlich auch in der Familie.
Und haben wir es nicht auch im Forum erlebt? Diese Kälte, diese Rücksichtslosigkeit, dieses nicht Denken wie geht's den andern dabei.
Und vor allem, wie soll man ein geduldiger, verstehender, toleranter "Alter" werden der eine "Bereicherung" ist?
Wir sind von einem Extrem ins andere gefallen. Vom Rudeltier zum Einzelgänger.
Das Resultat ist jetzt schon zu sehen, und ich fürchte es wird noch schlimmer werden.
Ich hoffe nur, es kommen nie wieder Zeiten wo einer auf den anderen angewiesen ist, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß in einer von Egoismus dominierten Gesellschaft ein Überleben möglich ist.
Versteh' mich bitte nicht falsch. Es ist nur meine Meinung, die möglicherweise falsch ist. Ich hoffe sogar daß es so ist.

Lg. Eule
 
AW: Erwartungen im Alter

Liebe Eule,

mich treibt mein akuter Zeitmangel hier weg ,aber ich möchte nicht gehen ,ohne vorher noch zu schreiben,wie sehr mich dein obiger Beitrag beeindruckt hat...vielleicht später mehr.

Herzliche Grüße,:blume1:

Sibel
 
AW: Erwartungen im Alter

Obwohl Deine Beiträge relativ lange sind, liebe Eule, fand ich sie sehr kurzweilig und ich habe Sie mit großem Interesse und mit überwiegender Zustimmung gelesen.

Vielleicht ist schon in folgendem Satz vieles enthalten, was eine Erklärung für das stark veränderte soziale Gefühl und Verhalten geben könnte, das in den letzten Jahrzehnten sich vollzogen hat:
"Ich hoffe nur, es kommen nie wieder Zeiten wo einer auf den anderen angewiesen ist, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß in einer von Egoismus dominierten Gesellschaft ein Überleben möglich ist."

Der Egoismus bestimmt das Leben, von der Pflanze bis zum Menschen, einmal im positiven Sinn (Kraftquelle zum Leben und Überleben), ein anderes Mal wieder im negativen Sinn (Machtkampf, Unterdrückung, Zerstörung). Die richtige Balance zu halten sind wir zwar immer bemüht, aber sehr oft sind wir alle darin überfordert.

Weil der Egoismus so zentral und entscheidend für unser Denken und Handeln ist, versuche ich immer wieder damit besser umgehen zu können. Dabei entdecke ich leider auch, wie sehr ich mir selber im Wege stehe, bedingt durch meinen eigenen Egoismus. Nur zu oft sind die Hürden für mich zu gewaltig und unüberwindbar, dann fühle ich machtlos gegenüber mir selber. Aber sehr oft hilft es mir doch auch, mich einerseits des eigenen Egoismus stärker bewusst zu werden und andererseits den Egoismus-Trieb bei den anderen möglichst abschätzen und einschätzen zu können. Ich glaube, es könnte auch eines der vielen Möglichkeiten sein, öfter ein wenig mehr Verständnis für Menschen wie auch für div. Lebenslagen aufzubringen, Trost für die eigenen Unzulänglichkeiten zu finden, aber dennoch dadurch auch eigene und notwendige Festigkeit gewinnen zu können.

Zur Bestätigung und Befriedigung der individuellen Bedürfnisse war man früher mehr aufeinander angewiesen, wie Du schon geschrieben hast. Wir wissen, wie sehr sich das heute durch den Fortschritt geändert hat, immer mehr ist es uns möglich, auf eigenen Beinen zu stehen, selber etwas schaffen zu können. Man wird selbstbewusster und anspruchsvoller, und was dabei hinderlich ist, wird daher oft weniger gern akzeptiert bzw. abgelehnt. Das hat seine guten wie auch seine schlechten Seiten und wirkt sich auf jede Gemeinschaft aus: Auf die Erziehung und in der Folge auf das Verhalten der Kinder, auf die Ehe, auf die Zunahme der Scheidungen bzw. der weniger voneinander abhängig machenden Partnerschaften, und schließlich auch auf die Versorgung im Alter. Um Letzteres geht es hier und wurde hier schon ausgezeichnet und bildhaft geschildert, auch von der jungen Salem.

Wir können das nicht ändern, denn wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Wer will das wirklich? Wir sollten nur immer wieder uns auch die Mühe machen und uns Gedanken machen, damit umzugehen. Wenn sich die Zeiten ändern, müssen wir uns eben immer wieder darauf einstellen. Die Zeiten haben sich immer geändert, aber wir wissen nie, was das Morgen bringt. Wir wissen nie, ob wir uns wirklich immer auf die Veränderungen einstellen können, weil wir das ja immer konnten.

"Denn ich kann mir nicht vorstellen, daß in einer von Egoismus dominierten Gesellschaft ein Überleben möglich ist", hast Du geschrieben, Eule.
Egoismus kann uns stark machen. Er kann uns aber auch enorm zu schaffen machen, wenn wir alleine nicht mehr zurecht kommen können, wenn wir uns nicht mehr zurechtfinden und ernsthaft an uns zu zweifeln beginnen. Das muss nicht nur das Alter sein (aber da besonders), sondern wir suchen immer wieder die Geselligkeit und die Nähe von Menschen, weil wir durch das Gefühl der Einsamkeit sehr leicht verzweifeln können.

Jeder von uns ist deshalb immer wieder gefordert, zwischen Egoismus und Altruismus die äußerst schwierige Entscheidung zu treffen, auch wenn wir das sehr oft nicht wirklich entscheiden können, meine ich. Aber es könnte uns auch helfen, wenn wir uns bewusst machen, dass Altruismus und Gemeinschaftssinn auch das Ego stärken können und sehr oft sogar letztlich für uns selber unverzichtbar sein könnten. Altruismus fällt letztlich auf uns selber zurück, nicht nur Egoismus. Negativ wie positiv.

Meine halbtags berufstätige Frau hat ihren 85jährigen Vater, der durch einen Schlaganfall völlig gelähmt war und nicht mehr sprechen, sondern nur mehr stammeln konnte (aber geistig hellwach war), bei uns aufgenommen und etwas mehr als ein halbes Jahr lang gepflegt, weil ihre Mutter das nicht bewältigen konnte. Wir haben das so entschieden, weil es möglich war. Aber es muss auch respektiert werden, wenn manche sich beispielsweise für das Pflegeheim entscheiden müssen, weil die verschiedenen Gegebenheiten und Voraussetzungen andere sind. Es wird dadurch vielleicht nicht so sehr etwas zurückgegeben, meine ich, sondern es spielen da auch und vor allem andere Faktoren mit.

Meine Frau und ich beginnen daher jetzt schon zu überlegen und auch zu planen, was in einigen Jahren sein könnte, wenn wir alt und möglicherweise krank sein werden. Wir wollen uns weder nur auf die Tochter verlassen, noch wollen wir ihr eine Verantwortung übertragen, die sie möglicherweise nicht wahrnehmen kann. Wenn ja, wird es gut sein, wenn nein, werden wir Drei zu gegebener Zeit gemeinsam über die Alternativen sprechen, die wir Zwei relativ konkret bereits im Kopf haben.

lg
Andreas
 
AW: Erwartungen im Alter

Lieber Andreas61!

Ich meinte nicht den "gesunden" Egoismus den man zum Überleben braucht. Ich war immer egoistisch genug, mein eigenes Leben nie aufzugeben, trotz dreier Kinder. Daher hatte ich auch nie das Gefühl mein Leben für sie "geopfert" zu haben. Ich hab's weiter gelebt - aber......
Wenn ich gebraucht wurde, war es für mich nie ein Thema daß ich auch da war. Immer nach dem Motto, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Geht's heute nicht, geht's morgen. (Hobbys usw.) Das machen wohl die meisten Mütter so.
Vielleicht ist Gleichgültigkeit die bessere Bezeichnung dafür was ich meine. Oder Oberflächlichkeit. Ich habe sehr viel Kontakt mit jungen Menschen und immer wieder das Gefühl, das einzige was zählt, interessiert sind Klamotten, Stars, Aussehen usw.
Der Zustand an vielen Schulen ist doch mMn das beste Beispiel dafür, daß etwas schief läuft.
Natürlich möchte ich die Zeit nicht zurückdrehen. Dazu lebe ich viel zu gerne in dieser hochtechnisierten Welt. Sie ist faszinierend, aber daneben gibt es doch noch anderes.
Und genau dieses andere (Hilfsbereitschaft, Toleranz, füreinander Dasein, sorgsamer Umgang mit der Natur, den Ressourcen usw.) wird nicht mehr vermittelt. Die Kinder und die Jugend wird allein gelassen, dadurch dominiert Respektlosigkeit, Verzweiflung und am Ende die Gewalt.
Können Kinder heute noch Kinder sein? Es wird soviel Wert auf frühe Schulung gelegt - trotzdem gibt es mehr Analphabeten als je zuvor.
Es wird soviel gelehrt - trotzdem sind viele junge Menschen ungebildeter als früher (ich mag dieses Wort überhaupt nicht, aber mir fiel kein besseres ein)
Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig sie über das Leben wissen.
Und das liegt mMn. nicht zuletzt daran, daß die "Alten" ausgeklammert werden, oder sich sehr oft selbst ausklammern, weil sie nur darüber jammern, wie schön es früher war. Oder den moralischen Zeigefinger erheben.
Aber Orientierung und Halt, mMn das Wichtigste um stark zu werden und den Egoismus in gesunder Balance zu halten.
Ich verstehe zwar nicht warum in Zeiten der Pille soviele Kindern geboren werden die niemand haben will, aber ich verstehe warum so viele "Kinder" frühe sexuelle Kontakte haben - sie suchen Liebe
Ich glaube schon, daß die meisten Eltern ihre Kinder lieben. Aber wird diese Liebe von den Kindern erkannt?
Kann man wirklich mit Playstation, Designerklamotten, teuren Fernreisen usw. zeigen daß man liebt?
Ich werde schon wieder endlos lang, aber es macht mich traurig und wütend zugleich, wenn ich sehe wie schon Kleinstkinder allein gelassen werden (Kinderkrippe, Hort usw.) und damit bin ich wieder beim Thema
Auf welche Lösungen für das Alter sollen diese Kinder dann kommen, außer Heimunterbringung?
Wenn Kinder sich als Last empfinden, und das tun sie sehr häufig, werden sie es auch als "Alte" tun.
Und der Kreis schließt sich
 
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AW: Erwartungen im Alter

Ich denke, dass das in erster Linie nicht so sehr ein materielles Problem ist, sondern eines welches die Stellung der älteren Generation hierzulande widerspiegelt. Die materielle Seite ergibt sich dann aus diesen Stellenwert die der ältere, nicht-mehr-produzierende Mensch meist in dieser Gesellschaft einnimmt


In einer Gesellschaft, welche so beschaffen ist wie die unsere, sich dies auch nicht von Heute auf Morgen ändern kann und wird, ist es wohl wichig, dass die Alten genug finanzielle Mittel besitzen, um sich das Leben noch lebenswert zu gestalten.
 
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