AW: Das faule Konzept Neoliberalismus
Ja, du wirfst dem Staat letztendlich vor, dass er Kriminalität nicht ausreichend unterbindet. Wie stellst du dir das vor, dass er das tun könnte ? Durch Politik, da glaube ich sind wir uns einig, wird das nicht gehen. Sowohl kapitalistische wie auch kommunistische Umfelder sind davon gleichermaßen betroffen und ein gemäßigtes Umfeld wie in D laut dem von dir Präsentierten ebenso.
Dein Posting lese ich jetzt eher so wie ein Plädoyer für Ideale - ähnlich einer Kirchenpredigt. Gut gemeint, aber wohl nicht effektiver als Predigten von der Kirchenkanzel. Das Publikum mag meinen "ja, eh" und hat eventuell kurzzeitig ein schlechtes Gewissen. Das ist aber spätestens beim nachfolgenden Frühschoppen überwunden.
Außerdem, wie sollte sich "der Staat" selbst reformieren ?
Bei dem, was du am Ende des Posting über "den Staat" schreibst, würde ich durchgehend den Passus "der Staat" durch "die Menschen" ersetzen.
Was sonst als "die Menschen" als Gesamtheit ist denn der Staat ? Der Unterschied zwischen deiner und meiner Sicht ist hier der, dass du den Staat hier als seelenloses Abstraktum siehst, in den du die schlechten Eigenschaften der Menschen hineinprojizierst.
Der Mensch sei Opfer, und das entpersonifizierte Böse ist dann der Staat mit dem sonstigen Bösen wie Bonzentum, etc...
Ich erkenne dieses 'Böse' aber als Teil der menschlichen Natur und daher kann auch die Veränderung nur durch eine Änderung der Einstellung der Menschen auf der Straße sein - nicht durch eine Änderung der Politik/Politiker (das sind auch nur Menschen) oder durch irgendeine moralische Superinstanz - das hätte die Kirche schon mit Gott versucht.
das sehe ich überhaupt nicht als moralischen Apell, ganz im Gegenteil. Wir müssen natürlich die Schwächen der Menschen berücksichtigen, das ist klar. Beim Staat sehe ich sehr wohl die Aufgabe, ein Stück weit Prinzipien und Direktiven zu bebennen und sie mit Leben zu erfüllen. Ja, das bedeutet schon auch, sich ein Stück über die Köpfe der Massen zu erheben, eben weil sehr viele Leute nicht in der Lage sind, solche Zusammenhänge zu verstehen, oder weil sie sich überhaupt nicht dafür interessieren. Demokratie verstehe ich nicht im Sinne einer tatsächlichen Herrschaft des Volkes, die praktisch nicht realisierbar ist, sondern, dass von klugen Mitgliedern der Gesellschaft Regeln erdacht und geändert werden, dass die Mehrheit davon profitiert. Eine andere praktikable Möglichkeit sehe ich nicht. Die Auswahl dieser Experten wiederum sollte den Völkern selbst überlassen bleiben, was heute durch das politische Parteiensystem theoretisch so ist, aber in der Praxis nicht funktioniert. Das ist durchaus als Systemversagen zu bewerten und bedürfte deshalb massiver Reformen.
Ich bin mir ganz sicher, dass dies viel besser geregelt werden könnte. Alle Versuche, diesbezüglich etwas zu verändern, wurden und werden aber im Ansatz abgewürgt, eben weil es sich die politische Klasse im System bequem gemacht hat und heute sowohl die Bedingungen für das Volk, aber auch getrennt davon für sich selbst bestimmen kann. Es ist verständlich, dass sie das nicht wollen und sich immer neue Rechtfertigungen einfallen lassen, um ihre Privillegien nicht riskieren zu müssen. Hatten wir früher eine Monarchie, so hat sich die zeitweise funktionierende Demokratie inzwischen in eine Plutokratie verwandelt, bei der die Macht mit dem Geld unter einer Decke steckt und dies, wen wunderts, völlig gut und richtig findet. Das Bewusstsein wird immer von den eigenen Lebensumständen geprägt, und die sind nun einmal in Regierungskreisen ganz andere, als außerhalb. Sie sind eine abgehobene Administration, stehen nicht für das Volk, sondern für den Staat - egal, wie weit er noch durch die Massen legitimiert ist.
Der Kontakt der Regierungen zur Basis ist nicht mehr nur gestört, er ist abgerissen. Zahllose Parteiaustritte sind ein deutlicher Beleg dafür, die großen Regierungsparteien verlieren schon lange Mitglieder, fast nur junge Karrieristen, die sich auf diesem Wege persönliche Vorteile sichern wollen, treten heute noch ein und vergrößern das Heer der falschen Parlamentsinsaßen. Dort sollten eigentlich alle Gruppen der Bevölkerung vertreten sein. In der Realität gibt es dort kaum Arbeiter und Angestellte. Juristen, Unternehmer, Lehrer und andere Beamte sind dort weitgehend unter sich. Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse sagte einmal den Satz: "Das Parlament ist manchmal voller und manchmal leerer, aber immer voller Lehrer". Das Gemeinwesen interessiert die alle erst in 4. Linie. Meist sind sie ihrem sie nervenden Beruf entkommen, dann sehen sie sich im Glanz des Reichstags erstrahlen, bekommen mehr Geld als vorher, können sich nun aufgrund ihrer Position weitere Vorteile holen.
Dass dabei die Interessen der Normalos aus dem Blickfeld verschwinden, versteht sich von selbst. Ob CDU oder SPD ist dann nebensächlich, Hauptsache oben dabei. Damit ist auch klar, wieso sie, wenn irgend möglich, dort bleiben wollen. Also tun sie, was die Führung von ihnen erwartet. So sitzen sie als gekaufte, korrumpierte Unterschriftsheinis im Parlament und lassen jede Schweinerei gegen das Volk passieren. Verweigern sie einmal die Unterschrift, dann kann die Regierung die Bestimmungen auch meist so abändern, dass ihre Zustimmung nicht mehr erforderlich ist. Das alles ließe sich ändern, wenn der politische Wille da wäre. So sitzen wir in der Falle, weil der Wille dazu überall mobilisierbar ist, nur nicht dort, wo es notwendig wäre. So kommen nur noch durch einen Staatsstreich heraus, wegen der Klammeraffen. Es ist ein ganz bestimmter Charakterzug, der diese Ämter für die betreffenden Personen so anziehend macht: der Wille zur Macht und damit fast automatisch auch die Geringschätzung der Untergebenen. Diesbezüglich sehe ich keinen großen Unterschied zwischen Hitler, Stalin, Honecker, Kohl, Schröder und Merkel. Nur ihre Möglichkeiten waren und sind anders. Aber wehe, wenn sie losgelassen. Dann befehlen sie alle Auftragsmorde, wenn sie ihre Macht gefährdet sehen, jedenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit.
Zur Verbesserung wären wichtig :
- niemand entscheidet mehr in eigener Sache.
- die zuständigen Gremien müssen unabhängig sein
- jede Verflechtung (z.B. Personen in mehreren Greminen/Firmen) ist streng verboten
- dies wird überwacht und bei Verstößen streng geahndet.
- die Kontrolle der Kontrolleure wird intensiviert, ihr Versagen ebenfalls geahndet
- Einrichtung eines Ältestenrats als Schiedsstelle
- drastische Beschneidung der Macht der Parteien
- keine Orientierung mehr an den Managern mehr, sondern am Durchschnittverdiener.
- Abschaffung des Berufspolitikerunsinns, die jahrzehntelang in ihren Ämtern verwesen und so alle Trends verschlafen.
- keine Juristen mit parteipolitischem oder konzernnahem Hintergrund in hohe Gerichtshöfe mehr.