Lerchbaumer. "Ich habe manchmal das Gefühl gehabt das wir Psychiatrieerfahrene in weiten Teilen der Gesellschaft nicht erwünscht sind in Österreich. Zum Beispiel wüsste ich kaum Hilfsorganisationen die uns zb mit Sachgütern unterstützen. Wenn man sich als Psychiatrie oder Heimbewohner zb ans Sozialamt wendet um Lebensmittelkarten zu bekommen heißt es dort man ist im Heim ja e versorgt..."
Deine Beobachtung ist zugleich die Erklärung. Ein Mensch mit psychischen Problemen ist nicht sexy. Man kann sich nicht damit schmücken, ihm zu helfen. Man rettet lieber ein Robbenbaby vor dem Austrocknen, einen 80-jährigen vor einem Grippevirus oder ein Flüchtlingskind mit großen Kulleraugen vor dem Ertrinken. Jedes Katzenbaby und jede Henne in einer Legebatterie hat eine größere Lobby als du. Dir zu helfen färbt eher ab, alsdass es das eigene Ego stärkt.
Die Argumentation, du seiest ja sowieso irgendwo verorgt, ist hier eine Rechtfertigung der eigenen Bequemlichkeit und Ignoranz. Du bist mit deinem Problem in Gesellschaft von Leuten die mit ihrer Firma pleite gegangen sind oder Scheidungsopfern, die alles verloren haben. Es schwebt auch dieses "selbst schuld" und "er müsste sich nur zusammenreißen" mit im Raume. Das sagen sie dir zwar nicht, aber in Krisenzeiten der Gesellschaft werden solche tiefer sitzenden Einstellungen sichtbarer. Was jetzt in Coronazeiten in den Menschen so sichtbar wird, lässt tief blicken und mich nach den jeweiligen Gesprächen oft tagelang mit dem Kopf schütteln. Dieses "du sollst nicht essen, wenn du dich nicht (wie ich) mühst" ist eine Einstellung, die noch garnicht so zu Tage getreten ist, wie sie noch zu Tage treten wird.
Mit den einzelnen Helferfiguren des medizinischen und psychologischen Gesundheitswesns verhält es sich m.E. wie mit Handwerkern. Es gibt gute und schlechte und es gibt Leute die sich mühen und solche, die das nicht tun. In Deutschland ist dieses Aufbewahren ohne zu helfen auch an der Tagesordnung. Im Grunde wie in Aufbewahrungsanstalten für Kleinkinder, bei Pflegeheimen oder in manchen Kurbetrieben.
Wenn du bereits soeine lange Psychokarriere hinter dir hast, ist von einem Forum aus, mit heißen Umschlägen und Zwiebelwickeln natürlich nichts groß zu machen. Du müsstest, um aus diesem Forum etwas sinnvolles für dich mitnehmen zu können, vielleicht konkreter werden oder konkretere Fragen einbringen, neue Gebiete für dich erschließen. Ich kann auf die Entfernung nur erkennen, dass du eine gute Beobachtungsgabe haben musst und deine Worte lassen den Schluss zu, dass sie dein Denken gut ordnen. Normalerweise, wenn du so schlechte Erfahrungen gemacht hast, bleibt dir nur die Selbsthilfe.
Eigene Interessen erforschen und formulieren, herausmeißeln, was du nicht bist und nicht willst, etwas über Bord werfen...was deine Kraft zehrt, neue Informationsquellen und Energiequellen anzapfen, einen Entschluss fassen...und...nicht wie ein Rennpferd, voll ins Geschirr springen, sondern wie ein Ochse, einen Schritt vor den anderen setzen und ab und an einen Schiss auf jemanden, der dich gerade wiedermal einschätzt, ablassen. Neue Methoden ausprobieren, dir deins zu holen...