Weil wir aber nicht Nazi sind sind wir besser als früher.
Dieser Glaube ist das Hauptproblem und die größte Gefahr in dieser Hinsicht. "Wir sind ja so ganz anders als die Nazis."
Nein, sind wir nicht. Die Umstände in den 1920ern und 1930ern führten dazu, dass auch aus "ganz normalen" Menschen Nazis wurden - und der Großteil der Nazis führte nach 1945 wieder ein ganz normales Leben. Ebenso verhält es mit sonstigen Verbrechern. Die meisten Menschen mögen glauben, sie wären ja ganz anders als Verbrecher. Dass es so etwas wie ein Verbrecher-Gen oder eine Verbrecher-Veranlagung gäbe, das bzw die man selbst eben nicht hat und somit prinzipiell anders wäre und nicht Gefahr liefe, zum Verbrecher zu werden. Aber so ist es ganz und gar nicht.
Das Aufblühen von Faschismus und Nationalsozialismus vor 100 Jahren -nicht nur in Deutschland- war begünstigt durch die schlechte weltwirtschaftliche Situation. Unter solchen Bedingungen können schon geringe Auslöser (die zufällig oder auch beabsichtigt sein können) zu gesellschaftweitem Neid, Missgunst, Misstrauen, Angst, Hass, etc...führen inklusive der Suche nach Sündenböcken, auf die man sodann seine ganzen negativen Gefühle projiziert.
So funktionieren Menschen nun einmal, und wenn man sich dessen nicht gewahr wird, kommt man immer wieder in die Gefahr, bei entsprechenden Umstände in selbige Zustände abzugleiten. Man sehe sich nur an, was am kalten Buffet passiert, wenn etwas Begehrtes nur begrenzt verfügbar ist - oder das Rennen um die wenigen günstigen Computer, die als Tagesaktion bei Hofer (bei unseren deutschen Freunden Aldi) angeboten werden. Wenn es statt um solche Banalitäten um den eigenen Arbeitsplatz oder um genug zu Essen oder ausreichend Heizung für die eigene Familie geht, geht das Ganze natürlich bedeutend wilder her.
Die Weltwirtschaft "holpert" seit gut 20 Jahren. Das ist weit weniger dramatisch als das vor 100 Jahren war, aber schon dieses Holpern reicht aus, um zu zeigen, dass ein Abgleiten in Faschismus jederzeit möglich ist, wenn nur die Umstände passen. Die Neigung mancher Bürger zu rechtspopulistischen Ideologien (AfD, FPÖ, Fidesz, aber auch solche wie Erdogan, Trump, Putin, Berlusconi, ....) beweist dies.
Viele Bürger hier hängen an der Demokratie nicht aus ideologischen Gründen, sondern weil sie sich von ihr den meisten Wohlstand und die größten Freiheiten erhoffen. Wenn ihnen rechte Populisten einreden, dass es einen "starken Führer" braucht, der jene beseitigt, die ihren Wohlstand und ihre Freiheiten gefährden, tauschen sie die Demokratie bereitwillig dafür ein.
Dass diese Gefahr allgegenwärtig ist, muss daher permanent kommuniziert werden. Dass es hilft, kann man nur hoffen (man braucht sich nur Auswüchse hier in Form von Frenilshtar, denk-mal, scilla, Belair, etc..) anschauen, aber davor nicht immer wieder zu warnen wäre unverzeihlich.