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Wird das Sprechen von Mensch

Trist schrieb:
Ich das sich Metaphern gut dazu eignen etwas auszudrücken das sich nicht in den Worten selber ausdrücken läßt. Benutzt man diese aber zu häufig geht man Gefahr ein sich darin zu verlieren und dem Zuhörer keine Grundlage zu geben.


Hi, Trst!

Ganz besonders hat mich Dein Post berührt. Mir scheint, Du hast in äußerst dichter Alltagssprache das gesagt, was ich - intellektuell und poetisch überhöht ausgesagt habe.

Wi sind alle in unserem Gefühlshaushalt verunsichert. Das kann nicht jeder zugeben - drückt das aber in Sprache aus.
Und so, wie junge - na ja, auch ältere Menschen - nicht dauernd Oo, Du mein/e Geliebte/r zum Lebensmenschen sagen, weil abschlaffend, greifen wir zu ursprünglichen Form: zum Liebeskosewort. Du mein Fischlein! Mein erster Freund nannte mich Maa. Er konnte Mandarinchinesisch und verriet mir dann mal kiechernd, dass das Wort im Chinesischen - je nach Tonhöheverschiebung mal Honigpferd - na und mal was ziemlich Stinkendes bedeute.
Wir eingten uns dann auf Honigpferd.

Und so, wie dieses Wort in die Tiefen meines trampelhaften Wesens zielte, wäre es, als Daueranrede trivial geworden. Wer küsst schon gerne Pferde? *ggrr* Dann hätte ich - lachend - Schweigen verlangt.


Danke für Deinen emotionalen Zugang zu einer philosophischen Frage.


Jaques - Dir antworte ich etwas später. muss noch " meine Rüstzeug aufpolieren.

Marianne
 
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Ohne zu den Philosophen zu greifen - und auch ohne nachzuschlagen:

Ich denke überhaupt nicht, dass die Metapher das Ende der Kommunikation bedeuten könnte.
Bilder sind bloss ein anderes Transportmittel, vielleicht nicht jedermanns Vehikel. Aber für diejenigen, die sowieso in Bildern "denken" - denken? Nein, eher nachempfinden - ja, für diese ist die Metapher eher ein "Sesam öffne Dich..."

Für mich ist Paul Celan einer derer, die dies beweisen. Aber man muss seine Sprache, seine Bilder, be-greifen, nach-empfinden; dies ist, denke ich, der Schlüssel zu seinem Werk. Und nochmals: das Symbolische der Metapher, ist nicht so konventionell festgelegt, wie im verbalen Bereich. Bilder sind viel individueller interpretierbar.

"Eine Rose, ist eine Rose, ist eine Rose" - ist für mich eindeutig.

"Ceci n'est pas une pipe" - das Bild von René Magritte, zeigt mir auch, dass hier mehrere Interpretationsmöglichkeiten bestehn. Aber hier nähern wir uns schon der Metapher.

Muss weiter nachdenken....

Jacques,

je suis contente que vous ayez redécouvert ce "Forum" - et j'éspère que vous n'allez pas nous quitter si vite...

Miriam
 
Jacques schrieb:
Liebe Marianne,

Kühne Bilder? Metapher ist ein so weitläufiger Begriff... kann man "metaphora" denn übersetzen? Übertragen? Klar, könnte man denken. Heisst doch einfach "Transport". Aber das Problem fing bereits vorher an - das Übersetzungsproblem. Was bleibt anderes, als die Vorstellung eines sich bewegenden Vehikels (auf dem "Metaphorai" steht, wie in Griechenland noch heute üblich), um sich vorzustellen, was eine Metapher ist, wie eine metaphorische Übertragung funktioniert? Eine Allegorie zur Beschreibung des Einbruchs von "Bildlichkeit" in die Welt der Zeichen. Eine der Funktion der Metapher ziemlich analoge Art, sich der Metapher zu nähern? Man riecht den Zirkelschluss.


OK! Auch kühne Bilder werden Topoi und so zum abgegriffenen Gebrauch im Alltag freigesetzt. Es führte zu nichts - und belüde dieses Gespräch mit all zu viel Theorie, wenn wir beide über etwas diskutierten, das uns klar ist. Du näherst Dich dann des zweiten Pudels Kern: das - schon die Erstsprache beweist es - „ Bewegliche“ des Wortes an sich - ( in historisch - kultureller Sicht ) aber der Beweglichkeit dessen, was wir Metapher nennen. Zur: „ metaphorischen Übertragung“ ( Zitat Jaques) verweise ich auf oben teils Vermutetes, teils Bewiesenes. Kurz: die metaphorische Übertragung kann nur in einem Sprecherkreis relativ friktionslos funktionieren, wenn sozi- kulturelle und generationsmäßige ( siehe die Posts in diesem Thread ) Bedingungen so halbwegs übereinstimmt.( und damit ist die Kritik von Dir schon gerechtfertigt)
Besonders interessant finde ich Deinen Gedanken, dass der Begriff Metapher heutzutage in der Literatur schon als Allegorie „ des Einbruches von Bildlichkeit in die Welt der Zeichen“ ( Zitat Jaques) gesehen wird.
Mich fasziniert dieser Gedanke- schon allein, weil er meine These von der lachenden Wortlosigkeit stützen kann. Zunächst aber sachlicher: die im Augenblick zu beobachtende „ Vermultikultigung“ unserer mitteleuropäischen Lebensräume bringen schon die an sich fraglosen Aufgaben einer ( Mutter)sprache:Lokution (grammatisch-syntaktische Satzstruktur, Lautbildungen) und Proposition (Aussage über die Welt mittels Referent (Subjekt)und Prädikation (Objekt)) arg ins Wanken. Ich weiß das - ich arbeite mit tschetschenischen Flüchtlingen.

Aber: natürlich: wenn man sich nicht der Wandelbarkeit des Begriffes Metapher nähert, hast Du voll Recht. Dann ist eine Metapher, eine Metapher eine Metapher...

Soviel jetzt - zum anderen in Bälde

Marianne
 
Jacques schrieb:
Wenn man etwa meint, die Metapher könne man von der Metonymie abgrenzen, bei der Res und Verbum zumindest in einem näheren Zusammenhang stünden, müsste auch erklären können, inwiefern das letztendlich bei der Metapher nicht der Fall ist. Jeder Versuch, sich irgendeinem Begriff begrifflich zu nähern, impliziert die Bewegung einer fortlaufenden metonymischen Kette von Signifikanten und ein metaphorischer Austausch ebensolcher. Doppelte Bewegung: Eine Art vektorielle Reihe bildend, zusätzlich durch seitwärts wirkende Kräfte die Erzeugung einer Virtualität unendlicher parallel verlaufender Reihen suggerierend, die nebeneinander koexistieren. Klingt alles recht kompliziert, scheint mir aber so einfach wie möglich ausgedrückt. (Das Schema wurde gedanklich stark von Roman Jakobson geprägt, etwa im Aufsatz: "Zwei Seiten der Sprache und zwei Typen aphatischer Störungen".)



Zum zweiten Teil Deines Posts .Ich stimme Dir zu - auch aus der Praxis des Deutschunterrichts an Gymnasien - dass die spezielle Form - Metapher gar nicht immer von der allgemeinen Form der Bildhaftigkeit zu unterscheiden ist. Ich bin Berlinerin - und als solche von einem unstillbaren Drang zur bildhaften Sprache „ erzogen“. Kaum Mensch in Berlin weiß , dass „ die Joldelse“ - das Siegesdenkmal im Tiergarten - einem Nichtberliner arge Verständnisprobleme bringt. HIHI !
Und vielleicht genügt dieser Hinweis, um wenigstens den Aspekt der vektoriellen Kette aufzuzeigen, die Du - für mich in wunderbarer Klarheit ins Treffen führst.

Und: im Alltag immer zu beobachten ( anhand der Rollensprachen sehr deutlich), dass ja ein Sprecher nicht nur in einer Sprache „ daheim“ ist, sondern in der Lage ist, „ mit mancherlei Zungen“ zu parlieren. Die Bilderwelt im aktuellen Sprechvollzug holt sich aber der Sprecher aus allen seinen „ Bilderwelten“. So kann es dann entweder in der Hitze des Sprechgefechts beim Sprecher zu „Aphatische Störungen kommen und beim Hörer zu dem, wat wir Baliner sarhen: Ich fasteh imma nur Bahnhof“.

Das ist wiederum ein Fakt, der Deine ( und meine These )stützt, dass Metaphorik auch - auch - zur Wortlosigkeit führen kann.

Ich freue mich schon auf das Beantworten des letzten Teiles Deines Posts. M.
 
Marianne schrieb:
So sind wir gezwungen, zu immer kühneren Bildern zu greifen.
Und am Ende werden aus Chiffren offene Fenster, aus denen der Tod des Wortes schaut - lachend! Wird die Menschheit in Bälde schweigen?[

Die Konklusion ist jedoch nicht, dass die Kommunikation durch die Technik dezimiert wird, sondern in Ihrer Zerstreutheit dem Schweigen der Menschheit entgegenwirkt.

Denn...das Wort ist Verdinglichung der Anschauung.

"Das etwas vor dem Sprechen ist nur marginal zu entschlüsseln."--Kein Begriff (Wort) hilft als Worthülse (Benutzgegenstand).

Gruß mike
 
Jacques schrieb:
Zu "kühneren" Bildern kann man nur greifen, wenn man in den oben beschriebenen Ansatz noch die Gewöhnung einführt. Erst wenn man sich an "Metaphern" gewöhnt, falls das möglich sein sollte, kann der Eindruck entstehen, man verwendete immer kühnere. Also kommt zu den bereits eingeführten räumlich-zeitlichen Bewegungen noch die Unterordnung der Differenz unter die Repräsentation dazu. Denn Gewöhnung bedeutet im Grunde nichts, als dass Differentes unter der Ordnung der Repräsentation mittels bestimmter Verfahren (Bildung von Identitäten, Gegensätzen, Analogien, Ähnlichkeiten) getilgt wird. Und das bedeutet eigentlich nichts anderes, als dass "offene Fenster" kreiert werden, aus denen der "Tod des Wortes schaut" (übrigens: eine sehr schöne Metapher, Marianne).

Michel Foucault schreibt in seinem sehr schönen Buch "Raymond Roussel":



Der "Tod des Wortes" gehört jeweils zu seiner Identität. Die Maske, die Hülle, das offene Fenster, hinter dem eben nichts hervorschaut als die Ökonomie Sprache selbst, der Tod des Wortes - und das Prinzip seiner Lebendigkeit (lacht es deswegen?). Was heisst also "schweigen"? Und "Menschheit"?
Hat diese, falls es sie gibt, nicht bereits genug geschwiegen? Oder schwätzt sie noch? Oder sind das etwa keine Optionen, und tut sie gar beides unaufhörlich und unverfroren? (am Fusse des Turms zu Babel?) ;)
Schon wieder d àccordo: nur, wer überhaupt Metaphern als solche erkennt und vermag, sie differenziert zu betrachten, erkennt auch die Bildfolge, die wir fachwissenschaftlich kühne Metapher nennen. Oft gerät ja - mir - die Beschäftigung mit traditioneller Epigonenpoesie zum Grinsen über die gezwungen gesuchten Metaphern - und umsonst kommt die postmoderne Lyrik fast ohne solche aus. (Randbemerkung; wer sollte auch nach Celans und Bachmanns - um die bekanntesten Autoren zu nennen - gewaltiger Chiffrensprache noch zu dem mit Alltagsfloskeln durchsetzen Metaphernvokabular greifen?) Und wenn wir - ich persifliere hier ein ganz klein wenig spöttisch Deine - von mir natürlich geteilten - klugen Worte - genug konstruiert, dekonstruiert, differenziert und so weiter haben - bis zum blutigen Unverständnis des armen jungen Studenten, auf den das alles prasselt -, sehnen wir uns nur noch nach dem schlichten Alltagswort, das der , der es auspricht, auch so meint. Und da ein Tisch ja zumindest dem Muttersprachler ein Tisch ist, können wir uns im Alltag verständlich machen - und das genügt den meisten. Und so konnte ich zum Schluss kommen, den Du schmeichelhafter Weise als gelungene Metapher bezeichnest: zum Tod des Wortes, das Unsagbares sagen wollte - und zum Lachen desjenigen führt, der vermessen an die Kraft der verschlüsselten Botschaft glaubt.
Ich glaube, glaubte mein Leben lang daran - aber unverfroren quasseln wir an den Ufern Babylons von einer Knackwurst mit Senf und glauben, es sei der blanke Hedonismus, der uns so unsere Suche nach dem Wort erleichtern soll.

Verliert so die Menschheit ihre Identität - todet sie der Sprachlosigkeit selbst in ihrem Wunderprodukt, der Chiffre, entgegen? der Ökonomie pure ?
Ich erinnere an die lachenden Göttinnen der uralten Mythen ---- wortlos lachen sie uns - aus oder an --- oder haben gar keine Angesicht wie die so genannte Venus von Willendorf.


Wie wäre es, Jaques, wenn Du das Foucaultzitat als einen neuen Thread eröffnetest?

Die Folgen soclhen Tuns kannst Du in diesem Thread absehen.
Danke für Deine so überaus anregenden Überlegungen.
Danke vor allem, dass auch Du eher zu meiner Meinung tendierst, dass Bild zum Topos geworden nur noch in den Schaubuden der Jahrmärkte der Eitelkeiten Versatzstück ist.

Marianne
 
miketomike schrieb:
Die Konklusion ist jedoch nicht, dass die Kommunikation durch die Technik dezimiert wird, sondern in Ihrer Zerstreutheit dem Schweigen der Menschheit entgegenwirkt.

Denn...das Wort ist Verdinglichung der Anschauung.

"Das etwas vor dem Sprechen ist nur marginal zu entschlüsseln."--Kein Begriff (Wort) hilft als Worthülse (Benutzgegenstand).

Gruß mike


Schön, miketomike, dass Du Dich entschlossen hast hier mitzumischen.

Ich bin ganz Deiner Meinung, wenn ich Dich richtig verstehe, dass die Technik dem Plapperbedürfnis ( auch meinem *ggrr* ) der Menschen zu gute kommt.



Und Du machst es auch ganz klar, dass " am Anfang das Wort" war. Aber das, welches die Tat bewirkt.
Erst viel später kam - davon bin i c h überzeugt, das referentielle Wort, aber vor ihm war sicher das ver - enthüllende Wort der Bildsprache.
freundlich
Marianne
 
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da ich diesen thread abonniert habe und ihn wieder los werden möchte, weiß aber nicht wie, versuche ich es mal so:

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muß dazu aber eine antwort schreiben.
sorry anders geht es wohl nicht

Claus
 
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