Eisi
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AW: ENDE der AUFKLÄRUNG!?
Hallo PhilippP
Kants Vision nochmals im Wortlaut:
“Wenn denn die Natur unter dieser harten Hülle den Keim, für den sie am zärtlichsten sorgt, nämlich den Hang und Beruf zum freien Denken, ausgewickelt hat: so wirkt dieser allmählich zurück auf die Sinnesart des Volks (wodurch dieses der Freiheit zu handeln nach und nach fähiger wird), und endlich auch sogar auf die Grundsätze der Regierung, die es ihr selbst zuträglich findet, den Menschen, der nun mehr als Maschine ist, seiner Würde gemäß zu behandeln.”
(I. Kant: Als Schlußsatz in der Schrift “Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?”)
Die Sinnesart des Volkes, frei zu Denken, ist ja nicht einzig und allein im so genannten "politischen Willen" eines Volkes dingfest zu machen - obwohl diese "Freiheit" sicherlich vorab unmittelbar sehr weitreichende Auswirkung zeitigen würde. Das freie Denken eines Volkes, das Kant hier meint, das ist jedoch auf allen vier gesellschaftlichen Ebenen durchzubuchstabieren: von der höchsten Ebene des Religiösen/Weltanschaulichen beginnend (vgl. dazu auch Artikel 4 GG), über die Ebene des Kulturellen und hinab über die Ebene des Politischen (im engeren Sinne, hier wäre dann Artikel 146 GG von Relevanz) bis hinunter in die Ebene der Wirtschaft. Dass sich da in den letzten 200 Jahren auf allen Ebenen viel getan hat, das wird wohl kaum jemand bestreiten können. "Persönliche Freiheit" hat sich gerade im Denken von heute als ein Absolutum manifestiert. Dieses ausschließlich an der (persönlichen) Freiheit orientierte Denken hat inzwischen auch eine sehr bedenkliche, wenn nicht sogar gefährliche Eigendynamik in unserer Gesellschaft angenommen. "Verantwortung" wird in diesem vereinseitigten personalisierten Freiheits-Denken oftmals ausgeblendet. "Freiheit und Verantwortung" gehören aber um der Würde des Menschen willen untrennbar zusammen, wie "Rechte und Pflichten", oder "Ruhm und Ehre" oder "Schuld und Scham".
Meine These vom Ende der kritischen Aufklärung gründet aber auf dem abschließenden Satz Kants, der da heißt: "... endlich auch sogar auf die Grundsätze der Regierung, die es ihr selbst zuträglich findet, den Menschen, der nun mehr als Maschine ist, seiner Würde gemäß zu behandeln."
Und diese Aussage ist unabhängig davon, ob jetzt der Einzelne aus seiner Unmündigkeit herausgetreten ist oder nicht oder ob ein ganzes Volk seinen politischen Willen "in Freiheit" Ausdruck zu geben vermag. Egal wie diese kopernikanische Wende in der Rechtsgeschichte zustande gekommen ist, es geht ausschließlich um die inhaltliche Übereinstimmung in der Aussage Kants und unseres Artikel 1,1 GG. Es geht nur um das Faktum dieser Übereinstimmmung. In den Grundsätzen unserer Regierung wird es gemäß dem Artikel 1,1 GG für zuträglich erachtet, dass der Mensch seiner Würde gemäß zu behandeln ist! Als Rechtsgemeinschaft mit Gewaltmonopol schützt und achtet der Staat auf Grund des Artikel 1,1 GG mit all seiner Gewalt die unantastbare Würde des Menschen. (... eine abgeleitete und erweiterte Staats-Definition von Immanuel Kant aus dem Jahre 1797 in seiner "Metaphysik der Sitten" (Rechtslehre, § 45))
Das "... endlich auch sogar ... die Grundsätze der Regierung ..." sich soweit entwickelt haben, dass der Mensch gemäß seiner Würde behandelt werden muss, das - und nichts anderes - ist der eigentliche Beweis für meine These vom Ende der kritischen Aufklärung!
Gruß Franz
Hallo PhilippP
Unbestreitbar ist auch, dass mit dem GG wichtige Voraussetzungen/Teilziele hin zur von Kant geforderten Aufklärung erfolgten.
Aber: das Grundgesetz als solches ist von den Bürgern nur indirekt gewählt, und zwar gewählt als von politischen Autoritäten (Parlamentarischem Rat) beschlossener Gesetzesentwurf. Der Entwurf hat zwar die Sicherung Interessen/Rechte der Bürger zum primären Ziel, aber er stammt dennoch nicht von ihnen selbst, er ist also kein Beweis dafür, dass der Mensch seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit (Ausgang aus der Unmündigkeit meint ja, dass der Mensch seinen Verstand "ohne Leitung eines anderen" zu nutzen weiß) - für Kant die Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Aufklärung - entschlüpft ist.
Kants Vision nochmals im Wortlaut:
“Wenn denn die Natur unter dieser harten Hülle den Keim, für den sie am zärtlichsten sorgt, nämlich den Hang und Beruf zum freien Denken, ausgewickelt hat: so wirkt dieser allmählich zurück auf die Sinnesart des Volks (wodurch dieses der Freiheit zu handeln nach und nach fähiger wird), und endlich auch sogar auf die Grundsätze der Regierung, die es ihr selbst zuträglich findet, den Menschen, der nun mehr als Maschine ist, seiner Würde gemäß zu behandeln.”
(I. Kant: Als Schlußsatz in der Schrift “Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?”)
Die Sinnesart des Volkes, frei zu Denken, ist ja nicht einzig und allein im so genannten "politischen Willen" eines Volkes dingfest zu machen - obwohl diese "Freiheit" sicherlich vorab unmittelbar sehr weitreichende Auswirkung zeitigen würde. Das freie Denken eines Volkes, das Kant hier meint, das ist jedoch auf allen vier gesellschaftlichen Ebenen durchzubuchstabieren: von der höchsten Ebene des Religiösen/Weltanschaulichen beginnend (vgl. dazu auch Artikel 4 GG), über die Ebene des Kulturellen und hinab über die Ebene des Politischen (im engeren Sinne, hier wäre dann Artikel 146 GG von Relevanz) bis hinunter in die Ebene der Wirtschaft. Dass sich da in den letzten 200 Jahren auf allen Ebenen viel getan hat, das wird wohl kaum jemand bestreiten können. "Persönliche Freiheit" hat sich gerade im Denken von heute als ein Absolutum manifestiert. Dieses ausschließlich an der (persönlichen) Freiheit orientierte Denken hat inzwischen auch eine sehr bedenkliche, wenn nicht sogar gefährliche Eigendynamik in unserer Gesellschaft angenommen. "Verantwortung" wird in diesem vereinseitigten personalisierten Freiheits-Denken oftmals ausgeblendet. "Freiheit und Verantwortung" gehören aber um der Würde des Menschen willen untrennbar zusammen, wie "Rechte und Pflichten", oder "Ruhm und Ehre" oder "Schuld und Scham".
Meine These vom Ende der kritischen Aufklärung gründet aber auf dem abschließenden Satz Kants, der da heißt: "... endlich auch sogar auf die Grundsätze der Regierung, die es ihr selbst zuträglich findet, den Menschen, der nun mehr als Maschine ist, seiner Würde gemäß zu behandeln."
Und diese Aussage ist unabhängig davon, ob jetzt der Einzelne aus seiner Unmündigkeit herausgetreten ist oder nicht oder ob ein ganzes Volk seinen politischen Willen "in Freiheit" Ausdruck zu geben vermag. Egal wie diese kopernikanische Wende in der Rechtsgeschichte zustande gekommen ist, es geht ausschließlich um die inhaltliche Übereinstimmung in der Aussage Kants und unseres Artikel 1,1 GG. Es geht nur um das Faktum dieser Übereinstimmmung. In den Grundsätzen unserer Regierung wird es gemäß dem Artikel 1,1 GG für zuträglich erachtet, dass der Mensch seiner Würde gemäß zu behandeln ist! Als Rechtsgemeinschaft mit Gewaltmonopol schützt und achtet der Staat auf Grund des Artikel 1,1 GG mit all seiner Gewalt die unantastbare Würde des Menschen. (... eine abgeleitete und erweiterte Staats-Definition von Immanuel Kant aus dem Jahre 1797 in seiner "Metaphysik der Sitten" (Rechtslehre, § 45))
Das "... endlich auch sogar ... die Grundsätze der Regierung ..." sich soweit entwickelt haben, dass der Mensch gemäß seiner Würde behandelt werden muss, das - und nichts anderes - ist der eigentliche Beweis für meine These vom Ende der kritischen Aufklärung!
Gruß Franz