Ich finde Deine Sachlichkeit oft sehr angenehm aber hier widerspreche ich, denn das menschliche Bewusstsein ist nicht das Ergebnis einer Rechenleistung. Neben den Verschaltungen mit den Synapsen ohne die es zweifellos nicht geht, kommt der Geist, die Seele und auch der biologische Körper dazu denn in der Materie stecken die unsichtbaren Energien, ohne die es auch nicht geht. Das biologische System Mensch ist so komplex, dass es sich nie und davon bin ich überzeugt, technisch nachbauen lässt. Eine technische Maschine wird kein Bewusstsein haben, auch wenn die Rechenleistung noch so hoch ist. Rechnen reicht zum Erschaffen von Leben nicht aus, es bleibt eine physikalische Simulation.
Die Fragestellung wirft mal wieder die ungelöste Problematik der Seele auf, die seit dem Anbeginn der Menschheit ungelöst ist.
Die KI steckt noch in den Kinderschuhen und ist keine wirkliche Intelligenz, gewisse Teilaspekte halte ich aber in naher Zukunft für vorstellbar. Maschinen werden eine Mathematik entwickeln, die kein Mensch mehr versteht. Computer werden alle Werke von Shakespeare und einen Haufen von Sekundärliteratur und Zeitzeugenberichte analysieren und einen neuen "Shakespeare" schreiben. Aber dazu braucht es schließlich kein Bewusstsein.
Vor vielen Jahren schrieb der Kolumnist Martin Gardener, der Mensch habe seit Jahrhunderten den Flug der Vögel studiert. Heute können Flugzeuge schneller, höher und weiter fliegen als Vögel es vermögen, ein Vogelflug kam aber nicht dabei heraus. Sondern eben das Flugzeug.
Vielleicht wird die KI nie wie menschliche Intelligenz sein, sondern mehr ein Klugzeug.
Was manche Internetpioniere als "ewiges Leben" oder "Bewusstseinstransfer in eine Maschine" visionieren, ja sogar finanzieren: Das sind sicher abgehobene Techno-Träume.
Andererseits sind manche Aspekte des menschlichen Bewusstseins - von der technischen Seite gesehen - möglicherweise nur eine Frage des Aufwandes und vor allem der Komplexität. Betrachtet man das menschliche Gehirn auf der kleinsten, zellulären Ebene, dann landet man bei der Nervenzelle, dem Neuron.
Ein einzelnes Neuron arbeitet analog und wie eine Art hochkomplexer Transistor: Langsamer und weniger genau als heutige Schaltkreise, aber eben auch durchschnittlich mit 1.000 weiteren Neuronen verbunden. So etwas kann man heute noch nicht bauen, aber gänzlich ausgeschlossen ist das nicht.
Und wenn wir - als rein hypothetisches Gedankenexperiment - mal so ein Neuron durch einen Schaltkreis ersetzen, dann landen wir bei Funktionen, wo sich der Schaltkreis mit denen des Neurons mindestens messen kann: Gleitkomma-Operationen, mit einer Stellengenauigkeit, die über der Genauigkeit eines analogen Neurons liegen, und auch schneller. Allerdings mit einem bei weitem nicht mit so einem niedrigen Energieverbrauch wie das menschliche Gehirn (20 Watt).
Der wesentliche Hemmschuh des künstlichen Bewusstseins dürfte anderer Natur sein - theoretischer Natur.
Zu leicht wird vergessen:
Jede technische Anwendung ist eine Umsetzung der bekannten Theorie. Ohne Theorie keine technische Anwendung.
Ein Schachprogramm ist eine Anwendung der bekannten Schachtheorie (und geballter Rechenleistung) - und kann heutzutage jeden Schachspieler schlagen.
Jeden Schachspieler, selbst die Weltmeister.
Zum Bewusstsein gibt es aber bis heute keine anerkannte Theorie, ja es kann bis heute niemand auch nur allgemein definieren, was ein Bewusstsein überhaupt ist. Niemand weiß, wie das menschliche Gehirn Informationen verarbeitet, schon gar nicht im Detail. Allenfalls gibt es sehr allgemeine Modelle, die sich in Begriffen wie Langzeitgedächtnis, Kurzzeitgedächtnis oder Redundanz äußern.
Für einzelne Teilaspekte der Informationsverarbeitung gibt es aber eine anerkannte Theorie, die Farbwahrnehmung zum Beispiel. Sie lies sich mathematisieren, auf indirektem Wege, und sie funktioniert auch. Die Farbtheorie trifft auf 95% aller farbnormalsichtigen Menschen zu und ist die Grundlage aller technischen Anwendungen von Farben: Druck, digitale Darstellung uva.