Übt Ihr damit nur Gesellschaftskritik überhaupt, oder meint ihr,
dass es vor unserer Zeit eine -seelisch- gesündere Menschheit
gegeben haben muss?
Daran besteht für mich kein Zweifel. Der materielle Überfluss hat uns seelisch kaputt gemacht. Ich schließe mich selber dabei gar nicht aus. Was ich den meisten meiner Mitmenschen jedoch voraus habe, ist die bittere Erkenntnis, dass dies so ist. Für meinen Menschenschlag ist diese geschichtliche Periode die schlimmste überhaupt. Mit
meinem Menschenschlag meine ich Leute, die antimaterialistisch oder sogenannt
spirituell (der Begriff gefällt mir immer weniger) eingestellt sind, aber in einer durch und durch materialistischen Gesellschaft leben. Der dominierende Zeitgeist ist nicht nur eine abstrakte Idee, er ist ein reales Phänomen. Und diesem Zeitgeist kann man nicht einfach ausweichen, indem man sich irgend einer Subkultur anschließt, jedenfalls funktioniert dies nicht für mich und meinesgleichen. Der Materialismus sitzt so tief, dass er überall durchschimmert. In der aktuellen Krise manifestiert er sich dadurch, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, den Menschen auf eine potentielle Virenschleuder zu reduzieren. Und wenn man das macht, dann ist es auch ein leichtes, ihn per Gesetz zu zwingen nicht mehr zu arbeiten, keine sozialen Kontakte mehr zu haben und sich permanent eine Maulwindel vor die Fresse zu schnallen. Dass all diese Gesetze fast weltweit erlassen wurden, zeigt außerdem, dass der Materialismus derzeit tatsächlich
überall dominiert, nicht nur im Westen. Eine seelisch gesündere Menschheit, wie es jede Generation vor uns war, würde mit Sicherheit anders mit dieser Krise umgehen.
Weil ein Menschen-Wechsel ist nicht möglich - und ein
gesellschaftlicher Gesinnungswechsel wohl auch kaum!
Ich bin der festen Überzeugung, dass nur das Individuum sich selber verbessern kann, nicht die Gesellschaft als ganze. Deshalb sind Wahlen kaum effektiv und sogar direkte Volksentscheide ändern nichts grundlegendes. Die Menschen müssen sich
innerlich, jeder für sich, vom System abwenden. Und hier schlägt eben Corona im besonderen Maße zu. In dieser Krise zeigt sich, wer schon zuvor mit eigenem kritischen Denken dem System gegenüberstand und wer dem Mainstream anhing. Da es vorher immer nur Einzelthemen waren, die zwischendurch aufflammten und diesen Unterschied ans Tageslicht brachten, fiel diese Spaltung nicht besonders aus. Aber seit März letzten Jahres ist diese Spaltung
täglich spürbar und sie wächst mit jedem Tag weiter. Wer nur die Tagesschau sieht lebt auf einem anderen Planeten, als jemand, der nur Ken FM schaut. Ich versuche immer, das Maß zu halten, um den Überblick nicht zu verlieren. Denn man muss ja wissen und verstehen, was die Mehrheit denkt und warum. Tut man dies nicht, verfällt man leicht in einen arroganten Modus, in dem man selber die Wahrheit kennt, und alle anderen die
Schlafschafe sind. Diese Form der Spaltung ist toxisch, aber wenn man offen auch für andere Ansichten bleibt und dennoch sich ein eigenes Denken unabhängig vom System erarbeitet, dann ist man meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg. Und je mehr Menschen sich so entwickeln, umso besser wird sich langfristig auch die seelische Gesundheit der Gesellschaft insgesamt entwickeln.