Ob es eine metaphysische Grundlage gibt, welche Gedanken, Gefühle und Handlungen steuert und diese hervorruft ist fraglich ?
Unbedingt, gerade aus philosophischer Sicht!
Für mich ist Metaphysik keine eigene Physik als "Grundlage" höherer Ordnung bzw. eigentlicher Auslöser/Taktgeber von Wirkprozessen etc., sondern sie resultiert aus der schieren Notwendigkeit des begrifflichen Zugriffs auf Welt - auch Erkenntnis genannt. Etwas ausführlicher habe ich das hier ausgebreitet:
https://www.denkforum.at/threads/so...gar-nicht-moeglich.17221/page-170#post-657364
Jedoch spielt das Gehirn eine maßgebliche Rolle. Inwiefern den anderen Faktoren Gewicht beizulegen ist hängt aber von verschiedenen Umständen ab. Zum Wachsen der Haare wird das Gehrin vermutlich kaum benötigt.
Das "Gehirn" auf bewusste Denkprozesse zu reduzieren, wäre meines Erachtens nicht zielführend. Natürlich ist auch das vegetative Nervensystem im Gehirn (Hirnstamm) angesiedelt und überdies ist eine konsequente Trennung vom sogen. somatischen Nervensystem ebenfalls nicht möglich, die Übergänge sind vielmehr fließend.
Dagegen ist es undenkbar, dass ich diese Worte hier tippe ohne, dass mein Gehirn gewisse Signale an meine Hand weiterleitet, welche diese zum Tippen anleiten.
Das ist richtig, aber was soll uns diese Einsicht aufzeigen? Abgesehen von dem - für den wissenschaftlich aufgeklärten Menschen - recht banal erscheinenden Umstand, dass das ZNS notwendig ist für zielgerichtetes Handeln?
Ich denke der Zufall ist es, den die Verteidiger des freien Willens bei ihren Argumentationen übersehen. Wie ich dem von dir zitierten Beitrag erwähnte, macht es wenig Sinn einer Person mehr Schuld für eine Handlung zuzurechnen, nur weil sie diese aus freiem Willen begangen hat. Schließlich würde auch dieser freie Wille ( ähnlich wie das Gehirn ) mit der Umwelt interagieren und so handeln, je nachdem wie dieser eben aufgrund verschiedenster Faktoren determiniert ist. Wobei hier der ( scheinbare ) Zufall nicht vergessen werden sollte.
Wobei hier gleich mehrere Begriffe involviert sind, die nebulös und notorisch vieldeutig daher kommen, ein zentraler ist dabei sicherlich "Schuld". Dafür benötigt es meinem Dafürhalten nach weder das Konstrukt/Ideal des absoluten freien Willens, noch ist die Schuldfrage überflüssig, sofern sich eine Handlung ursächlich lückenlos durchleuchten ließe. Ich sehe "Schuld" hier viel eher vor dem Hintergrund zwischenmenschlicher Interaktion als regulatives Prinzip, als soziologische Notwendigkeit also, um - schlicht gesprochen - in einer Gesellschaft, deren Komplexität ständig zunimmt, miteinander sinnvoll umgehen zu können. Wenn also jemand an etwas schuld ist, so hat er sich als Person in einer Weise verhalten, die den Regularien der Gemeinschaft, in welcher er lebt, zuwider läuft.
Eine ganz andere Frage ist freilich, wie man mit solchen "Schuldigen" umgeht. Hier ist sicherlich von immenser Bedeutung, dass wir unser Verhalten auf Grund der Komplexität nicht gezielt und zuverlässig zu steuern vermögen und also regelmäßig überfordert sind, wenn es insbesondere darum geht, eine begangene schuldhafte Handlung zu erklären. Oftmals bleibt nur der Kurzschluss als pragmatisch zuverlässiger Blitzableiter, dass eben der Schuldige selbst schuld sei. Primitive Rachegelüste werden dadurch regelmäßig nachhaltig befriedigt.
Dass das jedoch philosophisch nicht befriedigt, erklärt sich von selbst.
Jederzeit kann das Gehirn von unvorhergesehen neuronalen Lawinen heimgesucht werden, welche derart auf das Erleben einwirken, wie man es vor ein paar Stunden nicht erwartet hätte.
Das ist richtig, sollte aber nicht der Normalfall sein. Idealerweise ist der Botenstoffhaushalt des Menschen recht stabil, ein Erwachsener könnte sonst kein stimmiges Selbstbild entwickeln und das Miteinander würde wohl auch kaum funktionieren. Was aber passiert, wenn diese vermeintlich selbstverständliche Stabilität ins Wanken gerät, lässt sich sehr leicht sehen, wenn man eine psychiatrische Anstalt nicht nur vom Hörensagen kennt.
Es gibt bei Entscheidungsfragen, also nicht nur ein determiniertes Gehirn, sondern auch einen physikalischen Spielraum für Zufälle. Wie gesagt stehen bei einer Entscheidung oder Handlung immer mehrere Möglichkeiten offen, aber nur manche werden gezogen. Wobei in der Regel die mit dem stärksten Gewicht zum Tragen kommen.
Ich würde das lieber folgendermaßen sehen: Das "Gehirn" ist nur insofern determiniert, wie es der "Zufall" (im obigen von mir schon dargelegten Sinne verstanden) im Laufe der Evolution notwendig machte; oder anders formuliert: Das, was wir schon verstehen, scheint uns determinierter, jenes hingegen, was wir noch nicht verstehen, scheint uns zufälliger Natur.