Nur, da diese Situation eher einer UND-Verknüpfung entspricht (wenn ich nichts tue, ist die Umwelt nicht geschützt. wenn ich etwas tue, und auch nur einer von vielen anderen zieht nicht mit, ist die Umwelt ebenfalls nicht geschützt. erst, wenn ALLE mitmachen ist sie geschützt) und die Individuen nach ihren eigenen Bedürfnissen handeln, funktioniert es nicht. Das heißt, alle müssten ihren Einsatz bringen und gleichzeitig das Risiko eingehen, dass irgendeiner den Einsatz nicht bringt und damit alle getätigten Einsätze verfallen (und teilweise noch dem Quertreiber zufallen). Da helfen weder Predigten noch Schifahrer - sie ändern weder die natürlichen Spielregeln noch die menschliche Natur.
Ich habe in #61 geschrieben, dass es für den entstehenden Schaden ausschlaggebend ist, wie mächtig der Verursacher des Schadens ist. Ähnliches gilt für die Verhinderung und die Beseitigung eines Schadens. Der Einzelne kann in diesem Zusammenhang etwas bewirken, wenn er über die nötige Macht dazu verfügt, aber auch ohne diese Macht ist es dem Einzelnen möglich, sich mit vielen anderen zusammenzuschließen und dadurch eine entsprechende Macht zu entwickeln. Die Menschheitsgeschichte wurde dadurch geprägt, dass Menschen sich zusammenschlossen und gemeinsam für ihre Interessen eintraten. Unsere heutige Gesellschaftsform, hier in Europa, hat es diesem Umstand zu verdanken. Es müssen nicht alle Menschen daran beteiligt sein, Mehrheiten genügen.
Das Erörtern dieser Fragen führt zu der Erkenntnis, warum es mit globalem Umweltschutz so steht eben wie es steht - und es ganz und gar nicht so ist, dass der Mensch bzw die Menschheit "irrational" handeln würde. Nein, seinen Einsatz in so einem Spiel nicht zu bringen ist in der Tat nicht irrational.
Unter irrationalem Handeln verstehe ich in diesem Zusammenhang, wenn viele Menschen bei ihrem Handeln kaum länger als nur das Überleben der nächsten zwei oder drei Generationen berücksichtigen. Es ist z.B. irrational eine Technologie einzusetzen, die negative bis verheerende Auswirkungen hat, welche über mehrere hunderttausend Jahre hinaus reichen. Ich meine damit die Atomenergie. Es gibt weltweit kein einziges Endlager für den Atommüll, ganz einfach, weil der Mensch nicht in der Lage ist in diesen zeitlichen Dimensionen zu planen. Der blauäugige Versuch in Deutschland die
Schachtanlage Asse in den sechziger Jahren als Endlager zu deklarieren, hat sich bereits nach wenigen Jahrzehnten als Farce erwiesen. Wie will man dann ein Endlager finden, dass über solche Zeiträume instandgehalten werden kann, unter Ausschluss aller möglichen tektonischen Veränderungen während dieser Zeit? Der Schaden wurde von Mächtigen angerichtet, zweifelsohne, aber die Bevölkerung hat nur den kurzfristigen Vorteil durch den billigen Strom gesehen und eingewilligt. Hätte damals dieses Bewusstsein in der Bevölkerung geherrscht, das heute herrscht, wäre es nicht soweit gekommen. Wobei, so sicher bin ich mir auch wieder nicht. Der Warnschuss von Tschernobyl hat nicht gereicht um gegenzusteuern, es musste erst Fukushima hinzukommen, damit man den Atomausstieg beschließt. Nicht freiwillig natürlich, denn gerade mal ein halbes Jahr zuvor wurde die Laufzeitverlängerung beschlossen. Nein, man hat die aktuelle Stimmung in der Bevölkerung befürchtet. Die Sache ist ohnehin noch nicht ausgestanden, denn das Jammern über die hohen Strompreise hat nach wenigen Jahren schon wieder begonnen. Das meine ich mit irrationalem Handeln: je weiter in der Zukunft ein Problem zu sehen ist, umso kleiner wirkt es im Bewusstsein der Menschen und es wird solange nicht gehandelt, bis es näher gerückt ist, auf die Gefahr hin, dass es dann nicht mehr zu bewältigen ist.
Ähnliches gilt für den Klimawandel. Erst vor wenigen Jahrhunderten hat der Mensch angefangen Mineralstoffe zu verbrennen. Das gab es zuvor nie in der Erdgeschichte, außer vielleicht bei Vulkaneruptionen. Wenn man nun die Weltbevölkerung berücksichtigt, den Stand der aktuellen Industrialisierung, die Mobilität der heutigen Zeit und dem allem die aktuellen Klimadaten gegenüberstellt, dann halte ich es für irrational zu denken, dass es nichts damit zu tun hat, wenn die gravierenden Klimaveränderungen ausgerechnet mit dieser Zeit zusammenfallen. Du hast in einem späteren Beitrag empfohlen, uns darauf zu konzentrieren, die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen. Das müssen wir ohnehin tun, denn das Problem ist inzwischen doch so nah gerückt, dass wir sein Ausmaß sehen können. Abwenden können wir den Klimawandel jetzt nicht mehr, höchstens abmildern. Hoffentlich ist es nicht zu spät.
Als weiteren Nachweis für irrationales Handeln sehe ich die Fixierung zu vieler Menschen auf den kurzfristigen Profit. Ganze Industriezweige arbeiten nach diesem Prinzip. Schädlingsbekämpfungsmittel und chemische Düngemittel werden produziert und großzügig auf die Erde gestreut, weil es den Ertrag steigert. Die Belastung der Flora und Fauna und des Trinkwassers werden erst nach Jahren zu einem Problem. Genmanipulierte Pflanzen werden auf den Markt geworfen, weil ihre Folgen für die Gesundheit der Menschen und der Tiere erst viel später zum Vorschein kommen werden. Produkte auf Mineralstoffbasis werden für billiges Geld oder kostenlos angeboten, – siehe Plastiktüten – obwohl bekannt ist, dass sie nur sehr schwer in der Natur abgebaut werden können. Die Liste ist endlos und der Einzige, der dem Einhalt gebieten kann, ist der einzelne Mensch, der diese Produkte ablehnt. Es müssen nicht alle sein, wie du meinst. Es genügt, dass sie viel mehr werden.
Bei deiner Diskussion mit Eule58 lese ich immer wieder heraus: Der Mensch ist so und man kann ihn nicht ändern. Der Mensch ist nicht der Mensch, es sind die Menschen und kein Mensch gleicht dem anderen, sonst könnten wir nicht miteinander diskutieren.