AW: Egozentrismus und Narzissmus
Wars das jetzt?
Hab ich meine Rolle als renitenter Bengel jetzt ausreichend erfüllt, und die Damen können wieder zu ihrem selbstzufriedenen (selbstverliebt, will ich ja nicht sagen) Geplauder übergehen?
Lieber Thorsten,
nein, das wars gewiss nicht, jedenfalls nicht von meiner Seite her.
Bitte entschuldige, dass ich noch nicht geantwortet habe, habe ein bisschen viel um die Ohren im Moment. Ich habe mich im Gegenteil über deinen letzten Beitrag sehr gefreut, da ich denke, dass wir so langsam zu spannenden Punkten vordringen.
...aber damit gehst Du meiner Frage aus dem Weg: ob sich nicht Söhne von ihren Müttern vor allem emotionale Stabilität, einen sicheren Hafen erwarten.
Ja, das tun sie ganz gewiss und es ist nicht das Problem des Sohnes, wenn ihm die Mutter das nicht oder zu wenig bietet. Eine Mutter hat dies einfach zu erfüllen.
Man kann darüberhinaus sogar sagen, daß es die Söhne durchaus stört, wie besorgt die Mutter sich zeigt. Die mütterliche Thematisierung der Problematik ihrer Rolle wird dem Halbwüchsigen als gänzlich unangebracht erscheinen. Der Sohn (solange er noch "erzogen" wird) ist in den seltensten Fällen der geeignete Gesprächspartner dafür: gerade vor der Mutter will er sich ja verbergen. Dieses Verstecken des Eigenen ist wichtig!
Ja, hier stimme ich dir vollkommen zu. Der Sohn ist ganz bestimmt nicht der richtige Gesprächspartner für die Thematisierung der mütterlichen Überforderung. Das fände ich in der Tat ziemlich grässlich, wenn das eine Mutter versucht. Und wie gesagt, er ist ja auch in gar keiner Weise für das Wohl und Weh der Mutter verantwortlich.
Die andere Sache ist aber, dass Kinder die Unsicherheiten und Ängste ihrer Eltern sehr wohl wahrnehmen. Da liegt mAn ein grosses Dilemma in der Eltern-Kind-Beziehung, dass emotional so vieles wahrgenommen wird und es eben nicht möglich ist, die Sache zu besprechen wie zwischen Erwachsenen.
Aber da kann man eben nicht viel ändern dran, oder?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es am besten ist, den Sohn möglichst in Ruhe zu lassen. Nicht viel nachfragen. Ihm vertrauen, dass er dann schon von selbst kommt, wenn es wirklich nötig ist. Ihm lieber zu viel als zu wenig zutrauen.
Weisst du, das Dumme ist ja, dass das erste Kind immer auch eine Art Übungsfeld der Eltern ist. Tönt nicht so toll, ist aber so. Aber zum Glück haben die meisten Kinder eine Art natürlicher Robustheit gegen Fehler der Eltern.
Grenzen setzen ist wichtig. "Das darfst Du, das darfst Du nicht". Wenn er zur Verfügung steht, kann ein Vater hier hilfreich sein. Beide aber sind - ob sie wollen oder nicht - Vorbild und Orientieriung, und der Unterschied muß klar sein: dein Kind ist nicht dein Freund! Zeige ihm Deine Welt, aber mische dich nicht in seine Belange hinein. Nimm es nicht als Partner: führe es zunächst.
(Sonst nimmt es dich nicht ernst, richtet seine Welt für sich ein, und verliebt sich in sich, weil sonst niemand zum Bewundern und Beachten da ist)
Ja, auch das sehe ich so. Vor allem das mit dem ernstnehmen ist sehr wichtig.
Und dies scheint mir auch etwas, was man durchaus über die Familie hinaus noch in die Gesellschaft hinein erweitern könnte, die meiner Ansicht nach neben den Eltern einen auch nicht zu vernachlässigenden Einfluss, gerade auf Jugendliche hat.
Dieser ganze peinliche Wahn, dass viele Erwachsene ihre eigentliche Rolle als Erwachsene verweigern und diesem unsäglichen Jugendanbiederungstrend verfallen. Angefangen bei vielen Lehrern, die sich lieber als Kumpel, denn als Autorität und erwachsenes Vorbild sehen wollen, weil sie sonst fürchten zu wenig geliebt zu werden.
Was Jungs angeht: hau ihm (dem siebenjährigen) eine runter, aber zeige nicht, daß es Dir leid tut. Wenn er gut ist, fängt er Deinen Schlag so ab, daß es Dir mehr weh tut als ihm. Zeige ihm, wie man rückwärts geht. Gib vor dem Fünfjährigen damit an, wie Du als Kind auf Pflaumenbäume geklettert bist (wenn ihr Pflaumenbäume in der Nähe habt) und was Du davon behalten hast, mal mit dem Fahrrad gestürzt zu sein. Lehre ihn einige chinesische Schriftzeichen, und wie man Speisen zur Zubereitung erhitzt.
Das scheinen tatsächlich brauchbare Tips zu sein.
Danke!
(Bei mir ist diese Mutter-Sache ja schon gelaufen, aber es lesen ja auch noch andere mit, die sich da ein wenig inspirieren lassen können.)